31. Oktober 2011

Adieu!

Eigentlich, liebe Freunde und liebe Leser, hatte ich ja ernsthaft vor, hier die 10 Jahre voll zu machen.

Nun hat es sich doch anders ergeben: Das reale, nicht-virtuelle Leben fordert seinen Tribut.

Aber nachdem die Blogozese ja blüht und gedeiht, kommt es auf mich nicht mehr so sehr an wie früher. :-)

Vielleicht zeigt es sich nach einer Weile, daß ich wider Erwarten vom Bloggen nicht lassen kann und daß sich doch wieder Zeit und Energie dafür finden.

Bis dahin freilich wünsche ich allen, den Freunden, den Mitbloggern, den Lesern, den Kommentierern, den gelegentlichen Besuchern, ja sogar (?) den Opfern dieses Blogs viel Segen: Möge Euch alle der HErr begleiten!

Das Schlußlied darf für jetzt Townes van Zandt singen:

22. Oktober 2011

Für ein Wochenendlied ...

.. reicht es zwischendurch, bevor die (teils unvermeidliche, teils freiwillige) Blogpause weitergeht.



"I hate to go down, hate to go down this lonesome road" - so singt hier Sam "Lightnin" Hopkins irgendwo am Straßenrand sitzend. (OK, OK, ist natürlich gestellt...). Ein Hoch auf alle, die mit uns gehen.

3. Oktober 2011

In the name of the Father and the Son

- die Secret Sisters mit "River Jordan", einem Lied für eine lange Woche, in der sich hier wohl nichts tun wird:

2. Oktober 2011

Chestertonische Antworten


"Would you prefer to be thin?"

GKC: "No. My weight gives us a subject with which to start these questions and answer sessions." ('Cleveland Press,' March 3, 1921.)

"Could you speak louder please"

GKC: "Good sister, don't worry. You aren't missing a thing."
('Chesterton as Seen by His Contemporaries,' by Cyril Clemens.)


1. Oktober 2011

Ein neuer Blog in der Zese

Gerne weise ich auf einen neuen Blog hin und nehme ihn in die Seitenleise auf:

Ecce, ancilla Domini. Auf langes, frohes und gesegnetes Bloggen!

Lebenszeichen und Wochenendmusik

Diese Wochen sind im Außerhalb meiner digitalen Existenz ziemlich turbulent und arbeitsreich. Meine Gedanken sind sonstwo, bestimmt aber nicht bei dem, was sich bloggen ließe.

Die geneigte Leserschaft möge sich für jetzt mit Katzenjammer begnügen, deren neues Album "A Kiss Before You Go" dieser Tage erschien. Anbei das Video zur Single-Auskopplung "I Will Dance (When I Walk Away":

25. September 2011

Ermutigung

"Ich ermutige die Kirche in Deutschland, mit Kraft und Zuversicht den Weg des Glaubens weiterzugehen, der Menschen dazu führt, zu den Wurzeln, zum wesentlichen Kern der Frohbotschaft Christi zurückzukehren. Es wird kleine Gemeinschaften von Glaubenden geben – und es gibt sie schon –, die in die pluralistische Gesellschaft mit ihrer Begeisterung hineinstrahlen und andere neugierig machen, nach dem Licht zu suchen, das Leben in Fülle schenkt. „Es gibt nichts Schöneres, als Christus zu kennen und den anderen die Freundschaft mit ihm zu schenken.“ Aus dieser Erfahrung wächst schließlich die Gewissheit: „Wo Gott ist, da ist Zukunft!“ Wo Gott zugegen ist, da ist Hoffnung und da eröffnen sich neue, oft ungeahnte Perspektiven, die über den Tag und das nur Kurzlebige hinausreichen. In diesem Sinne begleite ich in Gedanken und im Gebet den Weg der Kirche in Deutschland.

Erfüllt von den eindrucksvollen Erlebnissen und Erinnerungen an diese Tage in der Heimat kehre ich nun nach Rom zurück. Mit der Zusicherung meines Gebets für Sie alle und für eine gute Zukunft unseres Landes in Frieden und Freiheit sage ich zum Abschied ein herzliches Vergelt’s Gott.

Der Herr segne Sie alle!"


(Quelle)

Selbstentlarvung - heute mit Christian Weisner

Was war gut am Papstbesuch? - "die Begegnung mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken" (noch vor der Begegnung mit den Mißbrauchsopfern!!!)

Was war schlecht? - Daß er so furchtbar viel nicht gesagt hat.

Wie geht es weiter? - "Jede Gruppe in der Kirche wird sich mit dem Besuch beschäftigen, auch wir von 'Wir sind Kirche'". Sich beschäftigen - schön neutral ausgedrückt. Wo doch die Presseerklärung schon vorab geschrieben war...


Wie darf es nicht weitergehen? -

1. "Ich warne aber davor, dass jetzt konservativ gesinnte Bischöfe die Botschaften des Papstes für sich vereinnahmen und den Dialogprozess damit zu torpedieren versuchen." Auf gut deutsch: Scheiße, daß er sich nicht in unserem Sinn geäußert hat. Aber wehe jedem, der sich gegen uns auf den Papst beruft.

2. "Es wird auch darüber zu reden sein, dass die katholische Kirche mit dem Besuch des Papstes als Staatsgast einen religiösen und politischen Machtanspruch gestellt hat, der so nicht mehr in die Zeit passt."

Man, he just doesn't get it.

Aber eigentlich: Who cares?

(Quelle: FAZ)

24. September 2011

Spamkatholiken


Keine Ahnung, was hinter der jüngsten Linzer Affäre um den abgesetzten Pfarradministrator Skoblicki steckt: Aber wer spammt, scheint mir, hat a priori Unrecht...

Berufung aus kirchengeschichtlicher Sicht

Politically incorrect, ich gebe es ja schon zu. Aber Satire darf doch auch "alles" (K. Tucholsky)

Two men considering a religious vocation were having a conversation. "What is similar about the Jesuit and Dominican Orders? " the one asked.

The second replied, "Well, they were both founded by Spaniards -- St. Dominic for the Dominicans, and St. Ignatius of Loyola for the Jesuits. They were also both founded to combat heresy -- the Dominicans to fight the Albigensians, and the Jesuits to fight the Protestants."

"What is different about the Jesuit and Dominican Orders?"

"Met any Albigensians lately?"


(via Happy Catholic)

Der Song zum Wochenende ...

... kommt von Justin Townes Earle und heißt "Harlem River Blues".

23. September 2011

Cooperator Veritatis in patria

Den Papstbesuch verfolge ich nur mit einem viertel Ohr und einem halben Auge - kein Boykott, sondern zu kurze Tage für die alltäglichen Dinge, in denen es ja unsere Beziehung zu Jesus Christus genauso zu leben gilt wie während einer Papstmesse. Für mich besucht Benedikt Deutschland einfach zur falschen Zeit. Auf der anderen Seite: Vielleicht bin ich ja gar nicht Teil der Zielgruppe... Aber wie ich B16 kenne, hat er auch für mich einen Satz im Manuskript.

Wenn ich natürlich jetzt Sätze lese wie:

"Siehe da, dieser Papst ist doch für eine Überraschung gut",

dann freut mich das mescalerohaft. Und dann blitzt hinterm redenden Papst noch das gelangweilte Gesicht der Kanzlerin hervor, die wohl lieber smsen würde, und ich denke mir: Na, da erlebt die Republik dieser Tage tatsächlich Augenblicke der Wahrheit und Geisterscheidung.

Habemus Papam - und was für einen.

20. September 2011

Lobende Erwähnung


Immerhin einen hat der SPIEGEL aufgetrieben, der dem Papst nicht vorschreiben will, was er im Bundestag sagen darf oder soll oder ihm eine Vorgabe macht, sondern sich überraschen lässt.

Es ist Pascal Kober von der FDP, seines Zeichens evangelischer Pfarrer.

"Schön, daß Du nach Berlin kommst"



Auch das ist Ecclesia Germanica! - Danke an Tiberius und das Institut St. Philipp Neri.

18. September 2011

Zombie Time

Die Untoten erscheinen dieser Tage wieder, geben Klopfzeichen, lassen sich in plüschigen Altdamenhöhlen voller Stehrumchen besuchen und murmeln ihre Mantras.

Schlechthin unübertrefflicher Prototyp: Die ungeküsste Dame in Türkis.

Gemeinsamer Abwasch

Eine der schönsten Stellen im Interview von Georg Ratzinger mit der WELT ist diese:

"Welt am Sonntag: Wann haben Sie das letzte Mal abgetrocknet, nachdem Ihr Bruder den Abwasch gemacht hat?

Georg Ratzinger: Das kann ich Ihnen genau sagen. Das war in Pentling nach Weihnachten 2005, als wir in seinem Haus dort zusammen zu Abend gegessen haben. Danach hat mein Bruder gespült und ich habe das Geschirr getrocknet, wie immer.

Welt am Sonntag: Als Papst? Er ist doch im April 2005 gewählt worden!

Georg Ratzinger: Nein, nicht als Papst natürlich. 2004 war er nach Weihnachten gekommen, als Kardinal, und ist dann bis zum 6. Januar geblieben, circa bis Dreikönig 2005. Das war das letzte Mal."


(Kann man sich Joseph Ratzingers großen Antipoden Hans Küng beim Spülen vorstellen? - Eher weniger.)

Katholische Schriftsteller, nicht bei der Arbeit - Folge 9

Bei einem Gesamtkunstwerk, wie es Edith Sitwell war, ist es schwierig, ein Bild aufzutreiben, das sie nicht "bei der Arbeit" zeigt. Umso mehr als es idealerweise nach ihrer Konversion zur Katholischen Kirche, also nach 1955, aufgenommen sein sollte.

Am ehesten kommt dem eine Aufnahme nahe, die sie in herzlicher Konversation mit Marilyn Monroe zeigt. Nathasha Spender berichtet von einer Begegnung in den 50er Jahren, Marilyn war in der Gesellschaft ihres dritten Ehemannes, Arthur Miller, den sie 1956 heiratete. Datieren wir also guten Gewissens die Aufnahme in Dame Ediths katholische Zeit.

