25. Oktober 2005

Inspirierend undemokratisch

"Im Eröffnungsvortrag gab der Neutestamentler Professor Dr. Bernhard Heininger Einblick in die vielfältigen Bilder der Kirche im Neuen Testament. Er schilderte die am griechischen Modell der demokratischen Versammlung orientierte Kirche. Sie finde sich in den Briefen des Apostels Paulus." (Pressestelle des Ordinariates Würzburg)
Exegese will ja gerne einen positiven Beitrag leisten - auch, gerade und vor allem zur beständigen Kirchenreform. "Kritisches Potential erschließen" heißt das wohl.

Leider erläutert uns der Nachrichtentext nicht weiter, was ein "griechisches Modell der demokratischen Versammlung" ist - Herr Professor hat es vielleicht getan. Auf jeden Fall bleibt beim interessierten Durchschnittskatholiken hängen: Damals, am Anfang, kurz nach Jesus, war die Kirche demokratisch aufgestellt. Damals hatte der demos noch etwas zu sagen. Damals, als es noch inspirierend plural zuging bei den Urchristen.

Ganz so plural war es dann aber doch nicht, und vielleicht hat der Herr Professor das auch gesagt. Denn Paulus hat nicht nur einmal ganz undemokratisch dreingeschlagen und zusammengestaucht, kraft seines im Heiligen wurzelnden, hierarchischen Amtes. Nicht wählerisch mit seinen Worten, im vollen Bewußtsein seines Auftrages und seiner Verantwortung, noch in seiner Dankbarkeit und seinem "Allen Alles" seine Sonderstellung ausstrahlend. Guten Gewissens undemokratisch.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Laß mich raten:

Auf dem Grunde solcher "Theorien" liegt bestimmt die Argumentation:

Kirche heißt Ekklesia, was wiederum die Volksversammlung im demokratischen Athen war.

Petra hat gesagt…

Demokratisches Modell der griechischen Versammlung?

Nun, schauen wir mal: soll das heißen, dass Frauen, Kinder, Ausländer, Arme und Sklaven (bzw. deren heutige Entsprechung) nicht zur Ekklesia gehören sollen???

Anonym hat gesagt…

Schon klar, Petra.

Demokratisch ist auch nicht gleichbedeutend mit gut (auch wenn das heutzutage im Sprachgebrauch so rüberkommt - die athenische Demokratie hat einen Genozid beschlossen, einen durchgeführt und einen angedacht.)

Und ich will auch nicht die Athenische Demokratie als Modell für die Kirche (Gott bewahre!!) oder auch nur den Staat.

Es ist nur die Gleichheit der Ausdrücke, die m.E. im Herzen der genannten Theorien liegt.

Abgesehen davon, daß es eine Ekklesia auch in weniger demokratischen Poleis gab (z.B. Korinth), ist die einzige Parallele doch, daß eine Ekklesia eine Versammlung von Menschen ist, die aus etwas zu etwas herausgerufen (Ex-klesia) wurden.

Interessant finde ich, daß die Kirche schon im AT vorkommt, zumindest in der Septuaginta, die das Wort "Ekklesia" benutzt.

Interressant ist auch das Büchlein "Demokratie in der Kirche" von Joseph Ratzinger und Hans Mayer, erschienen 1970 und 2000 nochmal durchgesehen.