"Unser Vater im Himmel! / Groß ist dein Name und heilig. / Dein Reich kommt, wenn dein Wille geschieht, / Auch auf Erden. / Gib uns das, was wir brauchen. / Vergib uns, wenn wir Böses tun und Gutes unterlassen. / So wie auch wir denen verzeihen wollen, / Die an uns schuldig geworden sind. / Und mach uns frei, wenn es Zeit ist, / Von den Übeln dieser Welt."
Wenn der "Feuilletonist unter den Politikern", der "sprachmächtige" Norbert Lammert das Vaterunser "neu erfindet", dann geht ergriffenes Stöhnen durch den deutschen Blätterwald. Zwar werden hin und wieder ein paar Einschränkungen gemacht - "schnöde" nennt RP Online das, was nach dem Wegfall des Brotes noch bleibt von der Bitte -, aber das Epitheton schlechthin ist ihm allemal und auf ewig sicher: "ZEITGEMÄSS".
Der Vatikan, klar, hat schon mal die Inquisition angeworfen, und wenn die Lammertsche Version nicht ganz ganz schnell für die Deutsche Version Des Römischen Messbuchs zugelassen wird, dann kommt es spätestens im Januar zur nächsten Deutschen Reformation. Des bin ich gewiss.
LammertsSchlußhoffnung und -bitte teile ich natürlich: ER wird uns, "wenn es Zeit ist", ganz sicher befreien "von den Übeln dieser Welt". Welche auch immer das sein mögen.
13. November 2010
Das Elter Unser, zeitgemäß
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5 Kommentare:
Da hat sich Lammert ja mit allen angelegt: Der Vatikan bringt "liturgiam authenticam" über den rechten Gebrauch der Volkssprache ins Spiel, die Aliceschwarzers protestieren gegen den Vater, die Bäcker vermissen das Brot, der Himmel ist sauer, dass in ihm Vaters Wille nicht mehr geschieht, dem Bösen wird übel und der Teufel vermisst die Versuchung. Echt bela(e)mmert!
Nein, dafür kommt es nicht zur Reformation. Vielleicht zu einem Aufstand der KJG oder der Evangelischen Akademien, wer weiß - aber zu einer Reformation gehört doch ein bißchen mehr. Jedenfalls hat Luther nicht auf der Welle des Populismus geschwommen, die hat ihn eher angewidert.
Du hast schon recht: Deswegen nicht. Aber trotzdem: Der Geist dieser Version die ich übrigens Herrn Lammert für seine Privatfrömmigkeit gerne und froh zugestehe, atmet den Geist der Krise, die für mich so sicher kommen wird wie das Amen in der Kirche: Ein Christentum, das christozentrisch ist und das Heil aus dem liebenden Glauben an den Retter und Heiland erwartet - vs. ein Christentum, das einen moralischen Zuckerguß für die Gesellschaft darstellt. Klempner des gesellschaftlichen Kitts, wie es Geyer in der FAZ vor Jahren formulierte, oder: Lieferant sozialverträglichen Schmieröl ohne Monopolanspruch. Und ohne allzuviel Jenseitigkeit.
Und vielleicht werden wir uns dann alle noch nach einem Luther und seinem Niveau sehnen. Aber wer sagt, daß es einen Luther oder einen Calvin braucht, um eine Reformation zu veranstalten.
Andernorts hat ja z.B ein Heinrich VIII. in seiner Konstellation gereicht.
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