28. August 2010

Attackenprophylaxe

Über "Hermeneutic of Continuity" kommt der Hinweis auf einen sehr erhellenden Text von John L. Allen Jr., Vatikan-Reporter des National Catholic Reporter, der seinerseits "Attaco a Ratzinger", ein neues Buch der beiden italienischen Vaticanistas Andrea Tornielli und Paolo Rodari, referiert und kommentiert.

Beides, Buch und Kommentar, sollte im Vatikan und von allen, die im Name der Kirche im Rampenlicht stehen, aufmerksam gelesen werden, wie es scheint. Denn in den "Affären" von Benedikts Pontifikat - Allen zählt auf: Regensburg, den Fall Wielgus, "Alte Messe" und Karfreitagsfürbitte, Willamson und Piusbruderschaft, Kondom-Kommentare im Flugzeug nach Afrika, Streit zwischen Sodano und Schönborn, Kritik von rechts an "Caritas in Veritate" und die Ermöglichung von Ordinariaten für rückkehrwillige Anglikaner - lassen sich sowohl das Versagen der vatikanischen PR wie die Skandalmechanismen des frühen 21. Jahrhunderts sehr gut erkennen.

Am Beispiel der "Kondom-Affäre" führt Allen aus, wie gute PR negative publicity zwar nicht vermieden, aber doch um einiges erschwert hätte. Denn "aus PR-Sicht spielt es keine Rolle, ob es jemand wirklich auf dich abgesehen hat. Wenn eine Krise ins Rollen kommt, wird die Dynamik des Marktes die Beteiligten zwingen so zu handeln, als ob sie es wären. Das Ziel ist deshalb nicht, daß du sie überredest, nicht über dich herzufallen; das Ziel ist zu vermeiden, es ihnen leichter zu machen." ("From a PR point of view, it doesn't matter whether anyone is actually out to get you, because when a crisis starts rolling, market dynamics will compel people to act as if they were. The aim, therefore, isn't to persuade them not to mug you; the aim is to avoid making it easier.")

Sie - das sind all die vielen, die in Moral handeln, "moral entrepreneurs" nennt sie der Vatikankenner Massimo Introvigne. Deren Schar ist groß: "Reporter, Opfer, Blogger, Twitterer, Opferanwälte, Behördenvertreter, Gesetzgeber, Nichtregierungsorganisationen, Aktivisten, Spekulanten, anonyme Quellen, Experten, Analysten, Skandalreporter, Opportunisten und eine Kavalkade von Amateuren, die auf Krisenexperten machen". Man muß "sie" beleibe nicht mögen, man kann und darf vor einigen davon gerne das große Kotzen kriegen - aber es gibt "sie" nun mal und man muß sich nun wirklich nicht selbstamputieren, damit sie genug zu fressen haben.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Zu diesem Thema gibt es einen hervorragenden Text auf der Website des "Espresso", die von Sandro Magister betreut wird.

http://chiesa.espresso.repubblica.it/articolo/1344604?eng=y