Zehn Kinder zum Tee und eines am Freitag

Dame Edith Sitwell (mehr über sie bei Wikipedia und vielerorts sonst im Web) in einem ihrer Briefe, wie ihn dylan in seinem Blog zitiert:

"I have got a very nice new lunatic -- a lady in Dublin. She has written to tell me that all R.C. priests have lots of illegitimate children -- usually by their 15-year-old nieces. I am replying that I know they have. My own dear confessor often brings round his happy little brood of ten to have tea with me. Four are by his own niece, but he is sadly forgetful about who are the mothers of the rest. There were eleven, but unfortunately he ate one, in a fit of absent-mindedness, one Friday.

Osbert says I must not write this, as it will be published, and people will say (A) that I have no moral sense, (B) that I am flippant; but I reply that it will not be the first, second, or third time that these charges have been brought against me."

"Ich habe es mit einer sehr netten, frischen Verrückten zu tun, einer Dame aus Dublin. Sie schrieb, um mir zu sagen, daß alle katholischen Priester eine Menge unehelicher Kinder hätten, üblicherweise mit ihren 15 Jahre alten Nichten. Ich antworte ihr gerade, daß ich davon weiß. Mein eigener, lieber Beichtvater bringt oft seinen fröhlichen 10köpfigen Nachwuchs zum Tee mit. Vier davon hat er von seiner Nichte, aber erinnert sich traurigerweise nicht an die Mütter der anderen. Eigentlich sind es elf, aber unglücklicherweise aß er eines auf, in einem Anfall von Geistesabwesenheit, an einem Freitag.

Osbert sagt, das dürfe ich nicht schreiben, denn es wird veröffentlicht und die Leute werden sagen, daß ich (A) kein moralisches Gespür habe und (B) frivol bin; ich gebe ihm zur Antwort, daß es nicht das erste, zweite oder dritte Mal ist, daß mir diese Vorwürfe gemacht werden."

Sonntagslied

Das nächste Kapitel im Country-Revival: Die Secret Sisters, ein Oh-So-American Sister Duo, produziert und damit gesalbt von T-Bone Burnett, mit altem und neuem Liedmaterial, in Polka Dots und Blümchenmuster - und sanften, überirdischen Harmonien.

Gibt es etwas Besseres an einem verregneten Sonntagmorgen - außer dem feierlichen Hochamt, versteht sich?

- - -

George Bernard Shaw: "What are your thoughts on Hell?"
G.K. Chesterton: "I regard it as a thing to be avoided."

13. September 2011

Radio Vatikan bloggt!

Irgendwie zwar unglaublich, daß Radio Vatikan bzw. dessen deutsche Sektion so lange gebraucht hat, um mit dem Bloggen anzufangen, aber wie der Herr Selber schon sagt: Der Lohn dessen, der nur fünf Minuten gearbeitet hat, wird so groß sein wie der des Kollegen auf der Vollzeitstelle.

Ein herzliches Willkommen an P. Bernd Hagenkord - auf langes und gesegnetes Bloggen!

11. September 2011

Was Broder heute so macht

"Am Sonntag wird ganz Amerika der Toten von 9/11 gedenken. Ich werde einen der vielen Gottesdienste besuchen und für die armen deutschen Seelen beten." - Sagt er in der Welt.

Sonntagslied



"So leaving seems the thing to do
When I'm here I'm lost in thoughts of you
And in my dreams I'm city bound

But if you ask me to come to you
To leave these fields and these skies of blue
You know I'd be leaving my sacred ground"


Wie das so ist mit der heimatlichen Provinz...

9/11




Zum Gedenken an P. Mychal Judge ofm and alle anderen Opfer des 11. September 2001.

Nachtrag: Slain Priest: 'Bury His Heart, But Not His Love' (National Public Radio, 9. September 2011)

10. September 2011

Ein Tag und die zehn Jahre danach

Die New York Times zu Nine-Eleven.

Naturnähe

Gerade hatte ich mich über die zweite Tomatenernte gefreut und mir zwei der kleinen süßen Sorte direkt vom Stock in den Mund gesteckt - und zwei Minuten später beißt mich die Spinne in den Finger, die ich aus Versehen mit ein paar alten Blättern aufgelesen hatte.

Wir sind definitiv außerhalb von Eden.

7. September 2011

Was katholische Schriftsteller so essen...

Johannes veranstaltet drüben auf seinem Blog eine Chestertonwoche, für die ich solidarisch ein Schmankerl beisteuere, das gestern auf Facebook auftauchte: die von GKC handsignierte Speisekarte eines Souper, das der Schriftsteller am 4. März 1924 genoß. Nein, da hatte die Fastenzeit noch nicht begonnen. Im Gegenteil: Es war das Abendessen am Shrove Tuesday, dem Fasnachtsdienstag...

Auf die Hors d'Oeuvres und eine Consommé folgten Schollenfilet und Lammkoteletts; ein gut englischer Tipsy Cake und eine Bombe Richelieu bereiteten Dessert und Kaffee vor.


(Quelle des Bildes: Top Meadow)

5. September 2011

Der Dichter für die Moralisten


Tja, im Kopfe trifft immer alles zusammen, was nicht zusammengehört. Zum Beispiel:

Da verfolgt man auf Facebook, hin- und hergerissen zwischen sarkastischem Lachen und hilfloser Empörung, einen dieser Web 2.0-Wortwechsel zum Thema des Kommunionempfangs für wiederverheiratete Geschiedene und liest dann bei Katholikos Diakonos die Posting-Überschrift: "Attn Moralists: At least be entertaining and ironic".

Und weiß, was einen wieder einmal gestört hat: Die vollständige Abwesenheit jeglicher Selbstkritik und die stattdessen zur Schau getragene Totalidentifikation des Willens Gottes mit dem eigenen kleinen Menschenköpfchen. Wenn ich nicht schon katholisch wäre: Jetzt würde ich es bestimmt nicht mehr werden wollen, dachte ich mir.

Scott Dodge, der Diakon hinterm Blog, verweist übrigens auf das Buch von Hilaire Belloc, seines Zeichens glühender Katholik und Freund von Gilbert Keith Chesterton, "Cautionary Tales for Children". Wer es genießen kann, genieße es. Wer verbiestert ist, bei dem nützt wohl auch Belloc nichts mehr. Da wird die schmerzhaft-heilende Gnade selber ran müssen. So wie bei den Pharisäern damals, kurz bevor sie ihre Steine fallen ließen, sich trollten und die Ehebrecherin allein Aug in Aug mit dem HErrn zurück ließen.

4. September 2011

Cardinal de Lubac, encore


(Mit Dank nach Berlin)

Paulinisches Sonntagslied

Ollabelle singen und spielen auf:



Zum Mitsingen:

"Born in the mountains, many years ago
Climbed these hills and valleys through the rain and snow
I've seen the lightning flashin', heard the thunder roll

I've endured, I've endured, how long must one endure

Barefoot in the summer, on into the fall
Too many mouths to feed, they couldn't clothe us all
Sent to church on Sunday to learn the golden rule

I've endured, I've endured, how long must one endure

I've worked for the rich, I've lived with the poor
I've seen many heartaches and I'll see many more
I've lived loved and sorrowed, been through success's door

I've endured, I've endured, how long must one endure"

Gebet für katholische Romanciers

P. Teilhard de Chardin sj, ein Freund des Père de Lubac übrigens, hat ein kleines Gebet geschrieben, das sich ideal und speziell auch zum Gebet des katholischen Schriftstellers eignet:

"Mein Gott, lass mir im Leben des Anderen dein Antlitz leuchten. Das unwiderstehliche Licht deiner Augen, das auf dem Grund der Dinge strahlt, hat mich schon zu jedem Werk begleitet, das ich vollbringen, und zu jedem Schmerz, den ich ertragen musste. Gib, dass ich dich auch und vor allem in Innersten der Seele meiner Brüder erkenne."

Henri de Lubac (1896 - 1991)


Zwanzigster Todestag von Henri de Lubac sj. Stefan Hartmann schreibt auf Facebook: "Er bleibt wesentlich."

Immer mehr lerne ich seine Weisheit schätzen, die sich vorschneller Parteinahme widersetzt und trotzdem Stellung bezieht. Er selbst spricht vom Paradox, der "Rückseite, deren Vorderseite die Synthese wäre."

In seinen "Glaubensparadoxen" (Einsiedeln: Johannes, 1972) stehen auf der gleichen Seite (S. 70) scheinbar unversöhnt die kurzen Texte:

"Es ist für einen Katholiken nicht ungefährlich, 'militant' (wie man sagt) zu sein. Denn einmal abgesehen von den innern Schlachten, die man gegen sich selber schlägt: wie sollte man, wenn man kämpft, nicht gegen jemanden kämpfen? Wie sich aber dann nicht gegen den Gleichmut, die Liebe, die Geduld, die Demut, selbst die Gerechtigkeit und noch andere Tugenden verfehlen, ohne die man nicht wahrer Katholik, a fortiori nicht wahrhaft 'militanter Katholik' sein?"

"Wenn man nicht selbst in Gefahr ist, aus Unrecht Vorteil zu ziehen, wenn man sich nicht selbst anstrengen muß, um seine Versuchung auszuschlagen, so muß man sich äußerst gemäßigt zeigen in der Weise, das Unrecht bei den Andern zu bekämpfen. Man vergesse auch nicht, daß manche im Namen der Gerechtigkeit fordern, die gutgläubig vielleicht, nichts anderes wollen als endlich stärker und überlegen zu sein."

"Man kann das Evangelium kaum schlimmer verraten, als indem man unter dem Mantel der Liebe die Ungerechtigkeit deckt und vollendet."


Alles Sätze, die sich eben nicht einfach so gegen andere einsetzen lassen - jedenfalls nicht, ohne dort wenigstens deren guten Glauben anzuerkennen. Sätze, die das "Katholische Und" als zu vollbringende, lebendige Balance vor den Leser stellen.

Mir scheint de Lubac gerade darin einer der großen Lehrer unseres Papstes gewesen zu sein.

2. September 2011

Nachtlektüre

Endlich mal wieder ein richtig guter, großer und spannender Roman. Schon zu verstehen, warum "All the King's Men" im Web vor einiger Zeit zum besten amerikanischen Roman gewählt wurde.

