31. Dezember 2010

Prost Neujahr!

Während draußen langsam, ganz langsam sich die Dämmerung herantastet, wünsche ich Euch allen, den Lesern und Vorbeistreunern, den Freunden und Bekannten, Euch Brüdern und Schwestern auf dem Weg durchs Leben: einen schönen Silvesterabend und einen guten Übergang ins neue, unbekannte Jahr 2011!

Danke Euch allen - und Freude und Gnade von IHM!

Jahreshighlights

9. Folge - 2010 : Bücher und Musik

Musik:

Zu viel Gutes und Schönes gibt es zu listen, daher sollen es dieses Jahr fünf Alben sein:

1. Coal Porters: Durango - Bluegrass mit viel Spielfreude und Spielkunst.

2. Fire in my Bones - Raw + Rare + Otherworldly African-American Gospel (1944 - 2007) - eine der besten Gospelkollektionen überhaupt. Auf drei CDs kaum Süßliches, sondern das harte Brot des Alltags und des Evangeliums.

3. John Mellencamp: No Better Than This - Klar, Mellencamp klingt immer noch wie Springsteen, aber diese dreizehn Songs sind in all ihrer gesuchten und gefundenen Einfachheit und Schlichtheit etwas ganz Besonderes.

4. Katzenjammer: Le Pop - Just fun. Great intelligent excllently played-out fun.

5. Aaron Neville: I Know I've Been Changed - Engelsstimme trifft New Orleans-Piano, und herauskommt ein Album für himmlische Kaffeestunden. Oder den Weg zur Bushaltestelle am dunklen Wintermorgen. Tröstlich.

Bücher:

1. Andrew McKinty: Der sichere Tod - Könnte, müsste, sollte ein Kultkrimi werden.

2. Remi Brague: Du Dieu des chrétiens et d'un ou deux autres - Kann man über GOtt kluge (und zugleich fromme) Bücher schreiben? Falls ja, ist das eines davon.

3. Uwe Tellkamp: Der Turm - Es heißt, es sei DER DDR-Roman. Darüberhinaus sehr unterhaltsam und für einen Wessi auch lehrreich.

4. Ralf Rothmann: Feuer brennt nicht - Variation über die Liebe.

5. Gerard Manley Hopkins: Geliebtes Kind der Sprache - Neue Übersetzung von Hopkins-Gedichten durch Dorothea Grünzweig. (Link zur Rezension der Stimmen der Zeit)

Verdrück' zum Abschied leis' 'ne Träne

Ein Autor nimmt Abschied: Volker Reiche schickt seinen Strizz heute zum letzten Mal zur Arbeit. Achteinhalb Jahre weilte er unter seinesgleichen, fortan darf er es unbeobachtet tun.

Dem finalen "Ich bin dann mal weg" lässt sich hier bei der FAZ zuschauen. Auch wenn ich in der letzten Zeit nicht mehr so zum FAZ-Lesen kam und Strizz und seine Freunde nur noch in der Samstagsbeilage erschienen: Sie werden mir fehlen.




30. Dezember 2010

Der Autor

In den letzten Wochen waren die "Korrekturen" von Jonathan Franzen meine Lektüre. Eine Kollegin hatte mich vorgewarnt: Ihr hatte das Buch so mißfallen, daß sie es nach ein paar Seiten weglegen musste. Mir wäre es beinahe genauso gegangen. Nach zwei-, dreihundert Seiten hatte ich das Gefühl, es mit einem Schriftsteller zu tun zu haben, der sich sadistisch am Striptease seiner Figuren weidet, der sie bloßstellt in all ihrer Gewöhnlichkeit und Boshaftigkeit, ihren Illusionen und Psychospielchen. Mit einem, der für sein Personal keine Liebe empfindet, sondern Antipathie und Widerwillen.

Dieser erste Eindruck verflüchtigte sich im weiteren Verlauf: Franzen schafft die Kurve, und wie er es bewerkstelligt, macht ihn zu dem großen Erzähler, der er ist.

