Man muß nicht zu allem eine Meinung haben. Vor allem nicht sofort. Manchmal sollte man auch keine haben. Vor allem wenn man noch nicht genug weiß dafür. Und zuallererst wenn man dann auch noch in den Schreibstuben, an den Mikros und vor den Kameras der Republik sitzt und die Verführung zur Meinungsmache ach! so groß ist und ach! so verführerisch lockt.
Das sehen wir momentan an den Stories um Bischof Mixa (Was war denn nun wirklich?), um die Ermordung von Bischof Padovese - und vor allem um die Erstürmung des Schiffes, das mit Terrorsympathisanten und einigen aufrichtigen, aber dennoch nützlichen Idioten Richtung Gazablockade unterwegs war.
Unweigerlich verfällt man wie Clemens Wergin in seinem lesenswerten Gaza-Kommentar in den Konjunktiv und träumt von einer idealen Welt, in der es fair zugehen würde. Tut es aber nicht.
Ich kenne Elsas Skrupel schon auch. Wir sollen und dürfen nicht permanent schimpfend oder beleidigend durchs Leben und durchs Web bummeln. "Be kind for everyone you meet is fighting a great battle." (Philo von Alexandrien - oder auch nicht) Sogar unsere Brüder und Schwestern aus den Medien. Sogar deutsche Moraltheologen und Dekane in rentnerbeigen Strickwesten. Sogar wenn sie sich verhalten wie A_________r und Idioten.
Wir sollten solches Verhalten klar benennen - als das, was es ist (oder mindestens wofür wir es nach ruhigem Hinschauen erkennen). Wir dürfen, meine ich jedenfalls, in besonders üblen Fällen auch zu aufrüttelnden und harschen Beinamen greifen - solange wir nicht so tun, als wäre X oder Y nur ein, sagen wir, Idiot. Solange wir auch sagen oder spüren lassen, daß er oder sie mehr ist. Und daß er oder sie - wie wir selber übrigens - nicht hoffnungslos verloren ist...
Flannery O'Connor sagte einmal über die Lautstärke des christlichen Schriftstellers angesicht einer ignoranten oder feindlichen Welt:
"To the hard of hearing you shout, and for the almost blind you draw large and startling figures.
Die Schwerhörigen schreien wir an, und für die fast Blinden zeichnen wir große, überraschende Figuren."
Mutatis mutandis lässt sich das auch für uns Blogger (o.k.: für manche jedenfalls) nicht vermeiden, denke ich. Aber wir sollten uns immer wieder an das Risiko erinnern, das wir damit eingehen.
12. Juni 2010
Lob der Langsamkeit und der Skrupel vor klaren Worten
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3 Kommentare:
Die anderen kriegen es aber immer besser hin als ich selbst. Warum bin ich so? Bin ich noch zu protestantisch? Oder - ich bin ja nur Konvertitin - sind die anderen zu protestantisch?
@Elsa: Konvertiten versuchen wir alle jeden Tag zu sein.
@scipio: Auch Terrorsympathisanten sind Menschen mit Rechten, und das Kapern eines Schiffes auf Hoher See nennt man außerhalb eines erklärten Krieges oder UN-Mandates nun einmal Piraterie.
Dazu habe ich das Gefühl, Dir energisch widersprechen zu müssen, wenn ich Dich richtig verstanden habe. Ich muß niemanden einen Idioten nennen bzw. auch kein Verhalten idiotisch.
Ich muß gar nichts.
Vor Jahren mußten wir uns (erinnerst Du Dich?) doch alle mal anhören, die paar katholiche Blogger, die wir waren, wie wir angeblich zu bloggen hätten.
Ich ziehe es mittlerweile vor, das Gute in den Vordergrund zu stellen, wenn mich nicht eine asoziale Politik mal wütend werden läßt.
Licht vertreibt die Dunkelheit eher als Schimpfen über das Dunkle. Ganz gelassen bleiben.
Die Lüge wird nicht siegen.
@Elsa: Die anderen? Wer? Immer? Come on... Es gibt keine Normkatholiken oder Normkonvertiten.
@Ralf: Durchaus haben sie Rechte. Die darüber berichten, haben aber - und darum ging es mir vor allem - die Pflicht, einigermaßen objektiv zu berichten und nicht Provokateuren genauso in die Falle zu gehen wie die nützlichen Idioten an Bord. Hier stand ja schon ein paar Stunden später unverrückbar fest, wer der Übeltäter ist.
Sorry, wenn ich den Eindruck erweckt habe, als würde ich von anderen Bloggern ein bestimmtes Verhalten verlangen. Von mir aus darf und soll jeder bloggen, wie er mag. Er muß gar nichts. "Seh' ein jeder, wie er's treibe..."
Meine Worte galten eher Elsa und ihren Skrupeln und waren ein Versuch, die eigene Position kurz zu definieren (bzw. wer mag, darf denken: das eigene Verhalten zu entschuldigen).
Kein großer Unterschied zwischen uns beiden. Und ich schätze Deinen Ansatz sehr, auch wenn es nicht ganz meiner ist. Es gibt unterschiedliche Phasen, Erkenntnisse, Temperamente, Missionen...
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