Kommentare wieder o.k.
Schneller als gedacht. So soll's sein.
30. September 2003
29. September 2003
Died before she got old
"Hope I die before I get old" - so The Who recht naiv vor langen Jahren. (Ich wüsste gerne, was Keith Moon heute dazu Pete, John und Roger sagen würde, wenn er dürfte.)
Unbeschwert naiv, unbekümmert geborgen, kindlich ernst - so klingen die Sätze, die die Welt aus dem Tagebuch der mit 21 Jahren tödlich verunglückten Prinzessin Filippa zu Sayn-Wittgenstein zitiert:
"'Fipsi' reflektiert wieder über das eigene 'Nach-Hause-Gehen': 'Ja, ich gehe, ich kam als leere Schüssel, gehe als volle, hoffe ich. Nicht erwarten, gefüllt zu werden, einfach, warten, leiten lassen zu den Füllstellen, wird schon gehen . . .' (23. März 1998)"
"Am 2. Juni 1998 trägt sie in ihre Kladde ein: 'Heute gesprochen über Grab, falls ich früher sterbe, als ich hoffe. Auf der Burg, im Gärtchen. Neben mein Grab eine Akazie und/oder eine Eiche/einen Kirschbaum, so dass man mich jedes Jahr essen kann . . . Man soll feiern, ganz rein feiern, nicht zu besoffen oder versaut daherkommen . . . Ich habe euch alle so geliebt. Bleibt einig. Dienet Gott.'"
"Ihr Sayn am Westerwald vor der weiten Rheinebene empfindet die Prinzessin als den schönsten Platz der Erde. 'Ja, soll es sayn, dann Sayn. Aber lieber noch nicht. Ich freue mich nämlich sooo viel, dass es für zwei oder noch mehr reicht. Aber will tun, was Gott mit mir vorhat, und immer dankbar sein für das, was ich hatte/habe.'"
(Info zum Buch "Filippas Engel" beim Don Bosco-Verlag.)
"Hope I die before I get old" - so The Who recht naiv vor langen Jahren. (Ich wüsste gerne, was Keith Moon heute dazu Pete, John und Roger sagen würde, wenn er dürfte.)
Unbeschwert naiv, unbekümmert geborgen, kindlich ernst - so klingen die Sätze, die die Welt aus dem Tagebuch der mit 21 Jahren tödlich verunglückten Prinzessin Filippa zu Sayn-Wittgenstein zitiert:
"'Fipsi' reflektiert wieder über das eigene 'Nach-Hause-Gehen': 'Ja, ich gehe, ich kam als leere Schüssel, gehe als volle, hoffe ich. Nicht erwarten, gefüllt zu werden, einfach, warten, leiten lassen zu den Füllstellen, wird schon gehen . . .' (23. März 1998)"
"Am 2. Juni 1998 trägt sie in ihre Kladde ein: 'Heute gesprochen über Grab, falls ich früher sterbe, als ich hoffe. Auf der Burg, im Gärtchen. Neben mein Grab eine Akazie und/oder eine Eiche/einen Kirschbaum, so dass man mich jedes Jahr essen kann . . . Man soll feiern, ganz rein feiern, nicht zu besoffen oder versaut daherkommen . . . Ich habe euch alle so geliebt. Bleibt einig. Dienet Gott.'"
"Ihr Sayn am Westerwald vor der weiten Rheinebene empfindet die Prinzessin als den schönsten Platz der Erde. 'Ja, soll es sayn, dann Sayn. Aber lieber noch nicht. Ich freue mich nämlich sooo viel, dass es für zwei oder noch mehr reicht. Aber will tun, was Gott mit mir vorhat, und immer dankbar sein für das, was ich hatte/habe.'"
(Info zum Buch "Filippas Engel" beim Don Bosco-Verlag.)
"Ignaz - Der Film"
Seit 20 Jahren soll John Kennedy Tooles Roman "Ignaz oder Die Verschwörung der Idioten" ("Confederacy of Dunces") schon verfilmt werden. Jetzt gibt es wieder einen neuen Anlauf. Ob das was wird? (via A Saintly Salmagundi)
Seit 20 Jahren soll John Kennedy Tooles Roman "Ignaz oder Die Verschwörung der Idioten" ("Confederacy of Dunces") schon verfilmt werden. Jetzt gibt es wieder einen neuen Anlauf. Ob das was wird? (via A Saintly Salmagundi)
Vorabdissens im Hühnerhof
Weil demnächst mal wieder ausgemistet wird, gackert der Hühnerhof in voller Aufregung! Ängstlich die einen, aufgeregt die andern. Und manisch-aggressiv einige der bekannten deutschen Hähnchen.
Es kursieren im deutschen Internet verschiedene Listen von zu korrigierenden liturgischen "Verirrungen", die im Entwurf eines neuen vatikanischen Liturgieschreibens aufgeführt seien (z.B. kath.net, "Wir sind Kirche"). Nicht alle Punkte werden es - überhaupt oder unverändert - in die Endversion schaffen. Und wie John Allen im Word from Rome schreibt: Sie werden wohl nur geltende Regelungen - des Kirchenrechts, des Ordo Missae etc. - bekräftigen.
Aber darum geht es nicht mehr auf der katholischen Animal Farm, wo auf dem Misthaufen die Blumen des Bösen wuchern: Mißtrauen, Argwohn, Gezetere, Willkür, Rechthaberei, Verleumdung. Auch die Liberal-Progressiven haben ihre "Akt(e) der religiösen Selbstbefriedigung" (Roland Breitenbach).
(Gelobt sei da die sobrietas inebria, die nüchterne Trunkenheit, die Kardinal Ratzingers "Geist der Liturgie" ausstrahlt - und er ist damit nicht der einzige.)
Weil demnächst mal wieder ausgemistet wird, gackert der Hühnerhof in voller Aufregung! Ängstlich die einen, aufgeregt die andern. Und manisch-aggressiv einige der bekannten deutschen Hähnchen.
Es kursieren im deutschen Internet verschiedene Listen von zu korrigierenden liturgischen "Verirrungen", die im Entwurf eines neuen vatikanischen Liturgieschreibens aufgeführt seien (z.B. kath.net, "Wir sind Kirche"). Nicht alle Punkte werden es - überhaupt oder unverändert - in die Endversion schaffen. Und wie John Allen im Word from Rome schreibt: Sie werden wohl nur geltende Regelungen - des Kirchenrechts, des Ordo Missae etc. - bekräftigen.
Aber darum geht es nicht mehr auf der katholischen Animal Farm, wo auf dem Misthaufen die Blumen des Bösen wuchern: Mißtrauen, Argwohn, Gezetere, Willkür, Rechthaberei, Verleumdung. Auch die Liberal-Progressiven haben ihre "Akt(e) der religiösen Selbstbefriedigung" (Roland Breitenbach).
(Gelobt sei da die sobrietas inebria, die nüchterne Trunkenheit, die Kardinal Ratzingers "Geist der Liturgie" ausstrahlt - und er ist damit nicht der einzige.)
26. September 2003
Warum nicht einfach "Sünde"?
Die Süddeutsche zum entstehenden Sozialpapier der deutschen Bischöfe:
"Man kann auch sagen: Dem Text fehlt die Frömmigkeit. Warum schreiben die Bischöfe nicht: Massenarbeitslosigkeit ist Sünde! Oder: Kinderarmut ist Sünde! Oder auch: Egozentrisches Anspruchsdenken ist sündig! Das würde zwar nicht klären, ob und wie ein demografischer Faktor in die Rentenversicherung gehört. Wohl aber, wovor sich eine Gesellschaft hüten sollte wie der Teufel vorm Weihwasser."
Mag ja stimmen, aber hat sich "die Gesellschaft" je darum gekümmert, was die Kirche für "Sünde" hält? Inzwischen schämen wir uns, irgendetwas geradeheraus im Katechismustonfall als "Sünde" einzustufen - und jetzt will die Öffentlichkeit gerade das von uns hören? Ihr könnt nicht alles haben.
Die Süddeutsche zum entstehenden Sozialpapier der deutschen Bischöfe:
"Man kann auch sagen: Dem Text fehlt die Frömmigkeit. Warum schreiben die Bischöfe nicht: Massenarbeitslosigkeit ist Sünde! Oder: Kinderarmut ist Sünde! Oder auch: Egozentrisches Anspruchsdenken ist sündig! Das würde zwar nicht klären, ob und wie ein demografischer Faktor in die Rentenversicherung gehört. Wohl aber, wovor sich eine Gesellschaft hüten sollte wie der Teufel vorm Weihwasser."
Mag ja stimmen, aber hat sich "die Gesellschaft" je darum gekümmert, was die Kirche für "Sünde" hält? Inzwischen schämen wir uns, irgendetwas geradeheraus im Katechismustonfall als "Sünde" einzustufen - und jetzt will die Öffentlichkeit gerade das von uns hören? Ihr könnt nicht alles haben.
25. September 2003
Angst vor den Kopftüchern
Höchste Zeit für ein Toleranzedikt ist es für Heribert Prantl und ich stimme ihm zu.
Für mich vermischen sich hier Ängste aus ganz verschiedenen Ecken und verbünden sich zu Intoleranz: Zum einen ist es die Angst vor einer Religion, die sich öffentlich macht, die in öffentlichen Räumen nicht einfach unsichtbar wird - wenn man will: Angst vor einer Religion, die außer der Innerlichkeit auch noch eine Äußerlichkeit kennt.
Dann höre ich bei konservativen Christen oft genug die Angst vor dem expansiven, aggressiven Islam heraus, der uns moslemisieren will und damit den Heilsplan Gottes, das christliche Abendland oder als Antichrist die Apokalypse stört.
Bei unseren christlichen Politikern (nicht nur aus den C-Parteien, aus den anderen genauso) und liberal orientierten Christen hat die Angst andere Motive: Hier hat man eher Angst, dass die Toleranz der Gesellschaft gegenüber einer neutralisierten, unter Vorbehalt gestellten Religion verloren gehen könnte, daß aus einem mühsam erreichten Gleichgewicht wieder eine chaotische Schaukelpartie mit ungewissem Ausgang werden könnte. Lieber lassen wir uns weiterhin zähmen und holen andere auch in die Koppel.
