Alle fünf Jahre muß ein Kommunionhelfer - also jemand, der in der Messe dem Pfarrer bei der Kommunionspendung hilft - seine Lizenz erneuern und zu diesem Zweck eine "Fortbildung" besuchen. Ich gebe zu: Meinereiner geht nicht ganz unvorbelastet zu so einer Veranstaltung, die üblicherweise in einem unserer diözesanen Bildungshäuser durch einen dortigen Bildungsreferenten durchgeführt wird. Oft genug ist die Skepsis inzwischen ja bestätigt worden.
Leider war es auch dieses Mal so: Der promovierte Theologie ging von der Liturgiekonstitution aus - konkret von der Aussage, daß die Liturgie "der Höhepunkt [sei], dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt". Höhepunkt - das heiße, es gehen Aktivitäten voraus wie Jugendarbeit, Katechese, aber auch die Altpapiersammlung oder der gute Rat von Nachbar zu Nachbar, der "nicht mal so sehr vom Glauben erzählen müsse, sondern vom eigenen Leben", z.B. wenn die eine zum andern sagt: "Mach das doch mal ein bißchen anders". Auf all dem also baue die Liturgie als Höhepunkt auf. Und konsequenterweise müsse sich die "Liturgie in irgendeiner Weise mit unserem Alltag befassen, damit sie auch Kraft sein kann".
Das alles ist nicht unbedingt verkehrt, aber doch nur ein Teil vom Ganzen. Vielleicht kann man sogar den Satz irgendwie richtig verstehen, der aus Theologenmund wörtlich so fiel: "Es sind nicht so sehr übernatürliche Dinge, die ausgeteilt werden, sondern natürliche Dinge sollen verwandelt werden". Bleibt das Brot jetzt Brot, oder nicht? Hat Jesus Vorrang in diesem Stück verwandelter Materie, oder nicht? Wahrscheinlich nicht so wichtig, solange irgendwie unser Leben verwandelt wird. Da wird das "Geheimnis" durch eine Blackbox ersetzt - denn was oder wer denn jetzt die numinose Verwandlung bewirken soll, blieb völlig im Dunkeln - genauso in oder zu was unser Leben verwandelt werden soll: Von Kraft und Gehaltensein war die Rede, aber da niemand nachfragte, war ich wohl der einzige, der nicht Bescheid wusste.
Die Folgen dieser rudimentären Liturgietheologie wurden in der Diskussion sichtbar, die sich im Plenum über die Form der Kommunionspendung entspann: Bei den Lutheranern sei es doch so schön, meinte einer, daß der Pastor sich richtig Zeit nehme, um jedem das Brot zu reichen, jeder/m Einzelnen in die Augen blicke, und am Ende jeder Gruppe von Kommunikanten noch einen Spruch mitgebe, bevor sich die nächste Gruppe zum Abendmahl aufstelle. Andere darauf: Wie könnten wir denn den Leuten möglichst viel mitgeben? Mit einem freundlichen Blick, einem Lächeln? "Mit einem stillen Wunsch '"Es soll dir nutzen'" meinte der Dr. theol. - und ich dachte mir: "Heißt das auf lateinisch nicht 'Prosit!'"? Ein etwas 65jähriger Stuhlnachbar meinte ernst: "Je nachdem wie ich drauf bin, bring ich was rüber, oder ich bring halt nichts rüber."
Zum Verzweifeln auch die Erklärung der Abfolge der Messe. Aufs vom Priester gesprochene Gabengebet folgt bekanntermaßen das von der Gemeinde gesungene Heilig, für den Ausbilder ein Beweis, daß es "immer wieder ein Gespräch zwischen Pfarrer und Gemeinde" gäbe, genau wie nach den Einsetzungsworten, wo direkt danach die Gemeinde mit ihrem Ruf folge. Wieder wörtlich: "Sofort kommt die Gemeinde und macht mit."
Als Grobschema für die Messerklärung diente der Besuch im Haus von Freunden: Durch die Tür gehe man zur Garderobe (Bußakt, Gloria) und über die Treppe des Tagesgebetes ("das uns erst mal gar nichts sagt") in den ersten Stock zum Wohn-Esszimmer mit zwei Tischen, dem einen fürs Wort, dem anderen fürs Essen. Nach dem Gespräch (Lesung - unsere Antwort im Psalm - Evangelium - Predigt - unsere Antwort im Credo) und dem Mahl gelange man über eine zweite Treppe wieder nach unten und nach draußen in den Alltag. Natürlich, so der Referent, sei das alles nur ein Bild. Aber, so meine ich, es ist doch anscheinend anderen möglichen Schemata überlegen - oder warum hat er es sonst gewählt?
Ein recht angetaner Kommunionhelfer-Kollege resümierte jedenfalls: "Zu Besuch bei Jesus - wenn Sie das vor 50 Jahren so demonstriert hätten, wären Sie exkommuniziert worden!" Da hat er nicht ganz unrecht: Wenn ich auch nicht weiß, was vor 50 Jahren mit dem Herrn Bildungsreferenten passiert wäre - 2007 jedenfalls wird er nicht exkommuniziert, sondern darf auf fester Stelle in römisch-katholischen Räumlichkeiten sein ganz persönliches Eucharistieverständnis vielen anderen offenen Ohren und Herzen nahe bringen.
Eine andere Kollegin, der die Erklärung mittels Hausbesuch ebenfalls gefallen hatte, fragte: "Das ist so ein schönes, gemütlich anmutendes Bild - wäre es nicht schön, wenn es so wäre? Wenn der Gottesdienst wirklich so wäre, daß es ein Miteinanderreden ist?" - Die Samen gehen auf, sind wohl schon lange aufgegangen - und wenn nach Lothar Zenetti, der mit seinem Gedicht ebenfalls zu Wort kam, das Wichtigste in der Kirche die Wandlung ist, dann, sage ich, ist die Verwandlung der Kirche schon längst passiert.
Tja - so sieht es aus in der deutschen Kirche, in deutschen Gemeinden. Das also ist geworden aus der Liturgischen Bewegung und Erneuerung. Nicht daß ich dem HErrn die Heimholung seiner Ortskirchen in Deutschland nicht zutraue, nicht daß ich mich nach diesem und ähnlichen Erlebnissen verzagt und entmutigt zurückziehe - aber mit meinen menschlich-allzu-menschlichen Augen sehe ich nicht sehr viel Morgenrot in den wee wee hours des Deutschen Katholizismus.
(Wer will, darf das gerne auch als Beitrag zur Diskussion von Georg , Bernd , Thomas et al. über die Pfarreien und geistliche Gemeinschaften lesen...)
9. Mai 2007
Ganz gemütlich bei Jesus im Wohnzimmer
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