31. August 2011

Klagender Blogger und wenigstens eine gute Nachricht

Das Wenige, was sich im Web momentan aus dem Interview von Erzbischof Zollitsch mit der ZEIT nachlesen lässt, stimmt mich nicht besonders fröhlich - nicht daß es zum Thema Scheidung und Wiederheirat nichts zu sagen gäbe. Aber doch bitte nicht auf diesem populistisch-oberflächlichen Niveau. Barmherzigkeit für den armen Bundespräsidenten, bei dem im Leben was schief gelaufen ist und der bald, in der Papstmesse, zwar in der ersten Reihe sitzen, aber nicht zur Kommunion gehen darf. Und wenn die Grünen nicht nur in der Bischofsstadt den OB stellen, sondern im Bund auch noch zweitstärkste Partei werden können, dann wird es höchste Zeit, die katholischen Fahnen zu streichen und sich ein weiteres Mal wegzuducken. Bloß nicht auffallen, bloß die gesellschaftliche Nützlichkeit beweisen - damit im Fall des Falles die Kirchensteuer erhalten und in der deutschen Kirche alles beim alten bleibt.

Ich bin wahrlich kein Zollitsch-Kritiker und erwarte auch gar nicht, daß der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz mit mir übereinstimmt - wer wäre ich, das zu erwarten! Aber daß ich von dem Mitglied einer geistlichen Bewegung so gar keine Impulse einer geistlichen Erneuerung der Kirche sehe (und daß ich den Dialog- oder Gesprächsprozess für einen solchen halte, wird wohl niemand ernsthaft erwarten), das stimmt mich traurig. "Geistpflege" nennt man das, was imho fehlt, in der geistlichen Heimat, die ich mit Erzbischof Zollitsch teile. Statt dieser Geistpflege sehe und höre ich Zweckoptimismus: So schlimm ist es doch gar nicht; es könnte doch noch viel schlimmer kommen; wir sind doch alle gute Katholiken; Scharfmacherei giltet nicht, sondern schadet nur. Statt die deutsche Kirche wieder auf den Lebendigen GOtt hin zu orientieren: blassestes Gelb-Weiß allüberall, Profillosigkeit, innere Anpassung an Zeitgeist und komfortbürgerliches Mittelmaß.

Κυριε ελεησον. Erbarme Dich meiner, des Sünders, o HErr, und erbarme Dich Deiner Kirche in Deutschland.

Ach ja.

Die gute Nachricht des Tages kommt derweilen von Mashable: Blogger gets faster and better looking.

30. August 2011

Late Night Boogie



Ich verstehe bis heute nicht, warum mein Bruder müde abwinkte, als ich ihn, den klassischen Klavierschüler, fragte, ob er es nicht mal mit Boogie Woogie versuchen wolle.

Bis heute muß ich mich also mit Ersatzleuten begnügen, hier mit Albert Ammons und Pete Johnson.

Graham Greenes Bücher

Noch einmal in Sachen katholische Schriftsteller: Wer Zeit und Lust hat, beim Katalogisieren von Graham Greenes Bibliothek auf Librarything mitzuhelfen, kann sich hier schlau machen wie's geht und gleich anfangen.

In der Tat: Weiterbloggen!

Als ich Ciceros Posting "Weiterbloggen" las, der einen Artikel der Verlagsgruppe Bistumspresse mit dem Titel "“Papst läßt Blogs verstummen” kommentiert, fiel mir Bernhard von Clairvaux ein.

Der soll dem Diabolos, der ihm während einer besonders feurigen Predigt mit "Das machst du toll, lieber Bernhard!" schmeichelte, um ihn zum Aufhören zu bewegen, diesem Diabolos also soll Bernhard entgegnet haben:

"Ich habe wegen dir nicht angefangen. Da werde ich wegen dir auch nicht aufhören."

In diesem Sinn tatsächlich: Weiterbloggen. Egal was Journalisten sich klammheimlich wünschen.

Katholische Schriftsteller, nicht bei der Arbeit - Folge 8


Johannes hat auf seinem Blog ein Bild von Reinhard Schneider gepostet, das ich hier als achte Folge in meine Reihe aufnehme.

Der hochgewachsene Schriftsteller tritt auf die Straße hinaus, zu einem Spaziergang vielleicht, einem Besuch bei Freunden, einem Kirchgang. Von wann die Aufnahme wohl stammt? 1949 erkrankte Schneider schwer; auf späteren Bilder erscheint er ausgemergelt. Auch hier verbirgt der Mantel, wie es scheint, eine schmale Statur. Schneider lebte von 1938 bis zu seinem Tod am Ostersonntag 1958 in Freiburg i. Br., unternahm jedoch auch längere Reisen. In seinem letzten Lebensjahr verbrachte er vier Monate in Wien - sein Tagebuch aus dieser Zeit erschien postum unter dem Titel "Winter in Wien".


"Es gehört zum Mißgeschick des Wanderlebens, daß man in Städten aufwacht, auf die man sich nicht besinnen kann, und in Zimmern, in denen man sich nicht auskennt." (Winter in Wien.- Herderbücherei Band 152.- Freiburg: Herder, 1963, S. 15)

"Für einen Spaziergang im Stadtpark reicht es nicht, keine Kreatur also denn die Pferdchen leichter Lastwagen... Ich kann nicht sagen, was ich auf den Straßen, in den Nächten empfinde. Mit zermarternder Monotonie hämmern mir die Worte im Ohr: Nur der Adler ist da." (S. 53f)

"Die gemeinsame Sprache kann den Deutschen nicht darüber täuschen, daß er - tragischerweise - hier im Ausland ist; 'draußen' bezeichnet eine ebenso entschiedene Trennung wie 'abroad'... Eine fremde Sprache mag man sprechen; gut oder schlecht; aber niemals einen fremden Dialekt." (S 69f)

29. August 2011

Wir Wahrheitsverformer

Heather King ("Shirt of Flame") präsentiert eine Blütenlese aus Lorraine Murrays Buch über Flannery O'Connor ("The Abbess of Andalusia"), unter anderem auch diesen Satz:

"[A]nything the human being touches, even Christian truth, he deforms slightly to his own image."

Slightly deforming the truth... Und da wären wir noch gut.

28. August 2011

Doodle für deutschen Dichter


Goethe hat zum 262. Geburtstag von Google ein Doodle spendiert bekommen - Das freut uns natürlich, auch wenn der Dichter um den 28. August "nie viel Aufhebens gemacht [hat], selbst runde Geburtstage waren für ihn kein Anlass, Rückschau zu halten", wie Volker Hage 2009 zum 260. im Spiegel schrieb.

Aus gegebenem Anlaß, lesen wir dort weiter, machte sich der Dichter auch einmal älter:

"Wie alt er sei, fragte Napoleon. Goethe gab sein Alter vorauseilend mit 60 an. 'Ihr habt euch gut erhalten', schmeichelte der Kaiser."

Erklär' das mal dem 17jährigen, der an der Tanke kein Bier bekommt...

27. August 2011

Doktor spielt Professor



Der junge Mac Rebennack, besser bekannt als Dr. John, spielt und singt "Tipitina", einen Klassiker von Henry Roeland Byrd alias Professor Longhair. New Orleans-Piano at its best.

Konrad Weiß: Der Bau der Kirche

Die alte Kirche ist ein Bau der Narben,
ein Sein wie Wunde, bis sie steinern ward,
bis Stein an Stein wie Ohnmacht offenbart
der tote Bau und hat doch solche Art,
daß aller Stein wie Schollen tritt in Farben.

Doch stirbt ein Glanz verzehrend durch die Räume,
je mehr das Ostlicht öffnet die Gestalt
und ist nun planlos an den Ort gemalt,
und dunkler wird des Lichtes Aufenthalt
und wie beschädigt Erde, Meer und Bäume.

So kann die Gegenwart nicht sein und enden;
es wendet sich der Bau wie innen wund
und stirbt im Licht und wird des Tods gesund,
der wie ein Blut tritt aus des Heiligen Mund,
die Engel aber stehen an den Wenden.

(Zur Epistel von Allerheiligen)

24. August 2011

Matthias Erzberger

Übermorgen werden es 90 Jahre, daß der große deutsche Politiker und - wie man so schön sagt - aufrechte Katholik Matthias Erzberger von zwei radikalen Rechten ermordet wurde.

Robert Leicht widmet ihm in der "Zeit" ein respektvolles und lesenswertes Portrait: Patriot in der Gefahr.

23. August 2011

Reine Gottesliebe

Ich höre es quasi aus der Ferne:

"Die Liebe zu Gott ist rein, wenn Freude und Leiden gleicherweise Dankbarkeit einflößen." (Simone Weil)

Simone Weil

After Existentialism, Light weist auf einen neuen (amerikanischen) Dokumentarfilm über Simone Weil hin und schiebt den Satz nach:

"By the way, if you are a Protestant, or a good Thomist in the Roman camp, you will rightly sense a too Platonic otherworldliness in Weil’s spirituality, and you’ll probably think that she should occasionally just settle down and enjoy a beer for God’s sake! And you would be right."


21. August 2011

Gedanken eines Rauchfassschwenkers ...

... gibt es bei "sicut incensum" zu lesen.

Dem Thuriferar ein gutes, langes, gesegnetes Bloggen!

Der sich finden lässt

20. August 2011

Willkommen in der Blogozese

- auch wenn das Willkommen ein bißchen spät sein mag:

- Rosengarten und Nachtgebet
- Frischer Wind
- Frech. Fromm. Frau
- German Papist.

Eine Bunte Reihe. Umso besser!

20/20 Vision and Walking 'Round Blind -

- was auf deutsch so viel heißt wie: kein Fall für den Augenarzt sein und doch herumlaufen wie ein Blindfisch.

Chris Thile und Michael Daves singen nichts Tiefgründig-Erkenntnistheorisches oder gar Zeitkritisches, sondern bloß einen Bluegrass-Klassiker von Jimmy Martin über verlorene Liebe... Have fun, nevertheless.

Heute in den Feuilletons: Gesammelte Hoffungslosigkeit

Wie, liebe Freunde innerhalb und außerhalb der Kirche, die Ihr uns immer und immer bittet und auffordert, doch endlich unseren Frieden mit der modernen Welt zu machen - wie also sollen wir Eurer geschätzten Meinung das verstehen, was uns Spiegel Online heute kurz und knapp so präsentiert:






Unter uns gesagt, klingt das ja eher nach Dante: "Lasciate ogni speranza, voi ch'entrate. - Ihr, die Ihr eintretet, lasst alle Hoffnung fahren."