Höchste Zeit für ein Toleranzedikt ist es für Heribert Prantl und ich stimme ihm zu.
Für mich vermischen sich hier Ängste aus ganz verschiedenen Ecken und verbünden sich zu Intoleranz: Zum einen ist es die Angst vor einer Religion, die sich öffentlich macht, die in öffentlichen Räumen nicht einfach unsichtbar wird - wenn man will: Angst vor einer Religion, die außer der Innerlichkeit auch noch eine Äußerlichkeit kennt.
Dann höre ich bei konservativen Christen oft genug die Angst vor dem expansiven, aggressiven Islam heraus, der uns moslemisieren will und damit den Heilsplan Gottes, das christliche Abendland oder als Antichrist die Apokalypse stört.
Bei unseren christlichen Politikern (nicht nur aus den C-Parteien, aus den anderen genauso) und liberal orientierten Christen hat die Angst andere Motive: Hier hat man eher Angst, dass die Toleranz der Gesellschaft gegenüber einer neutralisierten, unter Vorbehalt gestellten Religion verloren gehen könnte, daß aus einem mühsam erreichten Gleichgewicht wieder eine chaotische Schaukelpartie mit ungewissem Ausgang werden könnte. Lieber lassen wir uns weiterhin zähmen und holen andere auch in die Koppel.
23. September 2003
Unser Lieblingsamerikaner 2004
Den bundesdeutschen Lieblingsamerikaner 2004 stellt uns die Tagespost vor: Samuel Gregg nimmt sich dort die zehn Demokratischen Präsidentschaftskandidaten vor. Wer auch immer in den Primaries das Rennen macht: Unsere Journalisten werden ihn bejubeln, unsere Politiker ihn vorsichtig willkommen heißen und wir alle würden ihn wählen. Und alle werden wir ignorieren, daß "der Ami" vielleicht ganz gute Gründe hat, nicht Demokratisch zu wählen:
"Wohl wahr: Je genauer man die Demokratische Partei dieser Tage unter die Lupe nimmt, desto klarer zeigt sich: Sie wird immer stärker zu einem Sammelsurium von Fraktionen, die kaum mehr Gemeinsamkeiten haben als die Hoffnung auf Unterstützung für ihre jeweils eigenen, völlig unterschiedlichen Interessen.
Das einzige andere, tatsächliche Bindeglied ist die Befürwortung der Abtreibung. Allein darin sieht sich die kunterbunte Basis vereint. Dem hat sich jeder Kandidatur-Kandidat zu beugen, und ein jeder tut es denn auch. Manche sammeln sogar Geld für Abtreibungs-Aktivisten. Anwälte für das Leben, 'Pro life' also, sind in der US-Spezies namens Democrats ausgestorben.
Damit liegt auf der Hand, dass die Partei auch langfristig Schwierigkeiten zu erwarten hat. Das zeichnet sich nicht nur durch die Tatsache ab, dass immer mehr amerikanische Katholiken der Abtreibungsfrage wegen vom demokratischen ins republikanische Lager wechsel(te)n. Ganz generell ist inzwischen ein deutlicher „Pro life“-Umschwung in der Volksmeinung zu erkennen. Den jüngsten Umfragen zufolge sind 52 Prozent aller Frauen in den Vereingten Staaten grundsätzlich gegen einen Schwangerschaftsabbruch.
Das hat die Abtreibungs-Lobby zutiefst geschockt, und das bringt die Demokratische Partei in immer flacheres Wasser. Je länger sie ihren Exponenten einen extremen 'Pro Abtreibung'-Kurs vorschreibt, desto mehr verringert sich angesichts der „Pro life“-Mehrheitsmeinung der Bürger die Chance, das höchste Staatsamt zurückzuerobern.
Welchen Einfluss der Komplex auf die Präsidentschaftswahl 2004 haben wird, muss natürlich Mutmaßung bleiben. Fest steht so viel: Mit dem Beharren auf ihrem Pro-Abtreibungs-Kurs, den immer mehr Wähler(innen) für moralisch verwerflich halten, riskieren die Demokraten ein verheerendes Eigentor."
Den bundesdeutschen Lieblingsamerikaner 2004 stellt uns die Tagespost vor: Samuel Gregg nimmt sich dort die zehn Demokratischen Präsidentschaftskandidaten vor. Wer auch immer in den Primaries das Rennen macht: Unsere Journalisten werden ihn bejubeln, unsere Politiker ihn vorsichtig willkommen heißen und wir alle würden ihn wählen. Und alle werden wir ignorieren, daß "der Ami" vielleicht ganz gute Gründe hat, nicht Demokratisch zu wählen:
"Wohl wahr: Je genauer man die Demokratische Partei dieser Tage unter die Lupe nimmt, desto klarer zeigt sich: Sie wird immer stärker zu einem Sammelsurium von Fraktionen, die kaum mehr Gemeinsamkeiten haben als die Hoffnung auf Unterstützung für ihre jeweils eigenen, völlig unterschiedlichen Interessen.
Das einzige andere, tatsächliche Bindeglied ist die Befürwortung der Abtreibung. Allein darin sieht sich die kunterbunte Basis vereint. Dem hat sich jeder Kandidatur-Kandidat zu beugen, und ein jeder tut es denn auch. Manche sammeln sogar Geld für Abtreibungs-Aktivisten. Anwälte für das Leben, 'Pro life' also, sind in der US-Spezies namens Democrats ausgestorben.
Damit liegt auf der Hand, dass die Partei auch langfristig Schwierigkeiten zu erwarten hat. Das zeichnet sich nicht nur durch die Tatsache ab, dass immer mehr amerikanische Katholiken der Abtreibungsfrage wegen vom demokratischen ins republikanische Lager wechsel(te)n. Ganz generell ist inzwischen ein deutlicher „Pro life“-Umschwung in der Volksmeinung zu erkennen. Den jüngsten Umfragen zufolge sind 52 Prozent aller Frauen in den Vereingten Staaten grundsätzlich gegen einen Schwangerschaftsabbruch.
Das hat die Abtreibungs-Lobby zutiefst geschockt, und das bringt die Demokratische Partei in immer flacheres Wasser. Je länger sie ihren Exponenten einen extremen 'Pro Abtreibung'-Kurs vorschreibt, desto mehr verringert sich angesichts der „Pro life“-Mehrheitsmeinung der Bürger die Chance, das höchste Staatsamt zurückzuerobern.
Welchen Einfluss der Komplex auf die Präsidentschaftswahl 2004 haben wird, muss natürlich Mutmaßung bleiben. Fest steht so viel: Mit dem Beharren auf ihrem Pro-Abtreibungs-Kurs, den immer mehr Wähler(innen) für moralisch verwerflich halten, riskieren die Demokraten ein verheerendes Eigentor."
21. September 2003
Immer noch die alten Lieder
In der Tagespost kritisiert Michael Karger die Kritik von Norbert Scholl am Gotteslob.
"Hinzu kommt noch die Verurteilung derjenigen Lieder, die 'mangelnden Realitätssinn' und 'unverhohlenen Triumphalismus' zeigen, wie 'Das All durchtönt ein mächtger Ruf: `Christ A und O der Welten!´.' Bezeichnenderweise hat auch dieser Text einen neutestamentlichen Hintergrund ('Er, der auf dem Thron saß, sprach: ... Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende' Offb 21, 5f), was Scholl aber nicht hindert seinen Ton noch zu verschärfen: 'Wer kann eigentlich derart bombastische und imperiale Wunschvorstellungen noch Ernst nehmen? Dazu muss man sich noch das Ambiente vorstellen, in dem diese Fanfarenstöße erklingen: ein Paar alte Männer und Frauen in einer halbleeren Kirche.'"
Genau das ist es, was ich an meiner Kirche liebe: Die Kirche ist meist mehr als halbleer, das Durchschnittsalter liegt bei 55 und von den unter 40-jährigen Getauften sind gerade mal 4 % anwesend. Der Pfarrer wählt die alten Lieder gewohnheitsmäßig aus, und alle quälen sich durch die Strophen. Nach einer Stunde ist das "heilige Geheimnis" vorbei. Amen.
Mir scheint aber gerade das die angemessene Gestalt zu sein, wie sich in Deutschland 2003 die Hoffnung wider alle Hoffnung verwirklicht - authentischer, scheint mir, als auf Katholikentagen, in pastoraltheologischen Hauptseminaren oder durch Bischofskonferenzen. Daß die Macher, die dominanten Intellektuellen, die wirbelnden Hauptamtlichen, die Kleriker hoffen, überzeugt mich nicht: Das ist ihr Job, entspricht ihrem Psycho-Typus, war zu erwarten. Aber daß die Alten, die Einfachen, die nicht-organisierten und nicht-mitredenden "Randständigen" hoffen, daß sie völlig bizarr die Triumphsongs singen, zeigt mir, daß die Hoffnung, das "Gottvertrauen" hartnäckiger ist als gedacht. Und daß nicht unsere Power oder positive Energie gefragt ist, sondern die freie Gnade und die "gekreuzigte Liebe" (ein Wort, das ich nicht leichtfertig hinschreibe, gewiß nicht).
Lassen wir Norbert Scholl weiterschreiben, wenn's ihm Spaß macht. Seine unvermeidliche Neubearbeitung der Bibel müssen wir uns ja nicht antun, wenn sie in ein paar Jahren erscheint. Wir wissen jetzt schon, was drin steht. Es ist die alte Bibel, die wir nicht gut genug kennen und die uns zu wenig interessiert. Dann würden wir auch verstehen, wie jemand "Wunderschön prächtige" dichten und singen kann - auch wenn es nicht unser Lieblingslied ist.
In der Tagespost kritisiert Michael Karger die Kritik von Norbert Scholl am Gotteslob.
