28. Februar 2005

Fastenfasten

Nachdem Lorenz Jäger kürzlich in der FAZ* den Kirchenoberen anläßlich des im Bistum Trier geprägten Satzes "Auch Jesus wäre ein Autofaster" empfahl, doch einmal ein paar Wochen Abstinenz vom Zeitgeist zu üben, bin ich inzwischen fast soweit, uns allen angesichts der säkularen bzw. zivilreligiösen Fastenindustrie ein "Fastenfasten" zu empfehlen.

Das ginge so: Einfach ganz normal weiterleben, hier und da ein bißchen Schokolade, ein Bierchen (oder wie in meinem Fall: ein gespritztes "Mömbriser Goldtröpfchen") und ansonsten ohne großes Aufhebens das Seine tun. Nicht auf die Erhöhung der eigenen Lebensqualität schielen. Die durch das Nichtfasten gesparte seelische Energie und Willenskraft darauf verwenden, sich nicht besonders, vor allem: sich nicht besonders gerecht zu fühlen, sondern als stinknormaler Erlösungsbedürftiger.

* Lorenz Jäger:
"Aber nun ist die Fastenzeit angebrochen, und da haben sich die Kirchen in Rheinland-Pfalz etwas Neues ausgedacht: das Autofasten. Kein Witz, sondern Realsatire in bester Tradition der 'Neuen Frankfurter Schule': Die Fastenzeit, so liest man in dem Aufruf des Bistums Trier, 'war für Christinnen und Christen schon immer ein besonderer Anlaß, über den eigenen Lebensstil nachzudenken und bewußter zu leben.' Empfohlen wird dem Autofaster vom 20. Februar bis zum 20. März die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. 'Auch Jesus wäre ein Autofaster', sagt das Bistum. Leider fehlt der Zentralrat der Muslime in Deutschland, der in Form eines Auto-Ramadan (Fahren nur nach Sonnenuntergang, dann aber mit Karacho) mit von der Partie sein sollte, wenn ihm denn an der Integration und am interkonfessionellen Dialog wirklich etwas liegt. 'Viele Autofasterinnen und Autofaster' könnten, so das Bistum, bezeugen, daß die Nutzung von Bus und Bahn Spaß macht, weil sie für Kommunikation sorgt. Vielleicht als Ergänzung noch ein Aschenkreuz auf der Frontscheibe? Fasten könnte für die Kirchenoberen natürlich auch heißen, vom 20. Februar bis zum 20. März einmal abstinent von der Genußdroge Zeitgeist zu leben. Aber das wird nichts, und so bleibt nur das Tagtraum unserer bösen Seele: Sturm auf den Trierer Bischofssitz als Zangenangriff, links kommandiert von Voltaire, rechts von den Truppen des Opus Dei und vom Traditionalisten-Erzbischof Lefèbvre."

26. Februar 2005

Franz, Traudi und die gute Hirtin

Die Tagespost fasst die euphemistisch "Chaos" betitelten Vorgänge in und um Linz zusammen. Offensichtlich können auch Diakone zu den "geweihten Idioten" gehören, und Pastoralassistentinnen mogeln sich auch in diese Schar...
Aus dem Ruhm das Beste...

... macht Fr. Marius Zajac mit seinem Tsunami Fishermen Relief Fund.

25. Februar 2005

Dana Gioia: Words:

The world does not need words. It articulates itself
in sunlight, leaves, and shadows. The stones on the path
are no less real for lying uncatalogued and uncounted.
The fluent leaves speak only the dialect of pure being.
The kiss is still fully itself though no words were spoken.

And one word transforms it into something less or other--
illicit, chaste, perfunctory, conjugal, covert.
Even calling it a kiss betrays the fluster of hands
glancing the skin or gripping a shoulder, the slow
arching of neck or knee, the silent touching of tongues.

Yet the stones remain less real to those who cannot
name them, or read the mute syllables graven in silica.
To see a red stone is less than seeing it as jasper--
metamorphic quartz, cousin to the flint the Kiowa
carved as arrowheads. To name is to know and remember.

The sunlight needs no praise piercing the rainclouds,
painting the rocks and leaves with light, then dissolving
each lucent droplet back into the clouds that engendered it.
The daylight needs no praise, and so we praise it always--
greater than ourselves and all the airy words we summon.

(via poetry exhibits)
3rd World Church Strikes Back

Ist das nicht unfair? Erst nehmen sie das westliche Geld und entwickeln sich dann zu "Hardlinern" und "Traditionalisten"?

Anglikanische Kirche vor Spaltung - Kölnische Rundschau.
Allezeit bei euch



(Noch mehr Bilder des Gegenwärtigen auf Larry van Pelts Seite "I am with you always")
Einer der "großen, wichtigen und polarisierenden spirituellen Lehrer" spricht

Wie kann man Benediktiner bleiben, ohne Christ zu sein? Willigis Jäger springt in den Spagat - nee, Quatsch: eigentlich definiert er die christlichen Grundbegriffe nur(?) um, macht sie passend für seinen "Zeitgenossen" und verkauft den neuen, fernöstlichen Wein mit dem alten Qualitätssiegel. (Und zeigt herablassend Mitleid, wenn seine CMA ihn wegen Kundentäuschung aus dem Laden wirft.)

"Ich verstehe mich und diese Welt als eine Offenbarung, eine Inkarnation dieses Urprinzips, das wir Abendländer Gott nennen. Gott spricht sich in uns aus. (...)

Darum möchte ich ES in dieser meiner menschlichen Form leben – und zwar voll und ganz leben. Da ist der einzige Grund, warum ich Mensch geworden bin: Gott möchte in mir Mensch sein. Er möchte in mir, in dieser Struktur, zu dieser Zeit, an diesem Ort über den Planeten gehen. Gott möchte sich als alle diese Formen so, wie sie sind, offenbaren. Das ist für mich der Sinn dieses ganzen evolutionären Geschehens." (Interview in Publik-Forum)

24. Februar 2005

"Gieb jedem seinen eignen Tod"

Dieses Dichtergebet sollte man nicht leichthin nachplappern - bitte vor dem Beten erst einmal hier nachschauen.

"[I] leave the revenge to God, 'cause He can think of things I never could think of to make people miserable." (Glen Campbell)
Am Ende der Logos

Otto Kallscheuer darf den letzten Band der "Anderen Bibliothek" schreiben:

"Wer die Theologie den Fernsehpredigern, den Drewermännern und dem Dalai Lama überlassen will, sei gewarnt. Dieses Buch ist dazu angetan, mit dem Dünndenken aufzuräumen.

Es ist schon sonderbar, daß eine alte Leitwissenschaft, auf die sich die besten Köpfe Europas jahrhundertlang konzentriert haben, derart in Vergessenheit geraten ist. Ein Publikum, das sich aufgeklärt dünkt, scheint sich von einem der größten intellektuellen Abenteuer der europäischen Geschichte definitiv verabschiedet zu haben.