Meine ganz persönliche Antwort der Liebe

Der Berliner Erzbischof im Interview der Welt:

"Welt Online: Viele beklagen, dass jenes Glaubensglück kaum zu spüren ist, wenn Priester in immer größeren Seelsorgebezirken für immer mehr Gläubige zuständig sind. Daher sollten auch erprobte, verheiratete Männer zum Priesteramt zugelassen werden.

Woelki: Die Erfahrung des gütigen Gottes ist nicht nur an Priester gebunden. Die Kirche als Ganze hat Teil an der apostolischen Sendung. Jedem von uns ist mit Taufe und Firmung aufgegeben, den Menschen den ihnen zugewandten Gott zu vermitteln. Insofern stimmt es nicht, dass sich die Kirche aus der Fläche zurückzieht. Kirche ist nicht nur im Pfarrhaus präsent, sondern überall, wo einer seinen Glauben überzeugend lebt, in der Öffentlichkeit, in der Schule, am Arbeitsplatz. Was am Sonntag gefeiert wird, muss sich im Alltag auswirken.

Welt Online: Und wenn es keine Feier gibt? Wege zur Eucharistie werden wegen des Priestermangels immer weiter.

Woelki: Wenn ich mit Siebzig- oder Achtzigjährigen spreche, dann berichten sie davon, dass es für sie in ihrer Kindheit selbstverständlich war, am Morgen, auch an Werktagen, eine oder zwei Stunden lang zu Fuß zum Gottesdienst in die vier oder fünf Kilometer entfernte Kirche zu laufen. Heute haben die Menschen Autos, in Berlin gibt es ein hervorragend ausgebautes öffentliches Verkehrssystem. Insofern sollten wir die Perspektive noch einmal ändern und uns fragen, was uns die Eucharistie bedeutet und was da geschieht. Da geschieht, dass Gott seinen Sohn für uns hingibt, um uns das Leben zu schenken. Er stirbt für uns. Darauf ist meine ganz persönliche Antwort der Liebe gefragt. Da frage ich doch nicht nach zwei Kilometern."

19. August 2011

Die Holzfäller des Evangeliums

"Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen." (Lukas 3, 9)







Alle Jahre wieder: Der Ablass

"Auch in den Köpfen vieler Protestanten gebe es nur das mittelalterliche Bild vom Ablass, sagte [der Catholica-Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Deutschlands, Landesbischof] Weber gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea."

Ein Beispiel liefert idea bzw. der Praktikant, der die Einleitung des Berichts schreiben durfte, gleich selbst ab:

"Der Vatikan hat angekündigt, dass die Teilnehmer am katholischen Weltjugendtag vom 16. bis 21. August in Madrid einen vollkommenen Ablass einer Strafe erhalten können, die ihnen Priester als Buße für begangene Sünden auferlegt haben. Solche zeitlichen Strafen, beispielsweise dreimal ein Rosenkranz-Gebet sprechen, Geld für einen karitativen Zweck spenden oder eine Wallfahrt unternehmen, sind unabhängig davon, dass einem reuigen Sünder Gottes Vergebung zugesprochen wird."

Man muss nicht einmal einen Katechismus der Katholischen Kirche besitzen, sondern nur schnell googeln, um das besser hinzukriegen. Vorausgesetzt, man will, natürlich. - Übrigens: man muss nicht "an den Ablass glauben", um danach zu googeln!

18. August 2011

Eingenebelt

"Wer abweichend lehrt, nicht beipflichtet den gesunden Worten unseres Herrn Jesus des Messias und der der Frömmigkeit gemäßen Lehre, ist eingenebelt." (1 Tim 6, 3-4a, in der Übersetzung von Fridolin Stier)

17. August 2011

Was zu erwarten war (und uns deshalb irgendwie auch gar nicht erstaunt):

"Deutsche kritisieren Organisation des WJT"

Klar: Es gibt zu wenige Tänzlers und Konsorten auf der Welt. Vor allem nicht in der romanischen.

Auf den Geschmack kommen

"Liebe Freunde, die Beständigkeit darin, Gott Zeit zu geben, ist ein grundlegendes Element des geistlichen Wachstums. Der Herr selbst wird uns Geschmack geben an seinen Geheimnissen, an seinen Worten, an seiner Gegenwart und seinem Tun, um zu spüren, wie schön es ist, wenn Gott mit uns spricht. Er wird uns in tiefster Weise verstehen lassen, was er mir sagen will. Letztendlich ist genau dies das Ziel der Meditation: Uns immer mehr in die Hände Gottes zu übergeben, mit Vertrauen und Liebe, in der Gewissheit, dass nur das Tun seines Willens uns am Ende wahrhaft glücklich macht." (BXVI bei der Generalaudienz in Castel Gandolfo)

Zwei Könige in einem Raum

Ich bitte um Nachsicht, wenn mir nur scheinbar zeitentrückte Postings aus der Tastatur (und dem Leben und dem Web) quellen. Kein Weltjugendtag, kein Dialogprozess, keine Eurobonds und keine Betrachtung, ob dem Politiker alles politisch und nichts mehr privat sein solle.

Stattdessen ein Hinweis auf Heather Kings Impressionen von einem Besuch in Elvis' Graceland und vor allem auf das Bild der Herz-Jesu-Statue, die Elvis in seinem Schlafzimmer stehen hatte. Und die (der?) ihm beim Sterben beistand (?).

ER wird mir's nachsehen.

Aus der Summa Iuvenilis Divi Thomas Aquinatis

Bei The Big Juwel gibt es kleine Übungsstücke, mit denen der große Aquinate als Junge und Jüngling seinen scholastischen Geist schärfte. Aus dem Lateinischen ins Englische übertragen.

15. August 2011

Mariä Himmelfahrt - II


Bei der Heiligen Messe in der barocken Marienkirche blieb mein Blick und mein Herz immer wieder am Gnadenbild hängen: einer kleinen, schlichten Pietá, einer geradezu bäuerlichen Muttergottes mit Krone, die fast erstaunt den erstarrten Leib des Sohnes in ihrem Schoß betrachtet.

Auch ihre Schmerzen, ihr Leid, ihre Trauer, ihr durchbohrtes Herz - all das ist auch mitaufgenommen in den Himmel, dachte ich mir. Es ist die schmerzhafte Muttergottes, die wir heute feiern in ihrer Heimkehr. Es ist jemand, der mitleiden kann mit uns in unseren Nöten, der uns versteht in unseren Ängsten. Sie hat gebangt um ihren Sohn und bangt um uns. Sie weiß, was das Ja zum Willen GOttes kostet - und was am Ende des Weges wartet.

Mariä Himmelfahrt - I

"Ein Leben ohne Feste ist ein langer Weg ohne Wirtshäuser." (Stobaios 4, 40, 21)

14. August 2011

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Chesterton am 14. März 1908 in den Illustrated London News, Anlass unbekannt (ist aber auch egal):

“It's not that we don’t have enough scoundrels to curse; it’s that we don’t have enough good men to curse them.”

"Es ist nicht so, dass wir nicht genug Halunken zum Verfluchen hätten. Wir haben zu wenig gute Männer, um sie zu verfluchen."



13. August 2011

4x Epikur

"Armut, deren Maß vom naturgemäßen Endziel bestimmt ist, ist ein großer Reichtum. Reichtum, der keine Grenzen hat, ist große Armut."

"Gegenüber allem anderen kann man sich Sicherheit verschaffen. Aber im Hinblick auf den Tod bewohnen wir alle eine Stadt ohne Mauern."

"Jede Freundschaft ist um ihrer selbst willen zu wählen. Ihren Ursprung hat sie freilich im Nutzen."

"Wer sich nicht an das Gute, das ihm zuteil geworden ist, erinnert, ist schon heute ein Greis."


(Aus: Griechische Atomisten.- Leipzig: Reclam, 1977, S. 293ff.)

10. August 2011

Die Aus-zwei-mach-eins-Schwangerschaft

Aus der Kategorie "Further down the slippery slope": Ein erschütternder und erschreckender Bericht in der New York Times - auch wenn die NYT das vielleicht anders sieht mit ihrer "modernen Einstellung zur Abtreibung" (um noch einmal Prof. Saskia Wendel zu paraphrasieren).

(via After Existentialism, Light)

Gutenachtlied

Um die alte, darniederliegende Tradition wieder aufzugreifen: ein Gutenachtlied, heute von den Brüdern Charles und Ira Louvin:

The Family who prays
Will never be parted
Their circle in heaven unbroken shall stand
God will say "enter, my good faithful servants"
The family who prays
Never shall part.


Als der Führer von Google+ hörte...

... in der Hoffnung, daß ich mich bei der Internetpolizei nicht der Verbreitung irgendwelchen reaktionären oder sonstwie rechten Gedankenguts schuldig mache. (Achtung, "offensive language"!)



(via Mashable)

9. August 2011

Der Stellvertreter

Der Papst am 22. Dezember 2008 über sich, zum Weltjugendtag in Erinnerung gebracht von Sandro Magister:

"So ist auch der Papst nicht der Star, um den alles kreist. Er ist ganz und nur Stellvertreter. Er verweist auf den anderen, der in unserer Mitte ist." (Quelle)

8. August 2011

Hallo, Frau Professorin Wendel?




Wären Sie bitte so nett und würden für mich "Schnellmerker" die Verbindungslinien zwischen konservativem Katholizismus à la Ratzinger und den aktuellen Ereignissen um London ausziehen? Irgendwas muss das doch mit modern/antimodern, fundamentalistisch/aufgeklärt oder tolerant/intolerant zu tun haben. Das Raster greift doch immer...


4. August 2011

Für eines dieser berühmten Seminare...




... man kann den Tip ja auch außerberuflich, z. B. pfarrgemeindlich einsetzen.
(via SavageChicken)


2. August 2011

Fehlgelesen

Beim Annuntiator las ich gerade das Posting über die Deutsche Polizeikirche und stolperte am Ende, als da stand:

"Beten wir um den Heiligen Geist der Erkenntnis und des Sarkasmus."

