22. Mai 2003

Altkatholiken - Neukatholiken

Heute durfte sich Joachim Vobbe, der Bischof der deutschen Altkatholiken, in der Süddeutschen zum Thema Eucharistie und Interkommunion äußern.

In meiner Umgebung merke ich, daß die Alt-katholische Kirche für manche Neo-Katholiken, die ihre innere Distanz zu allem Römisch-Katholischen auch explizit machen wollen, eine Alternativkonfession darstellt. So weit, so gut.

Allerdings wird das im normal-katholischen Familienkreis meist so verkauft, daß man sagt: "Die Alt-Katholiken sind Katholiken, die die Unfehlbarkeit des Papstes nicht glauben müssen, aber ansonsten an allem festhalten, was die Kirche immer schon geglaubt und getan hat." Und dann werden die erleichternden Ausnahmen von diesem Immer-schon-Glauben-und-so-Leben aufgezählt: Die verheirateten Priester, die Priesterinnen, die Zulassung zur Kommunion für Geschiedene-Wiederverheiratete (und damit ja auch ein anderer Glauben, was Ehe und was Eucharistie angeht)... Kurz: All die Reibungspunkte zwischen Rom und Deutschen scheint es dort nicht mehr zu geben. Sie sind aufgelöst zugunsten der liberalen, zeitgemäßen Alternative.

Bei +Joachim Vobbe klingt das eleganter: "Wer den Namen „Alt-Katholiken“ hört, mag zunächst an eine besonders 'konservative' Spielart des Katholizismus denken. Tatsächlich aber sind die Alt-Katholiken eine zwar kleine, aber reformfreudige Kirche. Diese bildete sich, nachdem am 18. Juli 1870 das Doppeldogma von der Unfehlbarkeit des Papstes und vom Jurisdiktionsprimat verkündet wurde, d.h. von der höchsten und universalen Gewalt des Papstes in der Gesamtkirche. Opposition dagegen erhob sich vor allem in Deutschland, der Schweiz, der Donaumonarchie und Frankreich. Als die Opponenten sich nach ihrer Exkommunikation gezwungen sahen, eigene Gemeinden und Bistümer zu gründen, wuchs ihnen der Name 'Alt-Katholiken' zu. Sie wollten damit ausdrücken, dass sie die vatikanischen Dogmen als eine ungerechtfertigte Neuerung zum herkömmlichen, 'alten“ katholischen Glauben erachteten."

Ob und wie sich Reformfreudigkeit und "herkömmlicher, 'alter' katholischer Glaube vertragen, verrät uns +Vobbe auf den zwei Seiten nicht. Meine Vermutung:

a) Sie vertragen sich nicht. Das Neuhaus-Gesetz - so genannt nach Fr. Richard John Neuhaus - gilt auch da: Wo Rechtgläubigkeit optional ist, wird sie früher oder später verboten. Man beachte die folgenden Aussagen: "Schon in den historischen Wurzeln des Alt-Katholizismus liegt somit die Erkenntnis, dass seit den großen Spaltungen der Christenheit keine Konfessions- oder Teilkirche mehr die ganze Wahrheit des Glaubens für sich allein beanspruchen kann. (...) Zwar halten die Alt-Katholiken an der sakramentalen Sukzession der Ämter und am katholisch-orthodoxen Eucharistieverständnis von der Präsenz Christi in den eucharistischen Gaben fest; andererseits verbietet das Selbstverständnis der eigenen Fehlbarkeit eine eucharistische 'Eigenbrötelei'." In dem Moment, wo mich mein Verständnis von irgendwas allein stehen lässt, gebe ich es gerne auf, um in die große Gemeinschaft der Irgendwie-Glaubenden zurückzukehren. Und ich dachte immer mit G.K. Chesterton, daß nur Karotten keine Dogmen kennen.

b) Da es aber reformfreudige Katholiken mit sentimentaler Anhänglichkeit an katholische Riten und Gebräuche gibt, signalisiert die Selbstbezeichnung "Altkatholisch" die Erfüllung von Kirchenträumen: Du kannst den Weihrauch haben, ohne an die Transsubstantiation zu glauben, und du hast 'nen Bischof und musst ihm nicht gehorchen. Warum die attraktive Marke wechseln, wenn man den Inhalt austauschen kann, ohne dass es was ausmacht?

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