"Ich bin Polytheist, ich bevorzuge diese Mythologie ohne Hölle, ohne Sünde, ohne Vergebung." So Karl Lagerfeld laut Spiegel
Ob er es wirklich schafft, seine Vorliebe für eine Welt "ohne Vergebung" durchzuhalten? Ob er nicht manchmal hofft, es gäbe diese Vergebung? Vergebung für ihn und uns alle? Gründe gibt es genug, warum er und ich besser nicht auf Gerechtigkeit bestehen sollten.
(Und weil es mir gerade einfällt: Das ist es, was mich bei kreuz.net zutiefst abstößt, jedesmal wenn ich zufällig einen Artikel dort lese: Daß es dort immer klingt, als ob man selber GOttes vergebendes Erbarmen nicht nötig habe. Bleibt uns denn etwas anderes als uns immer wieder ans SEin liebendes Herz zu flüchten und möglichst viele dabei mitzunehmen? Ich jedenfalls möchte lieber nicht ohne meinen Erzfeind vor IHm erscheinen, mitten in einem Haufen Sünder.)
30. November 2010
Keine Vergebung für Karl Lagerfeld?
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
13 Kommentare:
"Ich jedenfalls möchte lieber nicht ohne meinen Erzfeind vor IHm erscheinen"
das ehrt Dich, ich muß gestehen, daß ich zwar allen Leuten das Paradies gönne, manchmal (bspw. bei Äußerungen wie der von Karl Lagerfeld) dann aber doch hoffe, daß der Himmel groß ist. So groß, daß wir uns nicht über den Weg laufen müssen...
Die Zusammenstellung von Karl Lagerfeld ist auch interessant... nach Sünde und Hölle ist also das dritte Schlimme, was einem einfallen kann, die Vergebung?
Ich habe zwar keine Ahnung, was Lagerfeld gemeint hat, aber für mich persönlich sind es hauptsächlich zwei Punkte, die mich an göttlicher Vergebung stören:
1. Warum braucht eigentlich irgendjemand Gottes Vergebung? Und warum ist das in der Regel das erste, was Christen einfällt?
Ich weiß eine Menge Leute, die ich vielleicht um Vergebung bitten sollte. Aber Gott habe ich nie etwas getan.
Wenn ich Bob fünf Euro schulde, und Gott vergibt mir, was hat Bob davon?
2. "Gründe gibt es genug, warum er und ich besser nicht auf Gerechtigkeit bestehen sollten."
Das kann eigentlich nur dann Sinn ergeben, wenn du einen (nach meinem Maßstab) völlig abwegigen Begriff von Gerechtigkeit hast. In dem Zitat von dir klingt diese Idee mit, dass wir alle unwürdige Sünder sind, die grausame Strafe verdient haben.
Vielleicht lese ich da zuviel hinein und attackiere deshalb jetzt einen strohmann, aber ich finde diese Idee nicht nur falsch, sondern in ihrer Menschenfeindlichkeit geradezu widerwärtig.
Typisch eingebildeter Fatzke. Sündlos, Makellos, einfach perfekt. In welcher Hölle der wohl landen wird? Vermute mal, daß man ihm Kopfhörer aufsetzt, so daß er auf ewig sein eigenes Gequatsche hören muß. Entsetzlich! Welche Qual!
Lagerfeld redet halt sehr viel, ich würde nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Jemand hat mir von einem pers. Zusammentreffen mit ihm erzählt, bei dem sich L. sehr nett und außerordentlich großzügig gezeigt hat.
@ Muriel:
1. Wenn es (den christlichen) GOtt gibt und wenn ich mich an mir, an anderen, an der Wahrheit, an meiner Berufung verfehle, dann verfehle ich mich nicht nur an mir, an den anderen etc., sondern auch an dem, dessen Gabe das alles ist.
Weiters: Kannst Du irgendwie die "Regel", die Du da feststellst, irgendwie belegen? Und dann: Fällt Christen gemäß dieser Regel zuerst ihre Schuld ein, oder die Vergebung ebendieser? Oder ist beides das selbe: die Schuld und die Tat, die diese Schuld aufhebt? Die Tat, die den Menschen erhöht, erniedrigt ihn? Um mich schauend auf die allgemeine Malaise in groß und klein, zurückblickend nach Auschwitz, Kolyma und auf so viele andere Orte: Wie menschenfeindlich ist der "Mensch an sich"?
Woher weißt Du, daß Gott Dir vergibt, ohne daß Du Bob seine 5 € zurückgibst - diese Unterstellung höre ich in Deinem Satz mitklingen? (Was übrigens ist die Funktion der hoffentlich aufrichtigen Entschuldigung, mit der Du ihm das Geld zurückgibst? Müsste ihm nicht reichen, daß er die 5 € incl. Zinsen wieder hat, zusammen mit der Zusicherung, daß Du das nicht noch mal tust?)
