12. Dezember 2007

Journalismus so weich - weicher geht's nicht!

Auf die Seite der Ausgestoßenen und Marginalisierten stellte sich mit einem sympathischen Bericht die Aachener Kirchenzeitung - worauf ein Kommentar hinwies.

Stellen wir uns nur vor: Da ist einer in Kanada geboren, weil die konfessionell gemischte Ehe der Eltern im Paderborn 1950 nicht gern gesehen wurde; Jahrzehnte später muß er das deutsche Vaterland erneut verlassen, um seinen Beruf vernünftig ausüben zu können. Und als er, der Patriot, nach einer Gesetzesänderung zurückkommt, da wird er erneut zum Buhmann, zum 'Wolf im Schafspelz":

Schlimme Briefe bekommt er inzwischen, dass er in die Hölle käme und noch ärgere Verwünschungen. Sein neues Institut in Münster war neulich mit Hakenkreuz-Graffitis beschmiert worden. Er weiß noch nicht von wem und warum.

Dabei will er doch nur das Beste: Freien Zugang zu embryonalen Stammzellen, gewonnen aus überzähligen Embryonen (die keiner will, nur eben der Stammzellenforscher zu unser aller Wohl) , deren Tötung (könnten wir nicht "Abtötung" sagen? Klingt weniger anklagend und verweist auf die Selbstdisziplin und Verantwortung des modernen Wissenschaftlers.) er für "ethisch geboten" hält.

Kann da die Kirchenzeitung des Bistums Aachen anders, als den Stammzellenforscher, Professor Hans Schöler, endlich einmal verständnisvoll zu porträtieren, sensibel zu interviewen und ihm häßliche Nachfragen zu ersparen? Und Journalist Volker Resing empfiehlt sich für weitere Aufgaben innerhalb der Verlagsgruppe Bistumpresse...

(EchoRomeo hat das ganze schon am 1. 11. kommentiert - was ich erst jetzt sehe. Volker Resing verweist in einem Kommentar dort auf einen Kommentar zu Bericht und Interview - der aber ist leider nicht online. Wie wahrscheinlich ist es, daß der irenische Ton aus Interview und Bericht dort abrupt aufhört und plötzlich harten, kritischen Nachfragen weicht?

Siehe auch bei P. Engelbert Recktenwald in seinem Portal.)

13 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Zum Artikel: Ich muss ganz ehrlich sagen, diese feine Ironie (?), die so ganz scheinbar objektiv in den Raum gestellte Aneinanderreihung von Tatsachen, das hat was. Wenn es Absicht war. Vielleicht empfinde ich auch Ironie, die gar nicht vorhanden ist, oder der Artikel ist superironisch und einige nehmen das nicht so wahr, damit muss man natürlich, sobald man das Stilmittel der Ironie einsetzt, immer rechnen.
Der Artikel diffundiert irgendwie, oder besser, der Schreibstil desselben, aber irgendwie macht es den Reiz aus. Ich weiß nicht, ob ich da wirklich den Vorwurf "zu weich" bringen will bzw. mich anschließen will, dazu würde ich gerne mal mit Herrn Resing selbst sprechen. Denn wenn er das hintergründig gemeint hat (und so schwant es mir), dann finde ich den Tonfall doch gerade ziemlich gelungen.

Scipio hat gesagt…

Daran hatte ich jetzt gar nicht gedacht, muß ich sagen. Da wäre die Ironie also superfein, und damit gelungen.

Aber, würde ich dagegen halten, normalerweise ist so ein Bistumsblatt nicht die ideale Bühne für gehobene und gepflegte Ironie, sondern eher so gerade raus und unkompliziert (was ja an sich auch nichts Negatives ist), schon weil es die Leserschaft so haben will. Nun wiederum kann das im Westen anders sein als bei uns, und in dem Fall nehme ich liebend gerne alles restlos zurück...

dilettantus in interrete hat gesagt…

Wenn der Ironie könnte, würde der nicht bei der Kirchenzeitung arbeiten!