Den des Sarkasmus haben wir doch längst, dachte ich und las noch einmal genauer. "... des Starkmuts". Oh ja, den können wir alle brauchen!

Papst nur mit Zustimmung der Ehefrau

Arnold Angenendts Buch "Toleranz und Gewalt" mit dem etwas engen Untertitel "Das Christentum zwischen Bibel und Schwert" ist nicht nur lehrreich, sondern durchaus auch unterhaltsam. Zum Beispiel im Kapitel über "Sexualität, Ehe und Kind":

"Das Recht der Frau auf Beischlaf galt den Kanonisten [des Mittelalters; scipio] als so wichtig, daß sie geradezu absurde Beispiele konstruierten: Sollte ein verheirateter Mann zum Papst gewählt werden, bedürfe er der Enwilligung seiner Frau für den bei der Amtsübernahme obligaten Eheverzicht; verweigert die Frau ihre Zustimmung, habe der Gewählte zu verzichten." (S. 172)

29. Juli 2011

McLuhan und die Kirche II

Aus dem gleichen Interview, aus der gleichen Quelle

»I don't expect to be comfortable. The Church has never told anybody that it is a place of comfort or security in any ordinary psychological sense. Anyone who comes to the Church for that purpose is wrong. There is nothing of that sort available in the Church. There never has been. No, it isn't that kind of institution. At the speed of light there is nothing but violence possible, and violence kills every boundary. Even territory is violated at the speed of light. There is no place left to hide. It becomes a church of the soul.

Christ said: "I do not bring you peace but the sword." The church as the custodian of civilized values and so on - that church is all over, I'd say. We are on a life raft. That sort of survival operation. (...)

I have never been an optimist nor a pessimist. I'm an apocalyptic only. Our only hope is apocalypse. (...)

Apocalypse is not gloom. It's salvation. No Christian could ever be an optimist or pessimist; that is a purely secular state of mind. I have no interest whatever in secular institutions as places to have a nice or a bad time. I don't understand that kind of mentality. I guess it has taken me quite a long time to get to this state; it didn't happen overnight.«

McLuhan und die Kirche I

Marshall McLuhan in einem Interview 1977:

"I never came into the church as a person who was being taught Catholic doctrines. I came in on my knees. That is the only way in. When people start praying they need truths; that's all. You don't come into the Church through ideas and concepts, and you cannot leave by mere disagreement. It has to be a loss of faith, a loss of participation. You can tell: when people leave the Church, they have quit praying. The active relating to the Church's prayer and sacraments is not through ideas. Any Catholic who today has an intellectual disagreement with the Church has an illusion. You cannot have an intellectual disagreement with the Church. That's meaningless. The Church is not an intellectual institution. It is a superhuman institution." (Zitiert unter anderem bei Derrick de Kerckhove: Passion and Precision: The Faith of Marshall McLuhan)

28. Juli 2011

Christus spielt an zehntausend Orten...

Am 28. Juli 1844 wurde in Stratford, Essex, Gerard Manley Hopkins geboren. Anlaß, eines meiner Lieblingsgedichte dieses großen katholischen Dichters zu posten. (Die jüngste deutsche Übersetzung von Dorothea Grünzweig in der zweisprachigen Sammlung "Geliebtes Kind der Sprache" (Edition Rugerup) steht daheim im Regal und folgt ein andermal.)

As kingfishers catch fire, dragonflies draw flame;
As tumbled over rim in roundy wells
Stones ring; like each tucked string tells, each hung bell's
Bow swung finds tongue to fling out broad its name;
Each mortal thing does one thing and the same:
Deals out that being indoors each one dwells;
Selves — goes itself; myself it speaks and spells,
Crying Whát I dó is me: for that I came.

I say móre: the just man justices;
Keeps grace: thát keeps all his goings graces;
Acts in God's eye what in God's eye he is —
Chríst — for Christ plays in ten thousand places,
Lovely in limbs, and lovely in eyes not his
To the Father through the features of men's faces.

26. Juli 2011

Singen lernen mit der Sacred Harp

Gerne weise ich auf zwei "Sacred Harp"-Workshops hin, die am 29. und 30. Oktober in Würzburg und Frankfurt stattfinden: Sie werden privat organisiert und von zwei erfahrenen Sacred Harp-Sängern geleitet. Es sollten pro Workshop etwa 50 Teilnehmer sein, die Anmeldung ist noch bis zum 1. September möglich.

Zum Kennenlernen und Einsingen schon einmal ein paar Youtube-Links.

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"Das Geheimnis des Erfolgs bestand darin, daß man erst einmal zum robusten Individualisten werden mußte, sich dann aber hier und da anzupassen hatte. Danach mußte man sich konform verhalten. Man konnte im Handumdrehen vom robusten Individualisten zum Konformisten werden." (Chronicles vol. 1.- Köln, Kiepenheuer & Wietsch, 2008, S. 97f.) - So erinnert sich Bob Dylan an die frühen 60er, ohne zu zwinkern und auch nur anzudeuten, daß das eine gewissenmaßen überzeitliche Wahrheit sein könnte.

25. Juli 2011

Bloggeburtstag

"Pour tout homme, les ancres sont dans le ciel. C'est en haut qu'il faut chercher ce qui sauve du naufrage." (Rémi Brague)

("Für jeden Menschen sind die Anker im Himmel. Oben ist es, wo man suchen muß, was vor dem Schiffbruch rettet.")

Ich danke allen Lesern, Bekannten und Freunden für die Begleitung! Auf ein neues!

23. Juli 2011

Vorschlag für die nächsten 39 Stuhlkreise

Zur Mannheimer Dialogveranstaltung habe ich noch gar nichts geschrieben. Das machen andere viel kompetenter und treffender, so wie Peter heute bei Echo Romeo.

Eine Anregung würde ich jedoch den 39 Stuhlkreisen (Warum 39? Warum nicht 40?) mitgeben wollen: Bei so viel Harmonie und Übereinstimmung wird es beim nächsten Mal superlangweilig. Außerdem: 300 Leute in einem Raum - da mieft's früher oder später. Und daß geistlich-spirituell nichts läuft, will man sich ja wohl auch nicht vorwerfen lassen.

Wie wäre es daher mit einem "Abend der schwimmenden Lichter", wie er in meiner Nähe jetzt schon zwei- oder dreimal erfolgreich für "Sehnsüchtige, Träumer und Wünscher" veranstaltet wurde? Einen Fluß habt Ihr bestimmt in der Nähe, Teelichter auch, einen rauchenden Bischof mit Streichhölzern gibt's wohl ebenfalls. In der Dämmerung nichts wie raus an den Fluß, still werden, schweigen, nachsinnen, träumen - und dann das Licht in ein Papierboot oder eine gefaltete Tulpe setzen und davongleiten lassen.

Das hat etwas inklusiv-Liturgisches, ist irgendwie jesuanisch-heilend, frauenfreundlich, hierarchiefrei und ökologisch nachhaltig - und vor allem völlig undogmatisch machbar. Gern könnten dann also auch evangelische Dialogbeobachter mitmachen, Muslime, religiös-sensitive Agnostiker, Grünenpolitiker und Presse-Vertreter.

Und wenn dann die Kerzen langsam den Fluß hinabtreiben und in der Dunkelheit verschwinden, dann könnt Ihr gemeinsam von der "großen Strahlkraft" der Kirche träumen.

Das böse Erwachen kommt frühestens am nächsten Tag, wenn die Mückenstiche jucken. Aber da sind die Pressemeldungen ja schon geschrieben.

22. Juli 2011

Das Nötigste und das Gefährdetste

"Es gibt aber auch, nach der Demütigung des hierarchischen Triumphalismus, einen subtileren geistigen Triumphalismus der Gemeinde- oder Gruppenideologie. Aus solcher sind ja von jeher - seit Paulus, Johannes und den Gnostikern - die Sekten der 'reinen Kirche' hervorgegangen. Das sind Leute, die als Einzelne oder als Gemeinschaft das Attribut der kirchlichen Heiligkeit für sich gepachtet haben.

Die Humilität der kleinen Gruppen ist heute das der Kirche Nötigste, aber das Gefährdetste, durch Versuchung zur Weltlichkeit auf der einen, durch Versuchung zur abgeschlossenen Autonomie auf der andern Seite. Ausweg kann nur die Offenheit für die unverkürzte Katholizität der Offenbarung Gottes sein, für jenes Größtmögliche des Einsatzes Gottes in
Christus für die Welt, das keine voreilig abschließende Deutung verträgt, kein Bescheidwissen, keine endgültige Nachahmung und Wiedergabe im christlichen Leben, in Programmen und Einsätzen, sondern als das Immer-Größere uns überragt.

Für diese Katholizität schenkt dem, der empfänglich bleibt, wieder der Heilige Geist einen Instinkt, und der kann genau so scharf sein in dem alten Weib, das seinen Rosenkranz betet wie im Akademiker, der seinen Einsatz rational plant, oder im Theologen, der für den Einsatz Gottes den genuinsten Ausdruck sucht."
(Hans Urs von Balthasar: In Gottes Einsatz leben.- Einsiedeln: Johannes, 1972, S. 104f)

Vor über sechs Jahren schon einmal gepostet, aber immer noch nicht verkehrt.

Urlaubsgepäck



Das schlechte Wetter kann kommen.

20. Juli 2011

Keine Mobibel

Sehe ich das richtig, daß es die Einheitsübersetzung immer noch nicht in einer digitalen Form, geschweige denn für Mobilgeräte gibt? - Luther, Elberfelder, auch die Volxbibel - kein Problem. Die Herder-Übersetzung gibt es fürs iPhone in einer etwas sperrigen Ausgabe - immerhin.

Doch bei der offiziellen Bibelübersetzung der deutschen Katholiken tut sich nichts. Da ist "zappe", im iTunes-Laden genauso wie bei Amazon.

Musik zur Wochenmitte

Ihre Homepage ziert der Bibelvers "I lie down and sleep; I wake again because the Lord sustains me." Das allein reicht nicht, um hier auftreten zu dürfen. Da muß man schon auch musikalisch was drauf haben.

Haben sie, die Sleepy Man Banjo Boys! Den Beweis treten sie hier an, mit dem "Clinch Mountain Backstep" von Ralph Stanley. Endrucksvoll!


