17. November 2002

Zum Tagesevangelium des Sonntags (die vergrabenen und eingesetzten Talente) erinnerte ich mich an einen Text von Georges Bernanos:
»Den ganzen Einsatz seiner selbst leisten! Es ist kein Geheimnis, daß die meisten von uns im Leben nur einen schwachen, geringen, lächerlich kleinen Teil ihrer selbst einsetzen, wie jene reichen Geizhälse, die einst angeblich nur das Einkommen ihres Einkommens verbrauchten. Ein Heiliger lebt nicht vom Einkommen seines Einkommens, nicht einmal bloß von seinem Einkommen, er lebt von seinem Kapital, er setzt seine Seele bis zum Grund ein. (...) Man fragt sich mit Schrecken, ob nicht eine Unzahl von Menschen geboren werden, leben und sterben, ohne auch nur ein einziges Mal von ihrer Seele Gebrauch gemacht zu haben, und wäre es bloß, um den lieben Gott zu beleidigen? ... Ist vielleicht die Verdammnis dies: zu spät, nach dem Tod, eine völlig ungebrauchte Seele zu entdecken, noch sorgfältig gefaltet und doch verdorben, wie gewisse, kostbare Seidenstoffe, die nie benützt worden sind? Wer immer seine Seele verwendet, so ungeschickt es auch sein mag, nimmt alsbald am universalen Leben teil, tritt ebenen Fußes sogleich in die Kommunion der Heiligen ein, zu der alle Menschen guten Willens gehören, denen der Friede verheißen ist; in die unsichtbare Kirche, zu der bekanntlich auch Heiden, Häretiker, Schismatiker und Ungläubige gehören, deren Namen Gott allein kennt.« (findet sich in der großen Bernanos-Biographie von Hans Urs von Balthasar auf S. 203 ff)

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