8. Februar 2005

Die Kleidung des Auferstandenen -
vorläufige Bemerkungen zu einer Affäre-im-Werden

Immer noch einen Tag vorm Aschermittwoch.

Asche ist nicht gleich Asche, und Townes' Zeile "All born to grow and grown to die" müsste weitergehen mit "all dead to live". Das Ereignis der Auferstehung Jesu ist "ungeheuerlich" (John Updike) in seinem Anspruch, auch den Leib und damit die Materie mitauferstehen zu lassen.

Viel leichter als an die Materialität des Auferstehungsleibes Jesu zu glauben, ist es jedenfalls, IHn in seine "Sache" hinein auferstanden zu glauben - seine Sache, die uns zu tun aufgetragen ist und die dann ihre materiellen Träger in der Gruppe derer findet, die sie sich zu eigen machen.

Auf diesem Hintergrund ist die aktuelle Affäre interessant, die sich im Bistum Würzburg entwickelt:

Hauptpersonen:
  • Michael Triegel, ein "neorealistischer" Maler mit einer Vorliebe für traditionelle christliche Motive;
  • Friedhelm Hofmann, seit einem halben Jahr Bischof von Würzburg und ausgewiesener Kunstexperte;
  • sein vom Vorgänger übernommener Bau- und Kunstreferent Jürgen Lenssen, der spiritus rector des neuen Dommuseums;
  • die innerkatholische Öffentlichkeit (IKÖ) in ihrer modernisierten und ihrer traditionellen Variante, Kinder der gleichen Mutter, der ecclesia post-vaticana, daher Geschwister, manchmal sogar siamesische Zwillinge;
  • diverse Kunstexperten; und zuguterletzt
  • die institutionalisierte Öffentlichkeit, die Medien also.

Die Ereignisse, so weit sie bekannt sind:
  • J. Lenssen schafft für das Dommuseum eine Trilogie von M. Triegel an und stellt sie ab Juli 2004 dort aus. Sie zeigt in einem von drei Bildern, die traditionelle Passions- und Osterdarstellungen aufgreifen, den auferstandenen Jesus als nackten, schönen Mann - und zwar eben "neorealistisch", in allen Details.
  • Ein Teil der Hauptpersonen - die modernisierte IKÖ, die Kunstexperten und die Medien - ist davon angetan; die Traditions-IKÖ nicht.
  • Auch der neue Bischof von Würzburg nicht, der das Bild bald nach seinem Amtsantritt abhängen lässt.
  • Das Wort "pornographisch" kommt ins Spiel - evtl. von bischöflicher Seite. Verifizieren lässt sich das für mich aktuell nicht.
  • Am 28. Januar gibt es im "Museum am Dom" eine Künstlerbegegnung mit Michael Triegel. [ergänzt am 16.2.]
  • Die Lokalzeitungen greifen die Angelegenheit auf.
  • Der Maler betont in einem öffentlichen Brief an den Bischof, daß er die Auferstehung des Leibes betonen wollte und daß, weil - in meinen Worten - die Wahrheit und die Schönheit in eins fallen, der Auferstandene hier in seiner leiblichen Schönheit dargestellt sei.
  • Die Kunstexperten und die Lokalmedien finden es gar nicht nett, daß der Bischof das von Lenssen endlich! wiederhergestellte gute Verhältnis zwischen Kirche und Kunst belaste, autokratisch und im Sinne der Traditions-IKÖ entscheide.
  • Der Bischof äußert sich nicht offiziell, er "schweigt" (die Medien).
  • Fortsetzung folgt.

Noch sind wir in einer frühen Phase, noch schaut nicht die ganze Bundesrepublik auf Würzburg. Aber einiges läßt sich doch schon beobachten:

Relativ trivial ist erst einmal die Beobachtung, daß die Traditions-IKÖ es leid ist, sich provozieren zu lassen, und deshalb auf jeden Versuch allergisch (oder vielleicht allergischer als nötig) reagiert. Das bringt im aktuellen Fall die Gefahr mit sich, daß diejenigen, die mit der "leiblichen Auferstehung Jesu" am ehesten etwas anfangen können, zur Sache leider nur noch wenig beitragen. Da sie in der bezahlten Öffentlichkeit sowieso die schlechteren Karten hat, wäre ein offensives Buchstabieren der eigenen Bedenken (und der eigenen Alternative) umso wichtiger.

Die modernisierte IKÖ hat es dann leicht, die Provokation "leibliche Auferstehung" zu umgehen und stattdessen wieder auf die "Fundamentalisten" einzuschlagen, die die Freiheit der Kunst einschränken und in Inquisitionszeiten zurück wollen etc. etc.

Die Kunstexperten schütteln bedenklich den Kopf, erkennen bestenfalls die Hoheit des Bischofs über "sein" Museum an und sehen schlimmstenfalls die heilsame Partnerschaft von Kunst und Kirche bedroht. Nur noch kastrierte, funktionalisierte Kunst sei erwünscht, und das sei keine gescheite Basis für gegenseitige Bereicherung.

Die "vox populi" erweist sich wieder einmal als rein taktische Verbündete: Die Mehrzahl der Würzburger Katholiken fände die Darstellung Jesu bei Triegel in ihrer detaillierten Nacktheit wahrscheinlich unpassend bis anstößig, und lässt sich daher diesmal nicht als "vox Dei" zitieren, als die sie bei anderen Streitfragen (priesterlicher Zölibat, Sexualmoral etc.) gerne gehört wird.

Folglich betonen Kunstexperten und Medien jetzt stärker die fortdauernde Unaufgeklärtheit des Christenvolkes als Folge jahrhundertelanger Verdummung und christlicher Sexualverachtung.

Michael Triegel und Bischof Hofmann sind sich derweil (vielleicht) über die "leibliche Auferstehung Jesu" einig, was aber keiner wissen will.

Ob sich unser Bischof äußern wird? Es wäre nötig, und es sollte ihm eigentlich keine Probleme bereiten: Es scheint, daß er weiß, was er will, und daß er auch verständlich machen kann, was er weiß und will.

Bis dahin empfehlen wir alle Beteiligten dem Auferstandenen im Gebet.

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