8. Juni 2008

Schwarz-rot-goldenes

Nachdem "die Mannschaft" gewonnen hat und die paar Hupen, die sich in unsere Straße verirrt hatten, verklungen sind, nutze ich die Stille der Nacht und gebe zu: Ich kann mit dem schwarz-rot-goldenen Fahnenmeer wenig anfangen.

Dabei habe ich nicht einmal ein gestörtes Verhältnis zu unseren Nationalsymbolen: Keine Nationalhymne ohne feuchtes Auge, und die deutsche Farbkombination ergibt so ziemlich die schönste Nationalflagge, die man sich vorstellen kann (mit der belgischen ziemlich nah dran). Und doch...

Und doch reißen mich die Fahnen nicht mit. Vielleicht einmal, weil sie nichts kosten - und es nicht kostet, sie zu zeigen. Man bekommt sie nachgeworfen, man klemmt sie in die Fenster, startet den Motor und schon ist man stolzer Deutscher. Die Fahne flattert im Wind, "die Mannschaft" hat sich wacker geschlagen, die Welt ist in Ordnung und ich bin Deutschland. Deutschland - billig Vaterland. Steuern hinterziehen wir am Montag und klar, Wehrdienst für die Jungs muß jetzt auch nicht sein.

Stephen L. Carter (in Integrity) sagt mal, Ehe sei "to stick with what you are stuck with" - bei dem bleiben, wo man hängen geblieben ist. (Ich habe den genauen Kontext nicht im Kopf und müsste nachschauen...) Ein bißchen so geht es mir auch mit meinen Mitdeutschen dieser Tage: Man merkt halt an solchen Tagen mehr als sonst, welche Volksgenossen man sonst so hat. Man sucht sich seine Familie nicht aus, seine Kirchenbankgenossen nicht - und den Rest der X Millionen auch nicht. Jetzt fahren sie halt alle herum und machen es einem so richtig klar, wer so alles deutsch ist.

Dazu kommt noch die - wohl auch elterlicherseits überkommene - Maxime, daß man über die wirklich wichtigen Dinge, besonders über die, an die man sein Herz verloren hat, nicht viel Worte macht. Gerade weil das Dummschwätzen so leicht fällt, sollte man über ein, zwei Dinge besser schweigen. Gerade weil man sein Land liebt und weil man weiß, was das heißt und kostet, macht man keine Party draus.

Ich nehme aber die Reichweite dieser Absätze wieder zurück: Ich kann's nicht, Ihr Lieben - wenn's Euch nicht so geht, soll's mir recht sein.

Mit dem alten Goethe:

Eines schickt sich nicht für alle!
Sehe jeder, wie er's treibe,
Sehe jeder, wo er bleibe,
Und wer steht, daß er nicht falle!

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich stimme soweit mit dir überein.
An mir geht die Begeisterung klanglos vorüber.
Etwas iritiert haben mich die "Volksgenossen".Hast du die bewußt der Lingua tertii imperii
entnommen?

Scipio hat gesagt…

Halbbewußt wohl. Die werden aber durch die Parallelsetzung mit den Kirchbankgenossen vollends entnazifiziert.

Anonym hat gesagt…

"Lingua tertii imperii", am besten noch als LTI abgekürzt, ist ein ganz unmögliches Schlagwort von dementen Hagagaga-Schreibern.

Anonym hat gesagt…

@Scipio: ach so

@Harki: LTI, also ich finde Klemperer bißchen schlauer als
deinen Hausheiligen Schmitt.

Demenz, vielleicht sollte man sich
darüber nicht so verächtlich äußern ?

Anonym hat gesagt…

Also nein! Die Schönste ist (natürlich!) die Schweizerische: Ein Kreuz, weiss, auf rotem Grund. Besser gehts bestimmt nicht (auch wenn viel Schindluderei damit getrieben ward und wird). Nur, zugegeben: die EM-Flaggen sind dem ächten Schweizer und Heraldiker ein Graus: Rot muss es sein, nicht Dunkelrosa, den Proportionen des Kreuzes fehlt die Kraft und vor allem das Format - quadratisch ist die Schweizerflagge, zu den damit angezeigten Schädeln passend!
(Entschuldigung, bin ja ansonsten relativ normal, katholisch, nicht Nationalist, auch nicht Heraldiker, nicht Sport- oder Fussballnarr.)

Scipio hat gesagt…

Da will ich Dir nicht widersprechen, obwohl ich Deine Meinung natürlich nicht teile, was den Superlativ angeht.

Ich kenne zu wenige Schweizer, um Dir wegen der Passendheit zustimmen zu können.

Ich hoffe, ich bin auch normal, normal katholisch - und ganz sicher weder Heraldiker noch Sportnarr. In diesem Sinne: willkommen.

Anonym hat gesagt…

Ich gestehe, auch eine Fahne am Auto zu haben und auf die Nation oder den Staat Deutschland nichts mehr zu geben. Ich weiß natürlich um die Bedeutung der Farben aus dem vorletzten Jahrhundert, doch für mich bedeuten sie in diesem Fall nicht mehr als die Erkennungsfarben unserer Nationalelf.