Otto Kallscheuers Buch wird diesem Zustand nicht abhelfen können. Aber es hat demjenigen viel zu bieten, der verstanden hat, daß die Religionen keineswegs vom historischen Horizont verschwunden sind – eher im Gegenteil. Kallscheuer nimmt sie ernst, ohne in den Tonfall der Dogmatiker zu verfallen. Er führt mit der Leserin, dem Leser einen fortlaufenden Dialog, der keiner Frage, keinem Zweifel und keiner Kritik ausweicht. Seine Darstellung ist von einer gründlichen Quellenkenntnis gesättigt. Nicht nur werden die Positionen der großen Kirchenlehrer, der doctorum venerabilium von Augustinus bis Ratzinger erörtert. Auch Vergessene und Abweichler von Nikolaus von Kues bis Karl Barth kommen zu Wort, und zu jeder wichtigen Frage nimmt Kallscheuer in den Blick, wie die anderen Hochreligionen sie beantworten: der Islam, der Hinduismus und die buddhistischen Lehren." (Amazon.de)

22. Februar 2005

Aktiver Ruhestörer

Friedhelm Hofmann. Bischof von Würzburg. Kaum ein paar Monate im Amt und schon hat er sich's mit seinem linken Flügel völlig verdorben: Erst den ehemaligen Mönch Pierre Stutz nach seinem Coming Out im Kirchenfunk nicht zu Wort kommen lassen und jetzt auch noch Jacques Gaillot, den Personenkult-Bischof von Partenia, zum Verzicht auf seinen geplanten Schweinfurt-Besuch bewegen. Das wird ihm die liberalkatholische Orthodoxie und ihre Hierarchie nicht verzeihen. Spätestens seit heute ist der Bischof aus der Gemeinschaft der Guten Christen ausgeschlossen.

Kann so ein Bischof etwas anderes als eine denunziantenhörige Meisner-Marionette sein? Klar; wie wär's damit: Ein Mann mit eigener Meinung und ohne Scheu, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen und durchzusetzen. Einer, der sich nicht vorführen lässt von kleinen Kirchenfürsten, die mitsamt ihrer gut gefilterten Personalgemeinde schon lange auf dem Weg aus der real existierenden RK-Kirche in eine selbstgeschaffene Idealgemeinde sind, die sie uns als "jesuanisch" und evangeliengemäß verkaufen. Ein lächelnder Provokateur, der sich nicht anbiedert, sondern seine Verantwortung als "Gemeindeleiter" wahrnimmt.
Petri Stuhlfeier auf der Seine-Insel

Daß heute das Fest "Petri Stuhlfeier" auf dem Kalender stand, merkte ich erst, als ich in der Kirche Unserer Lieben Frau zu Paris immer wieder die Worte "Saint Pierre" heraushörte.

Umso erfreuter war ich dann, als ich gut petrinisch-römisch das "Pater Noster" und das "Ave Regina Caelorum" mitsingen konnte, zusammen mit der bunten, jungen, zusammengewürfelten Augenblicksgemeinde, wie sie mir inzwischen typisch scheint in den Kathedralen der paar Weltstädte, die ich hin und wieder besuche.

21. Februar 2005

Sinfonia Sacra Nachrichten

- noch ein katholisches Weblog. Herzlich willkommen - ad multos annos et a.m.D.g.
Kleine Blogpause

Fast nicht der Rede wert: Erst am Donnerstag passiert hier wieder etwas.
"Empört"

Daß die Katholische Kirche «nicht begriffen hat oder nicht begreifen will, dass es einen gewaltigen Unterschied gibt, zwischen einem fabrikmäßigen Völkermord und dem, was Frauen mit ihrem Körper tun», diesen Satz von Paul Spiegel mag glauben, wer will. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er selbst den wortwörtlich meint, sondern eher als Übertreibung im Dienst der Sache formuliert hat.

Er tut allerdings dieser Sache weder lang- noch mittel- oder kurzfristig etwas Gutes, wenn er selber in seiner Wortwahl ("was Frauen mit ihrem Körper tun") keinen Unterschied macht zwischen einer Pediküre und einer Abtreibung. Sein nachgeschobener Konjunktiv ("daß man 'Abtreibung auch als Mord an ungeborenem Leben bezeichnen könnte ...'") tut keinem weh und lässt jedem seine Freiheit - auch die, als Gesellschaft und als einzelne in ihr die hundertausendfache Abtreibung ohne schlechtes Gewissen und ohne Widerstand und Hilfe zu dulden.

20. Februar 2005

Wenn überhaupt je, dann so

Annie Dillard, Der freie Fall der Spottdrossel, S. 10:

"Ich hatte mal einen Kater, eine alte Kämpfernatur, der oft mitten in der Nacht durch das offene Fenster neben meinem Bett sprang und auf meiner Brust landete. Ich wurde halb wach. Er steckte mir seinen Schädel unter die Nase und schnurrte und stank nach Urin und Blut. In manchen Nächten knetete er mir mit seinen Vorderpfoten kräftig die nackte Brust und streckte sich dabei, als ob er sich die Klauen schärfen oder eine Mutter melken wollte. Und manchmal wachte ich morgens im Hellen auf und sah, daß mein Körper über und über mit blutigen Pfotenspuren bedeckt war; ich sah aus wie mit Rosen bemalt.

Es war heiß, so heiß, daß der Spiegel sich warm anfühlte. Benommen wusch ich mich vor dem Spiegel, und mein verdrehter Sommerschlaf hing noch an mir wie Seetang. Was für ein Blut war das, und was für Rosen? Es hätte die Rose der Vereinigung sein können, das Blut des Mordes, oder die Rose der nackten Schönheit und das Blut einer unsagbaren Opferung oder Geburt. Das Zeichen an meinem Körper hätte ein Erkennungszeichen sein können oder ein Schandfleck, der Schlüssel zum Himmelreich oder das Kainszeichen. Ich war mir nie sicher. Ich war mir nie sicher, während ich mich wusch und das Blut verlief, blaß wurde und schließlich verschwand, ob ich mich gereinigt oder das Blutzeichen des Passahfestes ausgelöscht hatte. Wir erwachen, wenn wir überhaupt je erwachen, umgeben von Geheimnis, Todesraunen, Schönheit, Gewalt ... 'Als ob wir einfach hier unten hingesetzt wären', sagte neulich eine Frau zu mir, 'und kein Mensch weiß warum.'"
Der Zimmer-Christo

18. Februar 2005

A Third Testament: A Modern Pilgrim Explores the Spiritual Wanderings...

