3. Juni 2008

Glauben heißt Mehr-als-Wissen

Aus einem e-Mail, mit Zustimmung des Schreibers zitiert:

"Soll ich was zu Lüdemann sagen? Spontan fällt mir nur "Scheiß auf Lüdemann" ein. Das würde ich natürlich nie bloggen, und ich schreib das auch nur dieses eine Mal und nur Dir. Aber es ist genau das, was ich fühle/erlebe/wahrnehme: Es kann nicht sein, weil ich das Gegenteil erfahren habe. Manchmal. Selten. Indirekt. Kurz. Verhüllt. Nie den Finger in Seine Seite oder in die Brustwunde gelegt - da sind wir wieder beim Herz Jesu. Und trotzdem _weiß_ ich. Früher habe ich nie verstanden, wie die Kirche oder Thomas von A. sagen kann, daß der Glaube eine größere Sicherheit geben kann als das Wissen. Langsam weiß ich es."

2 Kommentare:

Tiberius hat gesagt…

In der deutschen Umgangssprache gibt es eine unglückliche Verbindung von Wissen und Gewißheit, von Glauben und Ungewißheit, aus der viele einen allgemeinen Vorrang des Wissens vor dem Glauben ableiten. Dieser Umstand verweist auf einen eklatanten Mangel an begrifflicher Schärfe oder auf einen tief verankerten wissenschaftlichen Positivismus.

Viele glauben, es gäbe außerhalb des Wissens keine Gewißheit. Im Grunde aber ist genau das Gegenteil der Fall. Es ist das Wissen, das nach Gewißheit strebt und doch von der Ungewißheit lebt, von der Vorläufigkeit, die sich immer wieder aus Neue beweisen muß. Der Glaube aber bietet, was sich das Wissen gar nicht leisten kann. Eine Gewißheit, die den Beweis nicht braucht.

Wenn wir uns also einer Sache, von der wir sagen, daß wir sie wissen, absolut sicher sind, dann haben wir den Bereich des Wissens eigentlich schon verlassen, und sollten uns den Glauben hier ruhig eingestehen.

FingO hat gesagt…

Was soll denn dieses Glaube und Vernunft gegeneinander-ausgespiele? Gibt es zwei Wahrheiten? Was ist denn an Wissen schlecht? Und was schließt da den Glauben aus?


Glauben (im religiösen Sinne) heißt Vertrauen. Ich glaube nicht an Gott in dem Sinne, wie ich daran glaube, daß ich vermute, sondern ich vertraue auf Gott, auf die Kirche, auf die Überlieferungen. Warum? Sicherlich wegen viel von Gott mitgegebener Gnade, aber auch wegen den Säulen des Glaubens, von denen ich weiß. Schon hier sind Glaube und Wissen wie zwei Aspekte eines Ganzen.

Ich weiß, daß die Stickstoffmoleküle sich, angeregt durch einen linear polarisierten Puls, derart definiert drehen, daß ein Wellenpaket induziert wurde, daß nur durch äußeren Einfluß zerstört wird, weil ich den Papern, die ich las und den Spektren, die ich sah, vertraue, weil ich Frau Seideman und meinen eigenen Messungen Glauben schenke. Wieder sind Glaube und Wissen irgendwie eins. Nicht ein und dasselbe, aber sie bilden eine Einheit.

Aber dieses Ausspielen von Glaube und Wissen.... ich muß wirklich sagen, daß das eine Sache ist, die mich in der real existierenden Kirche wirklich langsam ankotzt.