"Hinzu kommt noch die Verurteilung derjenigen Lieder, die 'mangelnden Realitätssinn' und 'unverhohlenen Triumphalismus' zeigen, wie 'Das All durchtönt ein mächtger Ruf: `Christ A und O der Welten!´.' Bezeichnenderweise hat auch dieser Text einen neutestamentlichen Hintergrund ('Er, der auf dem Thron saß, sprach: ... Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende' Offb 21, 5f), was Scholl aber nicht hindert seinen Ton noch zu verschärfen: 'Wer kann eigentlich derart bombastische und imperiale Wunschvorstellungen noch Ernst nehmen? Dazu muss man sich noch das Ambiente vorstellen, in dem diese Fanfarenstöße erklingen: ein Paar alte Männer und Frauen in einer halbleeren Kirche.'"
Genau das ist es, was ich an meiner Kirche liebe: Die Kirche ist meist mehr als halbleer, das Durchschnittsalter liegt bei 55 und von den unter 40-jährigen Getauften sind gerade mal 4 % anwesend. Der Pfarrer wählt die alten Lieder gewohnheitsmäßig aus, und alle quälen sich durch die Strophen. Nach einer Stunde ist das "heilige Geheimnis" vorbei. Amen.
Mir scheint aber gerade das die angemessene Gestalt zu sein, wie sich in Deutschland 2003 die Hoffnung wider alle Hoffnung verwirklicht - authentischer, scheint mir, als auf Katholikentagen, in pastoraltheologischen Hauptseminaren oder durch Bischofskonferenzen. Daß die Macher, die dominanten Intellektuellen, die wirbelnden Hauptamtlichen, die Kleriker hoffen, überzeugt mich nicht: Das ist ihr Job, entspricht ihrem Psycho-Typus, war zu erwarten. Aber daß die Alten, die Einfachen, die nicht-organisierten und nicht-mitredenden "Randständigen" hoffen, daß sie völlig bizarr die Triumphsongs singen, zeigt mir, daß die Hoffnung, das "Gottvertrauen" hartnäckiger ist als gedacht. Und daß nicht unsere Power oder positive Energie gefragt ist, sondern die freie Gnade und die "gekreuzigte Liebe" (ein Wort, das ich nicht leichtfertig hinschreibe, gewiß nicht).
Lassen wir Norbert Scholl weiterschreiben, wenn's ihm Spaß macht. Seine unvermeidliche Neubearbeitung der Bibel müssen wir uns ja nicht antun, wenn sie in ein paar Jahren erscheint. Wir wissen jetzt schon, was drin steht. Es ist die alte Bibel, die wir nicht gut genug kennen und die uns zu wenig interessiert. Dann würden wir auch verstehen, wie jemand "Wunderschön prächtige" dichten und singen kann - auch wenn es nicht unser Lieblingslied ist.
19. September 2003
Sparkurs
Das Geld wird auch in den bayerischen Diözesen knapper und so haben sich die Bischöfe bereits Gedanken gemacht, wie sie darauf reagieren können: gemeinsame Bistumszeitungen, geringere Zuschüsse an Verbände und Bildungshäuser - und gegebenenfalls Schließungen von Kirchen. (Süddeutsche Zeitung, 19.9.2003)
Wieso dieser Sparkurs dann aber schon wieder zu einem Akt der "Solidarität mit den Menschen" (Kardinal Wetter) verklärt werden muß, frage ich mich. Geht's nicht eine Spur flacher: Wir tun einfach, was getan werden muß?
Das Geld wird auch in den bayerischen Diözesen knapper und so haben sich die Bischöfe bereits Gedanken gemacht, wie sie darauf reagieren können: gemeinsame Bistumszeitungen, geringere Zuschüsse an Verbände und Bildungshäuser - und gegebenenfalls Schließungen von Kirchen. (Süddeutsche Zeitung, 19.9.2003)
Wieso dieser Sparkurs dann aber schon wieder zu einem Akt der "Solidarität mit den Menschen" (Kardinal Wetter) verklärt werden muß, frage ich mich. Geht's nicht eine Spur flacher: Wir tun einfach, was getan werden muß?
18. September 2003
Wir geben auf. SPD
Und nochmal zur Landtagswahl in Bayern: Jetzt muß auch noch die Titanic der armen Bayern-SPD eine bösen Streich spielen - in Aschaffenburg, vor Scipios Haustür.
Ganz und gar nicht zum Lachen...
Und nochmal zur Landtagswahl in Bayern: Jetzt muß auch noch die Titanic der armen Bayern-SPD eine bösen Streich spielen - in Aschaffenburg, vor Scipios Haustür.
Ganz und gar nicht zum Lachen...
16. September 2003
Madeleine Delbrel: Das Gebet eines Lebens in der Welt
"Das Gebet eines Lebens in der Welt ist eine halbamtlich versehene öffentliche Funktion.
In so vielen Schichten gibt es keine Gläubigen mehr, und noch weniger Anbeter. Selbst wenn man weiß: christliches Gebet ist für jedermann da, belasten es doch jene, mit denen man umgeht und die einem vor Augen sind, mit besonderem Gewicht.
Heute ist Beten die größte Wohltat, die man der Welt erweisen kann."
(Gebet in einem weltlichen Leben.- 3. Aufl.- Einsiedeln: Johannes, 1979, 56)
"Das Gebet eines Lebens in der Welt ist eine halbamtlich versehene öffentliche Funktion.
In so vielen Schichten gibt es keine Gläubigen mehr, und noch weniger Anbeter. Selbst wenn man weiß: christliches Gebet ist für jedermann da, belasten es doch jene, mit denen man umgeht und die einem vor Augen sind, mit besonderem Gewicht.
Heute ist Beten die größte Wohltat, die man der Welt erweisen kann."
(Gebet in einem weltlichen Leben.- 3. Aufl.- Einsiedeln: Johannes, 1979, 56)
Auch ein Grund fürs Weblogging
Auf dem angenehmen Seminar, das ich derzeit besuche, haben die Teilnehmer heute den DISG-Persönlichkeitstest gemacht. Ich werde die Leserschaft nicht mit meinem Psychogramm beschäftigen, keine Angst.
Der "dominante" Typ scheine ich jedenfalls nicht zu sein, frage mich aber, ob ich meine paar dominant-konfrontativen Anteile nicht hier gelegentlich in meinem Weblog (an abwesenden Gegnern) ausprobiere. Eine der Antworten, warum ich oder andere ein Weblog schreibe, ist dann wohl: "Damit ich auch mal richtig böse sein kann."
Auf dem angenehmen Seminar, das ich derzeit besuche, haben die Teilnehmer heute den DISG-Persönlichkeitstest gemacht. Ich werde die Leserschaft nicht mit meinem Psychogramm beschäftigen, keine Angst.
Der "dominante" Typ scheine ich jedenfalls nicht zu sein, frage mich aber, ob ich meine paar dominant-konfrontativen Anteile nicht hier gelegentlich in meinem Weblog (an abwesenden Gegnern) ausprobiere. Eine der Antworten, warum ich oder andere ein Weblog schreibe, ist dann wohl: "Damit ich auch mal richtig böse sein kann."
15. September 2003
Erkenntnis
Gerade mit Freunden heftig und intensiv über den Zustand der Welt diskutiert. Am Ende stand die Erkenntnis, daß nichts bleiben wird, wie es ist. (Wie es werden wird, wussten wir so wenig wie zuvor.)
Hoffen wir, daß die Vorsehung uns noch den Wein und die Freundschaft erhalten möge, die wir beide brauchen, wenn wir in der Zukunft sinnvoll über die wahr gewordene Gegenwart philosophieren.
Gerade mit Freunden heftig und intensiv über den Zustand der Welt diskutiert. Am Ende stand die Erkenntnis, daß nichts bleiben wird, wie es ist. (Wie es werden wird, wussten wir so wenig wie zuvor.)
Hoffen wir, daß die Vorsehung uns noch den Wein und die Freundschaft erhalten möge, die wir beide brauchen, wenn wir in der Zukunft sinnvoll über die wahr gewordene Gegenwart philosophieren.
14. September 2003
JP II, der Große
Andreas Englisch berichtet in der Welt am Sonntag über die Papstreise in die Slowakei.
"'Das Kreuz ist unsere einzige Hoffnung. Am Kreuz begegnen sich das Leiden der Menschen und das Erbarmen Gottes', wird der Papst sagen und die Frage stellen: 'Was sehen wir also, wenn wir zum Kreuz schauen, an das Christus geschlagen wurde?' Und er wird die Frage aller christlichen Fragen so beantworten: 'Wir erfahren die unendliche Liebe Gottes zum Menschen.'"
Ein greiser, kranker, leidender, verstummter Papst scheint diese Liebe noch deutlicher zu machen als der jugendliche, robuste, lachende Karol Wojtyla der 80er Jahre. Weil er sie der Welt nicht nur weitersagt, sondern weil er selbst ganz auf sie angewiesen ist. Genau wie wir, nur noch offensichtlicher.
Andreas Englisch berichtet in der Welt am Sonntag über die Papstreise in die Slowakei.
"'Das Kreuz ist unsere einzige Hoffnung. Am Kreuz begegnen sich das Leiden der Menschen und das Erbarmen Gottes', wird der Papst sagen und die Frage stellen: 'Was sehen wir also, wenn wir zum Kreuz schauen, an das Christus geschlagen wurde?' Und er wird die Frage aller christlichen Fragen so beantworten: 'Wir erfahren die unendliche Liebe Gottes zum Menschen.'"
Ein greiser, kranker, leidender, verstummter Papst scheint diese Liebe noch deutlicher zu machen als der jugendliche, robuste, lachende Karol Wojtyla der 80er Jahre. Weil er sie der Welt nicht nur weitersagt, sondern weil er selbst ganz auf sie angewiesen ist. Genau wie wir, nur noch offensichtlicher.
Vielleicht ist es ja doch - wahr?
