Nehmen wir den mutigen und streitbaren Dialog mit einem evangelischen Christen doch einfach mal auf, so wie er ihn offiziell gerne hätte, sich ihn aber bestimmt nicht wünscht. Denn eigentlich hat Clemens Bittlinger doch lieber die populistische Oberhand über eine applaudierende Zuhörerschaft, die er mit sanften Worten einlullt. Ganz Jesus-unlike.
In schwarz der Text eines Artikels im Darmstädter Echo, in rot meine Anmerkungen.
Ziel ist, mutiger zu streiten
Kirche: Ernüchterung nach Ökumenischem Kirchentag - Clemens Bittlinger: ,,Es sind keine neuen Impulse ausgegangen" - Dekanat Darmstadt-Land will Miteinander der Konfessionen voranbringen
Clemens Bittlinger sieht es nüchtern: "Es sind keine neuen Impulse von München ausgegangen." [Wie denn auch? Waren es nicht von allen Seiten die selben alten Wortführer(innen)? Mit der selben alten Botschaft, zäh wie ein am Morgen gebackenes französisches Weißbrot an einem Novemberabend im Pas-de-Calais?] Bei seinen Konzerten beim zweiten Ökumenischen Kirchentag vor einer Woche nahm der Liedermacher und Referent für Mission und Ökumene im Evangelischen Dekanat Darmstadt-Land [wahrscheinlich denkt das Darmstädter Echo, der Doppelstatus Bittlingers als Liedermacher und offizieller Referent qualifiziere ihn doppelt. Ich würde sagen: Die beiden Teile disqualifizieren sich gegenseitig. Die schärfsten Kritiker der Elche sind inzwischen selber welche...] kein Blatt vor den Mund und fragte vor knapp 5000 Zuschauern: "Was muss noch passieren, damit die katholische Kirche aus ihrer Schockstarre erwacht?" [Das, Bittlinger, wollen Sie lieber nicht wissen! Stellen Sie sich vor: 25 Millionen deutsche Katholiken wachen auf, beschließen dem Ruf Christi in die radikale Nachfolge von jetzt auf nachher zu gehorchen, machen die Lehre der Katholischen Kirche zur eigenen und zur Herzenssache! Da können Sie, Bittlinger, die Gitarre einpacken und stattdessen den Mund still aufsperren vor Staunen. - OK: just joking.]
Bittlinger, der sich mit seinem papstkritischen Lied "Mensch Benedikt" nicht nur Freunde gemacht hat [Wollte er nun provozieren oder nicht? Wer nur Zustimmung erntet: Hat der mutig "seine Wahrheit" gesagt? - Na also], hat sich in Sachen "religiöser Ungehorsam" vom Kirchentag in München mehr erhofft, sagte er in einem ECHO-Gespräch. Auch wenn der Pfarrer bewusst vor großem Publikum Streitpunkte wie den Zölibat anprangert [Streitpunkte anprangern? Schuldige prangert man, auch gerne einmal Vorverurteilte. Streitpunkte fordern einen Streit, eine Debatte, eine offene durchaus, mit einem "non possumus" und einem "Ich stehe hier und kann nicht anders" als zu respektierendem Ergebnis.] sucht er doch vor allem den Konsens [Lese: Ihr stimmt mir zu. Sonst prangert's was.] : "Wenn wir Jesus nachfolgen, finden wir von allein zusammen." [Dazu, lieber Bittlinger, schauen Sie einfach mal in die Christentumsgeschichte, gerne auch in die der reformatorischen Gemeinschaften mit all den vielen, die durch die Jahrhunderte "Jesus nachfolg[t]en". Wie die "von allein zusammen" gefunden haben. Und dann melden Sie sich noch mal mit was qualifizierterem, einem Kirchenbeamten und studierten Theologen angemessenem.]
Mit dem neu besetzten Ökumeneausschuss will der Referent eine "neue ökumenische Vision für das Dekanat" suchen. [Da schwindelt wer. Ich habe den Eindruck, daß Bittlinger schon sehr genau weiß, wo er hinwill. Basisökumene, Ungehorsam, von unten aufbrechen, einfach loslegen und tun. Die Stichworte sind alle da. Keine Debatte mehr nötig.] Der Ausschuss setzt sich zusammen aus evangelischen und katholischen Haupt- und Ehrenamtlichen aus dem Dekanat. Auch die evangelisch-freikirchliche Gemeinde Ober-Ramstadt ist vertreten. Man will vor allem "Basisökumene" betreiben, so Christoph Rinneberg, der mit seiner katholischen Frau Margret dem neuen Ausschuss angehört.