Anonym hat gesagt…

>>normalerweise ist so ein Bistumsblatt nicht die ideale Bühne für gehobene und gepflegte Ironie>>
>>Wenn der Ironie könnte, würde der nicht bei der Kirchenzeitung arbeiten!>>

das sind natürlich schlagende Argumente gegen meine
These*gg*
Vielleicht ein innovatives, ein revolutionär neues journalistisches Konzept dieser Bistumszeitung?
*lol*

Anonym hat gesagt…

Als Diözesaner muß ich bekennen: Unsere Kirchenzeitung ist sicherlich eine ironiefreie Zone.

Unknown hat gesagt…

Ironie kann ich nicht, versuchs aber immer wieder...Grüße vom Kirchenblättchen-Schreiber Resing!

P.S. Anbei der Kommentar, der zum Thema erschienen ist. Mal sehen, ob er der Blogger-Qualitäts-Prüfung stand hält.

Die Fronten haben sich verhärtet. Embryonale Stammzellforschung wird als Teufelszeug angesehen, in die gleiche Ecke wie Abtreibung gestellt. Die katholische Kirche hingegen wird von vielen Wissenschaftlern in der Biomedizin pauschal als forschungsfeindlich und fortschrittskritisch angesehen. Beides hilft keinem. Ein Dialog von Biowissenschaften und Kirche, von engagierten Forschern und engagierten Christen ist dringend erforderlich. Das soll nicht zu einem ethischen Relativismus führen, einem Kuschelkurs, der nur vertuscht. Aber dennoch tut Aufklärung Not, auf beiden Seiten.
Die politische Debatte um die embryonale Stammzellforschung ist erneut entbrannt, da Forscher und Politiker die geltende Regelung möglichst schnell liberalisieren wollen. Bundesforschungsministerin Annette Schavan befürwortet eine Verschiebung des Stichtages, der zur Zeit der Wissenschaft noch sehr enge Grenzen setzt. Damit würde der Forschung mehr Raum gegeben, gleichzeitig aber der Embryonenschutz auf hohem deutschen Standard gehalten, meint die engagierte Katholikin und CDU-Politikerin.
Jeder Mensch ist ein Geschöpf Gottes, jedes einzelne menschliche Leben genießt die volle Menschenwürde. Das gilt auch für Embryonen und Föten. Jede Verzweckung des menschlichen Lebens kommt nicht in Frage, darauf hat Kardinal Lehmann nochmal hingewiesen. Eine Verlegung des Stichtags kommt daher aus katholischer Sicht nicht in Frage. Embryonen zu töten, weil dadurch vielen Menschen möglicherweise geholfen werden kann, das ist nicht hinnehmbar.
Das ethische Dilemma allerdings ist vielschichtig. In der Fortpflanzungsmedizin werden Embryonen künstlich „hergestellt“, weil so kinderlose Paare mit Hilfe der künstlichen Befruchtung zu Eltern werden können. Müsste das möglicherweise zuallererst ethisch hinterfragt werden? Auch in Deutschland gibt es „überzählige“ Embryonen, die keine Chance auf Leben haben - theoretisch schon, praktisch aber nicht. Es ist zumindest nachvollziehbar, wenn Forscher sagen, eine Nutzung von solchen Embryonen für die Forschung könnte vielleicht vertretbar sein.
Skeptisch macht einen aber, dass es ein schleichendes „immer mehr“ zu geben scheint. Es bleibt die Sorge, dass eine Wissenschaft im Machbarkeitswahn ihre Ziele und ihre Werte aus den Augen verliert. Es ist der falsche Weg, Leben zu zerstören, um Leben zu retten. Volker Resing

Anonym hat gesagt…

Es handelt sich um ein Thema, das nicht nur von der Biologie her komplex ist, sondern auch von der Ethik. Es würde sich lohnen über folgende Fragen nachzudenken.

1. Aus welchem Land stammen jene Stammzellinien, die von deutschen Forschern gekauft werden?

2. Warum ist es in jenem Land erlaubt, unter bestimmten Umständen, aus überzähligen Embryonen, die in der Regel aus Versuchen zu künstlichen Befruchtung stammen, Stammzelllinien zu Forschungszwecken heranzuziehen?