Eine Website, wie sie früher einmal war'n

Wo sich der Geburtstag dieses Blogs wieder nähert, denke ich hin und wieder an die guten alten Zeiten zurück, als das Web noch vergleichsweise jung und frisch war - und man sich tierisch freute, wenn man wieder eine gute gemachte Webpage entdeckt hatte.

Eine wie Save The Words zum Beispiel, wie geschaffen für Liebhaber der englischen Sprache: Hunderte von Wörtern wollen adoptiert werden und rufen flehentlich nach einem fleißigen Sprecher und Schreiber, der verspricht, sie in Konversation und Korrespondenz so häufig als möglich nach bestem Mögen und Vermögen einzusetzen.

19. Juli 2011

Supertugendhaft



Das nennt man wohl eine "contradictio in adiecto".

18. Juli 2011

Bernanos zum Spanischen Bürgerkrieg

Vor 85 75 Jahren erhoben sich die spanischen Generäle in Marokko gegen die Regierung der Zweiten Spanischen Republik. Georges Bernanos lebte damals auf Mallorca und war anfangs voller Sympathie für den Aufstand. Die Gräuel, die er in den ersten Monaten des Spanischen Bürgerkrieges von Seiten der von der Kirche unterstützten Aufständischen miterlebte, veränderten seine Position. In seinem Buch "Die großen Friedhöfe unter dem Mond", 1937 und 1938 geschrieben, versuchte er wachzurütteln und der ganzen Wahrheit eine Stimme zu geben, und eben nicht nur dem, was im Blick einer Partei davon übrig blieb. Die Wahrheit ist nicht rot, nicht braun und nicht schwarz, so ähnlich hat er es einmal woanders formuliert.

"Die Welt ist reif für jede Form von Grausamkeit, und sie ist reif für jede Form von Fanatismus und Aberglaube. Sie will bei allem lediglich einige ihrer Gewohnheiten respektiert sehn, etwa, dass man ihrer seltsamen Tierliebe nicht zu nahe tritt (die vielleicht eine der wenigen Errungenschaften der modernen abendländischen Empfindsamkeit darstellt). Ich glaube, darüber hinaus würden sich die Deutschen sehr rasch daran gewöhnen, ihre Juden, und die Stalinisten ihre Trotzkisten öffentlich brennen zu sehen.

Ich hab’s gesehn, mit eigenen Augen habe ich’s gesehn, ich, der ich zu euch spreche: ich habe ein kleines christliches Volk mit einer Tradition der Friedfertigkeit, mit einer außerordentlichen, fast übertriebenen Liebe zur Geselligkeit, plötzlich sich verhärten sehn, ich habe die Gesichter hart werden sehn, ja selbst die Gesichter der Kinder. Vollkommen sinnlos, sich einzureden, man könne gewisse Leidenschaften unter Kontrolle behalten, wenn sie erst einmal entfesselt sind. (...)

Monate hindurch wurden die Mordkommandos in Mallorca in eigens zu diesem Zweck beschlagnahmten Lastwagen blitzschnell von Dorf zu Dorf befördert und überall schossen sie kaltblütig, vor aller Augen, Tausende von Verdächtigen nieder, Leute, gegen die selbst das Militärgericht nicht den geringsten Rechtsvorwand hätte finden können. Seine Exzellenz der Herr Erzbischof von Palma war darüber genauso unterrichtet wie jeder andere. Nichtsdestoweniger hat er sich, so oft er konnte, an der Seite dieser Henker sehn lassen, von denen einige - man wusste es allgemein - den Mord von Hunderten von Menschen an ihren Händen kleben hatten. Wird diese Haltung morgen die Haltung der Kirche sein?"
(Die großen Friedhöfe unter dem Mond.- Zürich: Arche, 1983, S. 166 f)

(Mit Dank an die aufmerksame Leserschaft für den Hinweis auf 75 seit 1936 vergangene Jahre. Es war einfach schon zu spät...)

16. Juli 2011

Tante-Emma-Laden



(Aus Dr. Boli's Celebrated Magazine)

Der Stolz der Außenseiter

Die "Welt" (Wer genau wird nicht klar - ist es Arno Lustiger, Hans Maier oder sind es beide?) rezensiert "Schritte über uns hinaus", den zweiten Band von Robert Spaemanns gesammelten Reden und Aufsätzen und zitiert den Philosphen mit einer Kindheitsgeschichte:

"Als ich 9 Jahre alt war, musste ich mit dem sogenannten Jungvolk, der Kinderorganisation der Nazis, mitmarschieren. Ich hatte als einziger Junge keine Uniform. Ich erinnere mich, dass es für mich ein Akt der Befreiung war, mich nicht zu schämen. Ich sagte zwar dem Fähnleinführer, dass meine Eltern kein Geld hätten, mir eine Uniform zu kaufen. Aber ich wusste, dass meine Eltern sie nicht kauften, weil sie eine Naziuniform ablehnten, und ich war stolz darauf. Das scheint mir überaus wichtig zu sein. Wenn eine christliche Familie in einer nicht christlichen Umgebung ihre Lebensweise leben will, dann kommt alles darauf an, dass die Kinder sich nicht schämen. Und das können sie nur, wenn sie ihre Außenseiterposition durch Stolz ausgleichen. Ohne diesen Stolz hätte das Judentum nicht zweitausend Jahre der Diaspora überlebt. Demut ist eine Tugend für Erwachsene, nicht für Kinder."

15. Juli 2011

Mit Brecht fragen

Brecht, ausnahmsweise einmal, mit der Miszelle "Darstellung von Sätzen in einer neuen Enzyklopädie":

"1. Wem nützt der Satz?
2. Wem zu nutzen gibt er vor?
3. Zu was fordert er auf?
4. Welche Praxis entspricht ihm?
5. Was für Sätze hat er zur Folge? Welche Sätze stützen ihn?
6. In welcher Lage wird er gesprochen? Von wem?"

Born to be what?



"I was not born to be free.

I was born to adore and to obey." (C. S. Lewis via Happy Catholic)

12. Juli 2011

Unkalkulierte Auslieferung

Vor der guten Nacht und dem "Nunc dimittis" bei "Da quod iubes et iube quod vis" noch diesen Satz aus dem Würzburger Synoden-Beschluß "Unsere Hoffnung" aufgeschnappt:

"Im Gebet wagen wir diese Armut, die unkalkulierte Auslieferung unseres Lebens an den Vater."

Katholische Spaßfraktion, made in the USofA

Nicht für jedermann, zugegeben. Über die paar sachlichen Fehler wollen wir nicht streiten. Die swearwords nicht erwähnen.

Doch weil das ganze recht lustig ist und immerhin in einer der bekanntesten (und wohl besten) amerikanischen Satiresendungen lief, gehört es auf mindestens einen deutschen Blogozesenblog:

Stephen Colbert und Jack White übertrumpfen sich gegenseitig mit mixta catholica.



(Not sure whether we would ever see something like it on German TV. Gottschalk and Jauch might be capable of it.)

(via Happy Catholic)

11. Juli 2011

Meanwhile, further down the slippery slope ...

Wenn die Bruchsaler Katholiken, die am 28. Juni 2011 ihre "Oekumenische Erklärung" vom Stapel ließen, nur wüssten, wie verdammt hochnäsig und exklusiv sie immer noch sind, dann hätten sie bestimmt gleich den nächsten Schritt mitgemacht.

Stattdessen hinken Deutschlands fortschrittlichste Katholiken nur wieder hilf- und ahnungslos ihren ökumenischen Geschwistern aus Gottes ehemaligem "own country" hinterher. Sind so ängstlich, wie sie es ihren konservativeren Freunden sonst vorwerfen, wenn sie an alt-veralteten Traditionen festhalten, die moderne Menschen einfach nicht mehr verstehen.

Oder wer sagt denn, daß man in der Nachfolge Jesu Christi stehen müsse, um an den Tisch des Herrn geladen zu sein?

Das geht viel viel inklusiver - so man nur will. Man lese nur den Boston Globe (via get religion):

A quiet revolution is taking place at the altars of many churches - in the form of bread and wine.

Communion, the central ritual of most Christian worship services and long a members-only sacrament, is increasingly being opened to any willing participant, including the nonbaptized, the nonbeliever, and the non-Christian.

The change is most dramatic in the Episcopal Church, particularly in liberal dioceses like Massachusetts. The denomination’s rules are clear: “No unbaptized person shall be eligible to receive Holy Communion in this Church.” Yet, a recent survey by the Episcopal Diocese of Massachusetts found that nearly three-quarters of local parishes are practicing “open Communion,” inviting anyone to partake."

7. Juli 2011

Zufall oder Überraschung?

Unerwartet früh (o.k., es war 18h00) Feierabend machen können an einem wunderschönen Sommertag in Paris, bei Gibert Jeune den zweiten Band eines 30 Jahre alten Klassikers finden, auf den zu hoffen man schon aufgegeben hatte, dazu noch zu einem sagenhaften "occasion"-Preis, anschließend über die Seine an Notre-Dame vorbei in aller Seelenruhe zum Hotel schlendern, unterwegs einen Kaffee trinken, sich über den Trubel freuen und über all die, die sich ihrerseits am Trubel freuen, und über das Leben überhaupt.

Was soll man da auf die Frage des "Philosophie Magazine" antworten, die einen von den Kiosken anhüpft?



Nachtrag: Dabei vergaß ich noch ganz zu erwähnen, daß mich der Herr an der Hotelrezeption mit Handschlag begrüßte.

6. Juli 2011

Deutsche Hauptstadt

Außer Landes zu sein hilft definitiv, deutsche Aufgeregtheiten als solche wahrzunehmen.

Dieses Berliner Sommertheater ist von Paris aus gesehen einfach lächerlich. Aber so war es ja schon öfters: Der endlich aufgeklärte und an der Spitze des Fortschritts marschierende Deutsche macht rest- und gnadenlos ernst. Statt entspannt den Kopf zu schütteln, sollte ihm ein katholischer Bischof, der ihm per Selbstdefinition nichts bedeutet und nichts zu sagen hat, einmal nicht passen.

So deutsch wie immer mit seinem ganzen Wesen.

Keimende Vorurteile

Wenn der Franzose gerade nicht leidenschaftlich ißt, dann diskutiert er leidenschaftlich.