Der Autor als der Allwissende und zugleich als der, der seine Figuren, seine Schöpfung groß sieht - und zwar so, daß er an ihrer Wirklichkeit, an ihrem Versagen und Scheitern nichts wegnimmt. So, daß er Perspektiven sieht, Kontexte, Augenblicke, in denen seine Figuren in einem hellen Licht scheinen, ja sogar ein wenig "Verklärung" erfahren. Das geschieht nicht immer in glanzvollen Passagen oder im Happy End; manchmal führt er sie an Kreuzungen und auf Kreuzwege. Manchmal zeigen sie im Scheitern, was in ihnen steckt.

BS-Verdacht

Einer der idealen Dialogpartner - modern, religiös unmusikalisch, intellektuell - sagt der dialogbereiten Kirche ab. Da kann ich mich nur Alipius anschließen und "Autsch!" rufen. Gut, daß das Interview mit dem Medienphilosophen Norbert Bolz in einer abseitigen Ecke katholischer Öffentlichkeit erschienen ist, die "man" zwar sicherlich liest, aber ungestraft ignorieren kann. In die dahinsiechenden Mainstream-Publikationen des wohlorganisierten Deutsch-Katholizismus werden es die folgenden Zeilen wohl nicht schaffen:

Bolz: Mein Verdacht ist, dass auch die katholische Kirche zunehmend so eine Art populistische Schaufront produzieren wird, an der die Menschen ihre Gefühle abreagieren können und mit ihren Partizipationssehnsüchten unterkommen.

Stallknecht: Wenn die deutschen Bischöfe kürzlich eine Dialoginitiative ins Leben gerufen haben?

Bolz: Das klingt schlimm.

Stallknecht: - ist das eine solche Schaufront?

Bolz: Exakt. Die katholische Kirche sollte eigentlich genug intelligente Leute in ihren Reihen haben, die schon zusammenzucken, wenn das Wort “Dialog” fällt. Dialog ist meist die Ankündigung dessen, was Harry Frankfurt, der große amerikanische Philosoph, unlängst einfach “bullshit” genannt hat. Diese Erfahrung hat doch wahrscheinlich jeder von uns schon gemacht.


(Via Alipius via Kath-Info aus: "Freiheit riskieren" : ein Gespräch mit dem Medientheoretiker Norbert Bolz über den Umgang mit der öffentlichen Meinung. Von Michael Stallknecht, erschienen in der Tagespost vom 23. Dezember 2010)

Katholische Fülle

Als postkonziliarer Wiegenkatholik hat man ja eine gute Dosis Triumphalismus-Antikörper eingesogen, die, ob man sich dann bewusst entscheidet mitzusingen oder nicht, beim "Haus", das "voll Glorie über alle Land'" "schauet", zu vielen roten Flecken im Gesicht führen, einer Peinlichkeitsröte sozusagen.

Dafür darf man sich aber auch mal die volle Dröhnung geben, ohne innerlich gleich aus der "Ecclesia semper reformanda et ego cum ea"-Haltung abzurutschen. So wie hier:



Enjoy!

(via The Anchoress)

Wege, die nach Rom führen

"Wenn der Glaube im Kontext der Gesellschaft relativ wird, wozu dann als Geistlicher morgens aus dem Bett steigen? Dann sollte ich mich doch lieber meinem Garten zuwenden."

Die "Welt" hat sich mit Bischof John C. Broadhurst von Fulham getroffen und schildert den Teil der Geschichte der in Gemeinschaft rückkehrenden Anglikaner, der den Medien üblicherweise entgeht.

Zur Mobilen Version geht es hier; zur Normalversion kann ich von meinem Gadget aus anscheinend nicht verlinken und werde sie später nachtragen. [ Jetzt ist später: Hier.]

28. Dezember 2010

Which side are you on?

Via Elsa kommt der Hinweis auf das Editorial im neuesten Vatican-Magazin, wo Guido Horst die Pete-Seeger-Frage beantwortet:

"Dann wird es also der Papst sein müssen, der seinen lieben Deutschen in der Kirche wieder einmal das Wesentliche des Glaubens erklärt. Das wird ein spannendes Jahr – leider, denn die Frontlinie beim Zusammenprall der katholischen Kulturen ist schon vorgezeichnet. Da sind die einen, die auf Strukturen, Dialog und einen innerkirchlichen Klimawandel setzen, und da sind die anderen, die schlicht die gewaltige Glaubenskrise sehen und daraus folgern, dass man den Glauben wieder stärker, freudiger und klarer verkünden muss. Es ist ja wohl klar, auf welcher Seite wir dabei stehen."

