1. Juni 2004

Wem in die Augen schauen?

Die Blick-, Sprech- und Gebetsrichtung des katholischen Priesters während der Hl. Messe ist heutzutage in der Regel "versus populum", auf das "Volk" hin. Eingeführt wurde diese Neuerung nicht durch das Konzil, sondern im Zug der von ihm geforderten Liturgiereform.

Für mich persönlich wird das "Wider" (um nicht zu sagen: das "Widersinnige") dieser Zelebrationsrichtung mittlerweile fast stärker als das "Für". Sie fördert aus meiner Sicht nicht einmal sinnvoll den "Mahlgedanken", je nach Kirche sehen die Glaubigen auch da nicht, was auf dem Altar passiert (was eine der volkstümlichen Begründungen für diese nachkonziliare Änderung ist) weiter führt sie zu einem noch deutlicheren "Gegenüber" des Priesters zur Gemeinde, rückt ihn als Person stärker ins Rampenlicht als nötig und sinnvoll und entkoppelt die "innere", geistliche Ausrichtung des Priesters von der "äußeren", physischen: Das Hochgebet zu Gott hin sprechen und dabei gleichzeitig die Gemeinde anschauen, kann nicht gut gehen - ebenso wenig wie der Nach- und Mitvollzug eben jenes Gebetes durch die Gemeinde, die dabei die Blicke auf den Priester ausrichtet statt mit ihm in die gleiche Richtung: auf das Kreuz, in Richtung des durch die Apsis vorgestellten Ostens zu sehen. (Selber komme ich mir blöd vor, wenn ich als Lektor die Fürbitten vorlese - versus populum statt Aug in Aug mit IHm und gleichgerichtet mit denen, für die ich vorbete. Lektorenkollegen betonen das versus populum noch durch intensiven Blickkontakt mit dem Gemeindevolk.)

Mittlerweile ist im Zuge des nach-nachkonziliaren Nachdenkens eine Diskussion darüber im Gange, in die auch Joseph Ratzinger mit seinem "Geist der Liturgie" eingegriffen hat. Für das Buch des in London lebenden Oratorianers Uwe Michael Lang, "Conversi ad Dominum" hat er letztes Jahr ein Vorwort geschrieben. 30Tage´macht es jetzt webwise zugänglich.

2 Kommentare:

Scipio hat gesagt…

Du kannst auch "anonymously commenten"..., aber klar, dann fehlt wieder Name und E-Mail und und... Vielleicht kommt es ja noch bei Blogger.

Hängt die "Fetzigkeit" und "Persönlichkeit" an der Zelebrationsrichtung? (Mal ganz davon abgesehen, wie ein "guter Gottesdienst" atmosphärisch sein soll und kann... "Fetzig" wäre für mich nicht mehr akzeptabel, bei "persönlich" kommt es darauf an. Vor kurzem waren wir bei der Messe eines Kaplans, der ganz nach Vorschrift und gleichzeitig sehr persönlich gefeiert hat - und für uns war es "persönlich" wie sonst selten.)

Ich denke, daß es nicht nur "eine Richtung" gibt. Es gibt Momente und Abschnitte, wo das "Gegenüber" aus meiner Sicht angebracht ist, und andere, wo die "Gleichgerichtetheit" von Priester und Volk sinnvoller ist. Vieles hängt von der Anlage und Position von Altar, Apsis, Ambo, der Sitze, der Gemeinde ab.

Scipio hat gesagt…

Erich, ich kann das nachvollziehen und das ist ja auch die quasi-offizielle Begründung. Nur sieht es praktisch anders aus: der Fokus der Gemeinde hat sich mehr denn je auf den Priester verschoben. Er steht unter Dauerbeobachtung. Mit dem gemeinsamen Blick auf den Herrn ist es nicht weit her - auch wenn es sicher nicht so sein muß.

Ich denke, die äußeren Zeichen sollten in der Liturgie die inneren Akte ausdrücken. Da ist vieles Konvention, Tradition, geschichtlich geworden (was nicht heißt, daß es deswegen weniger verbindlich sein muß - aber das nur nebenbei), und es gibt wohl nicht einen einzigen richtigen Ausdruck für einen Akt oder Moment. Aber manchmal sind Zeichen und Inhalt zu weit von einander entfernt, und zwar nicht nur in der faktischen Wirkung, sondern auch in dem, was sie unmittelbar ausdrücken.
Im Hochgebet, aber durchaus auch bei den anderen Orationen oder den Fürbitten haben wir in vielen Kirchen Blickrichtungen und Aufstellungen, die zu einem Dialog zwischen vorne und hinten passen statt zum gemeinsamen Gebet, zur gemeinsamen Hingabe und dem Sich-Einschließen in die Lebenshingabe Christi.

ER soll im Mittelpunkt stehen, keine Frage. Wenn ER es nicht tut, dann auch weil die "neue" Liturgie teilweise symbolischen Unsinn produziert hat.

Wie das zu richten ist, ist eine ganz andere Frage. Eine "Reform der Reform" würde die Liturgie vielleicht noch mehr zum Menschenwerk werden lassen, als sie es ohnehin schon ist.