Wenn er gerade keinen zum Diskutieren dabei hat, dann ruft er schnell und lautstark einen an. Und findet kein Ende.

4. Juli 2011

Freundschaft

Gerade sah ich, dass es eine Freundin auf FB geschafft hat, mit sich selbst befreundet zu sein. Das amtliche Spaemann-Zitat dazu, abfotografiert aus GoogleBooks:

3. Juli 2011

Zweimal Indirektes zu Röser

Soll ich jetzt auch noch zum Artikel "Kirche wohin?" von Johannes Röser im "Christ in der Gegenwart" meinen Senf geben? Reicht Elsas volle Breitseite etwa nicht? Oder schießt man damit nicht sowieso und von vornherein auf sterbenskranke Spatzen?

Ich tu's mal indirekt, mit zwei Fundstücken, die andeuten, wo die von Röser gewünschte Diskussion, eine über Gott im Horizont der "Welterfahrung" von "Menschen des 21. Jahrhunderts, die sich in der Moderne erprobt und bewährt haben" hingehen sollte und was mir bei den wenigen Andeutungen, die Röser dazu macht, schon einmal fehlt:

Zum einen mit knappen 2 Minuten evangelikal-fundamentalistischer Klarheit im vollen Country-&-Western-Modus, die auch katholischer Gewissenserforschung dienen können:



(Ja, Billy Joe Shaver singt wirklich Unerhörtes und Ungehöriges: "If you don't love Jesus, go to hell. Take your rotten rags of righteousness and stuff them up yourself. If you don't love Jesus, go to hell." - Propheten dürfen das gelegentlich: übers Ziel hinausschießen. Fragt Johannes Röser. ;-) )

Zum zweiten ein paar Zeilen aus Robert Spaemanns 1972er Aufsatz "Die Frage nach der Bedeutung des Wortes 'Gott'":

"Ob der Mensch Gott braucht oder nicht, diese Frage läßt sich letzten Endes gar nicht anthropologisch entscheiden. Und die Frage, ob Gott ist oder nicht, läßt sich nicht vom Brauchen des Menschen her beantworten, sondern umgekehrt: Wenn Gott ist, dann ist nur von Gott her zu bestimmen, was der Mensch braucht. Die Tatsache, daß Gott, was seine Funktion betrifft, durch die Schaffung von Äquivalenten in der modernen Gesellschaft funktionslos geworden ist, läßt die Frage danach, was denn das Wort 'Gott' meint, neu erstehen.

Und die Antwort Gottes an Moses, der auf die Souveränität seines eigenen Sich-als-Er-selbst-Zeigenwollens verweist, gewinnt neuen Glanz. Man könnte den brennenden Dornbusch, in dem Gott zu Moses spricht, als ein göttliches Happening bezeichnen. Ich sage dies, weil ich meine, daß viele Artikulationen der jüngeren Generation der Suche entspringen nach einem Ausweg aus der Integration in einen Funktionszusammenhang, in dem alle durch alle manipuliert werden und nichts es selbst sein darf. Das Happening ist ein Versuch säkularer Liturgie in einem Augenblick, wo manche Theologen alles tun, um die Liturgie funktionell einzupassen in die sogenannten Bedürfnisse der Gesellschaft und damit den fundamentalsten Bedürfnissen der Jugend in gar keiner Weise entsprechen.

Aber alle Ausbruchsunternehmen, die einen Sinn suchen, der nicht nur relativ ist aufs System, münden auf irgendeine Weise ins System zurück, sei es durch Kommerzialisierung, sei es durch Politisierung. Es gibt kein Äquivalent für das Sich-Zeigen Gottes."
(zitiert nach: J Ratzinger; P Henrici: Credo.- Köln: Communio, 1992, S. 29; Absätze von mir eingefügt zwecks besserer Lesbarkeit)

1. Juli 2011

Das Handybild zum Tag


30. Juni 2011

Sieh und staune!



Viral im Internet sind die "Sleepy Man Banjo Boys" aka die Mazzone-Brüder unterwegs, mit aufsehenerregenden Auftritten u.a. bei David Letterman oder auf dem Kinderbett. Hier spielen sie in einem Music Shop im heimischen New Jersey auf.

Ach ja: Dem Vernehmen nach sind sie zusammengenommen 33 Jahre alt.

RIP

Ins Gebet miteinzuschließen: der heute verstorbene Berliner Erzbischof, Georg Kardinal Sterzinsky.

Neuzugänge in der Blogozese

Alipius begrüßt zwei neue Blogozesanen, was mich daran erinnert, daß mich Leser U. per Kommentar auf ein paar weitere hingewiesen hat. Ein herzliches und allerfrömmstes Willkommen ergeht also an: - Cetera tolle (geht ziemlich zur Sache...) - Papsttreu im Pott (zum Stand des Dialogs an der Ruhr, kommt aber "vonne Emscher") - Breviarium Roger (u.a. einem Ruf von John Henry Newman nach Laien) - Passio-Blog (von den Passionisten Süddeutschlands und Österreichs) - ocist Nachrichten (Kurzes und Knappes von den Zisterziensern) - b-logos (der erste Vater-und-Sohn-Blog der Blogozese, wenn ich mich nicht irre...) Und das sind ja mal nur die, von denen ich weiß. Das Blogwesen blüht also, wenigstens katholischerseits, mag das medienethische Impulspapier "Virtualität und Inszenierung" noch so warnend und besorgt und durchaus mit einem gewissen Recht feststellen und fragen: "Noch entschieden subjektiver und interessengeleiteter ist das, was in den vielen Blogs, Webcommunities, Foren, Chaträumen und anderen Infokanälen und Plattformen wie z. B. Twitter verbreitet wird. Wo dienen diese Phänomene der Informationsfreiheit und dem öffentlichen Meinungsaustausch?" (Nr. 16)

29. Juni 2011

Papae

"Du aber sei in allem nüchtern, ertrage das Leiden, verkünde das Evangelium, erfülle treu deinen Dienst."

So der hl. Apostel Paulus an Timotheus und jeden anderen, der in die Nachfolge der Apostel tritt. Joseph Ratzinger hat sie sich zu Herzen genommen, wie es scheint. Die Gnade GOttes ist an ihm nicht vergeblich gewesen.

Deo gratias und dem Jubilar frohe und dankbare Grüße, zusammen mit meinen Wünschen und meinem Gebet!

Hinweis

"Wenn ihr zu Gott strebt, sorgt dafür, nicht allein zu ihm zu gelangen." (Gregor der Große, zitiert von Papst Benedikt in seiner heutigen Predigt)

28. Juni 2011

iPapa

Das Video des Tages:



und Benedikts erster Tweet war sogar Mashable eine Meldung wert:


26. Juni 2011

Alas, too late!

Die ZEIT rezensiert die frisch erschienene Übersetzung eines Gedichtbandes von Les Murray, ich klicke mich weiter und stelle fest, daß der große katholische Dichter vor einigen Tagen zu einer "Lesereise" im Land war. Zu spät!

So bleiben nur das neue Werk und die Anekdote, die Catharina Koller erzählt:

"»Eine Tatsache ist ein kleiner, kompakter Glaube«, heißt es in dem Gedicht weiter. Denn Fakten seien ja auch nur Versuche, die Welt zu erklären, irgendwann stimmten sie dann doch nicht mehr. Erklärt Les Murray am nächsten Tag am abgeräumten Frühstückstisch. Auf Tatsachen und Theorien setzt er schon lange nicht mehr. Wenn es um Wahrheit geht, vertraut er lieber den Worten selbst, am besten in Gedichtform. »Wenn etwas nicht in ein Gedicht passt, ist es nicht wahr«, sagt er. »Alles, was ich glaube, ist in Gedichten.« Das »Glauben« ist wörtlich gemeint. Les Murray konvertierte vor Jahrzehnten zum Katholizismus, »Zur Ehre Gottes« steht als Widmung in seinen Gedichtbänden – nur im aktuellen nicht. »Und warum wohl?«, fragt Murray wie beim Ratespiel. Richtige Antwort: Es wurde einfach vergessen. Mache aber nix, sagt Murray und kichert. »Gott wird das nicht stören, er hat das ja schon so oft zu lesen bekommen – und weiß es sowieso.«"

Wolfgang Thierse als geistliche Gefahr

Ich bin der ganzen innerkirchlichen Polemik derzeit eher überdrüssig; die Zeit ist mir meistens zu schade und die geistlichen Gefahren, die damit unvermeidlich einhergehen, sind nicht zu verachten.

Aber dann kommt wieder einer wie Wolfgang Thierse und denkt, er müsse den Papst instruieren, was er in der "Hauptstadt der Schwulen und Lesben" sagen müsse. Einer wie Thierse, jener Prototyp des arroganten deutschen Besserwissers, an dessen ach so DDR-authentischem! so ernsthaft-besorgtem! so uneigennützig-belehrendem! Wesen Welt und Kirche genesen sollen.

Und ich muß die Reste meiner Erziehung (Danke, Mama! Danke, Papa!) zusammenkratzen, die mir den öffentlichen Gebrauch von Schimpfworten, die mit A oder S anfangen, bedenkenlos untersagte, um nicht loszurotzen. Stattdessen schlicht und einfach, und im Geiste spirituellen Selbstschutzes: Wolfgang Thierse als öffentliche persona - den ignorier' ich nicht mal. Der andere Wolfgang Thierse, von GOtt geschaffen, von Jesus Christus stellvertreten - mit dem mach' ich was anderes, auch wenn es mir Sünder schwer fällt.

(Und ein dickes Kompliment an den Schreiber jenes Mails an den Herrn Thierse, den Elsa auf ihrem Blog zu Wort kommen lässt.)

25. Juni 2011

Vorabendsong für den Sonntag



Timbuk3 mit dem Lied von der strahlendhellen Zukunft - mein vorsichtiger Beitrag zu Phils Sozialrant-Aktion zu Liedern, die man "mal" gut fand, jetzt aber nicht, weil man über die dortige Gesellschaftskritik hinaus ist. Timbuk3 bleiben so sehr im allgemeinen, und wir sind ja nun "post-Fukushima" und eh schon zukunftsenttäuscht, daß ich es immer noch mag...