27. Dezember 2010

Teamwechsel während der Winterpause

Matthias Matussek spekuliert über einen Neuzugang im Team Ss Trinitatis, nämlich den des Herrn Heiner Geißler. Wahrscheinlich besetzt er die vakante Position des Schiri.

"Gott Geißler"

In Nativitate Domini

Alle, die wie ich keine persönliche Weihnachtskarte von Papst Benedikt XVI. bekommen haben - und sei es auch, weil die Gelbe Post im tiefen Schnee stecken geblieben ist - können sich ersatzweise die elektronische Version anschauen, die Zenit ins Netz gestellt hat.

Das Motiv stammt übrigens vom "Sühnetempel der Heiligen Familie" in Barcelona, besser bekannt als "Sagrada Familia", genauerhin vom "Portal der Liebe" der "Geburtsfassade".

25. Dezember 2010

Gilbert Keith Chesterton : A Christmas Carol

The Christ-child lay on Mary's lap,
His hair was like a light.
(O weary, weary were the world,
But here is all alright.)

The Christ-child lay on Mary's breast
His hair was like a star.
(O stern and cunning are the kings,
But here the true hearts are.)

The Christ-child lay on Mary's heart,
His hair was like a fire.
(O weary, weary is the world,
But here the world's desire.)

The Christ-child stood on Mary's knee,
His hair was like a crown,
And all the flowers looked up at Him,
And all the stars looked down.

24. Dezember 2010

Ins gespannte Schweigen ertönt ein Kinderschrei. Das Wort im Fleisch macht sich vernehmbar. Offene Ohren hören Engelsgesänge; wachende Augen sehen ein Neugeborenes.

Es riecht nicht nach Messias im Stall, nicht nach Königssohn, nicht nach der erschütternden Gegenwart des GOttes Israels.

Klein, kleiner, Jesus. Jeder muß klein anfangen. Binsenwahrheit, im Stroh nicht illustriert, sondern dort überhaupt erst zur Wahrheit gemacht.

Licht in der Nacht, Wort ins Schweigen, GOtt im Mensch. Wir fassen's nicht, hätte auch der Evangelist noch die vielen Bücher geschrieben, die die Welt nicht fassen könnte.

Wir freuen uns, und in der Freude hören, sehen, lieben wir:

IHN. Den Geliebten Sohn des VAters.

Ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest ringsum !

Das Weihnachten der Dichter

Weihnachten ist von allem Anfang ein poetisches Fest: Die Engel singen ihre "Doxologie"; sie, die genau wussten, was da vor sich ging, ergingen sich nicht in Theorien und Theologien, schon gar nicht in solchen des Verdachts und des Mißtrauens, sondern verwandelten sich in Lob und Preis und Anbetung: "Ehre sei GOtt in der Höhe!".

Kein Wunder, wenn gerade das Ereignis der Geburt Jesu immer wieder die Dichter beflügelte und inspirierte.

Ein Artikel von David E. Anderson lässt ein paar Dichter zu Wort kommen: von Ephräm dem Syrer bis zu Eliot, Auden und dem Beat-Poeten Lawrence Ferlinghetti: The Poetry of Christmas.

23. Dezember 2010

Spamtrends 2

Das Schlimmste trifft nicht immer ein: Es gibt sie noch, die spammenden Akademiker. Wäre ja auch noch schöner, wenn sie das Feld einfach so den Dottoressas überlassen würden:

21. Dezember 2010

Katholische Schriftsteller, nicht bei der Arbeit - Folge 5

Nach längerer Zeit kann ich diese Reihe endlich fortsetzen:



Das Bild zeigt den großen französischen Dichter Charles Péguy als Soldaten: Sein schriftstellerisches Lebenswerk war abgeschlossen, sein Tod am ersten Tag der ersten Schlacht an der Marne wohl nur ein paar Tage entfernt, als das Bild aufgenommen wurde.

Bei den Cahiers Péguy findet sich ein Bericht über den Tod Péguys, entnommen einem Bericht Maurice Barres' und aus dem Brief eines von Péguys Männern zitierend.