Sieben Essays von Malcolm Muggeridge - zu einer illustren Runde: Augustinus, Blake, Pascal, Tolstoi, Bonhoeffer, Kierkegaard und Dostojewski. Die Bruderhof-Stifung gewährt kostenlosen Download des e-Book.
Blick von außen

Annie Dillard (Der freie Fall der Spottdrossel, S. 191):

"Ich muß mir die Landschaft der blaugrünen Welt noch einmal anschauen. Denk nur: im ganzen wunderschönen sauberen Sonnensystem ist unsere Erde weit und breit der einzige Schandfleck; unser Planet ist der einzige, auf dem es den Tod gibt. Ich muß mir eingestehen, daß der Ozean ein Kelch des Todes ist und das Land ein befleckter Altarstein. Wir, die Lebenden, sind Überlebende, kauern auf Treibgut, leben von Strandgut. Wir sind Flüchtlinge. Wir verbringen den Tag in Angst, essen im Angesicht des Hungers, schlafen mit einem Mund voll Blut."

17. Februar 2005

Post nach Transjordanien

Nachrichten von Toten erreichen jeden, der hören will, regelmäßig und zuverlässig. Medien gibt es inzwischen in jedem deutschen Landkreis. Aber wie kriege ich meine eigene Message über den Styx?

Wie wäre es damit?

"For a donation of $5.00 per word (5 word minimum), we can have telegrams delivered to people who have passed away. This is done with the help of terminally ill volunteers who memorize the telegrams before passing away, and then deliver the telegrams after they have passed away. We call this an 'afterlife telegram'. The $5.00 per word fee, depending on the wishes of the messenger, it is either given to a relative, donated to a charity or used to pay for medical bills. The company does not keep any of the fees from the sale of the telegrams.

Since we can not guarantee delivery nor prove that a message has been delivered successfully, our customers do not pay for 'deliveries'. They pay for 'delivery attempts'. What we do guarantee is the following:

1) The messengers have memorized their telegrams before passing on.

2) The messengers have promised to do what can be done to deliver their telegrams to the addressees after passing."
Das virtuelle Postamt steht hier, bei Afterlife Telegrams.

16. Februar 2005

Triegel-Antipode



Vom anderen Ende der Erde die Nachricht, daß ein Kreuzweg in der Kathedrale von Christchurch (Neuseeland) die Gemüter erhitzt, der einen nackten Jesus darstellt.

Der Künstler, Llew Summers, hat allerdings ganz andere Intentionen als Michael Triegel:

"'There is almost no naked Christs in the world. It's a truth that you are bringing to it,' he said. There was a lot of celebration of the female body, but very little of the male body, he said. 'I'm interested in the glorification of humanity, not the evilness of humanity.'"

Allerdings nutzte Mr. Summers gleich die Chance, auch die Gottesmutter und Maria Magdalena bei der Kreuzabnahme leicht bis wenig bekleidet darzustellen. (So jedenfalls ein E-Mail, das Fr. Bryce Sibley zitiert.)
Wenn ich deinen Gott gesehen hätte, in Fleisch und Blut ...

Terry Pratchett lässt über Religion reden und Erich hat's uns aufgeschrieben. Danke. (Muss doch mal wieder Pratchett lesen ;-))

Was ich "fühlen" würde oder "fühlen" sollte, wenn ich den - wahren, richtigen, echten - Glauben hätte (oder er mich) - ich weiß es nicht. Ist eigentlich auch nicht so wichtig, denn Gefühle wallen, passieren. Manchmal fehlen sie ganz.

Schon schwer genug, zu tun, was ich tun soll. Und zu lieben, was ich lieben soll.
Ruandische Passion

"For whatever reason, when I walked out of the recent film Hotel Rwanda, the story of a hotel manager who saves more than a thousand Tutsi refugees from Hutu-led genocide, this thought wouldn't leave me: If we really had the mind and heart of Christ, this is the movie we would be urging people in our churches to see." (The Passion of Hotel Rwanda - LeadershipJournal.net)
"Religionsfreudige Gottlosigkeit"

Jan-Heiner Tück zum neuesten Biser in der NZZ:

"Der Gestaltwandel des Atheismus dürfte allerdings kaum die Hoffnung auf eine Trendwende zum Glauben rechtfertigen. Diffus und lasch geworden ist nämlich nicht nur der Unglaube, sondern weithin auch der Glaube. Die vielbeschworene Wiederkehr der Religion geht jedenfalls an den christlichen Kirchen vorbei, und der Flaneur auf dem postmodernen Religionsbasar sucht alles Mögliche, nur nicht den Gott der christlichen Überlieferung. Daran ändert man nichts, indem man der Situationsanalyse ein geschichtstheologisches Schema unterlegt und - wie Biser - dem aktuellen Karfreitag des Glaubens seine Auferstehung folgen lässt. Solange die religionsfreudige Gottlosigkeit vieler Zeitgenossen anhält, ist das für Christen eher Anlass zu selbstkritischer Besinnung als für prophetische Szenarien."
Corpus Resurrecti


Michael Triegel:



Paulus:

Was gesät wird, ist armselig,
was auferweckt wird, herrlich.
Was gesät wird, ist schwach,
was auferweckt wird, ist stark.
(1 Kor 15, 43)

15. Februar 2005

Der Offene Brief von Michael Triegel an Bischof Friedhelm Hofmann

Zur Dokumentation:

"Sehr geehrter Herr Bischof Dr. Hofmann,

vor nunmehr vier Monaten erfuhr ich, dass auf Ihre Veranlassung mein Bild »Auferstehung« im Würzburger Museum am Dom abgehängt wurde nach Protesten von Menschen, die Pornografie (also eine »vergröberte Darstellung sexueller Handlungen«) vermuteten. Meine erste Reaktion schwankte zwischen kopfschüttelnder Belustigung und Verärgerung; vor allem aber waren es Unverständnis und Betrübnis darüber, dass eine meiner Arbeiten ihres Zweckes beraubt wurde: zum Nachdenken und zum Gespräch über Inhalte einzuladen. Leider wurde auch mit mir selbst der Dialog nicht gesucht, zu dem es nicht zuletzt am 28. Januar während eines Künstlergesprächs im Museum am Dom Gelegenheit gegeben hätte. Mit den zahlreichen Besuchern gab es einen so guten und interessanten Austausch, und ich bedaure - bei aller Freude über Zustimmung und Bewunderung -, dass die Gegner meiner Arbeit nicht auch die Möglichkeit genutzt haben, ihre Position vorzubringen. Lassen Sie mich kurz meine Intentionen schildern.

