15. Oktober 2005

Finden und Jubeln

Aus einem Interview von Zenit mit P. James Schall SJ von der Georgetown University, Washington, DC:

"ZENIT: Wieso findet die politische Philosophie ihre Erfüllung in der Liturgie und der Anbetung?

Pater Schall: Die Formulierung 'Die liturgische Vollendung der Philosophie' ('the liturgical consummation of philosophy') stammt aus dem Buch 'After Writing' der englischen Philosophin Catherine Pickstock. Derselbe Gedanke klingt im Werk Joseph Kardinal Ratzingers wiederholt an, besonders in "Vom Geist der Liturgie". Seine Ursprünge finden sich schon bei Plato. Und in der Tat kam auch J.R.R. Tolkien demselben Gedanken ziemlich nahe.

Im Wesentlichen bedeutet dies, dass sich die Philosophie freut, wenn sie die Wahrheit nach langer Suche findet. Die Menschheit hat immer danach gestrebt, die richtige Weise zu finden, Gott zu verehren, oder anders ausgedrückt, sich am Schöpfer zu erfreuen und an der Wirklichkeit und ihrem Ursprung Gefallen zu finden. Auf viele verschiedene Weisen hat sie versucht, eine adäquate Beziehung zu Gott zu finden, aber es ist ihr nie gelungen.

Das Wesen der Offenbarung besteht darin, dass sie zur einzig angemessenen Weise der Verehrung Gottes hinführt. Das ist der Sinn der Heiligen Messe: Sie ist in ihrem Kern überhaupt nicht etwas vom Menschen Gemachtes, sondern sie ist, wie beispielsweise auch Robert Sokolowski in seinem Buch 'Eucharistic Presence: A Study in the Theology of Disclosure' ['Eucharistische Gegenwart – eine Studie zur Offenbarungstheologie'] anführt, das, wonach jede Philosophie strebt. Nicht nur Suche, sondern vor allem Finden und Jubeln.

Sobald wir diese zentrale Bedeutung der Heiligen Messe verstehen, werden wir das beständige Suchen der Philosophie und der Politik nach einer alternativen Beziehung zu den höchsten Dingen – besonders in der Politik selbst – als das erkennen, was es ist: das Streben danach, eine Alternative für Gott anzubieten.

Das Streben und die Wichtigkeit der Beziehung der Philosophie und der Politik zu den höchsten Dingen genau zu bestimmen, ist Thema des Kapitels 'Gottesverehrung und politische Philosophie' – ein Thema, das von den politischen Philosophen und auch oft von den Theologen viel zu selten behandelt und verstanden wird, wenn sie zu erklären versuchen, was in der Philosophie oder der Politik fehlt." (kath.net)

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