Das Hamburger Abendblatt bringt einen Ausschnitt aus der neuen JP II-Biographie von Andreas Englisch, seine Erinnerung an einige erstaunliche Minuten vom 13. Juni 1999:
"Ich war in diesem Augenblick plötzlich sauer auf den Papst. Als er da vor mir stand, einen Augenblick lang nur, herrschte ich ihn innerlich an: 'Was willst du denn noch, Karol Wojtyla? Warum gibst du nicht endlich Ruhe? Warum schleppst du dich weiter um die Welt, warum hetzt du dich, verdammt noch mal, selbst zu Tode? Du hast doch gewonnen! Du hast dazu beigetragen, dass sich dein Land von den Sowjets befreien konnte. Was willst du jetzt noch hier? Diese Reise ist Wahnsinn, so wie die anderen Reisen in andere Länder auch: 21 polnische Städte in 12 Tagen: Das ist Wahnsinn. Du musst um fünf Uhr aufstehen, und du kommst nicht vor Mitternacht ins Bett, seit elf Jahren hattest du nicht einen Ruhetag. Du kannst doch nicht mehr: Ich sehe das ja.'
Ich sah ihm nach, wie er unendlich langsam zu dem Hubschrauber schritt, und ich fragte mich zum ersten Mal: Was ist, wenn dieser Mann eben doch ein Werkzeug Gottes ist? Hat alles das, was ich erlebt habe, eine ganz andere Bedeutung, als ich glaubte? (...)
Der Mann, den ich vor mir auf dem Friedhof hatte weinen sehen, war nicht einer, der sich feiern lassen wollte. Es war ein Mann, der meinte, nur ein Werkzeug Gottes zu sein. 'Und wenn es wahr ist?', dachte ich zum ersten Mal. 'Wenn er das alles nur deshalb durchsteht, weil ihm Gott die Kraft gibt?'"
Das Hamburger Abendblatt bringt einen Ausschnitt aus der neuen JP II-Biographie von Andreas Englisch, seine Erinnerung an einige erstaunliche Minuten vom 13. Juni 1999:
"Ich war in diesem Augenblick plötzlich sauer auf den Papst. Als er da vor mir stand, einen Augenblick lang nur, herrschte ich ihn innerlich an: 'Was willst du denn noch, Karol Wojtyla? Warum gibst du nicht endlich Ruhe? Warum schleppst du dich weiter um die Welt, warum hetzt du dich, verdammt noch mal, selbst zu Tode? Du hast doch gewonnen! Du hast dazu beigetragen, dass sich dein Land von den Sowjets befreien konnte. Was willst du jetzt noch hier? Diese Reise ist Wahnsinn, so wie die anderen Reisen in andere Länder auch: 21 polnische Städte in 12 Tagen: Das ist Wahnsinn. Du musst um fünf Uhr aufstehen, und du kommst nicht vor Mitternacht ins Bett, seit elf Jahren hattest du nicht einen Ruhetag. Du kannst doch nicht mehr: Ich sehe das ja.'
Ich sah ihm nach, wie er unendlich langsam zu dem Hubschrauber schritt, und ich fragte mich zum ersten Mal: Was ist, wenn dieser Mann eben doch ein Werkzeug Gottes ist? Hat alles das, was ich erlebt habe, eine ganz andere Bedeutung, als ich glaubte? (...)
Der Mann, den ich vor mir auf dem Friedhof hatte weinen sehen, war nicht einer, der sich feiern lassen wollte. Es war ein Mann, der meinte, nur ein Werkzeug Gottes zu sein. 'Und wenn es wahr ist?', dachte ich zum ersten Mal. 'Wenn er das alles nur deshalb durchsteht, weil ihm Gott die Kraft gibt?'"
12. September 2003
In Memoriam Johnny Cash
Angel Band (Hascall / Bradbury)
My latest sun is sinking fast
My race is nearly run
My longest trials now are past
My triumph has begun
Chorus
Oh come angel band
Come and around me stand
Bear me away on your snow white wings
To my immortal home
Bear me away on you snow white wings
To my immortal home
Oh bear my longing soul to him
Who bled and died for me
Whose blood now cleanses from all sins
And brings me victory
I've almost gained my heavenly home
My spirit loudly sings
The holy ones, behold they come
I hear the noise of wings
Angel Band (Hascall / Bradbury)
My latest sun is sinking fast
My race is nearly run
My longest trials now are past
My triumph has begun
Chorus
Oh come angel band
Come and around me stand
Bear me away on your snow white wings
To my immortal home
Bear me away on you snow white wings
To my immortal home
Oh bear my longing soul to him
Who bled and died for me
Whose blood now cleanses from all sins
And brings me victory
I've almost gained my heavenly home
My spirit loudly sings
The holy ones, behold they come
I hear the noise of wings
11. September 2003
"Blogger wird komplett kostenlos"
... schreibt Golem. (Via Handakte)
There's nothing like a free lunch.
... schreibt Golem. (Via Handakte)
There's nothing like a free lunch.
Schlappen
Robert Gernhardt in der Welt über Theodor Wiesengrund Adorno: "In den 'Minima Moralia' ist Adorno nicht wirklich dogmatisch. Er ist zwar der Meinung, dass man sich nicht mehr 'richtig' einrichten oder 'richtig' kleiden kann. Gefällt ihm aber irgendein Kleidungsstück, ist er zu den aberwitzigsten intellektuellen Volten bereit, um es philosophisch zu rechtfertigen. So rehabilitiert er beispielsweise den Pantoffel - 'Schlappe, slippers' - als emanzipatorisches Kleidungsstück. Der Pantoffel, schreibt er, sei ein Denkmal des Hasses gegen das Sichbücken. Man kann nämlich in ihn hineinschlüpfen, ohne den aufrechten Gang aufzugeben."
Hatte Adorno Kinder? Die schlüpfen nämlich in jeden Schuh, ohne sich zu bücken. Und wer den Knoten nicht aufzieht, muß sich auch zum Binden nicht bücken.
Robert Gernhardt in der Welt über Theodor Wiesengrund Adorno: "In den 'Minima Moralia' ist Adorno nicht wirklich dogmatisch. Er ist zwar der Meinung, dass man sich nicht mehr 'richtig' einrichten oder 'richtig' kleiden kann. Gefällt ihm aber irgendein Kleidungsstück, ist er zu den aberwitzigsten intellektuellen Volten bereit, um es philosophisch zu rechtfertigen. So rehabilitiert er beispielsweise den Pantoffel - 'Schlappe, slippers' - als emanzipatorisches Kleidungsstück. Der Pantoffel, schreibt er, sei ein Denkmal des Hasses gegen das Sichbücken. Man kann nämlich in ihn hineinschlüpfen, ohne den aufrechten Gang aufzugeben."
Hatte Adorno Kinder? Die schlüpfen nämlich in jeden Schuh, ohne sich zu bücken. Und wer den Knoten nicht aufzieht, muß sich auch zum Binden nicht bücken.
Rechtshaarer
Isabel Hartmann in der SZ: Linkshänder wirbeln anders:
Ein Forscher glaubt, dass die Richtung von Haarwirbeln und die Händigkeit am selben Gen hängen: ""
Isabel Hartmann in der SZ: Linkshänder wirbeln anders:
Ein Forscher glaubt, dass die Richtung von Haarwirbeln und die Händigkeit am selben Gen hängen: ""
Katholische Bürgermeister
Die Tagespost interviewt Kardinal Leo Scheffczyk zu diversen kirchlichen Fragen:
"Tagespost: Zeigt die jüngste Auseinandersetzung der Kardinäle Ratzinger, Meisner und Lehmann um die Bewertung des ökumenischen Kirchentages aus Ihrer Sicht ein grundlegend verschiedenes Verständnis von Kirche? Welches Maß an Klarheit schuldet der Bischof den Gläubigen?
Scheffczyk: Man möchte nicht gerne so weit gehen, hier auf ein wesentlich verändertes und gänzlich verschiedenes Kirchenverständnis zu schließen; andererseits ist nicht zu verkennen, dass sich langsam eine Differenzierung herausbildet, die man als Unterschied zwischen einer „Bekenntniskirche“ und einer „gesellschaftsintegrierenden Kirche“ kennzeichnen könnte. Letztere möchte die Gesellschaft auch in der Kirche abgebildet sehen, um so verstärkt auf sie einwirken zu können.
Allerdings müssten allein schon die bislang gemachten Erfahrungen vom mangelnden Realismus dieser Auffassung überzeugen. Was das gesellschaftspolitische Engagement angeht, so erinnert uns der evangelische Theologe Karl Barth in seiner launigen Art daran, dass wir als Dorfälteste und als Bürgermeister von der Welt eigentlich nicht gebraucht würden. Gerade dieser Tage belegt eine repräsentative Umfrage, dass zwei Drittel der Befragten das politische Engagement der Kirche ablehnen und den Gottesdienst als die vorrangige Aufgabe betrachten. Dazu kommen die Unterschiede, die durch die undifferenzierte Propagierung einer 'Laienkirche' gesetzt wurden, aber auch durch die ideologische Überfrachtung der 'kooperativen Pastoral' mit der zuweilen unverhohlenen Intention, alle Gläubigen zu Seelsorgern zu machen. In der Diskussion ist gelegentlich auch schon die Auffassung zu hören, dass man (des Laiendienstes wegen) die Weihe- von der Hirtengewalt trennen sollte, was faktisch die Auflösung des kirchlichen Amtes erbrächte. Die Bischöfe sind berufen, über diese Divergenzen im Kirchenbild zu urteilen und Glauben von Ideologie zu scheiden. Sonst wird die Entwicklung zur 'Sektorenkirche' nicht abzuwenden sein."
Die Tagespost interviewt Kardinal Leo Scheffczyk zu diversen kirchlichen Fragen:
"Tagespost: Zeigt die jüngste Auseinandersetzung der Kardinäle Ratzinger, Meisner und Lehmann um die Bewertung des ökumenischen Kirchentages aus Ihrer Sicht ein grundlegend verschiedenes Verständnis von Kirche? Welches Maß an Klarheit schuldet der Bischof den Gläubigen?