2. Wenn wir laut Mutter Teresa keine Ahnung haben, wie viel Gutes ein Lächeln bewirken kann: wissen wir, wieviel Schlimmes ein böser Blick bewirken kann? Worin besteht die Gerechtigkeit, die mir dann zuteil würde? Und wohl gemerkt: Wir reden zum Einstieg nur von bösen Blicken. Es lassen sich leicht noch andere Handlungen vorstellen, mit offensichtlich negativen, "sündhaften" Folgen - und mit negativen, "sündhaften" Folgen, die wir nicht mal ahnen. Die wir als Folgen sicher auch nicht absichtlich wollten, die uns aber zugeschrieben werden könnten, mindestens da, wo vollkommene Transparenz herrschte.
Christen können übrigens - imho - so denken, weil sie wissen/glauben, daß in Gott Gerechtigkeit und Liebe in eins fallen. Daß Gott verzeiht, ohne den Opfern Unrecht zu tun.
Man muß das alles nicht glauben. Aber dann muß man sich natürlich auch überlegen, ob man nicht in eine andere Art von "Unmenschlichkeit" fällt: Wenn Gerechtigkeit hienieden nicht hergestellt werden kann und drüben auch nicht, weil es drüben keinen gibt, der es tun könnte, ja weil es drüben überhaupt keinen gibt: Dann erkläre das bitte auch jemand den vielen Opfern. Wenn meine Bitte um Vergebung meine Opfer hier nicht erreicht: Muß ich die dann mit ins Grab nehmen? Sollte ich es einfach nicht so schwer nehmen, sondern lieber evolutionsbiologisch als factum brutum?
@scipio: Danke für die ausführliche Antwort.
1. Wir könnten das sicher lange und fruchtlos diskutieren, und ich weiß auch nicht genau genug, an welche Art Gott du glaubst, um mich dazu im Detail äußern zu können, aber ich bestreite das. Ich sehe nicht, was ich tun könnte, das es erforderlich machen würde, das Gott mir vergibt.
Die Regel, die ich genannt habe, kann ich nicht ohne Weiteres belegen. Es ist eine Erfahrung aus dem Dialog mit Christen, das sie im religiösen Zusammenhang bei dem Begriff Vergebung vorrangig an göttliche Vergebung denken und weniger an menschliche. Wenn das nicht deiner Erfahrung entspricht, in Ordnung, damit habe ich kein Problem.
Und ja, wenn du die Geschichte betrachtest, siehst du, dass der Mensch sehr menschenfeindlich werden kann, wenn er seine Verantwortung gegenüber anderen Menschen der Verantwortung gegenüber einem als höher empfundenen Gut (ob es nun Gott, die arische Rasse oder das kommunistische Paradies war) vergisst. Ich verstehe aber nicht, was das mit meinem Kommentar zu tun hat.
Was Bob angeht: Ich habe keine Ahnung, unter welchen Bedingungen der Gott, an den du glaubst, mir vergeben würde. Mir ging es darum, dass ich nicht erkenne, was Gott überhaupt mit der Sache zu tun hat und warum er überhaupt irgendwem vergeben kann oder sollte, wenn ihm niemand geschadet hat.
2. Über Mutter Theresa äußere ich mich hier mal nicht, damit das Gespräch keinen zu scharfen Ton annimmt.
Stattdessen versuche ich, auf deine Antwort einzugehen, soweit ich sie verstehe.
Meinst du nicht, dass Gerechtigkeit, die diesen Namen verdient, berücksichtigen müsste, ob ich die Folgen meines Handelns erkennen konnte und was meine Absichten waren? Das Argument, das ich oft von den Folgen meines Handelns keine Ahnung habe, greift deshalb aus meiner Sicht nicht.
Ich erkenne auch nicht, inwiefern es unmenschlich sein soll, zu glauben, dass es keine vollkommene Gerechtigkeit gibt. Sie entstünde ja auch nicht, bloß weil ich an sie glaubte. Und wenn ich die Welt sehe, wie sie ist, kann ich wenigstens auf vernünftiger Basis entscheiden, was ich tun kann, um möglichst viel Gerechtigkeit zu bewirken. Insbesondere die christliche Überzeugung (Ich weiß natürlich nicht, ob sie auch deinem persönliche Glauben entspricht.), dass jeder Vergebung erfährt, der nur bereut und Jesus als seinen Erlöser anerkennt, hat nach meiner Vorstellung auch nichts mit Gerechtigkeit zu tun, sondern passt eher zum Begriff Willkür.
Warum erwähnst du zum Schluss die Evolutionsbiologie? Dir ist sicherlich klar, dass es sich dabei um eine Beschreibung der Realität handelt, nicht um einen Satz ethischer Regeln. Sie kann uns nichts über Gerechtigkeit sagen.
