Zum Wochenende wieder ins Vaterland zurückgekehrt, schwankt meine Stimmung zwischen ernsthafter Sorge und verzweifelter Ironie:
Die Sorge mit ihren christlichen Varianten Gebet und Opfer gilt dem Mitblogger von Fortes Fide. Dort haben andere zu entscheiden, was geschehen wird, und auch er selbst wird Entscheidungen treffen müssen, vor seinem und unserem GOtt, seinem Gewissen, auch vor den Opfern - wenn sich die Vorwürfe als wahr erweisen (wozu ich nichts sagen kann). - Ich würde gerne zu diesem ganzen Thema etwas mehr schreiben, versuche aber derzeit noch, meine Gedanken zu sortieren. Da ich arbeitsmäßig ziemlich eingespannt bin, kann ich nicht sagen, wann ich dazu kommen werde.
Die verzweifelte Ironie fällt mir leichter, wahrscheinlich weil sie Teil eines lang geübten Habitus ist.
Es ist schon ironisch, einem offensichtlich katholischen, in den Wirtschaftwissenschaften promovierten Lokalredakteur aus der norddeutschen Provinz - das darf man wohl, ohne zu lügen, über Osnabrück sagen - zuzusehen, wie er die Enthüllung des Jahres vollzieht: Da bekennt sich Bischof Bode "als erster deutscher Bischof ... zu der Schuld der katholischen Kirche bei sexuellen Missbrauchsfällen", und dann entdeckt o Wunder! der gute Dr. Haverkamp nicht nur Freudengeschrei, sondern auch gleich nachdenkliche Stimmen, wie sie sonst nur den traditionellen Medien zustehen:
Da ist einmal der Blogger von Fortes Fide, der, selber schuldig (was aber noch keiner - offiziell? - wusste), fragt, ob denn deutsche Bischöfe bei anderen Gelegenheiten ähnliche Akte vollzogen haben. Glücklicherweise ist Fortes Fide nun "aufgeflogen" und die Frage darf unbeantwortet bleiben.
Dazu kommen einzelne Stimmen aus Kommentaren bei Alipius und aus dem Kreuzgang-Forum, Kotz.net darf natürlich auch nicht fehlen - und schon, hastdusnichtgesehn! bekommen die braven Leser der Neuen Osnabrücker Zeitung belegt, was sie immer schon ahnten: Im Internet gibt es nur Spinner und Doofe, Kinderschänder und andere Verbrecher. Leute, lest die lokale Monopolzeitung!
Wer diesen Haverkampschen Mix wiederum nicht lobenswert findet, der landet flugs im nächsten Eintopf des Herrn Doktor: Diesmal trifft es Stanislaus von Politisch Unpolitisches. Der nämlich bloggt erstens unter einem Pseudonym und zweiten wagt er es, einen Text von Alexander Kissler zu kommentieren. Dabei, so Dr. Haverkamp, "beschränkt sich [Stanislaus] in seiner Zitierung überwiegend auf Kisslers kritische Anmerkung".
"Überwiegend" sieht in der Wirklichkeit so aus:
Man könnte auch sagen: Eigentlich zitiert Stanislaus ein bißchen mehr Kisslers unkritische als Kisslers kritische Anmerkung. Das muß aber einen Dr. Haverkamp nicht anfechten. Der Mann hat eine Mission: Nieder mit den Masken! Stellt sie bloß, die Erzkonservativen! - Da darf der Zweck auch schon mal die Mittel heiligen, nicht wahr, Herr Dr. Haverkamp (alias Meyer oder Maier oder Mayr oder Meier oder wie auch immer er sich als verdeckter Ermittler nennt)? Honni soit qui mal y pense - ein Schuft, wer Schlimmes dabei denkt.
Ist das nun eine Kleinigkeit? Blase ich, blasen wir eine Mücke zum Elefanten auf? Ist Stanislaus hyperempfindlich? - Ich denke, es ist symptomatisch. Die vierte Gewalt wird nervös, auch die gerade erst etablierte vierte Gewalt in der Kirche, die dachte, das "freie Wort in der Kirche" für sich gepachtet zu haben. Die Blogger sind nur "Fliege in der Suppe", "Kiesel im Schuh", "Sand im Getriebe", wie Alipius schön und richtig formuliert. Wie viele regelmäßige Leser haben wir denn, wenn wir uns selber abziehen? Nach 8 Jahren aktiven Bloggertums liege ich schätzungweise bei 100 - 150. Vernachlässigenswert. Für eine Zahl wie die der Leserschaft von Dr. Haverkamps Texten brauche ich gut und gerne ein ganzes Jahr, schätze ich mal. Wir verderben den Spaß, die Vorfreude auf den Endsieg. Das ist es, was stört. Seien es auch noch so wenige Stimmen.
Daß Leute wie Dr. Haverkamp plötzlich weit unter ihrem intellektuellen Niveau schreiben - das ist es, was mich gleichzeitig ironisch und verzweifeln lässt. Und was für die Zukunft nichts Gutes verheißt. Ich heiße mich trotzdem hoffen.
Ein Schmankerl aus dem Reich der selbstgerechten Betroffenheit möchte ich noch anfügen. Wer sich die Filmbeiträge der Neuen Osnabrücker Zeitung zum Schuldbekenntnis von Bischof Bode und zu den Ermittlungen gegen einen emsländischen Priester anschaut, muß sich erst eine ziemlich unpassende, eigentlich sogar geschmacklose Werbung mit dem Komiker A. Schröder antun. Pecunia non olet - Geld stinkt nicht.
11. Dezember 2010
Ein Mann mit einer Mission und unter seinem Niveau
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
3 Kommentare:
Da ich ihn nicht persönlich kenne, gilt wie auch sonst: In dubio pro ...
"Daß Leute wie Dr. Haverkamp plötzlich weit unter ihrem intellektuellen Niveau schreiben - das ist es, was mich gleichzeitig ironisch und verzweifeln lässt. Und was für die Zukunft nichts Gutes verheißt. Ich heiße mich trotzdem hoffen."
Ja und nein...
Für mich zeigt das Unter-Niveau-Schreiben auch das Aufkeimen einer gewissen Panik, die zu unsouveränem Schreiben führt. Und wenn es nun wirklich so ist, daß daran zum Teil die Blogoezese "Schuld" ist, dann sehe ich das als Teilerfolg.
Klar: Die Zukunft kann dann ungut werden, wenn Leute vom Schlage eines Haverkamp blind um sich schlagen, Blogger "outen" und jeden, der Transsubstantiation unholprig aussprechen kann, erst mal präventiv als kroitz.net-Sympathisanten anklagen.
Aber ich bin hoffnungsmäßig mit an Bord!
"Da ist einmal der Blogger von Fortes Fide, der, selber schuldig (was aber noch keiner - offiziell? - wusste), fragt, ob denn deutsche Bischöfe bei anderen Gelegenheiten ähnliche Akte vollzogen haben."
AFAIR ging es doch um die Lebensschutz-Vigil?
Kommentar veröffentlichen