Die Moderne des 20. Jahrhunderts veranlasste uns zu glauben; dass zeitgenössische Kunst vor allem erst einmal provozieren will; keine Geschmacklosigkeit wurde ausgelassen - Künstlerfäkalien in Dosen, besudelte Matratzen als teure Weiheobjekte in Museen. Mir liegt es fern, auf diese Weise provozieren zu wollen. Vielleicht liegt ja die Provokation meines Gesamtwerkes darin, aus der Selbstreflexivität eines Kunstbetriebs und -marktes auszubrechen durch eine angestrebte handwerkliche Meisterschaft und den Glauben an die ungebrochene Wirkmacht der Mythen, Archetypen, der Inhalte und Ikonographien der Kunst und des Geisteslebens langer abendländischer Geschichte, diese untersuchend, befragend, paraphrasierend oder affirmierend.

Und so glaube ich, die Nacktheit meines auferstehenden Christus inhaltlich begründen zu können, steht sie doch nicht zuletzt in einer langen Tradition, denken Sie an Michelangelos Auferstehenden in Santa Maria sopra Minerva zu Rom, seine Grablegung in London, seine Kreuzigung in Florenz und viele andere Beispiele. Gläubige Christen schrieben mir, dass sie- vor dem Bild wieder verstanden hätten, was das Wort bedeutet »wahr Mensch und wahrer Gott«. Darum genau ging es mir zu zeigen, dass Er nicht als Astralleib, sondern im Fleische auferstanden ist, als Mensch, als Mann. Christus erlöst uns als zweiter Adam vom Falle, durch den die Sünde und als deren Zeichen die Scham in die Welt kam, doch: »... von einer Sünde weiß Er nichts«. Hieße es nicht, diesen Umstand zu leugnen, wenn Er sich selbst noch schämte; und verzeihen Sie die Polemik: Sollte sich Gott in der Schöpfung geirrt haben, als Er den Menschen nackt und bloß schuf?

Doch auch ein anderer Aspekt ist mir wichtig. In unserer Zeit und Gesellschaft dient Nacktheit m einer sexuellen Konnotation als permanent anzutreffendes Reizmittel -»sex seIls«. Dagegen ist die Kirche zurecht. Jede Seife, jedes Auto und jedes Lebensmittel werden durch Ietztlich erotische Stimulanzien beworben; um die Produkte besser zu verkaufen. Das scheinen wir soweit verinnerlicht zu haben, dass wir vergessen haben, dass Nacktheit und Schönheit in der Kunst Symbole für das Wahre und Gute sein können. Für die Griechen war die »Kalokagathie« anzustrebendes Ideal, für die christlichen Künstler der Renaissance, die Humanisten, die Klassiker war die in Rede stehende Gleichsetzung selbstverständlich.

Die intentio auctoris (was sagt der Autor) und die intentio operis (was sagt das Werk unabhängig vom Autor) zielen in meinem Falle nur in diese Richtung: Schönheit und Nacktheit stehen für die Wahrheit und das Gute. Es steht nicht in meiner Macht, auf alle Lesarten aller möglichen Betrachter, auf die intentio lectoris einzugehen. Um es an einem krassen Beispiel zuzuspitzen: das nackte Christuskind auf einem Bilde Raffaels wird von einer Mutter anders betrachtet als von einem zu verabscheuenden Pädophilen.

In den IK-Nachrichten musste ich von »augenfällig homoerotischen Assoziationen« lesen. Das ist mir selbst neu und dürfte meine Frau und unsere Tochter sehr wundem. Auf welcher Ebene wird hier eigentlich argumentiert? Die entkleidete Dionysosgestalt auf dem Bild steht für das durch Christi Auferstehung überwundene Heidentum, gebraucht doch der Heiland die Osterfahne geradezu als Lanze gegen die Symbolgestalt triebhaften Rausches, die die frohe Botschaft ganz einfach verschläft. Die Wahrheit aber triumphiert. Diese Symbolik entlehnte ich der Ikonografie des späten 15. Jahrhunderts, der »Auferstehung« Bellinis, wo ein Grabwächter nackt ist und schläft und der im Stich des 16. Jahrhunderts nach diesem Bild mit einem Weinlaubkranz ausgestattet wurde, um diesen Aspekt noch stärker hervorzuheben.

Ich sehe selbst, dass es Mühe bedarf, Bilder zu lesen, doch diese Mühe möchte ich als Maler, der ich sie ebenfalls hatte, auch vom Betrachter erwarten, gibt es doch immerhin die Möglichkeit, das mir Unbekannte und Unverständliche zu erfahren durch sekundäre Lektüre oder: durch das Gespräch.

Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass sich die so aufgeregte Stimmung etwas beruhigt und dass es vielleicht sogar möglich wird, den Anstoß, den meine »Auferstehung« gegeben hat, zu nutzen, um auch über Fragen des Glaubens nachzudenken. Verbote sorgen doch nur für Verhärtungen, Suchende werden allein gelassen, Gräben zementiert, wo es gälte, Brücken zu bauen.

Es grüßt Sie freundlich, Michael Triegel"
Was treibt den Pater Eberhard?

Das ist die eigentlich interessante Frage seines Interviews. Doch nicht etwa die Hoffnung, daß keiner als Papst aus dem Konklave kommt, der als solcher hingeht? Honni soit qui mal y pense.
11. Gebot: Du sollst regelmäßig bloggen.

Woher weiß Dybart S. von Catholicism Wow eigentlich so genau, wie sich seine Stammleser verhalten?

Aber schön, daß er die neuen Stones-Strips vorher ankündigt - da werde ich jetzt doch wieder jeden Tag bei ihm vorbeischauen...
Ohne Moos kein Weltethos

Keine Geldgeber für interreligiöses "Weltkloster" am Bodensee (epd - Südwest)
Kirchenzählung

In der Herder-Korrespondenz:

"Den größten Zuwachs an Gläubigen konnte laut Statistik die Kirche in Afrika verzeichnen mit einer Wachstumsrate von 4,5 Prozent, gefolgt von Asien mit 2,2 und Amerika mit 1,2 Prozent. In Europa, wo rund ein Viertel aller Katholiken lebt (25,8 Prozent), blieb die Mitgliederzahl unverändert. Fast die Hälfte aller Katholiken ist in der Kirche Latein- und Nordamerikas beheimatet (49,8 Prozent). In Afrika leben 13,2 Prozent, in Asien 10,4 und in Ozeanien 0,8 Prozent.

Die Zahl der Priester ist 2003 im Vergleich zum Vorjahr um rund 400 auf 405.450 angestiegen. Davon waren 268.041 Diözesanpriester und 137.409 Ordenspriester. Im Jahr 2002 wurden 9247 Männer zu Priestern geweiht, 2003 waren es 9317. Die Zahl der Seminaristen hat dagegen im selben Zeitraum geringfügig abgenommen. Im Jahr 2002 haben sich 112.643 Männer in katholischen Priesterseminaren auf ihr späteres Amt vorbereitet. 2003 waren es nur noch 112.373."
"Worauf es uns ankommt"

"Katholen sind Kult - das ist das, worauf es uns ankommt. Katholische Jugendliche sind originell, kreativ, vielfältig, engagiert, einzigartig und alles andere als spießige und langweilige Muttersöhnchen. Um das zu zeigen, haben wir die Aktion 'Katholen sind Kult' ins Leben gerufen. Unter diesem Motto finden Veranstaltungen statt, Aktionen mit der 'Katholen sind Kult'-Ente zum Beispiel."

