Katholische Bürgermeister
Die Tagespost interviewt Kardinal Leo Scheffczyk zu diversen kirchlichen Fragen:
"Tagespost: Zeigt die jüngste Auseinandersetzung der Kardinäle Ratzinger, Meisner und Lehmann um die Bewertung des ökumenischen Kirchentages aus Ihrer Sicht ein grundlegend verschiedenes Verständnis von Kirche? Welches Maß an Klarheit schuldet der Bischof den Gläubigen?
Scheffczyk: Man möchte nicht gerne so weit gehen, hier auf ein wesentlich verändertes und gänzlich verschiedenes Kirchenverständnis zu schließen; andererseits ist nicht zu verkennen, dass sich langsam eine Differenzierung herausbildet, die man als Unterschied zwischen einer „Bekenntniskirche“ und einer „gesellschaftsintegrierenden Kirche“ kennzeichnen könnte. Letztere möchte die Gesellschaft auch in der Kirche abgebildet sehen, um so verstärkt auf sie einwirken zu können.
Allerdings müssten allein schon die bislang gemachten Erfahrungen vom mangelnden Realismus dieser Auffassung überzeugen. Was das gesellschaftspolitische Engagement angeht, so erinnert uns der evangelische Theologe Karl Barth in seiner launigen Art daran, dass wir als Dorfälteste und als Bürgermeister von der Welt eigentlich nicht gebraucht würden. Gerade dieser Tage belegt eine repräsentative Umfrage, dass zwei Drittel der Befragten das politische Engagement der Kirche ablehnen und den Gottesdienst als die vorrangige Aufgabe betrachten. Dazu kommen die Unterschiede, die durch die undifferenzierte Propagierung einer 'Laienkirche' gesetzt wurden, aber auch durch die ideologische Überfrachtung der 'kooperativen Pastoral' mit der zuweilen unverhohlenen Intention, alle Gläubigen zu Seelsorgern zu machen. In der Diskussion ist gelegentlich auch schon die Auffassung zu hören, dass man (des Laiendienstes wegen) die Weihe- von der Hirtengewalt trennen sollte, was faktisch die Auflösung des kirchlichen Amtes erbrächte. Die Bischöfe sind berufen, über diese Divergenzen im Kirchenbild zu urteilen und Glauben von Ideologie zu scheiden. Sonst wird die Entwicklung zur 'Sektorenkirche' nicht abzuwenden sein."
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