Scheffczyk: Man möchte nicht gerne so weit gehen, hier auf ein wesentlich verändertes und gänzlich verschiedenes Kirchenverständnis zu schließen; andererseits ist nicht zu verkennen, dass sich langsam eine Differenzierung herausbildet, die man als Unterschied zwischen einer „Bekenntniskirche“ und einer „gesellschaftsintegrierenden Kirche“ kennzeichnen könnte. Letztere möchte die Gesellschaft auch in der Kirche abgebildet sehen, um so verstärkt auf sie einwirken zu können.
Allerdings müssten allein schon die bislang gemachten Erfahrungen vom mangelnden Realismus dieser Auffassung überzeugen. Was das gesellschaftspolitische Engagement angeht, so erinnert uns der evangelische Theologe Karl Barth in seiner launigen Art daran, dass wir als Dorfälteste und als Bürgermeister von der Welt eigentlich nicht gebraucht würden. Gerade dieser Tage belegt eine repräsentative Umfrage, dass zwei Drittel der Befragten das politische Engagement der Kirche ablehnen und den Gottesdienst als die vorrangige Aufgabe betrachten. Dazu kommen die Unterschiede, die durch die undifferenzierte Propagierung einer 'Laienkirche' gesetzt wurden, aber auch durch die ideologische Überfrachtung der 'kooperativen Pastoral' mit der zuweilen unverhohlenen Intention, alle Gläubigen zu Seelsorgern zu machen. In der Diskussion ist gelegentlich auch schon die Auffassung zu hören, dass man (des Laiendienstes wegen) die Weihe- von der Hirtengewalt trennen sollte, was faktisch die Auflösung des kirchlichen Amtes erbrächte. Die Bischöfe sind berufen, über diese Divergenzen im Kirchenbild zu urteilen und Glauben von Ideologie zu scheiden. Sonst wird die Entwicklung zur 'Sektorenkirche' nicht abzuwenden sein."
9. September 2003
Geschwätz
"1949 schrieb Adorno: 'Noch das äußerste Bewußtsein vom Verhängnis droht zum Geschwätz zu entarten.'"
Ja.
(Zitat aus: Claudia Wolff: Entarten: Adornos Sätze.- FR, 9.9.03)
"1949 schrieb Adorno: 'Noch das äußerste Bewußtsein vom Verhängnis droht zum Geschwätz zu entarten.'"
Ja.
(Zitat aus: Claudia Wolff: Entarten: Adornos Sätze.- FR, 9.9.03)
8. September 2003
Der Katholikentagslutscher
Benedikt hat uns ja schon vor ein paar Tagen das unheimlich eindrucksvolle Logo des Katholikentags 2004 präsentiert. In meinem zynischen Kommentar dazu hatte ich gemutmaßt: "Sind nicht der kreisrunde, rote Lutscher, das Windrad und der turbulente Luftwirbel uralte christliche Symbole, die sich schon bei Tertullian, Cyrill und Chrysostomus finden?"
Das belegt Dr. Oliver Schütz , Bereichsleiter Programm in der Geschäftsstelle des Katholikentages, in seinen "Theologischen Impulsen" zwar nicht, aber immerhin läßt sich dort lernen, daß die Spirale "ein uraltes Symbol für Dynamik" und "ein Symbol der Sonne" ist, daß sie "auf den Himmel" verweist und - wow - an die Schnecke erinnert, die ihrerseits wiederum wegen "ihre(s) spiralförmigen Haus(es), in das sie sich für die Zeit von Kälte oder Trockenheit zurückzieht und danach wieder erscheint, ... in der christlichen Ikonographie zu einem Symbolwesen für die Auferstehung Jesu Christi" wurde.
Bibeltexte findet Schütz allerdings nur für den Keimling, der auch in der Spirale enthalten sein soll und den ich trotz aller guten Worte nicht erkennen kann. (Liegt an mir, keine Angst. Verstocktes Herz, verblendete Augen, kaum Fantasie, ...)
Den guten Willen erkenne ich an und auch den Einfallsreichtum, mit dem aus einem 08/15-Logo etwas Hochsignifikantes gezaubert wird. Aber mich davon inspirieren oder gar motivieren oder begeistern zu lassen - nee. Ich nehme es schlicht und einfach als Symbol für den Zustand des deutschen Katholizismus: Langweilig, modernistisch-bieder, verwechselbar.
(Mehr Infos zum Katholikentag 2004 in Ulm gibt es hier.)
Benedikt hat uns ja schon vor ein paar Tagen das unheimlich eindrucksvolle Logo des Katholikentags 2004 präsentiert. In meinem zynischen Kommentar dazu hatte ich gemutmaßt: "Sind nicht der kreisrunde, rote Lutscher, das Windrad und der turbulente Luftwirbel uralte christliche Symbole, die sich schon bei Tertullian, Cyrill und Chrysostomus finden?"
Das belegt Dr. Oliver Schütz , Bereichsleiter Programm in der Geschäftsstelle des Katholikentages, in seinen "Theologischen Impulsen" zwar nicht, aber immerhin läßt sich dort lernen, daß die Spirale "ein uraltes Symbol für Dynamik" und "ein Symbol der Sonne" ist, daß sie "auf den Himmel" verweist und - wow - an die Schnecke erinnert, die ihrerseits wiederum wegen "ihre(s) spiralförmigen Haus(es), in das sie sich für die Zeit von Kälte oder Trockenheit zurückzieht und danach wieder erscheint, ... in der christlichen Ikonographie zu einem Symbolwesen für die Auferstehung Jesu Christi" wurde.
Bibeltexte findet Schütz allerdings nur für den Keimling, der auch in der Spirale enthalten sein soll und den ich trotz aller guten Worte nicht erkennen kann. (Liegt an mir, keine Angst. Verstocktes Herz, verblendete Augen, kaum Fantasie, ...)
Den guten Willen erkenne ich an und auch den Einfallsreichtum, mit dem aus einem 08/15-Logo etwas Hochsignifikantes gezaubert wird. Aber mich davon inspirieren oder gar motivieren oder begeistern zu lassen - nee. Ich nehme es schlicht und einfach als Symbol für den Zustand des deutschen Katholizismus: Langweilig, modernistisch-bieder, verwechselbar.
(Mehr Infos zum Katholikentag 2004 in Ulm gibt es hier.)
"Was Sie tun, ist auch für unseren Glauben gut."
Das Interview von Kardinal Ratzinger mit dem US-TV-Sender EWTN im deutschen Wortlaut.
Ausschnitte:
"EWTN: Was würden Sie den Gläubigen sagen, die in den USA zur Zeit sehr verunsichert sind und nicht wissen, an wen sie sich halten sollen? Was würden Sie Ihnen sagen?
Ratzinger: Vor allem, daß sie sich an den Herrn wenden sollen. Er ist immer für uns da und in unserer Nähe. Sie sollen auch auf die Heiligen schauen, ganz gleich wann sie gelebt haben. Man findet auch in unserer Zeit Heilige. Es gibt unter uns demütige und gläubige Menschen, vielleicht nicht so sichtbar, weil sie nicht im Fernsehen erscheinen. Aber es gibt auch heute demütige, betende Menschen. Sie sind die Zuversicht der Kirche und aller Menschen. Sucht diese Menschen auf! Trotz aller heutigen Probleme ist die Kirche nicht von der Bildfläche verschwunden, sondern lebt fort, gerade in den Personen, die nicht so sehr in Erscheinung treten. Also, ich denke, das ist wesentlich: den Herrn aufsuchen, die Heiligen gleich welcher Zeit wiederentdecken, aber auch die einfachen Menschen ausfindig machen, die nicht heilig gesprochen sind, aber wirklich im Herzen der Kirche leben.
(...)
EWTN: Nun, wir sind froh, wenn Sie weitermachen. Meine letzte Frage lautet: Was betrachten Sie, Eminenz, als größte Gefahr und was als größte Hoffnung in der Kirche von heute?
Ratzinger: Ich sehe die große Gefahr, daß wir nur noch ein Sozialverband und nicht im Glauben an den Herrn festgemacht sind. Im ersten Moment scheint nur zu zählen, was wir tun, während der Glaube nicht so wichtig erscheint. Aber wenn der Glaube verdunstet, zerfallen auch die anderen Dinge, wie wir gesehen haben. Also, ich denke, es gibt zur Zeit mit all den Aktivitäten und äußerlichen Visionen die Gefahr, die Bedeutung des Glaubens zu unterschätzen und den Glauben zu verlieren. Das gilt auch für eine Kirche, in der der Glaube nicht mehr so wesentlich ist.
EWTN: Ja.
Ratzinger: Die große Hoffnung ist, daß wir eine neue Gegenwart des Herrn erleben. Wir können erfahren, daß die sakramentale Gegenwart des Herrn in der Eucharistie ein wesentliches Geschenk für uns ist, das uns die Möglichkeit gibt, die anderen zu lieben und für sie zu arbeiten. Ich glaube, daß die neue Präsenz des eucharistischen Christus eine neue Liebe für Christus entfacht. Der in der Eucharistie gegenwärtige Christus ist das ermutigendste Zeichen unserer Zeit."
Das Interview von Kardinal Ratzinger mit dem US-TV-Sender EWTN im deutschen Wortlaut.
Ausschnitte:
"EWTN: Was würden Sie den Gläubigen sagen, die in den USA zur Zeit sehr verunsichert sind und nicht wissen, an wen sie sich halten sollen? Was würden Sie Ihnen sagen?
Ratzinger: Vor allem, daß sie sich an den Herrn wenden sollen. Er ist immer für uns da und in unserer Nähe. Sie sollen auch auf die Heiligen schauen, ganz gleich wann sie gelebt haben. Man findet auch in unserer Zeit Heilige. Es gibt unter uns demütige und gläubige Menschen, vielleicht nicht so sichtbar, weil sie nicht im Fernsehen erscheinen. Aber es gibt auch heute demütige, betende Menschen. Sie sind die Zuversicht der Kirche und aller Menschen. Sucht diese Menschen auf! Trotz aller heutigen Probleme ist die Kirche nicht von der Bildfläche verschwunden, sondern lebt fort, gerade in den Personen, die nicht so sehr in Erscheinung treten. Also, ich denke, das ist wesentlich: den Herrn aufsuchen, die Heiligen gleich welcher Zeit wiederentdecken, aber auch die einfachen Menschen ausfindig machen, die nicht heilig gesprochen sind, aber wirklich im Herzen der Kirche leben.
