4. Dezember 2002

Alexander Schmemann in seinen Aufzeichnungen vom 15. März 1977:
"Ich ... möchte die Begriffe Glaube, Kirche und Freiheit noch präziser definieren. Man sagt: 'Freiheit für jeden und jede, seinen oder ihren eigenen Glauben zu haben...' Gut, mag sein, denn religiöse Nötigung des Gewissens ist sicherlich das Schlimmste, was passieren kann. Man sagt: Nimm den Glauben der Kirche (die Autorität der Kirche usf.) an. Nein, das ist es nicht, jedenfalls nicht auf diese Weise. Wenn ich sage, der Glaube bringe die Kirche hervor, dann spreche ich über die Ontologie des Glaubens, denn Glaube und Kirche sind nicht zwei verschiedene Realitäten, wobei die eine Besitzer und Hüter der anderen wäre. Nein, Glaube heißt das Reich besitzen (feste Zuversicht haben auf das, was man hofft - und das Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht - das Reich). Dieser Besitz ist die Kirche, als ein Sakrament, als Einheit, als neues Leben. Die Kirche ist die Gegenwart des Erhofften wie des Nichtgesehenen. Von der Freiheit des Glaubens innerhalb der Kirche sprechen ist deshalb ebenso sinnlos, wie von der Freiheit im Einmaleins zu reden. Das Annehmen des Reiches ist eine Frucht der Freiheit, ihre Erfüllung und Krönung. In diesem Sinne, als beständige, immerfort erneuerte Annahme, ist Glaube Freiheit, die einzige wirkliche Freiheit, und deshalb muss die Kirche die Erfüllung des Glaubens sein."


Ziemlich gedrängt, aber beim Schreiben nicht gleich zum späteren Gelesenwerden durch andere gedacht.


Was ich in diesen Sätzen wichtig finde:
1. Durch den/das Glauben treten wir in das Reich ein. Wir sind Teil einer anderen Wirklichkeit geworden, die wir besitzen, in der wir uns befinden. Nicht in unserem Kopf ändert sich etwas, sondern wir selbst, körperlich, seelisch, geistig, treten in eine neue Dimension ein.

2. Freiheit ist nur auf einer ersten Stufe Freiheit der Wahl. In der getroffenen Wahl des Glaubens findet sie ihren vollen Sinn. Wahlfreiheit gibt es dann im eigentlichen Wortsinn nicht mehr. Nur noch Erneuerung der getroffenen Wahl.

3. Kirche als Gegenwart des Erhofften. Zuerst sicherlich in ihrer objektiven Wirklichkeit: den sichtbaren Institutionen, vorab in den Sakramenten. Dann in ihrem Gebet und ihrer Lehre. Gegenwart des Erhofften - nicht Erfüllung des Erhofften: Die Kirche ist also nach vorne-oben offen, für das Eschaton, das Letzte, die Erfüllung: Gott alles in allem.

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