2. April 2009

Wofür ich die Kirche liebe 2 - Der Rest

Viel ist ja nicht geworden aus der angekündigten Reihe von Postings "Wofür ich die Kirche liebe". Ich gebe zu: Ich bin einer dieser "Ankündigungsblogger", die annoncieren, aber nicht liefern.

Ich versuche, zu dieser späten Stunde und nach einem langen Tag meine Liste wenigstens teilweise abzuarbeiten:

Die Ehe meiner Eltern
Gute Ehen gibt es auch anderswo, keine Frage. Aber niemand wird mich davon abbringen zu glauben, daß ohne die Heimat, die ihnen die Kirche gab, die Ehe meiner Eltern geworden wäre, was sie für uns Kinder war und ist: Fester Bezugspunkt, Ausgangspunkt, Herkunft, Heimat, Ursprung. Im Ja zweier Menschen zueinander gründendes Daheim: "Home is the place where, when you have to go there, they have to take you in." Heimkommen dürfen wir immer noch, und von einem Reinlassen müssen kann keine Rede sein.

Süßspeisen am Mittwoch
Ab und an wurden wir mittwochs zum Bäcker geschickt, um "Vizen" zu holen: dunkel gebackene Milchbrötchen, aus denen Kartäuserklöße wurden. Beliebter, weil weniger aufwendig waren auf dem Scipionischen Speiseplan Reisbrei, Griesbrei, Wasserklöße, Bällmänner (flach gedrückte und beidseitig gebackene runde Kartoffelbreischeiben, die sich in den eingemachten Birnen, mit denen sie gereicht wurden, schnell abkühlten und auflösten) - und dicke Suppen mit "Zuckerweck" (in Restdeutschland als "Stückchen" im Handel. Ich glaube, es wurde uns nie gesagt, warum es außer freitags auch mittwochs fleischloses Mittagessen gab; es war wohl ein letzter Rest des Mittwochfastens. Auf jeden Fall gaben die Süßspeisen der Woche einen weiteren Höhepunkt oder, für den, der sie nicht mochte: ein Stück Struktur mehr.

Die Heiligen
"Die unsere ist die Kirche der Heiligen." (Bernanos, wie jeder weiß) Luther dreht sich vermutlich im Grab vor Reue, daß seine Anhänger die längste Zeit als Heilsindividualisten durchs jeweilige Leben gingen. Er weiß es jetzt nämlich besser: Erlösung kommt uns von dem EInen, der am Kreuz starb und der uns dadurch fähig machte, an der Erlösung anderer nach unseren schwachen Kräften mitzuwirken, durch Vorbild, durch Gebet, durch Opfer, durch Hingabe in die Hingabe Christi. Abgesehen davon ist es unheimlich interessant zu sehen, welche Typen alle schon vor uns erlöst wurden und produktiv in der Kirche wirkten. Nicht nur Großen, sondern gerade auch die Sonderlinge wie Benedikt Joseph Labre, die kleinen und hilfsbereiten Geschwister zeigen wie's geht. Bruder Konrad oder die kleine Kämpferin aus Lisieux zum Beispiel. In diesem bunten, sonderbaren, Zeiten und Orten überspannenden Zug mitzutrollen macht Spaß. Am meisten blamieren sich dabei übrigens die Ernsthaften, die Spaßbremsen und Freudenmeider. Und die, denen das alles furchtbar peinlich ist.

Dezentrierung
Nicht daß ich mir irgendwas drauf einbilde, aber ich habe Luthers Frage "Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?" nie richtig verstanden. Es geht doch gar nicht um mich. Es geht um IHN. Es geht um die Anderen, die Hilfe brauchen, die hungern und dürsten, nach Trinkwasser und Brot, nach Taufe und Leib Christi. Und als einer dieser Anderen geht es dann auch um mich. Katholisch sein war für mich immer Einübung in das Wegschauen von mir selbst. Nicht daß es was genützt hätte. Aber gelernt habe ich: Es geht nicht um fortdauernde Selbstbespiegelung ("Bin ich jetzt endlich glücklich? Fühle ich mich erlöst? Bin ich ein selbstbewußter, mündiger, offener, gelungener Mensch geworden?") und nicht um Verleugnung oder gar um Selbsthaß. Sondern um Selbstvergessenheit im Dienst, in der Liebe, im bereitwilligen Erfüllen der alltäglichen Pflicht und der immer gleichen Gebote der Bundestreue.