19. Dezember 2010

Späte Mutter im Interview

Man muß Andrea Nahles nicht wählen, um sich trotzdem über das Interview zu freuen, das sie der FAZ gab: "Wie das Weihnachtsfest des Lebens".

Und es begab sich...



(via 22 Words)

18. Dezember 2010

Pray as you drive

Falls noch jemand nicht weiß, was er sich zu Weihnachten wünschen soll: Wie wäre es mit einem Reise-Rosenkranz? Geeignet für Berufspendler und sonstige Vielautofahrer.



Gibt's für 45 U$D hier.

Lebenshilfe am Samstagmorgen

Im Gespräch mit der Allerbesten Aller Gattinnen stellte ich heute morgen die These auf, daß die Friseurkosten bei Frauen deswegen durchschnittlich 30 - 40 € höher liegen als bei Männern, weil bei ihnen automatisch eine oder auch zwei Stunden Konversation oder Gesprächstherapie mit zum Service gehört. Männer bleiben eh nur kurz beim Haarschneider sitzen, und zweitens wird meistens nicht geredet, außer mann gerät an eine besonders geschwätzige und besonders unsensible Friseuse.

Dann wurde es aber bei mir doch eine unterhaltsame Viertelstunde auf dem Friseurstuhl, mit Erinnerungen an das alte Heimatdorf, das der Friseur und ich miteinander teilen. Der Preis war der übliche (12,50 €), der Haarschnitt der gleiche wie immer. Ein klarer Fall für Kierkegaard.

Praktische Lebenshilfe gab es auch: ein Hinweise auf den detailliertesten, exaktesten und zuverlässigsten aller Wetterberichte: Agrarwetter. Nicht unwichtig in diesen Chaostagen.

Die Allerbeste war nicht besonders beeindruckt. URLs sind halt doch immer noch eher männliche Beutestücke.

Sonntagsmusik

Eigentlich wäre ja heute Captain Beefheart an der Reihe, der diese Woche das Zeitliche gesegnet hat. "Sure Nuff 'n' Yes I Do" hätte es sein müssen, aber dieser Blues hat einen ganz und gar nicht adventlichen Text, weswegen wir darauf verzichten.

Stattdessen ganz schlicht Jolie Holland über die "littlest birds", die die schönsten Lieder singen, über das Ende der "ramblin' ways" und des "wanderin' blues" und die Winterzeit. Was in seiner Weise auch wieder ein Kommentar zum verstorbenen Captain ist.

15. Dezember 2010

Zu Benedikts Reise ins Land, das mal Papst war

-Weihbischof Jaschke (HH): „Es wird ein Staatsbesuch sein, ein offizieller Besuch auf Einladung des Bundespräsidenten. Es ist ein Signal: Der Papst ist ein Mann, der auch in der Gemeinschaft der Staaten eine ganz eigene Rolle spielt. Er ist doch eine moralische Autorität, auf die viele schauen. Ich denke, es ist wichtig, dass wir in Deutschland gerade in einer Phase, wo das Christentum schwächelt, diese moralische Autorität des Papstes erleben dürfen. Und dass wir vielleicht auch sehen können, dass die Kirche nicht aufgeht in dem, was uns in diesem Jahr so stark belastet hat. Diese schrecklichen Missbrauchsskandale und das Leid, das leider Gottes von Kirchenleuten unschuldigen, unmündigen jungen Menschen zugefügt worden ist.“ - Ja, vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Wahrscheinlich sogar: nicht. Irgendwas wird sich nämlich schon finden, um die Deutschen von dem abzulenken, was von der Kirche nicht "in dem aufgeht, was uns in diesem Jahr so stark belastet hat."

Dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Markus Löning (FDP) kann man derweil nur raten: Seien Sie vorsichtig bei dem, was Sie sich wünschen: Es könnte eintreffen. Wenn also tatsächlich der Wunsch nach einem "klare(n) Bekenntnis" besteht, "dass jeder Mensch, egal welcher Minderheit er angehört, ein Kind Gottes ist", weil nämlich "(d)ie Würde jedes Einzelnen ... geschützt werden" muß, dann könnte der Papst das mißverstehen und plötzlich im Bundestag die real existierende Fristenlösung anprangern und die Tötung jener prinzipiell schutzlosen Minderheit, der ungeborenen Kinder.

