19. Mai 2003

Nochmal: Die weltgewandten Priester

LeonBloy

Jetzt finde ich doch in der alten und schönen, von Raissa Maritain herausgegebenen Bloy-Anthologie "Der beständige Zeuge Gottes" tatsächlich einen Abschnitt unter dem Titel: "Die weltgewandten Priester". Nur mit Zagen und Zittern folgen hier ein paar Absätze daraus.

"Die Summe von fünfzig weltgewandten Priestern macht noch nicht einen einzigen Judas aus, einen Judas, der das Geld zurückbringt und sich vor Verzweiflung aufhängt. Diese Leute sind, rundheraus gesagt, entsetzlich... Der weltgewandte Priester sagt zu dem Reichen: 'Es wird allzeit Arme bei euch geben', und mißbraucht so die eigenen Worte Jesu Christi, um den Reichen noch etwas mehr der Verdammnis auszuliefern...

Jesus ist auf dem Altar, in seinem Tabernakel. Soll er da doch bleiben. Wir anderen, seine Diener, müssen hinter unseren Geschäften her sein, die darin bestehen, mit allen Mitteln, ob sie sich nun mit der Würde unserer Soutane vereinbaren lassen oder nicht, Geld zu ergattern.

Der Reichtum ist dem Herrn angenehm, und darum hat er Salomo mit ihm überschüttet. Das Vae divitibus, das uns einige Anarchisten immer wieder vorhalten wollen, ist ein offensichtlicher Abschreibefehler, der höchstwahrscheinlich durch irgend einen jener sturen und verlausten Mönche hineingekommen ist, die so lange der Kirche Schande machten. Es war höchste Zeit, die Dinge wieder richtigzustellen, und der Klerus ist denn auch eifrig damit beschäftigt. Hinaus mit den Armen vor die Kirchentür, ode wenigstens zurück bis in die Vorhalle mit ihnen, in die Drängelei und in die Zugluft. Es ist ganz überflüssig, dass sie den Altar sehen. Die zahlungskräftigen Pfarrkinder sehen ihn für sie. Das genügt...

Es gibt auch Priester, die nicht von dieser Welt sind, die armen Priester oder die Priester der Armut, wie man sie auch nennen könnte, die gar nicht wissen, was das ist: nicht arm zu sein, denn sie haben nie etwas anderes vor Augen als den gekreuzigten Christus. Für sie gibt es weder Reiche noch Arme; es gibt nur Blinde in unendlicher Zahl und eine kleine Here von wirklich Sehenden, deren demütige Herren sie sind. Wie die Hebräer im Lande Gosen sind sie allein im Licht inmitten der sie dicht umgebenden Finsternis des alten Ägypten. Wenn sie die Arme ausbreiten, um zu beten, berühren ihre Fingerspitzen die Finsternis." (1909)

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