@scipio: Danke für die ausführliche Antwort.
1. Wir könnten das sicher lange und fruchtlos diskutieren, und ich weiß auch nicht genau genug, an welche Art Gott du glaubst, um mich dazu im Detail äußern zu können, aber ich bestreite das. Ich sehe nicht, was ich tun könnte, das es erforderlich machen würde, das Gott mir vergibt.
Die Regel, die ich genannt habe, kann ich nicht ohne Weiteres belegen. Es ist eine Erfahrung aus dem Dialog mit Christen, das sie im religiösen Zusammenhang bei dem Begriff Vergebung vorrangig an göttliche Vergebung denken und weniger an menschliche. Wenn das nicht deiner Erfahrung entspricht, in Ordnung, damit habe ich kein Problem.
Und ja, wenn du die Geschichte betrachtest, siehst du, dass der Mensch sehr menschenfeindlich werden kann, wenn er seine Verantwortung gegenüber anderen Menschen der Verantwortung gegenüber einem als höher empfundenen Gut (ob es nun Gott, die arische Rasse oder das kommunistische Paradies war) vergisst. Ich verstehe aber nicht, was das mit meinem Kommentar zu tun hat.
Was Bob angeht: Ich habe keine Ahnung, unter welchen Bedingungen der Gott, an den du glaubst, mir vergeben würde. Mir ging es darum, dass ich nicht erkenne, was Gott überhaupt mit der Sache zu tun hat und warum er überhaupt irgendwem vergeben kann oder sollte, wenn ihm niemand geschadet hat.
@scipio: Danke für die ausführliche Antwort.
1. Wir könnten das sicher lange und fruchtlos diskutieren, und ich weiß auch nicht genau genug, an welche Art Gott du glaubst, um mich dazu im Detail äußern zu können, aber ich bestreite das. Ich sehe nicht, was ich tun könnte, das es erforderlich machen würde, das Gott mir vergibt.
Die Regel, die ich genannt habe, kann ich nicht ohne Weiteres belegen. Es ist eine Erfahrung aus dem Dialog mit Christen, das sie im religiösen Zusammenhang bei dem Begriff Vergebung vorrangig an göttliche Vergebung denken und weniger an menschliche. Wenn das nicht deiner Erfahrung entspricht, in Ordnung, damit habe ich kein Problem.
Und ja, wenn du die Geschichte betrachtest, siehst du, dass der Mensch sehr menschenfeindlich werden kann, wenn er seine Verantwortung gegenüber anderen Menschen der Verantwortung gegenüber einem als höher empfundenen Gut (ob es nun Gott, die arische Rasse oder das kommunistische Paradies war) vergisst. Ich verstehe aber nicht, was das mit meinem Kommentar zu tun hat.
Was Bob angeht: Ich habe keine Ahnung, unter welchen Bedingungen der Gott, an den du glaubst, mir vergeben würde. Mir ging es darum, dass ich nicht erkenne, was Gott überhaupt mit der Sache zu tun hat und warum er überhaupt irgendwem vergeben kann oder sollte, wenn ihm niemand geschadet hat.
Hoppla, da ist aber was gründlich schief gegangen.
Ich bitte um Vergebung, und vielleicht bei der Gelegenheit auch um Löschung der überflüssigen Kommentare.
Lagerfelds Äußerung impliziert, das Sünde keine Realität ist. Wie das ein Mensch nach dem 20.Jahrhundert noch glauben kann, ist mir schleierhaft.
Man kann das wohl nur behaupten, wenn man jeden ethischen Maßstab (und nicht nur einen christlichen) über Bord wirft.
Ich erlaube mir, diesen unlängst bereits bei Elsa veröffentlichten Kommentar auch hier zu placieren:
Karl Lagerfeld
Ich sah vor längerer Zeit mal irgend eine Sendung mit oder über diesen weibischen, eingebildeten und affektierten Menschen. Doch da nahm er einen Kohlestift und einen Bogen Papier und begann zu zeichnen - rasch und mit absolut präzisem, sicherem Strich. Die zuvor völlig lächerliche Gestalt zeigte sich als begnadeter, professioneller Künstler! Die Geste war so überraschend und derart überzeugend, dass ich mit dem Augenwasser kämpfen musste.
Vielleicht hat er vieles falsch gemacht in seinem Leben - wir wollen es gar nicht wissen und wollen darob keine selbstgefälligen Pharisäer sein. Aber da hat einer offenbar mit den ihm geliehenen Talenten sehr wohl gut und gewissenhaft gewuchert! Die Schlussrechnung wird einmal ziemlich sicher recht überraschend ausfallen..
Kommentar veröffentlichen