Dann hoffen und beten wir doch mal, daß die "katholischen Jugendlichen" nicht nur sich selbst und ihr Badeentchen kultig finden, sondern mehr noch ihr Kultbrot. Idealerweise nicht dieses, sondern jenes. Ich sag's mal sicherheitshalber dazu.

14. Februar 2005

Nicht-nur-Menschenfischer



"As [the Rev. Mariusz Zajac] recited the Liturgy of the Hours ('... my soul doth magnify the Lord ...') he realized he had landed a whopper of a walleye". (Priest's record walleye has a catch to it)
Das Buch zum Thema

Seit heute morgen meine Lektüre: Agostino Paravicini Bagliani: Der Leib des Papstes: Eine Theologie der Hinfälligkeit. Für ganze 14,90 € bei amazon.
Die Unsterblichkeit des Papstes

"Wir bekommen so etwas wie einen Schock, wenn wir den jungen Polen, mit dem wir eben noch eine hoch kompetente Diskussion über Stanley Fish geführt haben, in der nächsten Kirche verschwinden sehen, weil es zur Vesper geläutet hat."

Eine ganze Menge treffender Einsichten zum Verhältnis der liberalen und der christlichen Moderne, je in ihrer deutschen und polnischen Variante. Und gleichzeitig eine Verbeugung vor dem "Pope Who Knows How To Pope". Ausgerechnet in der taz.

13. Februar 2005

Später Respekt

Martin Walser: „Er hat mich noch nie so für sich eingenommen wie jetzt. Die bescheidene Theatralik früherer Jahre, die mich eher gerührt als fasziniert hat, ist weg. Übriggeblieben ist der pure Kampf um noch und noch eine Stunde Leben. Da kämpft man ganz von selbst mit.” (Walser: Papst imponiert - FAZ.NET - Feuilleton)

12. Februar 2005

Deutschland, Gott und die U.S. of A.

Die kleinen Unterschiede: "Denn in keinem Parlament der Welt gibt es soviele überzeugte Gläubige wie in Washington, und in keinem Parlament soviele Theologen wie in Deutschland – immerhin fünfzehn Bundestagsabgeordnete sind vollakademisch ausgebildete Theologen." (aus der instruktiven
Rezension des Buches von Josef Braml: Amerika, Gott und die Welt. Matthes & Seitz, Berlin 2005, 160 Seiten, EUR 14,90 in der Tagespost)

11. Februar 2005

Die Bühne füllt sich
Fortsetzung der Triegel-Hofmann-Affäre


Es ist ein bißchen wie in den Freitag-abend-Krimis im ZDF: Immer die gleichen Schauspieler, immer die gleichen Texte.

Auf der Affärenbühne treten weitere Statisten auf, die man schon längst erwartete und aus anderen Aufführungen kennt. Heute z.B. der promovierte Theologe und Diakon Guido K., der die Gelegenheit nutzt, die "jesuanische" Religion der "Liebe, Hoffnung, Wärme und Lebendigkeit", des "aktiven Einsatz(es) für Lebensermöglichung, Freude, Hoffnung, Solidarität, auch für Feier und Freude" zu retten vor "kleine(n), aber lautstarke(n) und wohl organisierte(n) konservativen Netzwerke(n), deren kirchenpolitischer Einfluß enorm ist".

Die Triegel-Trilogie mitsamt ihrem hehren Anliegen wird zum Anlaß, gegen "Rechtgläubigkeit" und "enge Befolgung von Gesetzen und Vorschriften" zu wettern und wieder die Predigtfreiheit für "wirklich sehr gut ausgebildete Laien (Frau oder Mann)" zu fordern. Wenigstens ein Stück Selbstlosigkeit, darf Diakon Guido K. doch als Nicht-mehr-Laie sowieso in allen Gottesdiensten problemlos predigen und uns mit der "lebendigen Vision des palästinensischen Juden Jesus" einlullen/zulallen - die garantiert die Anforderungen einer "aufbauenden und anregenden Predigt" für all jene erfüllt, die nicht glauben mögen, daß "ein Christ heute ... zwangsläufig aus einer Mischung von konservativer Grundeinstellung, Obrigkeitshörigkeit, Lebensfeindlichkeit, Enge und Gesetzesfrömmigkeit" bestehe.

Sollte einem das alles ein bißchen manichäisch-dualistisch klingen, hat man sich ein feines Gehör bewahrt. Jetzt ist die Zeit, die Guten von den Bösen zu scheiden.
"Cast Your Vote"

Hier dürfen auch Ausländer wählen: The 2005 Catholic Blog Awards. Nur noch heute bis 18.00 Uhr.

10. Februar 2005

Fastenglanz

Geschrieben von Vater Alexander Schmemann, gefunden im Touchstone-Weblog Mere Comments, übersetzt von mir:

"Ist es nötig zu erklären, daß Ostern viel mehr als eines einer Reihe von Festen ist, mehr als das jährliche Gedenken an ein vergangenes Ereignis? Jeder, der - und sei es nur einmal - an jener Nacht teilgenommen hat, die 'heller ist als der Tag', der von dieser einzigartigen Freude gekostet hat, weiß es ... An Ostern feiern wir die Auferstehung Christi als etwas, das an uns geschah und noch geschieht. Denn jeder von uns empfing die Gabe dieses neuen Lebens und die Kraft, es anzunehmen und daraus zu leben. Es ist eine Gabe, die unsere Einstellung zu allem in dieser Welt radikal verändert, den Tod eingeschlossen. Sie macht es uns möglich, voller Freude zu bekräftigen: 'Der Tod ist nicht mehr!' Ja, der Tod ist noch da, sicher, wir stehen ihm noch gegenüber, und eines Tages wird er kommen und uns holen. Aber es ist unser ganzer Glaube, daß Christus durch seinen eigenen Tod die eigentliche Natur des Todes verändert hat, ihn umwandelte in einen Übergang - ein Vorübergehen, ein 'Pascha' - in das Reich Gottes, indem er die Tragödie der Tragödien umgestaltete in den äußersten Sieg...

