Daß mit
Martin Mosebach ein bekennender Katholik den
Georg-Büchner-Preis bekommt, sollte für das "katholische Deutschland" (wie man vor einigen Jahrzehnten zu sagen pflegte) zunächst einmal eine Freude sein. Nun ist
Mosebach allerdings bei den "modernen Zeitgenossen", den "Menschen von heute" vermutlich beliebter und berühmter als bei seinen Glaubensgenossen, die seine "Häresie der Formlosigkeit" verärgert als Kampfansage auffassen. Es ist gerade die von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung gerühmte "unbestechliche Selbständigkeit", die
Mosebach für die deutschen Katholiken und ihre Bischöfe so unangenehm und unberechenbar macht: Stellt er sich nicht fast süchtig außerhalb der Gemeinschaft der Recht- und Gutgläubigen? Will er überhaupt dazu gehören? Wird er uns nicht morgen schon wieder beißen, nachdem wir ihn an unsern Tisch geholt haben? Und wenn wir ihn zu den Runden Tischen und Podiumsdiskussionen, in die Akademien und Katholikentage holen: Zähmt oder neutralisiert ihn das? Oder schafft es uns nicht mehr Ärger als nötig: Die einen finden ihn toll, die anderen beschweren sich, wie man so einen nur einladen konnte? Wäre er nicht besser ein Kandidat für den Vorhof der Heiden, statt direkt am Allerheiligsten über schlecht reformierte und schlecht gefeierte Riten zu lästern?
Ulrich Greiner in der
ZEIT:
"Dafür lag Mosebachs formaler und inhaltlicher Konservatismus einfach zu sehr am Rande dessen, was der Geist der Zeit erforderte. Dieser nun hat sich gedreht, und sichtbarster Ausdruck dafür war die Tatsache, dass Mosebachs Büchlein Die Häresie der Formlosigkeit zu einem wider alles Erwarten erstaunlichen Erfolg wurde. Die 2002 in einem kleinen Wiener Verlag erschienene Streitschrift für eine Wiederherstellung der traditionellen katholischen Liturgie hatte weitreichende Folgen; sie unter anderem war die Ursache für den Begriff des Feuilleton-Katholizismus, mit dem sich seither Kirchenleute gegen eine bloß historisch-ästhetische Debatte wehren.
Aber gerade dieses historisch-ästhetische Moment ist zentral für Martin Mosebach. Dass etwas hässlich sei, ist für ihn keine Geschmackssache, sondern ein Argument von Rang. Die historisch-ästhetische Wahrnehmung der Welt hat deswegen überhaupt nichts Antiquarisches, sondern sie erlaubt Mosebach einen durchdringenden Blick auf die Entstellungen und Verbiegungen, die eine entfesselte Moderne dem Menschen abverlangt. Er begegnet dieser Moderne mit der Haltung, mit dem Selbstbewusstsein des gebildeten Bürgers, der, wenn alle Stricke reißen, weiß, wo er herkommt und wo seine geistige Heimat ist."
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