3. Welche ethischen Überlegungen wurden in jenem Land zu diesem Thema gemacht?

4. Was ist der Unterschied zwischen Embryo und Fetus?


Herrn Resing ist für den Versuch zu danken, ein emotional stark besetztes Thema auf eine sachliche Diskussion zurückzuholen. Eine brilliante Wissenschaft (und darum sollten wir uns in Deutschland schon bemühen) kann dem Menschen dann am besten dienen, wenn sie im Austauch mit einer hochentwickelten Ethik steht. Pauschale Verdammung in Unkenntnis der Sache schadet allen und zerstört diesen Dialog, der so notwendig ist.

Scipio hat gesagt…

@ volker resing: Nun, der Kommentar ist jedenfalls "ausgewogener" als der Bericht und das Interview, die Herr Schöler beide problemlos beim Tag der offenen Tür auslegen kann.

Meine Anmerkungen wären diese:
- Ich glaube, daß mindestens bei den Hauptkombattanten nicht Aufklärung Not tut. Da weiß man sehr gut zu unterscheiden zwischen embryonalen und adulten Stammzellen ... So schlechte katholische Bioethiker haben wir in Deutschland auch wieder nicht. Mit noch so viel Aufklärung und noch so viel Dialog lassen sich die Unterschiede hier wohl nicht überbrücken.
- Mindestens katholischerseits ist das ethische Dilemma überzähliger Embryonen seit "Donum Vitae" (1987) ethisch hinterfragt.
- Wenn ich ethisch Zweifelhaftes tue oder für einen zwar nicht gebotenen, aber doch insgesamt guten Zweck Mittel mit ethisch zweifelhaften Folgen einsetze: Mindere ich diese Folgen, wenn ich wiederum etwas ethisch Zweifelhaftes mit dem anfallenden Material tue? (Denn als Material behandle ich die Embryonen dann, nicht mehr als Individuen.)
- Zur Debatte steht katholischerseits, denke ich, nicht der biomedizinische Fortschritt an sich, sondern die dabei eingesetzen Mittel: Hier sagt die Kirche ganz klar und felsenfest, daß es Mittel gibt, die weder für den Zweck der (möglichen) Heilung anderer Menschen noch für den Zweck der Forschungsfreiheit eingesetzt werden dürfen.

Ich freue mich, daß wir uns da einig sind, Herr Resing!

Scipio hat gesagt…

@ diefrage:
Zu 1: Diese Frage ist wohl nur eine Vorfrage zur Frage 2 - denn die Schutzwürdigkeit von Embryonen sollte doch wohl die gleiche sein, egal woher sie stammen oder wo der Kühlschrank steht.

Zu 2 und 3: Außer ethischen Gründen, eine Sache gesetzlich zu erlauben bzw. nicht zu verbieten, gibt es noch ein ganzes Bündel von pragmatischen, emotionalen, gesellschaftlichen Gründen, die zwar teilweise sehr wirksam sind, aber nicht unbedingt mit ethischen Überlegungen zu tun haben. Die ethischen Überlegungen andernorts darf und soll man vielleicht allesamt miterwägen, aber was, wenn das ethische Fundament ein anderes ist als das unsere? Wenn der Konfuzianismus mit der Tötung von Embryonen keine Probleme hat: sollen wir dann alle Konfuzianer werden, damit die Wissenschaftler ohne Einschränkungen tun können, was sie wollen? Wohl kaum. Mir scheint die Spitze der Fragen ein bißchen auf eine Abstimmung im UNO-Maßstab hinaufzulaufen: Sollten wir eines Tags die letzten sein, dann sind wir überstimmt und alle anderen schlauer als wir.
4. Was auch immer der Unterschied ist: Er erfolgt in pragmatischer Hinsicht. Der Embryo selber bleibt mit sich identisch, während er sich zum Fetus entwickelt. Einteilungen stellen hier doch wohl keinen Wesensunterschied fest. Zitat aus der Wikipedia:
"Insbesondere der Aspekt des Schwangerschaftsabbruches, der nur beim Vorliegen bestimmter Kriterien (Indikation) straffrei ist, ist derzeit der zentrale Grund für die begriffliche Trennung in Embryo, Fetus und Kind. Vielfach kritisiert wird hier das Fehlen eines verbindenden Überbegriffes, der verdeutlicht, dass es sich jeweils um den gleichen Sachverhalt handelt, und lediglich eine Unterscheidung anhand von Entwicklungsschritten vorgenommen wird: „Die Bewertung nach dem Gestationsalter gehört in den Bereich der deskriptiven Ethik, sie ist eine Bezeichnung moralischer Praxis“ (Maier, 2000, S.117); zeitliche Grenzen für die Begrifflichkeiten können darum situationsbezogen variabel sein, da es sich die Wertigkeit an bestimmten Entwicklungspunkten des Embryos bzw. des Fetus orientiert: Z.B. wird „während der Geburt .. der Fet bereits wie ein Kind behandelt - das gilt für einen Feten, der in der 24. SSW geboren wird, ebenso wie für ein reifes Kind“ (ebd.)." (http://de.wikipedia.org/wiki/Fetus)
Oder wären Sie bereit, im Rückblick auf ihre erste Lebensphase die Einnistung oder den Tag 93 nach der Befruchtung des von Ihrer Mutter stammenden Ei mit dem Samen Ihres Vaters als den Beginn Ihres Lebens anzusehen?