Das ist der Glaube der Kirche, bekräftigt und einsichtig gemacht durch ihre zahllosen Heiligen. Doch ist es nicht unsere tägliche Erfahrung, daß dieser Glaube sehr selten der unsere ist, daß wir die ganze Zeit das 'neue Leben' verlieren und verraten, das wir als Gabe erhielten, und daß wir tatsächlich leben, als ob Christus nicht von den Toten erstanden sei, als ob dieses einmalige Ereignis keinerlei Bedeutung für uns habe? ... All dies vergessen wir einfach - so geschäftig sind wir, so vertieft in unsere alltäglichen Beschäftigungen - und weil wir vergessen, versagen wir. Und durch diese Vergesslichkeit, dieses Versagen, diese Sünde wird unser Leben wieder 'alt' - klein, dunkel und letztlich bedeutungslos - eine bedeutungslose Reise zu einem bedeutungslosen Ende. ... Von Zeit zu Zeit mögen wir unsere verschiedenen Sünden anerkennen und bekennen, doch wir hören auf, unser Leben auf das neue Leben zu beziehen, das Christus offenbarte und uns gab. Ja, wir leben, als ob er nie gekommen sei. Das ist die einzige wirkliche Sünde, die Sünde aller Sünden, die bodenlose Traurigkeit und Tragödie unserer Christenheit, die es nur dem Namen nach ist.

So wollen wir die Fastenzeit wieder entdecken. Eine Reise, eine Pilgerfahrt! Doch, sobald wir sie beginnen, sobald wir den ersten Schritt in die 'helle Traurigkeit' der Fastenzeit tun, sehen wir - weit, weit entfernt - unser Ziel. Es ist die Freude von Ostern, es ist der Eingang in die Herrlichkeit des Reiches. Und es ist diese Vision, dieser Vorgeschmack von Ostern, der die Traurigkeit der Fastenzeit hell und die Mühe unseres Fastens zu einem 'geistlichen Frühling' werden lässt. Die Nacht mag dunkel und lang sein, aber den ganzen Weg entlang scheint eine geheimnisvolle und strahlende Dämmerung am Horizont zu glänzen. 'Beraube uns nicht unserer Erwartung, o Liebhaber des Menschen!'"
"...auch wenn kaum einer Neues dazu zu sagen weiß"

Eben.

Paul Badde zu den üblichen Spekulationen der üblichen Verdächtigen in der Welt

9. Februar 2005

Das Gedicht zum Tag

"Fast eine Fastenkur

Alte Brötchen. Saure Weine.
Ein Salatblatt. Guß auf Beine.
Hunger nagt im Magen-Sektor.
Und er knurrt, wie draußen Hektor.

Will nicht mehr gesund und schlank sein!
Will dann lieber dick und krank sein!

Kehrt zurück, ihr großen fetten
Schnitzel oder Schweinskotletten
und auch ihr, ihr Leibbeschwerden!

Bin es satt, nie satt zu werden!"
(Heinz Erhardt)
Einer für alle: Global Standard Deity

"The Very Irreverent Joffy Next was the minister for the Global Standard Deity's first church in England. The GSD had a little bit of all religions, arguing that if there was one God, then He would really have very little to do with all the fluff and muddle down here on the material plane, and a streamlining of the faiths might very well be in His interest. Worshippers came and went as they pleased, prayed according to how they felt most happy, and mingled freely with other GSD members. It enjoyed moderate success, but what God actually thought of it no one ever really knew." (Prof. M. Blessington, zit. in Jasper Fforde: Lost in a Good Book)

8. Februar 2005

Die Kleidung des Auferstandenen -
vorläufige Bemerkungen zu einer Affäre-im-Werden

Immer noch einen Tag vorm Aschermittwoch.

Asche ist nicht gleich Asche, und Townes' Zeile "All born to grow and grown to die" müsste weitergehen mit "all dead to live". Das Ereignis der Auferstehung Jesu ist "ungeheuerlich" (John Updike) in seinem Anspruch, auch den Leib und damit die Materie mitauferstehen zu lassen.

Viel leichter als an die Materialität des Auferstehungsleibes Jesu zu glauben, ist es jedenfalls, IHn in seine "Sache" hinein auferstanden zu glauben - seine Sache, die uns zu tun aufgetragen ist und die dann ihre materiellen Träger in der Gruppe derer findet, die sie sich zu eigen machen.

Auf diesem Hintergrund ist die aktuelle Affäre interessant, die sich im Bistum Würzburg entwickelt:

Hauptpersonen:
  • Michael Triegel, ein "neorealistischer" Maler mit einer Vorliebe für traditionelle christliche Motive;
  • Friedhelm Hofmann, seit einem halben Jahr Bischof von Würzburg und ausgewiesener Kunstexperte;
  • sein vom Vorgänger übernommener Bau- und Kunstreferent Jürgen Lenssen, der spiritus rector des neuen Dommuseums;
  • die innerkatholische Öffentlichkeit (IKÖ) in ihrer modernisierten und ihrer traditionellen Variante, Kinder der gleichen Mutter, der ecclesia post-vaticana, daher Geschwister, manchmal sogar siamesische Zwillinge;
  • diverse Kunstexperten; und zuguterletzt
  • die institutionalisierte Öffentlichkeit, die Medien also.

Die Ereignisse, so weit sie bekannt sind:
  • J. Lenssen schafft für das Dommuseum eine Trilogie von M. Triegel an und stellt sie ab Juli 2004 dort aus. Sie zeigt in einem von drei Bildern, die traditionelle Passions- und Osterdarstellungen aufgreifen, den auferstandenen Jesus als nackten, schönen Mann - und zwar eben "neorealistisch", in allen Details.
  • Ein Teil der Hauptpersonen - die modernisierte IKÖ, die Kunstexperten und die Medien - ist davon angetan; die Traditions-IKÖ nicht.
  • Auch der neue Bischof von Würzburg nicht, der das Bild bald nach seinem Amtsantritt abhängen lässt.
  • Das Wort "pornographisch" kommt ins Spiel - evtl. von bischöflicher Seite. Verifizieren lässt sich das für mich aktuell nicht.
  • Am 28. Januar gibt es im "Museum am Dom" eine Künstlerbegegnung mit Michael Triegel. [ergänzt am 16.2.]
  • Die Lokalzeitungen greifen die Angelegenheit auf.
  • Der Maler betont in einem öffentlichen Brief an den Bischof, daß er die Auferstehung des Leibes betonen wollte und daß, weil - in meinen Worten - die Wahrheit und die Schönheit in eins fallen, der Auferstandene hier in seiner leiblichen Schönheit dargestellt sei.
  • Die Kunstexperten und die Lokalmedien finden es gar nicht nett, daß der Bischof das von Lenssen endlich! wiederhergestellte gute Verhältnis zwischen Kirche und Kunst belaste, autokratisch und im Sinne der Traditions-IKÖ entscheide.
  • Der Bischof äußert sich nicht offiziell, er "schweigt" (die Medien).
  • Fortsetzung folgt.