(...)
EWTN: Nun, wir sind froh, wenn Sie weitermachen. Meine letzte Frage lautet: Was betrachten Sie, Eminenz, als größte Gefahr und was als größte Hoffnung in der Kirche von heute?
Ratzinger: Ich sehe die große Gefahr, daß wir nur noch ein Sozialverband und nicht im Glauben an den Herrn festgemacht sind. Im ersten Moment scheint nur zu zählen, was wir tun, während der Glaube nicht so wichtig erscheint. Aber wenn der Glaube verdunstet, zerfallen auch die anderen Dinge, wie wir gesehen haben. Also, ich denke, es gibt zur Zeit mit all den Aktivitäten und äußerlichen Visionen die Gefahr, die Bedeutung des Glaubens zu unterschätzen und den Glauben zu verlieren. Das gilt auch für eine Kirche, in der der Glaube nicht mehr so wesentlich ist.
EWTN: Ja.
Ratzinger: Die große Hoffnung ist, daß wir eine neue Gegenwart des Herrn erleben. Wir können erfahren, daß die sakramentale Gegenwart des Herrn in der Eucharistie ein wesentliches Geschenk für uns ist, das uns die Möglichkeit gibt, die anderen zu lieben und für sie zu arbeiten. Ich glaube, daß die neue Präsenz des eucharistischen Christus eine neue Liebe für Christus entfacht. Der in der Eucharistie gegenwärtige Christus ist das ermutigendste Zeichen unserer Zeit."
Das Lied fürs einfache Leben
Glücklicher leben wollen wir - nach Aristoteles - wohl alle und hoffen heutzutage meist, das durch ein einfacheres Leben zu erreichen: "Simplify your life"! "Lebe einfach, werde glücklich"!
Zu meiner persönlichen Komplexitätsreduktionsstrategie ( :-) ) gehört eine ausreichende Dosis Bluegrass-Music, die ja selbst glückliche Einfachheit zu verkörpern scheint (scheint!): Rednecks und Hillbillies spielen auf der weiten, bläulich schimmernden Prärie oder in grünen Appalachentälern fröhlich mit Fiddle und Banjo auf; nach vier Minuten ist der Song vorbei, und jeder nimmt einen tiefen Schluck Moonshine.
Ricky Skaggs hat auf seinem neuen Album "Live at the Charleston Music Hall" einen richtig schönen Einfach-Leben-Song. der denn auch gleich von der IBMA als möglicher Song of the Year 2003 nominiert wurde. Hier sind die Lyrics - jedenfalls soweit ich sie heraushören konnte:
A Simple Life (Words: Harley Allen)
I live a simple life:
I work all day and I sleep all night,
A couple of kids who need me there,
A big dog and a little cat,
A wife that barks but rarely bites.
So I live a simple life.
I live a simple life:
A big coat when the cold winds bite,
Leather boots for my bare feet,
Now and then a steak to eat.
I pick with the boys on Friday night.
So I live a simple life.
Refr:
My favorite book was wrote about a man
Who died to save my soul.
My favorite thing to hear is
Daddy, I'm so glad you're home.
My favorite woman is five three
With long black hair and green eyes.
Still I live a simple life.
I live a simple life:
A couple of friends I really like,
A little house outside a town,
An old car that gets me around.
Complications may arise
But I live a simple life.
I live a simple life:
Cell phone when my old car dies,
The internet to show me where,
GPS to get me there,
Everywhere there's satellites:
I live a simple life.
Refr.
Glücklicher leben wollen wir - nach Aristoteles - wohl alle und hoffen heutzutage meist, das durch ein einfacheres Leben zu erreichen: "Simplify your life"! "Lebe einfach, werde glücklich"!
Zu meiner persönlichen Komplexitätsreduktionsstrategie ( :-) ) gehört eine ausreichende Dosis Bluegrass-Music, die ja selbst glückliche Einfachheit zu verkörpern scheint (scheint!): Rednecks und Hillbillies spielen auf der weiten, bläulich schimmernden Prärie oder in grünen Appalachentälern fröhlich mit Fiddle und Banjo auf; nach vier Minuten ist der Song vorbei, und jeder nimmt einen tiefen Schluck Moonshine.
Ricky Skaggs hat auf seinem neuen Album "Live at the Charleston Music Hall" einen richtig schönen Einfach-Leben-Song. der denn auch gleich von der IBMA als möglicher Song of the Year 2003 nominiert wurde. Hier sind die Lyrics - jedenfalls soweit ich sie heraushören konnte:
A Simple Life (Words: Harley Allen)
I live a simple life:
I work all day and I sleep all night,
A couple of kids who need me there,
A big dog and a little cat,
A wife that barks but rarely bites.
So I live a simple life.
I live a simple life:
A big coat when the cold winds bite,
Leather boots for my bare feet,
Now and then a steak to eat.
I pick with the boys on Friday night.
So I live a simple life.
Refr:
My favorite book was wrote about a man
Who died to save my soul.
My favorite thing to hear is
Daddy, I'm so glad you're home.
My favorite woman is five three
With long black hair and green eyes.
Still I live a simple life.
I live a simple life:
A couple of friends I really like,
A little house outside a town,
An old car that gets me around.
Complications may arise
But I live a simple life.
I live a simple life:
Cell phone when my old car dies,
The internet to show me where,
GPS to get me there,
Everywhere there's satellites:
I live a simple life.
Refr.
Wertvoller als ein kleines Steak
Also, mich erinnert der Celebration Cup ("this patented, all-in-one presentation of communion host and grape juice is our fastest moving product") eher an einen Fruchtzwerg. Ist natürlich billiger (< 13 US Cent) und länger haltbar (mindestens 6 Monate), und hat weniger Alkohol als Meßwein. (Wieder einmal via A Saintly Salmagundi alias Fr. Bryce Sibley)
Also, mich erinnert der Celebration Cup ("this patented, all-in-one presentation of communion host and grape juice is our fastest moving product") eher an einen Fruchtzwerg. Ist natürlich billiger (< 13 US Cent) und länger haltbar (mindestens 6 Monate), und hat weniger Alkohol als Meßwein. (Wieder einmal via A Saintly Salmagundi alias Fr. Bryce Sibley)
7. September 2003
Walker Percy: Über die Schüchternheit
"Frage: Wenn Sie schüchtern sind, ist es dann besser, Sie akzeptieren Ihre Schüchternheit, oder ist es besser, Sie suchen Hilfe bei einem Psychotherapeuten, damit Sie ein selbstbewußter, unverklemmter Mensch werden, oder vielleicht, Sie lesen ein Buch darüber, wie man seine Schüchternheit überwindet?
(a) Es ist besser, Sie suchen Hilfe bei einem Psychotherapeuten, weil es besser ist, nicht zu leiden, als zu leiden. Psychiater und Psychologen behandeln Störungen. Schüchternheit ist ein Symptom einer solchen Störung. Daher ist es vernünftig, entsprechende Hilfe zu suchen.
(b) Es ist besser, Sie lesen ein Buch, wie man darüber hinwegkommt, schüchtern, ängstlich, unsicher usw. zu sein, als Sie lesen ein solches Buch nicht, denn Sie könnten den einen oder anderen hilfreichen Hinweis bekommen, selbst aus einem Buch.
(c) Es ist besser, Sie lesen ein solches Buch nicht, weil die Wirkung solcher Bücher nur während der Lektüre und vielleicht noch fünfzehn Minuten danach anhält und daher Ihre Verzweiflung nur noch gesteigert würde.
(d) Es ist besser, Sie hören Leo Buscaglia zu, weil er über solche Sachen spricht wie Liebe, Zärtlichkeit und Offenheit für seine Mitmenschen.
(e) Es ist besser, Sie hören Leo Buscaglia nicht zu, weil Leo zwar durchaus unterhaltsam ist, aber sowohl Sie als auch Leo sich danach schlechter fühlen würden.
(f) Es ist besser, Sie lesen das Buch, das sie im Augenblick lesen, denn es ist zwar auch nicht viel besser, aber immerhin erzählt es Ihnen nichts darüber, wie Sie über Ihre Schüchternheit, Angst usw. hinwegkommen, sondern wirft diese Dinge nur als Fragen zwischen Schriftsteller und Leser auf und macht das Undarstellbare darstellbar, für eine Weile vielleicht sogar erträglich.
(g) Es ist besser, Sie suchen nicht bei einem Psychotherapeuten Hilfe, sondern azeptieren Ihre Schüchternheit, wenn sie auch noch so schmerzhaft ist, weil es besser für Sie ist, Ihr schüchternes Selbst zu sein als die Person, die der Psychotherapeut aus Ihnen machen will, nämlich eine wie er selbst.
(h) Es ist besser, Sie suchen Hilfe bei einem Psychotherapeuten, sofern der Psychotherapeut weiß, was nicht viele Psychotherapeuten wissen, nämlich daß der Schüchterne etwas wissen könnte, was der Nichtschüchterne nicht weiß: daß Ihr Selbst für Sie in der Tat undarstellbar ist, daß Sie ein Recht auf Ihre Schüchternheit haben, daß es Schwachsinn höheren Grades erfordert, nicht schüchtern zu sein, daß gerade die Undarstellbarkeit Ihres Selbst der einzige Anhaltspunkt ist, den Sie für Ihre Einmaligkeit haben, daß man ansonsten nur ein weiterer Ralph unter tausend Ralphen wird oder, schlimmer noch, eine Kopie des Psychotherapeuten." (Das furchtsame Selbst III, aus: Walker Percy: Loch im Kosmos.- Basel: Sphinx, 1991, S. 42f.)