Ich bin sehr für brilliante Wissenschaft, aber die gibt es nur,
- wenn sie nicht ihrerseits nur eine Ethik als "hochentwickelt" gelten lässt, die sie in Ruhe werkeln lässt;
- wenn sie akzeptiert, daß sie zwar die Ethik informiert, umgekehrt aber die Ethik sie reglementiert. (Das mag man Austausch nennen, ist dann aber ein unproportionaler.)
- Wem genau werfen Sie "pauschale Verdammung in Unkenntnis der Sache" vor? Denn als bloße abstrakte Mahnung an alle Seiten, sich einerseits über wissenschaftliche Sachverhalte und Absichten, andererseits über ethische Grundsätze und Regeln zu informieren, ist nicht gedacht. Und an die paar Individuen, die das Haus von Herrn Schöler beschmieren, richtet er sich auch nicht.

Anonym hat gesagt…

Machen Sie sich einfach die Mühe und finden Sie die Antwort auf Frage 1.

Ich verspreche Ihnen folgendes:

a) Es ist nicht so schwer das rauszukriegen
b) Sie werden ob der Antwort verblüfft sein
c) Es ist ein Land, für das Sie sich interessieren und das deshalb auf Ihrem Blog prominent vertreten ist
d) Den Fragen 2-4 werden Sie aus eigenem Antrieb ernsthaft nachgehen wollen, wenn Sie die Antwort auf Fage 1 kennen.

Anonym hat gesagt…

"Denn als bloße abstrakte Mahnung an alle Seiten, sich einerseits über wissenschaftliche Sachverhalte und Absichten, andererseits über ethische Grundsätze und Regeln zu informieren, ist nicht gedacht."

Doch! Ganz genau daran ist gedacht und zwar deshalb, weil ich katholisch bin.

Scipio hat gesagt…

Klar doch: Israel.

Und nun? Ein schneller Blick ins Web überzeugt mich, da ich mindestens die hier )http://www.bpb.de/files/SX9D5B.pdf) vorgebrachten Argumente im Zusammenhang mit vergangenen Diskussion um den Schwangerschaftsabbruch ziemlich oft gehört habe.

Das scheint mir ein bißchen tautologisch zu sein: Ein befruchtetes Ei hat kein Recht auf Leben, wenn ich (als Mutter oder Vater) es töte. Und töten kann ich es, weil es ohne mein Zugeständnis kein Recht auf Leben hat.

Oder was meinen Sie, Herr/Frau Frage?

Scipio hat gesagt…

@diefrage: "Pauschale Verdammung in Unkenntnis der Sache schadet allen und zerstört diesen Dialog, der so notwendig ist." - Was ich meinte, ist daß dieser Satz von Ihnen mehr ist als eine allgemeine Mahnung, sondern doch wohl eine Unterstellung: Anscheinend gibt es Leute, denen Sie diese "pauschale Verdammung" unterstellen, oder liege ich da falsch? Wen beschuldigen Sie da?