Der Protestant Rinneberg, der in Wembach lebt, ist im "Ökumenischen Netz in Deutschland" aktiv. Seine Einschätzung nach dem Kirchentag: "Von oben ist nichts zu erwarten, es muss von unten aufbrechen." Rinneberg hat persönlich schmerzlich erfahren, dass er nicht gemeinsam mit seiner Frau an der Eucharistie teilnehmen kann. [Ich möchte meinen Kopf verwetten, daß der Basis-Ökumeniker das mindestens schon einmal getan hat, und warte auf den Beweis des Gegenteils. ;-) ]
"In dieser Frage sind Teile unseres Dekanates rückschrittig" [Welches Dekanat? Das evangelische Dekanat Darmstadt-Land? Kann ich mir nicht vorstellen.], sagt Bittlinger. Gerade in diesem Punkt hat jedoch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, in München ein Hoffnungszeichen gesetzt: Er wolle "weiter bohren" und dazu beitragen, dass konfessionsverschiedene Ehepaare gemeinsam an der Eucharistie teilnehmen dürfen. [So, daß es nichts kostet, am besten.]
Eine starke Verantwortung in der "Ökumene der Zukunft" liegt laut Bittlinger darin, wie "die Evangelischen die Katholischen an die Hand nehmen". [So viel zur "gleichen Augenhöhe", die später noch kommt. Unmündige Kinder, die Katholiken, die nicht wissen, was sie tun, weil sie nicht tun, was wir wollen.] "Wir müssen mehr miteinander wagen", nur aus dem gelebten Glauben heraus könne Ermutigung erfahren werden. [Hierher ist die katholische Anfrage an die Glaubensstärke der evangelischen Kirche in Deutschland und ihre Treue zum gemeinsamen Glaubensbekenntnis wohl obligatorisch: Das Nizäno-Konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis würde ich schon gerne mal mit Bittlinger zusammen beten. Und das meine ich gar nicht zynisch, satirisch, ironisch oder schadenfroh.] Man dürfe nicht zu schnell kuschen vor römisch-katholischen Strukturen, um nur niemanden zu verletzen, so Bittlinger. [Was natürlich gar nicht geht, ist: Wenn die Strukturen zurückschlagen. Wehren dürfen die sich nämlich nicht. - Abgesehen davon: Bittlinger kann sich gar nicht vorstellen, daß es Katholiken gibt, die froh und dankbar sind für die Strukturen.] "Wir müssen lernen, mutiger zu streiten und uns auf Augenhöhe begegnen." [So mutig, wie er damals auf den Katechismusbrief reagiert hat: Alle Kritiker in einen Topf werfen?]
(...)
Ein Fernziel könnte der Aufbau einer Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der Region sein, schlägt Bittlinger vor. Zuerst einmal wolle man sich aber "viel Zeit nehmen, um zu sehen, wie der andere tickt". [Viel Zeit, mehr als Sie, der Ökumene-Referent, sich bisher genommen haben? So lange im Geschäft und weiß immer noch nicht, wie Katholiken ticken? Erst die provokanten Lieder dichten, gelle, und dann zuhören? - Sorry, Bittlinger. Bisher erlebe ich Sie in ihrem geschriebenen und gesungenen Wort als einen, der verdammt gerne redet und sich gerne einmal im eigenen Reden und Singen bespiegelt. Einen, der softig daher kommt und im rechten Moment gerne rhetorisch zuschlägt, ganz und gar nicht mehr softig. Einen, der auf Gegenwehr unwirsch reagiert. Als einen, bei dem ich nicht unbedingt mehr wissen möchte, wie er tickt. Tut mir leid, ich hätte es gerne anders. Ist aber so.]
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"Vielleicht den Rücken stärken" statt "die katholischen Geschwister an die Hand nehmen"
Stellungnahme von Clemens Bittlinger im Darmstädter Echo am 19. Juni 2010
Die Chronistenpflicht gebietet den Vermerk einer "Stellungnahme zum ECHO-Artikel" von Seiten Clemens Bittlingers. Wiederum nur in Auszügen referiert sie das Darmstädter Echo hier.
