Satire darf alles, wissen wir seit Tucholsky. Seit 1919 unendlich oft wiederholt, ist der Satz trotz aller Anfechtung inzwischen, wie soll man sagen? wahrer Archetyp, gesellschaftliches Axiom, archimedischer Punkt.
Jetzt lese ich heute morgen beim Frühstück: "Satire ist Wahrheit." Gesagt habe das, so die Lokalzeitung, Thomas Gsella, Satiriker und ehemaliger Titanic-Chefredakteur. Der muß es wissen, dachte ich mir.
Aber, so dachte es weiter in mir: Wie verhalten sich die Sätze zueinander? Stehen die einfach so im Raum? Unverbunden? Unzusammenhängend? Isoliert? Das kann nicht sein!
Ein Zeichnung half weiter:
Da fehlt noch was, stellte ich fest: sozusagen das Quartum Relationis. Gibt es nicht etwas, gibt es nicht jemanden, der das gleiche Verhältnis - eines der Identität nämlich - zur Wahrheit hat wie die Satire und der Satiriker und die gleiche Lizenz, die gleiche moralisch-ethische Souveränität gegenüber dem rest of the world?
Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Es ist der Fundamentalist mit seinem Fundamentalismus! Er hat die Wahrheit zu eigen. Und deshalb darf er alles - oder denkt es zumindest! Satiriker und Fundamentalist - Zwillinge aus dem gleichen Ei. Ungleiche Brüder mit gleichem Anspruch und gleicher Reichweite. Eins mit der Wahrheit und keinem untertan.
So verlange ich - als vom S_____L höchstpersönlich so identifiziertes, wenn auch nicht namentlich so benanntes - Mitglied eines "Kommandos katholischer Glaubensfundamentalisten", daß man mir die gleichen Rechte zugestehe, die gleiche Ehrfurcht entgegenbringe wie Gsella und den Titanicern.
Ansonsten schreibe ich nur noch Satiren, schlechte, gute, miß- und geglückte - was schert's mich? Träger doppelter Wahrheit bin ich dann, darf alles und zwar sogar zweimal. Und wer meckert, kommt aufs Titelblatt und soll sehen, wie weit er kommt mit einer Klage.
Ich habe nämlich recht. Und ich darf alles.
5. Juni 2010
Alles dürfen. Und die Wahrheit sein. Herrlich!!
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5 Kommentare:
Bravo!
Hehehe. Danke übrigens für die freundliche Begrüßung. Ich geb's ja zu, mein Motto ist nicht ganz so gut wie deines, aber wo ich herkomme hat Katholizismus nix mit intellegere zu tun. Das ist genetisch, was mir aber auch erst nach einer agnostischen Phase bewußt wurde. (Ein agnostischer Eifelbauer, jaja, extremes pubertäres Posing)
Suuuper, Scipio!
Großartig! Ein ganz toller Artikel.
Eigentlich, muß ich sagen, war ich danach nicht ganz zufrieden... Und bin es immer noch nicht. Aber beim Bloggen kann man nicht immer auf Perfektion aus sein...
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