Tilman Krause in der Welt:
"Keine Frage: Es war richtig, die dänischen Mohamed-Karikaturen auch in deutschen Zeitungen zu drucken. Es war nicht nur richtig und wichtig, es entsprach einem Grundgebot allen journalistischen Tuns - der Chronistenpflicht. Man mußte dem Leser zeigen, worüber geredet und gestritten wird. Da haben Rücksichten auf religiöse Empfindlichkeiten nichts zu suchen. Ebenso richtig ist, daß nach dem nunmehr ausgebrochenen und sehr leidenschaftlich ausgetragenen Streit ein neues Kapitel aufgeschlagen werden muß. Überschrift: Dialog.
Die Frage ist nur: Wer soll, von westlicher, nicht-moslemischer Seite, diesen Dialog führen? Und auch hier kann es eigentlich nur eine Antwort geben: Christen; Menschen, die im christlichen Glauben verwurzelt sind. Nur wer selber religiös fühlt und denkt, kann Menschen verstehen, die religiös gebunden sind - auch wenn es sich da um andere religiöse Bindungen handelt. (...)
Freilich wird auch dem überzeugten Christen Glaubensstärke nicht geschenkt. Vom Evangelisten Markus ist das Wort überliefert: 'Herr, ich glaube, hilf meinem Unglauben.' Schon er hatte erkannt, daß der Unglauben das Primäre ist. Der Sog dieser regressiven Kraft ist wahrscheinlich keinem Christenmenschen fremd. Glaubensgewißheit will immer neu erprobt und erworben sein. Aber hier und nicht in der nihilistischen Versuchung liegt die Arbeit dessen, der ein ganzer, der ein vollgültiger Mensch sein möchte. "
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