Noch sind wir in einer frühen Phase, noch schaut nicht die ganze Bundesrepublik auf Würzburg. Aber einiges läßt sich doch schon beobachten:

Relativ trivial ist erst einmal die Beobachtung, daß die Traditions-IKÖ es leid ist, sich provozieren zu lassen, und deshalb auf jeden Versuch allergisch (oder vielleicht allergischer als nötig) reagiert. Das bringt im aktuellen Fall die Gefahr mit sich, daß diejenigen, die mit der "leiblichen Auferstehung Jesu" am ehesten etwas anfangen können, zur Sache leider nur noch wenig beitragen. Da sie in der bezahlten Öffentlichkeit sowieso die schlechteren Karten hat, wäre ein offensives Buchstabieren der eigenen Bedenken (und der eigenen Alternative) umso wichtiger.

Die modernisierte IKÖ hat es dann leicht, die Provokation "leibliche Auferstehung" zu umgehen und stattdessen wieder auf die "Fundamentalisten" einzuschlagen, die die Freiheit der Kunst einschränken und in Inquisitionszeiten zurück wollen etc. etc.

Die Kunstexperten schütteln bedenklich den Kopf, erkennen bestenfalls die Hoheit des Bischofs über "sein" Museum an und sehen schlimmstenfalls die heilsame Partnerschaft von Kunst und Kirche bedroht. Nur noch kastrierte, funktionalisierte Kunst sei erwünscht, und das sei keine gescheite Basis für gegenseitige Bereicherung.

Die "vox populi" erweist sich wieder einmal als rein taktische Verbündete: Die Mehrzahl der Würzburger Katholiken fände die Darstellung Jesu bei Triegel in ihrer detaillierten Nacktheit wahrscheinlich unpassend bis anstößig, und lässt sich daher diesmal nicht als "vox Dei" zitieren, als die sie bei anderen Streitfragen (priesterlicher Zölibat, Sexualmoral etc.) gerne gehört wird.

Folglich betonen Kunstexperten und Medien jetzt stärker die fortdauernde Unaufgeklärtheit des Christenvolkes als Folge jahrhundertelanger Verdummung und christlicher Sexualverachtung.

Michael Triegel und Bischof Hofmann sind sich derweil (vielleicht) über die "leibliche Auferstehung Jesu" einig, was aber keiner wissen will.

Ob sich unser Bischof äußern wird? Es wäre nötig, und es sollte ihm eigentlich keine Probleme bereiten: Es scheint, daß er weiß, was er will, und daß er auch verständlich machen kann, was er weiß und will.

Bis dahin empfehlen wir alle Beteiligten dem Auferstandenen im Gebet.
Catholica vom Catholica-Beauftragten

"Bayerns evangelischer Landesbischof Johannes Friedrich über Ökumene, katholischen Priestermangel, Abendmahl und eine EU-Perspektive für die Türkei"

Vielleicht nicht direkt ein Eiertanz, aber wenigstens ein Eierlauf: "... ich verstehe sehr wohl das katholische Anliegen, die Eucharistie in ihrer Bedeutung zu erhalten ...", aber: "theologisch gesehen hat der Wortgottesdienst bei uns denselben Stellenwert. Ohne Wenn und Aber."

Genau wie der gute Bischof keine Kirchen den Muslimen überlassen möchte, damit keiner glaubt, daß wir - Hauptsache Monotheismus! - alle zum selben Gott beten - genauso müsste er doch eigentlich verstehen können, daß die r.K. Kirche seiner Gleichung

Wort = (Wort+(Brot+Wein))

nicht zustimmt. Und auch den Eindruck einer Zustimmung vermeiden möchte.

Ich bin mir weiters nicht so sicher, ob die flächendeckende Eucharistiefeier am Sonntag vormittag zum Grundsortiment der r.K. Kirche gehört. Auch da, Herr Bischof, wo es wie in meiner Heimat noch dieses Angebot gibt, haben wir auch jetzt schon jede Menge getaufter Christen, die sonntags vormittags ohne Hemmungen und Gewissensbisse ihre Sportaktivitäten propagieren oder ihre Vereinsfeste ohne Rücksicht auf Gottesdienstordnungen stattfinden lassen.
Bloggerpatronin

Bei der Websuche nach diesem Gebet auf dieses Posting gestoßen. Mit dem Vorschlag kann ich leben. Es ist allerdings nicht der erste Beraterjob der Dame - hoffen wir, daß sie einen gewissen Prozentsatz ihrer posthumen Aktivität für uns aufbringen kann.

7. Februar 2005

Staub bist Du ...

... auch schon zwei Tage vorm Aschermittwoch.

Ride the blue wind high and free
She'll lead you down through misery
Leave you low come time to go
Alone and low as low can be

If I had a nickel I'd find a game
If I won a dollar I'd make it rain
If it rained an ocean I'd drink it dry
And lay me down dissatisfied

It's legs to walk and thoughts to fly
Eyes to laugh and lips to cry
A restless tongue to classify
All born to grow and grown to die

Tell my baby I said so long
Tell my mother I did no wrong
Tell my brother to watch his own
Tell my friends to mourn me none

Chained upon the face of time
Feeling full of foolish rhyme
There ain't no dark till something shines
I'm bound to leave this dark behind

Ride the blue wind high and free
She'll lead you down through misery
Leave you low come time to go
Alone and low as low can be

(Townes van Zandt: Rex's Blues)
Seht, wie sie einander lieben!

"All hell broke loose at the Khomasdal Catholic Church on Monday evening when the church property became a battleground as parishioners threw punches and swore at each other." (The Namibian)

5. Februar 2005

Vivat Ratzinger!

"Kardinal Ratzinger ist weder ein Mann der Pastoral, noch der Diplomatie, noch der öffentlichen Bühnen und großen Events. Er ist ein Mann des Glaubens, genauer gesagt des Dogmas. Und hier spürt die Weltkirche derzeit die größte Verunsicherung." (Guido Horst in der Tagespost)
Hoch die gepflegten Vorurteile!

Ärgerlich, wie Vorzeigeschriftsteller Mario Vargas Llosa uralten Vorurteilen aufsitzt, wenn er über das Kondom variiert. Seine Meinung in Ehren, aber manches in seinem Essay ist einfach dumm.

Das Katholische Notizbuch zitiert die passenden Passagen aus dem Katechismus der Katholischen Kirche. Aus unverdächtigerer Feder, nämlich von Peter Brown stammt das interessante und spannende Buch "The Body and Society: Men, Women and Sexual Renunciation in Early Christianity" (dt. als "Die Keuschheit der Engel"), das die Haltung der ersten christlichen Jahrhunderte zum Thema Lust, Sexualität, Ehe differenziert betrachtet.

4. Februar 2005

Eine Lanze für das alte Griechisch ...

... auf der Vorspeisenplatte der Kaltmamsell.

D'accord! (Wie unsere damaligen Franzosen gesagt hätten)

3. Februar 2005

"Nein, Schwester, keine Laufmasche in Ihrem Barhocker!"