Die Priester in meinem Leben
Ich hatte das Glück, vielen guten Priestern begegnen zu dürfen. Solchen also, die nicht nur qua Weihe uns die GÖttliche Überfülle in materiellen Zeichen vermitteln, sondern denen man die Freude darüber und die Sorge um die ihnen Anvertrauten anmerkte. Väter in Christus also. Und dann gibt es noch jene meiner Freunde, die Priester wurden - und es (teils) immer noch mit ganzem Herzen sind. "Gratia praesupponit et perficit naturam - die Gnade setzt die Natur voraus und vollendet sie." (Thomas Aquinas) Ja, das kann tatsächlich gelingen. Nicht nur bei uns Weltchristen, sondern auch und gerade bei den cooperatores Veritatis et Caritatis.

5 Kommentare:

Frau Cassian hat gesagt…

Ach ja, da kommen doch tatsächlich Sehnsüchte auf. Es drängt sich mir eine weitere Überschrift auf in Bezug auf den zweiten Absatz:

"Wofür ich die Heimat liebe!" :-)

Vizeweck, Zuckerweck und überhaupt.... Gab es bei den Scipios auch rohe Kartoffelpfannkuchen mit "Öbbelbrei"? Oder die obligatorische "Querdoischdegoaddesuppe mit Öbbelponnekuche"? Das wäre doch glatt ein Essen für heute ;-)!
Aber auch der "Rest" des Beitrags ist sehr aufbauend und ich kann mich nur anschließen!

Frau Cassian

Julia Siebel hat gesagt…

Ich unterstütze Ihren Beitrag. In einem wohlgeformten Nest aufzuwachsen ist die Grundvoraussetzung für eine schöne Kindheit und ein weiteres glückliches Leben.

Johannes hat gesagt…

Danke für Deine Mühe. Ich fühle mich bereichert. Schließlich fehlt mir genau das: in einem katholischen Haus aufgewachsen zu sein.

Scipio hat gesagt…

@Frau Cassian: Ja, klar. Schon weil die Kirche zur Heimat und die Heimat zur Kirche gehört(e).

Kartoffelpfannkuchen gab es bei uns mit "Ebbelbrei" (wir sind hier schon sprachliche Rheinfranken). Ebbelpannekuche - was gab's dazu? Denn da war das Obst schon drin.

Noch eine Spezialität meiner Mutter: Rahmsuppe - ziemlich dünn, mit Weißbrot- oder Weckwürfeln, aber sehr schmackhaft. Die gab es aber weniger mittwochs, denn da musste noch etwas darauf folgen.

@Johannes: Und da habe ich noch gar nicht das "Maialtärchen" geschrieben, oder über das Kreuz, das mit dem Messer vor dem Anschneiden auf das Brot gezeichnet wurde. Oder unseren alttestamentlichen Adventkalender: Die ganze Heilsgeschichte bis zum fleischgewordenen Wort in 24 Etappen zum Vorlesen.

Frau Cassian hat gesagt…

Zu den Öbbelponnekuche gab es die in unserem Hause genannte (hier die korrekte Übersetzung) "Quer-durch-den-Garten-Suppe", sprich, alles was der Garten oder im Winter die Tiefkühltruhe so an Gemüse für eine dicke Supper hergab,mmmmmmmh, lecker.
Rahmsuppe, hm, ich kann mich an die Mehlspatzen erinnern, da gab es auch immer so eine Rahmsoße dazu. Ich glaube, die war aus Saurer Sahne, echt lecker, aber leider kein Rezept vorhanden und meine liebe Mutter kann ich nicht mehr fragen.

Zum Bezeichnen des Brotes mit einem Kreuz, fällt mir eine Begebenheit ein, die ich demnächst einmal direkt auf unserem Weblog berichten muss.

Und bezgl. des Adventskalender: Da hätte ich schwer Interesse, die Reihenfolge der einzelnen Erzählungen der Heilsgeschichte zu erfahren.

Immer auf der Suche nach gutem Material, und guten Rezepten ;-)
Frau Cassian