Und dann natürlich die deutsch-amtskirchlichen Hasenfüsse: Daß der Papst floppt, wird anscheinend in Berlin befürchtet. Wozu ich nur sagen kann:
1. So what? - Kam nicht bei einem ganz anderen Kaliber kurz nach dem Hosianna das "Kreuzige ihn"?
2. Denkt zurück an die Tage, als der Papst auf der britischen Insel war. So schlecht war das doch nicht.
3. So gut kann gar kein Papst sein, daß die professionellen Haar-in-der-Suppe-Finder nicht doch irgendwas auszusetzen hätten.

Zum Glück sagt uns der Papstschüler +Jaschke auch schon gleich, warum der Papst zum Flop wird: Es geht keiner hin. Denn welcher moderne Mensch will schon mit einem Theologieprofessor zu tun haben, bei dem es "immer akademisch" zugeht?

Ach, Ihr Kleinreder!

Quellen:
Radio Vatikan
Zeit

Willkommen in der Blogozese

Ein Goldmund, der Tacheles redet. Die ideale Kombination also.

Auf viele Postings und auf das freie Worte in Kirche, Gesellschaft und Internet!

12. Dezember 2010

Auch eine Möglichkeit

"... man sollte immerhin für möglich halten, dass auch unsere heutigen Weltbilder eines Tages hoffnungslos veraltet sind." (Robert Leicht in der ZEIT anläßlich einer Besinnung auf das, "Was Engel sind".

11. Dezember 2010

LaetareGaudete-Musik

Weil morgen LaetareGaudete ist, lassen wir es mit "Emily's Reel" gleichzeitig froh und feierlich angehen. Es spielen Yo-Yo Ma, Edar Meyer und Mark O'Connor.

Gebetsvariante

"God grant me the serenity
to accept the things I cannot change;
courage to change the things I can;
and wisdom to know where to hide the bodies afterward.

Gott, gib mir die Gelassenheit,
Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit zu erkennen, wo ich danach die Leichen vergrabe."


( Das Gelassenheitsgebet, nach Julie D.)

Ein Mann mit einer Mission und unter seinem Niveau

Zum Wochenende wieder ins Vaterland zurückgekehrt, schwankt meine Stimmung zwischen ernsthafter Sorge und verzweifelter Ironie:

Die Sorge mit ihren christlichen Varianten Gebet und Opfer gilt dem Mitblogger von Fortes Fide. Dort haben andere zu entscheiden, was geschehen wird, und auch er selbst wird Entscheidungen treffen müssen, vor seinem und unserem GOtt, seinem Gewissen, auch vor den Opfern - wenn sich die Vorwürfe als wahr erweisen (wozu ich nichts sagen kann). - Ich würde gerne zu diesem ganzen Thema etwas mehr schreiben, versuche aber derzeit noch, meine Gedanken zu sortieren. Da ich arbeitsmäßig ziemlich eingespannt bin, kann ich nicht sagen, wann ich dazu kommen werde.

Die verzweifelte Ironie fällt mir leichter, wahrscheinlich weil sie Teil eines lang geübten Habitus ist.

Es ist schon ironisch, einem offensichtlich katholischen, in den Wirtschaftwissenschaften promovierten Lokalredakteur aus der norddeutschen Provinz - das darf man wohl, ohne zu lügen, über Osnabrück sagen - zuzusehen, wie er die Enthüllung des Jahres vollzieht: Da bekennt sich Bischof Bode "als erster deutscher Bischof ... zu der Schuld der katholischen Kirche bei sexuellen Missbrauchsfällen", und dann entdeckt o Wunder! der gute Dr. Haverkamp nicht nur Freudengeschrei, sondern auch gleich nachdenkliche Stimmen, wie sie sonst nur den traditionellen Medien zustehen:

Da ist einmal der Blogger von Fortes Fide, der, selber schuldig (was aber noch keiner - offiziell? - wusste), fragt, ob denn deutsche Bischöfe bei anderen Gelegenheiten ähnliche Akte vollzogen haben. Glücklicherweise ist Fortes Fide nun "aufgeflogen" und die Frage darf unbeantwortet bleiben.