"Frage: Wenn Sie schüchtern sind, ist es dann besser, Sie akzeptieren Ihre Schüchternheit, oder ist es besser, Sie suchen Hilfe bei einem Psychotherapeuten, damit Sie ein selbstbewußter, unverklemmter Mensch werden, oder vielleicht, Sie lesen ein Buch darüber, wie man seine Schüchternheit überwindet?
(a) Es ist besser, Sie suchen Hilfe bei einem Psychotherapeuten, weil es besser ist, nicht zu leiden, als zu leiden. Psychiater und Psychologen behandeln Störungen. Schüchternheit ist ein Symptom einer solchen Störung. Daher ist es vernünftig, entsprechende Hilfe zu suchen.
(b) Es ist besser, Sie lesen ein Buch, wie man darüber hinwegkommt, schüchtern, ängstlich, unsicher usw. zu sein, als Sie lesen ein solches Buch nicht, denn Sie könnten den einen oder anderen hilfreichen Hinweis bekommen, selbst aus einem Buch.
(c) Es ist besser, Sie lesen ein solches Buch nicht, weil die Wirkung solcher Bücher nur während der Lektüre und vielleicht noch fünfzehn Minuten danach anhält und daher Ihre Verzweiflung nur noch gesteigert würde.
(d) Es ist besser, Sie hören Leo Buscaglia zu, weil er über solche Sachen spricht wie Liebe, Zärtlichkeit und Offenheit für seine Mitmenschen.
(e) Es ist besser, Sie hören Leo Buscaglia nicht zu, weil Leo zwar durchaus unterhaltsam ist, aber sowohl Sie als auch Leo sich danach schlechter fühlen würden.
(f) Es ist besser, Sie lesen das Buch, das sie im Augenblick lesen, denn es ist zwar auch nicht viel besser, aber immerhin erzählt es Ihnen nichts darüber, wie Sie über Ihre Schüchternheit, Angst usw. hinwegkommen, sondern wirft diese Dinge nur als Fragen zwischen Schriftsteller und Leser auf und macht das Undarstellbare darstellbar, für eine Weile vielleicht sogar erträglich.
(g) Es ist besser, Sie suchen nicht bei einem Psychotherapeuten Hilfe, sondern azeptieren Ihre Schüchternheit, wenn sie auch noch so schmerzhaft ist, weil es besser für Sie ist, Ihr schüchternes Selbst zu sein als die Person, die der Psychotherapeut aus Ihnen machen will, nämlich eine wie er selbst.
(h) Es ist besser, Sie suchen Hilfe bei einem Psychotherapeuten, sofern der Psychotherapeut weiß, was nicht viele Psychotherapeuten wissen, nämlich daß der Schüchterne etwas wissen könnte, was der Nichtschüchterne nicht weiß: daß Ihr Selbst für Sie in der Tat undarstellbar ist, daß Sie ein Recht auf Ihre Schüchternheit haben, daß es Schwachsinn höheren Grades erfordert, nicht schüchtern zu sein, daß gerade die Undarstellbarkeit Ihres Selbst der einzige Anhaltspunkt ist, den Sie für Ihre Einmaligkeit haben, daß man ansonsten nur ein weiterer Ralph unter tausend Ralphen wird oder, schlimmer noch, eine Kopie des Psychotherapeuten." (Das furchtsame Selbst III, aus: Walker Percy: Loch im Kosmos.- Basel: Sphinx, 1991, S. 42f.)
Ungerechte Gnade
Erstaunlich, wie unterschiedlich der liebe Gott seine Gaben verteilt: Wo ein Augustinus mit 42 Jahren noch inständig flehte: "Ich beschwöre Dich, mein Gott, enthülle mir auch mich selbst." (Confessiones, 10, 37), sind heutzutage schon jede Menge Teenies mit jeder Menge Selbsterkenntnis gesegnet.
Oder was sonst soll es sein, was einem in der "Starsearch" entgegenschallt: "Ich weiß, daß ich die Power habe", "Ich bin voller Energy", "Ich habe das Zeug zum Superstar", usw. usf. ?
Erstaunlich, wie unterschiedlich der liebe Gott seine Gaben verteilt: Wo ein Augustinus mit 42 Jahren noch inständig flehte: "Ich beschwöre Dich, mein Gott, enthülle mir auch mich selbst." (Confessiones, 10, 37), sind heutzutage schon jede Menge Teenies mit jeder Menge Selbsterkenntnis gesegnet.
Oder was sonst soll es sein, was einem in der "Starsearch" entgegenschallt: "Ich weiß, daß ich die Power habe", "Ich bin voller Energy", "Ich habe das Zeug zum Superstar", usw. usf. ?
4. September 2003
Mammons-Altar
Da kommt die digitale Ersatzkollekte auf uns zu! (via Saintly Salmagundi)
Jochen Hörisch fühlt sich sicher bestätigt: "Abendmahl, Geld und elektronische Medien sind die aufeinander folgenden und einander überformenden, mittlerweile vergleichsweise friedlich koexistierenden Leitmedien unserer (und im Hinblick auf Geld und elektronische Medien offenbar auch der Welt-) Kultur."
Da kommt die digitale Ersatzkollekte auf uns zu! (via Saintly Salmagundi)
Jochen Hörisch fühlt sich sicher bestätigt: "Abendmahl, Geld und elektronische Medien sind die aufeinander folgenden und einander überformenden, mittlerweile vergleichsweise friedlich koexistierenden Leitmedien unserer (und im Hinblick auf Geld und elektronische Medien offenbar auch der Welt-) Kultur."
Reaktion auf Böckenförde
Konrad Adam kommentiert in der Welt Böckenfördes Kritik (s.u.) und nennt sie überzogen. Optimistischer ist er auch nicht:
"Nachdem es die Menschen gewagt haben, an den Grenzen des Lebens herumzuspielen, werden sie sich den Konsequenzen stellen und sagen müssen, wo diese Grenzen liegen sollen. Verlangt ist eine Entscheidung, die man nicht dadurch vermeidet, dass man von einem Naturrecht raunt, das es in dieser Form nicht mehr gibt; leider nicht.
Böckenfördes Versuch, den 'naturrechtlichen Anker', als welchen er die Unantastbarkeit der Menschenwürde ansieht, mit allen Mitteln zu retten, wird man mit Sympathie begleiten, mit Melancholie aber auch. Denn das 'Naturrecht' wird heute eben anders definiert und anders verstanden als vor 50 Jahren. Wer das nicht wahrhaben will, läuft Gefahr, ein Naturrecht ohne Natur zu verteidigen. Und das kann, um Böckenförde zu zitieren, schwerlich aufgehen."
Konrad Adam kommentiert in der Welt Böckenfördes Kritik (s.u.) und nennt sie überzogen. Optimistischer ist er auch nicht:
"Nachdem es die Menschen gewagt haben, an den Grenzen des Lebens herumzuspielen, werden sie sich den Konsequenzen stellen und sagen müssen, wo diese Grenzen liegen sollen. Verlangt ist eine Entscheidung, die man nicht dadurch vermeidet, dass man von einem Naturrecht raunt, das es in dieser Form nicht mehr gibt; leider nicht.
Böckenfördes Versuch, den 'naturrechtlichen Anker', als welchen er die Unantastbarkeit der Menschenwürde ansieht, mit allen Mitteln zu retten, wird man mit Sympathie begleiten, mit Melancholie aber auch. Denn das 'Naturrecht' wird heute eben anders definiert und anders verstanden als vor 50 Jahren. Wer das nicht wahrhaben will, läuft Gefahr, ein Naturrecht ohne Natur zu verteidigen. Und das kann, um Böckenförde zu zitieren, schwerlich aufgehen."
Die kontextabhängig antastbare Menschenwürde
Kennt Ihr das? Ein Ereignis, eine Begegnung scheint einem klarzumachen, wie es ums Ganze bestellt ist? Eine Kleinigkeit wird zum Leitsymptom?
Mir ging es so vor dem letzten Klitschko-Kampf: Die alltägliche, 5-minütige Meldung über die Kampfvorbereitungen und Pressekonferenen in den 19.00 Uhr-Nachrichten enthüllte mir schlagartig den Zustand des öffentlich-rechtlichen Senders ZDF. Mag noch so viel in der Welt passieren, so viel Zeit muß in "Heute" sein, daß das ZDF dort Product Placement in eigener Sache betreibt! Auch Du, Lerchenberg!
Ernst-Wolfgang Böckenförde, Staatsrechtler und ehemaliger Verfassungsrichter, schilderte gestern in der FAZ (3.9.2003, 33 + 35) einen viel ernsteren Eye Opener: Im Maunz/Dürig, dem maßgeblichen Grundgesetz-Kommentar, erschien eine Neu-Bearbeitung der Kommentierung von Artikel 1 Absatz 1 GG. Wo die bisherige Kommentierung von Günter Dürig (aus dem Jahr 1958) in der Menschenwürdegarantie eine "Übernahme eines grundlegenden, in der europäischen Geistesgeschichte hervorgetretenen 'sittlichen Werts' in das positive Verfassungsrecht" sah, "das sich sich dadurch selbst auf ein vorpositives Fundament, eine Art naturrechtlicher Anker, wenn man so will bezieht", heißt für Böckenförde der "Schlüsselsatz" des neuen Kommentars von Matthias Herdegen:
"Trotz des kategorialen Würdeanspruchs aller Menschen sind Art und Maß des Würdeschutzes für Differenzierungen durchaus offen, die den konkreten Umständen Rechnung tragen." Wo das Maß des Würdeschutzes differenziert werden kann (und weil ein Kommentar auch normativ wirkt:) und werden soll, stellt Herdegen auch gleich fest: "Wenn sich der Würdeanspruch seinem Umfang nach überhaupt nach den konkreten Umstanden richten darf, muß dies in besonderer Weise für die Entwicklungsstufen menschlichen Lebens gelten."
Für Böckenförde heißt das: "Letztlich geht es um den Freiraum für die Gewährung und den Abbau von Würdeschutz nach Angemessenheit des Interpreten ... Auch bei den Ausprägungen der Menschenwürdegarantie, die näher behandelt werden zeigt sich eine gleitende Skala und die fehlende Erkennbarkeit eines festen Bodens."