Fronleichnam - eine Nachbetrachtung

Der Fronleichnamstag ist für mich nicht nur das Hochfest des eucharistischen Leibes und Blutes Christi, sondern - erlebnismäßig sogar noch mehr - ein Fest des vor Ort existierenden Herrenleibes, der Ortsgemeinde nämlich. Und zwar in all seiner Herrlichkeit und in all ihrem Scheitern, das nicht nur ein schuldhaftes oder erschütterndes ist, sondern erst einmal ein komisches.

Oder wie sonst soll man es finden, wenn sich die Gemeinde exakt bei den Liedzeilen "Kommt her, ihr Kreaturen all und was erschaffen ist, kommt her und sehet allzumal, was da zugegen ist", vom zugegen-seienden Sakrament abwendet, das gerade aus dem Tabernakel geholt wird, und sich ohne Blick zurück, desorganisiert, in lockerster Marschordnung auf den Weg nach draußen macht, wo sie sich zur Prozession aufstellt.

Aufstellt - das ist ein bißchen übertrieben. Eher ist das ein geschwätziges Warten in kleinen Grüppchen alter Bekannter - nicht ganz untypisch auch für die große Kirchenlage in Deutschland. Dialog auf Augenhöhe, und du, lieber Leser, merkst, wie sich hier, in einer ruhigen deutschen Vorortstraße die kirchliche Großwetterlage spiegelt. Eins zu eins spiegelt.

Das famose Wort von der "Augenhöhe" findet seine Erfüllung beim eucharistischen Segen an den Stationsaltären. Da, wo vor ein paar Jahrzehnten noch die anwesende Catholica in die Knie ging, um das Gefälle zwischen göttlicher Gnade und menschlicher, auch erlöster Natur leiblich darzustellen, bleibt man heute unerschüttert stehen. Nein, nicht absichtlich, eher wie abwesend.

Und die Herrlichkeit, wo bleibt die? In die Herzen kann ich nicht schauen. Aber ich denke doch, daß sich mehr an Liebe, an Glauben und Glaubenssehnsucht darin findet als der konservative Schwarzseher in der Regel zugesteht. Vielleicht schweigend, ohne Worte und ohne rechte Sprache, ohne Kraft und Mut zum Ausdruck. Aber eben doch: da.

Eigentlich müsste man dann von den Einzelnen reden, denn sie haben ja alle Namen, haben eine Familie, einen Beruf, stehen in einer oft sehr speziellen Lebensituation, haben ihre besondere Geschichte und eigenen Charakter. Je näher einer hinzoomt, und als Eingeborener, einer vom gleichen Stamm, tue ich das in meiner "eigenen" Prozession, desto weniger lässt sich verallgemeinern.

Eigentlich müsste einer einen Roman schreiben, auch das eine Erkenntnis des Fronleichnamstags, ein großes Gemälde mit vielen "dramatis personae", um das, was sich an so einem Fronleichnamstag in und um eine deutsche Kirche abspielt, in seiner ganzen Zeichenhaftigkeit und Sakramentalität zu deuten: Hier, nicht in Gremien, nicht in Pastoralpapieren, auch nicht in der Blogosphäre, wird der Umbruch in der Kirche Deutschlands fassbar, liegt er in Gesten, Halbsätzen, schleppenden Schritten und wenigen Handbewegungen, in sich auflösenden und verändert weiterlebenden Traditionen vor Augen. Einen Roman bräuchte es, um zu zeigen, daß die Frontverläufe dieses Kampfes anders sind als erwartet. Oft laufen sie mitten durchs Herz und über den Küchentisch. Konservative Helden und progressive Guerilla sind Kämpfer in fremder Sache, jagen das eigene Lager in die gegnerischen Arme. Und der Papst ist weit und Gott fern. Aber ob der - sei's konservative, sei's progressive - Pfarrer auch die grüßt, mit denen er nicht kann, das konstituiert kirchliche Realität. 15 Körnchen Weihrauch entscheiden übers Seelenheil, um's noch stärker zuzuspitzen.

23. Juni 2011

Qualitätsjournalismus bei der Arbeit

Ein schönes Beispiel, daß, warum und wie uns Medien (bzw. die Menschen dahinter) für dumm verkaufen, schenkt uns Joe Carter auf First Thoughts: Seit April 2009 stellt regelmäßig ein Leitmedium bzw. eine Leitagentur fest, daß die Arbeitslosenzahlen in der USA "unexpectedly" steigen.

Tut dies zu meinem Gedächtnis

Ich freue mich über einen Gastbeitrag von Dr. Helmut Müller zum heutigen Hochfest des Leibes und Blutes Jesu Christi. Helmut ist promovierter Philosoph und Theologe und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Katholische Theologie der Universität Koblenz-Landau tätig. - Herzlichen Dank!

Helmut Müller
"Tut dies zu meinem Gedächtnis"
Gedanken zu Fronleichnam in einer Gesellschaft von religiös Schwerbehinderten


Als ich vor einiger Zeit zusammen mit meiner Frau eine eucharistische Anbetung hielt, kam mir in den Sinn, wie weit weg in unserer säkularen Zeit ein Verständnis sein muß für das, was wir gerade taten: Wir knien in einem verdunkelten Kapellenraum vor einem mit einem Textil verkleideten Kelch, darin eine runde Scheibe Brot und dem erweisen wir göttliche Verehrung. Ein seltsames Benehmen für einen von kirchlicher Religiösität entwöhnten Zeitgenossen.

Er wird sich fragen: Wieso Brot, ja sogar in der Weise von Knäckebrot? Die erste Antwort ist noch einfach: Brot in der Beschaffenheit von Knäckebrot einfach wegen der langen Haltbarkeit.

Und dann die Einsamkeit des Brotes im Tabernakel? Deshalb, weil irgendwann in einer Meßfeier über dieses Brot von einem geweihten Priester in persona Christi gesagt worden ist: „Das ist mein Leib.“

Warum? Es geschah in einer das letzte Abendmahl vergegenwärtigenden Feier.

Was geschah damals? Jesus nahm Abschied von seinen Jüngern und wählte liturgische Handlungen, die daran erinnern, daß kein Tierkörper und kein Tierblut mehr zur Entsühnung des Volkes des alten Bundes herangezogen werden muß. Denn er begründet mit dieser Handlung einen neuen Bund, der nicht mehr auf der einen Seite einen unzuverlässigen Bundespartner hat, sondern auf beiden Seiten Verläßlichkeit garantiert. Auf der einen Seite Jesus als wahrer Mensch und wahrer Gott, auf der anderen Seite Gottvater. So wie Jesus gehorsam und verläßlich den Auftrag des Vaters erfüllt, wird ein für alle Mal gültige und unüberbietbare Sühne geleistet. Und das nicht in Form „billiger Gnade“, sondern mit der Aufforderung es ihm nachzutun, um für jeden, der gläubig „mittut“, die Sühne „für viele“ für sich wirksam werden zu lassen.

Auch das ist für einen westlich säkularisierten Menschen kaum verständlicher und kann auch durch keine noch so ausgefeilte Korrelation mit säkularen Lebensverhältnissen verständlicher gemacht werden. Eine bleibende Fremdheit dieser sakralen Feier ist nicht aufzuheben. Der westlich säkularisierte Mensch muß lernen, daß er im eigentlichen Sinne ein religiös Schwerbehinderter ist, eine Schwerbehinderung, die immer weiter auch in Kirchenkreise hineinragt. Es führt so weit, daß civilreligiös sozialisierte Zeitgenossen nicht mehr in der Lage sind, Religion und ihre Riten, Reinigung, Opfer, Sühne und Reue betreffend, überhaupt zu verstehen. Der immer mehr gar nicht oder eben nur civilreligiös sozialisierte Zeitgenosse muß Religion regelrecht lernen von Kulturen, in denen sie noch lebendig ist, von Afrika, Lateinamerika oder dem muslimischen Kulturkreis, sozusagen von „heißen“ Religionen, wie sie Rüdiger Safranski einmal genannt hat, oder was auch immer seltener der Fall ist, im eigenen Land von alten Großmüttern. Er braucht jedenfalls ein im besten Sinne des Wortes lebendiges „Milieu divin“, wo Menschen mit Gott noch in ernsthafter gläubiger, ritueller Verbindung leben.

Im Glauben der Christen hat Gott sich in ein solches „Milieu divin“ hineinoffenbart. Er hat sich vor 2000 Jahren in die Handlungsstruktur einer jüdischen Kultfeier hineinbegeben. Im Abendmahlsaal zu Jerusalem ist das offensichtlich von den Anwesenden verstanden worden. Denn es gibt kaum einen Vorgang aus dem Neuen Testament, der so vielfältig und doch so genau überliefert worden ist. Gott hat sich in diese liturgische Handlungsstruktur hinein offenbart und wollte sagen: So bin ich mit Euch, für euch, bei Euch, ja so kann ich sogar heilend und reinigend in Euch sein. Weitere Opfer, seien es Tier- oder Pflanzenopfer, sind nicht mehr nötig. Ich brauche nicht besänftigt noch zum Handeln animiert zu werden durch Eure Opfer. Mein Sohn hat damit ein Ende gemacht. Euer Handeln ist zwar nicht Schall und Rauch. Aber mein Sohn hat alles wieder gut gemacht. Folgt seinem Beispiel, damit ihr nicht in den alten Verhängnissen gefangen bleibt. Entscheidet Euch in dem neuen Bündnis mitzumachen, das er an diesem Abend liturgisch begonnen hat und einen Tag später zum Zeitpunkt, als in der jüdischen Liturgie die Osterlämmer geschlachtet wurden, mit seinem Leben besiegelt hat. Tut all dies zu seinem Gedächtnis. Jede Mitfeier überwindet Raum und Zeit und versetzt in den Jerusalemer Abendmahlsaal.

Jetzt bin ich wieder zurück im abgedunkelten Kapellenraum. Die runde Knäckebrotscheibe, die wesentlich gar keine mehr ist, erinnert an all das und ist geworden was er gesagt hat: Sein Leib. Sie könnte wie ein Icon auf dem Desktop sein, hinter dem sich das verbirgt, wofür das Icon steht. Es wäre schön, wenn meine Gedanken dem Mausklick glichen, mit dem man das Icon öffnet.