31. Juli 2003

Hasenhüttlsche Motive und das Schweigen der Kollegen

Raymund Schwager, Jesuit und Dogmatiker in Innsbruck, äußert sich im Innsbrucker Theologischen Leseraum eindeutig zum "Fall Hasenhüttl":

"Die bischöfliche Reaktion auf Gotthold Hasenhüttl, der beim ökumenischen Kirchentag in Berlin bei einer Eucharistiefeier die kirchlichen Weisungen eindeutig übertreten hat, wecken entsprechende Kritik in der Presse, und selbst der deutsche Bundespräsident glaubte bei einem Fernsehinterview (21. Juli 2003) sein eindeutiges Missfallen äußern zu müssen. All diesen Reaktionen ist gemeinsam, dass sie nicht auf die zahlreichen Publikationen des suspendierten Priesters und Theologieprofessors eingehen. Dieser vertritt nämlich seit Jahren, dass den christlichen Glaubensaussagen keine objektive Bedeutung zukommt, sondern dass Gott "eine gewisse Weise der Mitmenschlichkeit" sei (Hasenhüttl, Glaube ohne Mythos 1, 491). Eine solche Überzeugung, die heute auch von manchen anderen auf ähnliche Weise vorgetragen wird, verlässt nicht nur den Boden der katholischen Kirche, sondern auch den eines bekenntnismäßigen Christentums.

Das Naheliegendste und Entprechendste wäre deshalb seit langem gewesen, dass Hasenhüttl, wenn er bei seiner Überzeugung bleiben will, die katholische Kirche verlässt oder mindestens seine Funktionen als Priester und als Professor für katholische Theologie freiwillig aufgibt. Da dies nicht geschehen ist, wäre es zunächst Sache seiner Kollegen gewesen, sich von ihm öffentlich zu distanzieren. Aber auch dies ist nicht geschehen, und Arbeitsgemeinschaften von katholischen Theologen und Theologinnen, die sehr sensibel reagieren und öffentlich protestieren, wenn sie glauben, bei römischen Instanzen ein vermeintliches Abweichen von Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils festzustellen, schweigen auf seltsame Weise, wenn Kollegen und Kolleginnen den Boden eines bekenntnismäßigen Christentums verlassen.

So bleibt es Aufgabe der zuständigen Bischöfe zu handeln. Diese hätten schon seit langem genug Gründe gehabt, den verantwortlichen Priester und Professor zur Rechenschaft zu ziehen. Sie haben es nicht getan und werden wohl gedacht haben, die Bücher von Hasenhüttl würden kaum gelesen und man solle einen öffentlichen 'Fall' vermeiden. Die letztere Annahme hat sich nun als irrig erwiesen, da Hasenhüttl selber dafür gesorgt hat, dass er zu einem öffentlichen 'Fall' wurde. Die Folge ist nun, dass die Entscheidung des zuständigen Bischofs - wegen der Unkenntnis des weiteren Hintergrundes - kaum verstanden wird.

Und die Lehre daraus? Anstehende Entscheidungen, die notwendig sind, zu verschieben, ist kaum ein guter Weg und führt leicht dazu, dass die Situation nur schwieriger wird. Wenn Hasenhüttl angekündigt hat, er werde in Rom Beschwerde einlegen, dann weiss er natürlich, dass er bei seiner 'Theologie' dort keine Zustimmung finden wird. Auf diese Weise versucht er aber, seinen Fall in den Medien am Kochen zu halten. War dies vielleicht der Grund für seine Aktion beim ökumenischen Kirchentag? Schon andere haben vor ihm die Erfahrung gemacht, dass man durch einen Streit mit den Bischöfen oder gar mit dem Papst die Verkaufszahlen der eigenen Bücher erhöhen kann." ( (c) Raymund Schwager)

Danke für den Mut, aus der Phalanx des Schweigens auszubrechen!

Berlin 2003 war wohl nur eine weitere Station auf dem Weg nach einem längst vollzogenen Abschied.

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