Auch Böckenförde steht ratlos vor der Frage, wie die geschichtlich hervorgerufene tiefere Erkenntnis der Unantastbarkeit der Menschenwürde "Generationen binden" kann, "die diese Erfahrung [des massiven Unrechts und der kaum übersteigbaren Verachtung der Menschenwürde im 3. Reich; Scipio] nicht mehr haben, für die das 'Dritte Reich' schon und nur Geschichte ist, für die die Notwendigkeit eines bleibenden, unabdingbaren Halte- und Orientierungspunktes für die Ordnung des Zusammenlebens der Menschen keine Evidenz mehr hat?" Schlechte Aussichten für weniger Menschenwürdige.
Kennt Ihr das? Ein Ereignis, eine Begegnung scheint einem klarzumachen, wie es ums Ganze bestellt ist? Eine Kleinigkeit wird zum Leitsymptom?
Mir ging es so vor dem letzten Klitschko-Kampf: Die alltägliche, 5-minütige Meldung über die Kampfvorbereitungen und Pressekonferenen in den 19.00 Uhr-Nachrichten enthüllte mir schlagartig den Zustand des öffentlich-rechtlichen Senders ZDF. Mag noch so viel in der Welt passieren, so viel Zeit muß in "Heute" sein, daß das ZDF dort Product Placement in eigener Sache betreibt! Auch Du, Lerchenberg!
Ernst-Wolfgang Böckenförde, Staatsrechtler und ehemaliger Verfassungsrichter, schilderte gestern in der FAZ (3.9.2003, 33 + 35) einen viel ernsteren Eye Opener: Im Maunz/Dürig, dem maßgeblichen Grundgesetz-Kommentar, erschien eine Neu-Bearbeitung der Kommentierung von Artikel 1 Absatz 1 GG. Wo die bisherige Kommentierung von Günter Dürig (aus dem Jahr 1958) in der Menschenwürdegarantie eine "Übernahme eines grundlegenden, in der europäischen Geistesgeschichte hervorgetretenen 'sittlichen Werts' in das positive Verfassungsrecht" sah, "das sich sich dadurch selbst auf ein vorpositives Fundament, eine Art naturrechtlicher Anker, wenn man so will bezieht", heißt für Böckenförde der "Schlüsselsatz" des neuen Kommentars von Matthias Herdegen:
"Trotz des kategorialen Würdeanspruchs aller Menschen sind Art und Maß des Würdeschutzes für Differenzierungen durchaus offen, die den konkreten Umständen Rechnung tragen." Wo das Maß des Würdeschutzes differenziert werden kann (und weil ein Kommentar auch normativ wirkt:) und werden soll, stellt Herdegen auch gleich fest: "Wenn sich der Würdeanspruch seinem Umfang nach überhaupt nach den konkreten Umstanden richten darf, muß dies in besonderer Weise für die Entwicklungsstufen menschlichen Lebens gelten."
Für Böckenförde heißt das: "Letztlich geht es um den Freiraum für die Gewährung und den Abbau von Würdeschutz nach Angemessenheit des Interpreten ... Auch bei den Ausprägungen der Menschenwürdegarantie, die näher behandelt werden zeigt sich eine gleitende Skala und die fehlende Erkennbarkeit eines festen Bodens."
Auch Böckenförde steht ratlos vor der Frage, wie die geschichtlich hervorgerufene tiefere Erkenntnis der Unantastbarkeit der Menschenwürde "Generationen binden" kann, "die diese Erfahrung [des massiven Unrechts und der kaum übersteigbaren Verachtung der Menschenwürde im 3. Reich; Scipio] nicht mehr haben, für die das 'Dritte Reich' schon und nur Geschichte ist, für die die Notwendigkeit eines bleibenden, unabdingbaren Halte- und Orientierungspunktes für die Ordnung des Zusammenlebens der Menschen keine Evidenz mehr hat?" Schlechte Aussichten für weniger Menschenwürdige.
Felix Bavaria, wähle!
Parteipolitischer Kommentare enthalte ich mich an dieser Stelle üblicherweise. Wenn aber ein Wahlkampf so abläuft wie der zur Landtagswahl in Bayern, durchbreche ich mein Prinzip:
Als Hauptargument der Bayern-Opposion, ihr die Stimme zu geben, hört der Normalbayer momentan: "Damit die Regierungspartei nicht zu viele bekommt." Wenn das alles ist, hat sie's nicht anders verdient ...
Parteipolitischer Kommentare enthalte ich mich an dieser Stelle üblicherweise. Wenn aber ein Wahlkampf so abläuft wie der zur Landtagswahl in Bayern, durchbreche ich mein Prinzip:
Als Hauptargument der Bayern-Opposion, ihr die Stimme zu geben, hört der Normalbayer momentan: "Damit die Regierungspartei nicht zu viele bekommt." Wenn das alles ist, hat sie's nicht anders verdient ...
2. September 2003
Die besseren Systemverwalter
Neal Stephenson hat in seinem Roman Cryptonomicon eine ganz überraschende Würdigung der Christen und speziell ihres Umgangs mit "Sündern" untergebracht:
"Randy und Amy hatten letzte Nacht eine geschlagene Stunde im Gespräch mit Scott und Laura verbracht; sie waren die Einzigen, die sich bemühten, Amy den Eindruck zu vermitteln, dass sie willkommen war. Randy hatte nicht die leiseste Ahnung, was diese Leute über ihn und das, was er getan hatte, dachten, aber er spürte sofort, dass das letztlich gar nicht der Punkt war, denn selbst wenn sie dachten, er hätte etwas Schlimmes getan, verfügten sie wenigstens über einen Rahmen, eine Art Verfahrenshandbuch, um mit Missetaten umzugehen.
Um es in die Begriffe der UNIX-Systemverwaltung (Randys grundlegende Metapher für fast alles) zu übersetzen: Die postmodernen, politisch korrekten Atheisten glichen Leuten, die ohne jegliche Dokumentation oder Anweisung plötzlich für ein großes, wahnsinnig komplexes Computersystem (nämlich die Gesellschaft) verantwortlich waren und deren einzige Möglichkeit, das Ding am Laufen zu halten, darin bestand, mit einer Art neo-puritanischer Strenge gewisse Regeln zu erfinden und durchzusetzen, denn mit jeglicher Abweichung von dem, was sie als Norm betrachteten, hatten sie große Schwierigkeiten.
Dagegen glichen Leute, die in eine Kirche eingebunden waren, UNIX-Systemverwaltern, die zwar vielleicht nicht alles verstanden, aber doch über eine Dokumentation, ein paar FAQs und Hilfe-Programme und README-Dateien verfügten, die ihnen, wenn die Dinge aus dem Ruder liefen, eine gewisse Anleitung boten. Mit anderen Worten, sie waren in der Lage, Flexibilität zu zeigen." (S. 761)
Neal Stephenson hat in seinem Roman Cryptonomicon eine ganz überraschende Würdigung der Christen und speziell ihres Umgangs mit "Sündern" untergebracht:
"Randy und Amy hatten letzte Nacht eine geschlagene Stunde im Gespräch mit Scott und Laura verbracht; sie waren die Einzigen, die sich bemühten, Amy den Eindruck zu vermitteln, dass sie willkommen war. Randy hatte nicht die leiseste Ahnung, was diese Leute über ihn und das, was er getan hatte, dachten, aber er spürte sofort, dass das letztlich gar nicht der Punkt war, denn selbst wenn sie dachten, er hätte etwas Schlimmes getan, verfügten sie wenigstens über einen Rahmen, eine Art Verfahrenshandbuch, um mit Missetaten umzugehen.
Um es in die Begriffe der UNIX-Systemverwaltung (Randys grundlegende Metapher für fast alles) zu übersetzen: Die postmodernen, politisch korrekten Atheisten glichen Leuten, die ohne jegliche Dokumentation oder Anweisung plötzlich für ein großes, wahnsinnig komplexes Computersystem (nämlich die Gesellschaft) verantwortlich waren und deren einzige Möglichkeit, das Ding am Laufen zu halten, darin bestand, mit einer Art neo-puritanischer Strenge gewisse Regeln zu erfinden und durchzusetzen, denn mit jeglicher Abweichung von dem, was sie als Norm betrachteten, hatten sie große Schwierigkeiten.
Dagegen glichen Leute, die in eine Kirche eingebunden waren, UNIX-Systemverwaltern, die zwar vielleicht nicht alles verstanden, aber doch über eine Dokumentation, ein paar FAQs und Hilfe-Programme und README-Dateien verfügten, die ihnen, wenn die Dinge aus dem Ruder liefen, eine gewisse Anleitung boten. Mit anderen Worten, sie waren in der Lage, Flexibilität zu zeigen." (S. 761)
Kommentare jetzt mit BlogSpeak
Enetation funktioniert wieder einmal nicht, so daß ich kurzfristig auf die Kommentarfunktion von BlogSpeak umgestiegen bin.
Enetation funktioniert wieder einmal nicht, so daß ich kurzfristig auf die Kommentarfunktion von BlogSpeak umgestiegen bin.
1. September 2003
Schluß mit hyggelig
Zwei Wochen in Blavand waren eine Zeit richtiger, gründlicher Erholung. Morgen geht es wieder ans Brötchenverdienen.
Das hyggelige Dänemark ist für einen Urlaub immer wieder ideal. Aber so ganz wundert es mich - mit Verlaub - doch nicht, daß es der große und existentiell ernste Sören Kierkegaard inmitten seiner dänischen Mitbürger nicht aushielt.
Zwei Wochen in Blavand waren eine Zeit richtiger, gründlicher Erholung. Morgen geht es wieder ans Brötchenverdienen.
Das hyggelige Dänemark ist für einen Urlaub immer wieder ideal. Aber so ganz wundert es mich - mit Verlaub - doch nicht, daß es der große und existentiell ernste Sören Kierkegaard inmitten seiner dänischen Mitbürger nicht aushielt.
Abonnieren
Posts (Atom)