Im obigen Zusammenhang sind vor allem die folgenden Absätze relevant:
Der Pfarrer distanziert sich ausdrücklich vom Zitat, "wir Protestanten müssten die katholischen Geschwister an die Hand nehmen". Tatsächlich habe er gesagt, dass "wir den katholischen Geschwistern vielleicht hier und da den Rücken stärken sollten" - und das sei weniger auf die Ökumene bezogen gewesen, als viel mehr auf die augenblickliche Krise der katholischen Kirche.
(...)
Auch die Aussage, man dürfe "nicht so schnell vor den römisch-katholischen Strukturen kuschen" habe er so nicht gesagt, korrigiert Bittlinger seine Aussage. Der Vorwurf, ihm fehle Respekt vor der Glaubenspraxis der katholischen Geschwister, entbehre jeglicher Grundlage. Er habe vielmehr "tiefen Respekt vor jedem, der seinen Glauben lebt und praktiziert".
Das Darmstädter Echo verzichtet darauf, diese Behauptungen zu kommentieren, entschuldigt sich freilich auch nicht bei Bittlinger dafür, ihn mißverständlich zitiert und nie gemachte Sätze untergeschoben zu haben. Als "Gegendarstellung" wird Bittlingers Stellungnahme nicht deklariert.
Vielleicht geht man nicht ganz falsch in der Annahme, daß sich Presse und Pfarrer gentleman- (oder krähen-? like darauf geeinigt haben, dem Pfarrer einen (Teil-)Rückzug zu ermöglichen.
Hatten wir es in dieser Woche nicht schon einmal mit einem anderen "Hintergrundgespräch" zu tun zwischen dem Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz und Presseleuten, auf dem vielerlei Gesagtes das Ohr der geneigten Öffentlichkeit nie erreichen wird, wie wir vermuten dürfen, und das dennoch seine Wirkung tat...
Vielleicht gab es auch hier zwei Teile: den einen, der nicht für unsere Ohren bestimmt war und den das ECHO unachtsam zitierte - und den anderen mit der gezähmten Botschaft?
22. Mai 2010
Anmerkungen zu einem mutigen Streiter
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4 Kommentare:
Gute Zerpflückung!
Und vollkommene Zustimmung hier: "Das Nizäno-Konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis würde ich schon gerne mal mit Bittlinger zusammenbeten. Und das meine ich gar nicht zynisch, satirisch, ironisch oder schadenfroh."
Auf Augenhöhe mit dem Protestantismus? Gar mit Bittlinger und Konsorten? So tief komm ich nicht in meinem Alter, weder physisch, noch religiös, noch intellektuell.
Was mich angeht, wünsche ich mir öfters, auf gleicher Augenhöhe mit guten, richtig guten Protestanten zu sein: Denn was ich aus den mir zur Verfügung stehenden Heilsmitteln der Catholic anstelle, ist um Längen schwächer als das, was ihnen gelingt. Ich habe keinen Grund zu persönlichem Stolz oder Hochmut.
Außerdem schadet es nichts, sich ab und an stillschweigend zu bücken oder zu knien - solange ich dabei anderen helfe und mir nichts aus den Taschen fällt und kaputt geht. (Um weiter im Bild zu bleiben.)
Da gab es ja noch einen, der das freiwillig und mit großen Kosten praktiziert hat. Ohne zu kompromittieren, was Ihn mit dem Vater einte.
Tja. Die Wahrheit ist nun allerdings eine andere. Die Hauptamtlichen der betroffenen katholischen Pfarrgruppe haben sich hochoffiziell bei Bittlingers Dekan gemeldet, dieser hat - ja was haben wir den anderes von diesem *piep* erwartet - über die Chefredaktion die junge Redakteurin unter Druck gesetzt, die ein Dementi produziert hat, von dem sie sehr wohl weiß, daß es keinesfalls den Tatsachen entspricht. Aber man will ja seinen Job behalten, nicht? Die Pfarrgruppe hat mittlerweile die Zusammenarbeit mit B. hochoffiziell beendet. Was die Blogozesianer angeht, da kennen wir unseren B. doch sehr, sehr gut.
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