Immer für eine flotte Formulierung ist Peter Sloterdijk gut. Auch wenn man ihm sein Europa-von-den-Griechen-über-Luther-bis-zum-deutschen-Idealismus-Konzentrat nicht voll abnimmt: Langweilig ist er nicht.
"Die Griechen haben den autonom lesbaren Text erfunden, weil man zum ersten Mal - deswegen heißen die Dinge auch Vokale - die Stimme des Autors rekonstruieren kann. Ansonsten braucht man immer einen Vorleser, der sagt, wie der Text gesprochen werden muss - ein Sachverhalt, der im Hebräischen bis heute fortbesteht. Tendenziell ist der europäische Leser also ein autonomer Leser. Oder, anders ausgedrückt, ein Autodidakt, der auf eigene Faust die Stimme der Ahnen entziffern kann. Mir scheint, dass dies für das Verständnis der europäischen Psyche von ungeheurer Bedeutsamkeit geworden ist. Das bestätigt und verstärkt sich im Protestantismus, den man als Autodidaktentum des Glaubens definieren könnte. Die Autodidaktik des Glaubens produziert das moderne Individuum, das sich selber in die Bibel einloggt. Man könnte es den Luther-Effekt nennen, als ob Christus plötzlich eine Steckdose hätte. Da entsteht eine Art Plug-in-Christentum, das durch den Buchdruck möglich wurde. Die späteste Explikationsgestalt dessen, was in der griechischen Schriftveränderung ursprünglich entstanden war, kulminiert dann im deutschen Idealismus im Pathos des Selberdenkens." (Quelle: FAZ)
26. November 2010
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1 Kommentar:
Auch wenn es dem Autoren, wie Spaemann sagt, etwas am Rüstzeug fehlt; interessante Gedanken hat er in der Tat.
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