12. Mai 2004

Spiegel, Rätsel, Wahrheit

"Gott bietet uns in Begriffen und begrifflichen Sätzen (die ins Blut der Märtyrer getaucht zu uns gelangen, denn zur Zeit des Arianismus war man fähig, eines Jotas wegen zu sterben) die übersinnlichsten und unserem Verstand unzugänglichsten Wahrheiten, die eigentliche Wahrheit Seines göttlichen Lebens, Seines eigenen Abgrundes; das beweist, daß der Begriff nicht bloß ein Instrument zur Bewältigung der Lebenspraxis ist, das als solches aus sich allein unserem Geist das Wirkliche nicht zu vermitteln vermag, sondern bestenfalls nur die unaussprechlichen Zusammenhänge zerstückeln kann und das Absolute wie Wasser durch ein Sieb entrinnen lässt.

Der Geist der Analogie schlägt eine Brücke vom einen Ufer zum anderen und befähigt uns, das Unendliche zu erkennen; dank diesem Wunder an Kraft und Beschwingtheit enthält der im dogmatischen Satz göttlich ausgefeilte Begriff, als Spiegel und als Rätsel, aber auch als ganze Wahrheit, das Mysterium der Gottheit selbst, das er in uns senkt, ohne es zu begrenzen, das Mysterium der Gottheit, die sich selbst ewig im ungeschaffenen Wort, zeitlich aber, und in menschlicher Sprache, im fleischgewordenen Wort verkündet." (Jacques Maritain)

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