Und das dürfen wir uns am "Seniorinnenfasching" beim üblichen Verdächtigen nicht entgehen lassen.
Problematische Muttersprache

Bei Josef Christoph Haefely gefunden - ein bißchen verspätet. (Naja: pensiamo in secoli...):

"Dichterin Silja Walter: "Ist die heutige Liturgie menschenfähig?" - Die berühmte Schweizer Benediktinerin und Dichterin Sr. Silja Walter OSB, beantwortete die Frage nach der Liturgiefähigkeit, mit einer Kritik an der Liturgiereform. Die Benediktinernonne aus dem Kloster Fahr unweit von Zürich offenbarte ihre Liebe zur „Stillen Messe“ aus der Zeit vor der Liturgiereform. Das Latein habe ihr ermöglicht von allzu viel wörtlichem Nachvollzug der Gebete befreit zu sein. Die deutsche Messe bereite ihr Probleme. Es sei mühsam, den gedanklichen Weg von einem Gebet zum anderen mitzugehen. Die Liturgie erscheine ihr aufdringlich und zu abstrakt. Die alte lateinische Messe schenke dem Laien Freiheit und Ruhe. Jetzt habe man sich - beginnend mit dem Einzugslied bis zum Segen - mit einer ständigen Aufeinanderfolge von Texten abzufinden. Sr. Silja beantwortete die Frage nach der Liturgiefähigkeit der Menschen mit einer kritischen Gegenfrage. „Ist die heutige Liturgie menschenfähig?“
Diese Notiz ist umso interessanter, weil Silja Walter OSB als Dichterin sozusagen professionell mit Sprache umgeht und entsprechend sensibel für ihren - Mißbrauch will ich nicht sagen, am besten: ihren unsachgemäßen Einsatz ist.

Am Rande:

Herrn Haefelys Seite entwickelt sich zu einem Weblog, würde ich sagen. Also bei Gelegenheit vorbeischauen.
Ex opere operato

Eamon Duffy in seinem London Review of Books-Review von Joseph Leo Koerner: The Reformation of the Image:

"Koerner here effectively articulates a modern version of an accusation often made by Lutherans at the time of the Reformation: Catholicism was external, magical and mechanical, Protestantism was interior and rooted in personal responsibility. Reformation polemic is thus recycled as considered historical generalisation. As a description of medieval sacramental belief, however, it is quite simply mistaken. The medieval Church's insistence that the sacraments worked ex opere operato was a claim about the dependable availability of God's grace, but emphatically not a guarantee that grace would be effective for the recipient regardless of interior disposition.

Essentially, the doctrine guaranteed the spiritual lives of ordinary people against wicked or inadequate priests. Mass might be celebrated by a saint, or by a clerical philanderer still reeking from his mistress's or his boyfriend's bed: but provided both had been duly ordained, and used the correct prayers, Christ would be just as truly present at the sinner's Mass as at the saint's. However, that presence, stupendous mystery as it was, was in itself no guarantee of benefit, either to celebrant or congregation. Medieval Catholics, just like 16th-century Protestants, thought that an unworthy or inattentive communicant not only received no blessing from the eucharist, but on the contrary ate and drank damnation. Christ was objectively present even to the wicked; but the inner spiritual power and healing of the sacrament was available only to devout penitence and faith."
Anmerkung zur Liturgie

"Thematische Gottesdienste" allein sind schon schlimm genug. Aber wenn dann die Hinführung zum Thema mit dem Satz schließt: "Darüber wollen wir in diesem Gottesdienst gemeinsam mit [hier den Namen der gestaltenden Gruppe einsetzen] nachdenken." - dann möchte ich ganz laut und deutlich sagen:

"Nein, ich will nicht nachdenken."
Paradiesische Klänge

"The Blues is the first music that was here. It was born with Eve and Adam in the Garden. It is the one that tells the story." (John Lee Hooker)

Media Market Blues



Die "Complete 1928 Recordings" von Mississippi John Hurt für € 7,49 im CD-Laden zu finden, macht den Bluesfan traurig: So gute Musik für so wenig Geld, echte Perlen verscherbelt wie billiger Tand.

Als dann zwei Schritte weiter der Viererpack der "Besten Symphonien" von Ludwig van Beethoven zu 1,25 €/ CD liegt, denkt er sich, daß es noch weit schlimmer kommen kann.

2. Februar 2005

Gott in den Vorstädten

Is France Getting Religion? (Slate)

"As the global south heads north in a big way, it brings its faith. The state can bar religion from public life, but the crowd knocking on the door is only going to grow."
War Blogs - A Review

Im Searcher.
Endlich: Kommunion für Muslime und Hindus!

"Innere Bereitschaft" genügt! In Rorschach (Schweiz) tönt es nach Aufbruch - aus der Kirche. (St. Galler Tagblatt)

1. Februar 2005

Marsch in die Unleserlichkeit

Religionssoziologische Erkenntnisse aus der Schweiz - in der NZZ rezensiert.
Ausbalanciert

Die taz nimmt Abschied vom "ökologischen Gleichgewicht", ohne uns einen Ersatz für dieses handlungsleitende Konstrukt anzubieten. Unn nu?
Ehezweck

"Marriage is primarily for our SANCTIFICATION, not for our GRATIFICATION." (via Video meliora, proboque; Deteriora sequor)
Brandbeschleuniger für die Kirchenflucht

Hanna Pabst in der Tagespost zu einer bischöflichen Arbeitshilfe.
Sein, was wir sind

Rocco Buttiglione schaut in den Spiegel. (Der Link stammt von Fono.)

"In the plane on my way to Madrid I was reading ll Corriere della Sera and there was an interesting poll. Do you know that that the clear majority of Italian youth are against abortion? Did you think this was possible? It is so. I want to say also that it is a majority of Italian youth, a much smaller majority, but a majority, that is in favor of euthanasia. This signifies that they are looking for their path and that in this search Christianity is a viable option, and it would interest them, but we need courage, we need courage in the Church.

I don't know if you like to read statistics, but it is always very interesting what you can learn from them, and they have a great impact. Do you know how many Italians think they are practicing Catholics? 57%. Do you know how many of those go to Mass on Sunday? Half. What does this mean? It means that many people would be able to practice their faith more if the Church had more capacity for attraction, more capacity for dialogue, more capacity to be present among the people. Europe is not Christian, but neither is it non-Christian. Europe, like the Italian young people, is looking for its path. In order to discover this path, in order to discover Christ as an adequate response to the desire of the heart of man, it is necessary that there be Christians who give testimony, who have the courage to be that which they are."
Hörknäcke

An manchen Tagen darf es morgens kein Nutellabrot sein, und auch nicht der Rest vom Sonntagskuchen. Da schmeckt einem nur ein trockenes Knäcke.

Dazu passt am besten die Musik von Dock Boggs, wie ich heute morgen festgestellt habe.