Dazu kommen einzelne Stimmen aus Kommentaren bei Alipius und aus dem Kreuzgang-Forum, Kotz.net darf natürlich auch nicht fehlen - und schon, hastdusnichtgesehn! bekommen die braven Leser der Neuen Osnabrücker Zeitung belegt, was sie immer schon ahnten: Im Internet gibt es nur Spinner und Doofe, Kinderschänder und andere Verbrecher. Leute, lest die lokale Monopolzeitung!

Wer diesen Haverkampschen Mix wiederum nicht lobenswert findet, der landet flugs im nächsten Eintopf des Herrn Doktor: Diesmal trifft es Stanislaus von Politisch Unpolitisches. Der nämlich bloggt erstens unter einem Pseudonym und zweiten wagt er es, einen Text von Alexander Kissler zu kommentieren. Dabei, so Dr. Haverkamp, "beschränkt sich [Stanislaus] in seiner Zitierung überwiegend auf Kisslers kritische Anmerkung".

"Überwiegend" sieht in der Wirklichkeit so aus:



Man könnte auch sagen: Eigentlich zitiert Stanislaus ein bißchen mehr Kisslers unkritische als Kisslers kritische Anmerkung. Das muß aber einen Dr. Haverkamp nicht anfechten. Der Mann hat eine Mission: Nieder mit den Masken! Stellt sie bloß, die Erzkonservativen! - Da darf der Zweck auch schon mal die Mittel heiligen, nicht wahr, Herr Dr. Haverkamp (alias Meyer oder Maier oder Mayr oder Meier oder wie auch immer er sich als verdeckter Ermittler nennt)? Honni soit qui mal y pense - ein Schuft, wer Schlimmes dabei denkt.

Ist das nun eine Kleinigkeit? Blase ich, blasen wir eine Mücke zum Elefanten auf? Ist Stanislaus hyperempfindlich? - Ich denke, es ist symptomatisch. Die vierte Gewalt wird nervös, auch die gerade erst etablierte vierte Gewalt in der Kirche, die dachte, das "freie Wort in der Kirche" für sich gepachtet zu haben. Die Blogger sind nur "Fliege in der Suppe", "Kiesel im Schuh", "Sand im Getriebe", wie Alipius schön und richtig formuliert. Wie viele regelmäßige Leser haben wir denn, wenn wir uns selber abziehen? Nach 8 Jahren aktiven Bloggertums liege ich schätzungweise bei 100 - 150. Vernachlässigenswert. Für eine Zahl wie die der Leserschaft von Dr. Haverkamps Texten brauche ich gut und gerne ein ganzes Jahr, schätze ich mal. Wir verderben den Spaß, die Vorfreude auf den Endsieg. Das ist es, was stört. Seien es auch noch so wenige Stimmen.

Daß Leute wie Dr. Haverkamp plötzlich weit unter ihrem intellektuellen Niveau schreiben - das ist es, was mich gleichzeitig ironisch und verzweifeln lässt. Und was für die Zukunft nichts Gutes verheißt. Ich heiße mich trotzdem hoffen.

Ein Schmankerl aus dem Reich der selbstgerechten Betroffenheit möchte ich noch anfügen. Wer sich die Filmbeiträge der Neuen Osnabrücker Zeitung zum Schuldbekenntnis von Bischof Bode und zu den Ermittlungen gegen einen emsländischen Priester anschaut, muß sich erst eine ziemlich unpassende, eigentlich sogar geschmacklose Werbung mit dem Komiker A. Schröder antun. Pecunia non olet - Geld stinkt nicht.

8. Dezember 2010

Weißer Dezembertag

Eine geschlossene Schneedecke zum Fest der Immaculata Conceptio hat ja was. Komisch, dass sich der Rest der Pariser Passanten, Autofahrer und Metropassagiere nicht mitzufreuen scheint.

5. Dezember 2010

Johnnys Zehn Gebote


Diese herrliche To-Do-Liste von Johnny Cash lässt sich heute ersteigern, wie uns die Zeit mitteilt.

Ich verabschiede mich mit ihr in eine lange, arbeitsreiche Woche!

Blogozesane x+1

Herzlich willkommen, viel Ausdauer und Segen dem "Winterspecht": Auguria

Gospel mit Aaron Neville

Was wären wir ohne Freunde? - Nicht wir selbst. Und außerdem - heute zumindest - ohne gute Musik. Ein großes Dankeschön für diesen Tip nach München!

Die Musik zum Sonntag kommt diesmal von Aaron Neville und seinem neuen Gospel-Album: "I know I've been changed". Und weil es das Album in Deutschland nicht - noch nicht? - gibt, darf er auch ein bißchen Werbung machen, zusammen übrigens mit Alain Toussaint, einem der großen New Orleans-Musiker.

Stadt der Träume

Fast so schön wie die Wirklichkeit: Paris 26 gigapixels.

(Per Jochen Reinecke ins Netz gegangen)

Kein Christus "zwischen Veränderung und Verharren"

"Ich glaube: Kirche wird christlicher und weniger römisch-katholisch sein in einigen Jahren." - So Marcus Leitschuh, 37, Lehrer, Autor von Buchreihe, die mit "Trau dich" betitelt ist, und Mitglied des letztverbliebenen europäischen Zentralkomitees.

Wegen des "weniger römisch-katholisch" würde ich mich nicht mit ihm anlegen, mindestens was die weitere Entwicklung unserer präschismatischen Lage in Deutschland betrifft. Ob diese deutsche Nationalkirche freilich "christlicher" sein wird? Daran habe ich meine Zweifel, wenn ich den vom Deutschlandfunk befragten Herren Leitschuh, Zumbrägel, Schaefers und Glück - und den zitierten Bischöfen - zuhöre.

Immerhin stammt die einzige explizit christliche Zutat in der Online-Wiedergabe der DLF-Sendung vom 4. Dezember von der DLF-Redaktion:



(Und komme mir keiner mit "Man kann doch nicht immer über alles reden", "die Redaktion hat nur einen Satz rausgepickt" und "wir sind uns doch alle einig - und einig im Glauben fest." - Das nehm' ich Euch einfach nicht mehr ab. Lebenserfahrung, 50 Jahre römisch-katholisch in Deutschland. Wir sind uns eben nicht einig. Nicht mehr. Einige sind auf einem ganz anderen Trip.)

4. Dezember 2010

Zu viel Stress im Tagesgebet

Das Tagesgebet des 2. Adventsonntags, Lesejahr A, lautet:

"Allmächtiger und barmherziger Gott,
deine Weisheit allein zeigt uns den rechten Weg.
Lass nicht zu,
dass irdische Aufgaben und Sorgen uns hindern,
deinem Sohn entgegenzugehen.
Führe uns durch dein Wort und deine Gnade
zur Gemeinschaft mit ihm,
der in der Einheit des Heiligen Geistes
mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit."


Meint jedenfalls der Schott. Dann muss das von vorhin wohl die emotional aufgeladene, gefühligere, sozusagen die ZDF-Variante gewesen sein. Die Rede vom "Stress und Trubel dieser Tage" kam mir gleich komisch vor.

Man kann ja nie wissen.

Sie war schon süß, die ältere Dame im Flieger gestern abend, die vor dem Aussteigen das Kabinenpersonal fragte, ob wir in Frankfurt angekommen seien.

Das ewige Anathema

"There is an orthodoxy in progressive bourgeois christianity, too. I know, because I have been excommunicated from it." - So Michael Novak, der in den 70ern die Seite wechselte und es wagte, fürderhin nicht mehr linksliberal zu sein.

Heute freilich macht sich die Presse zum Handlanger der Inquisition.

Näheres wieder einmal bei den Kollegen nachzulesen.

Und für wer es noch nicht weiß: Die Inquisition funktioniert auch auf lokaler Ebene gut, von wegen informelle Netzwerke, Basis mobilisieren etc.

2. Dezember 2010

Zwei Hände, zwei Füße und ein Herz

Ein schlichtes, einfaches Liedlein, fast könnte es für Kinder geschrieben sein oder für die vielverachteten Fundamentalisten des Bible Belt. Townes van Zandt war 28 Jahre alt, als er es auf einem seiner frühen Alben veröffentlichte. Da hatte er schon mehr als Tiefen als Höhen hinter sich. Per via negationis oder sub contrario oder wie das auf Lateinisch heißt, wusste er also ziemlich genau, was er da hoffte.

Hat er "Two Hands" eigentlich später noch einmal aufgenommen? Auf seinen letzten Konzerten gespielt? - Ich kenne nur diese eine Aufnahme.