Die Welt lässt uns dankenswerterweise wissen, daß die Todesanzeige des unseligen Gerold Becker Zeilen aus einer Xenie von Goethe zierten:
"'Die Feinde, die bedrohen dich,
Das mehrt von Tage zu Tage sich;
Wie dir doch gar nicht graut!'
Das seh' ich alles unbewegt,
Sie zerren an der Schlangenhaut,
Die längst ich abgelegt.
Und ist die nächste reif genug,
Abstreif' ich die sogleich,
Und wandle neu belebt und jung
Im frischen Götterreich."
Da bleibt einem die Spucke weg vor so viel Ignoranz, Arroganz, Bereitschaft zur Mehrung der eigenen Schande und vor so wenig Reue, Fremdscham und Mitgefühl für die Opfer.
Aber vielleicht ersetzt der Goethe ja nur George-Verse. Und wir sehen tatsächlich die abeschwächte Variante vor uns...
14. Juli 2010
Becker im Götterreich
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5 Kommentare:
Ja, ziemlich übel. George?
George-Biograph Karlauf:
Der geistige Vater der Reformpädagogik, der Landschulheime, heißt Gustav Wyneken. Der hat den Anschluss an George gesucht, hat sich immer und überall zu George bekannt und in seinem 1906 veröffentlichten Programm der Freien Schulgemeinde -die erste gab es in Wickersdorf in Thüringen - George mehr oder weniger wörtlich zitiert. George hat sich sehr dagegen gewehrt und hat 1930 durch seinen Biographen Friedrich Wolters ausrichten lassen, was er von den Leuten hält: nämlich, dass sie den Jungs an die Wäsche gehen.
Quelle: http://www.faz.net/s/RubBE163169B4324E24BA92AAEB5BDEF0DA/Doc~E3B1278E540884513AD945BBE39DB7849~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Der Hinweis auf Wyneken scheint mir richtig. Dessen "Eros" von 1921 stellte eine ganz offene Verherrlichung der Pädophilie dar.
Ach der Goethe passt schon. Schließlich gehört die Überbetonung unseres klassisch-liberalen goetheanischen Kulturerbes in den Curricula deutscher Kultusminister zur kulturellen Überwindung des katholischen Mittelalters.
Der Text in der FAZ ist ja hochinteressant... man sollte den vielleicht mal der so hoch enragierten (gegen die Kirche) Frau Katharina B zu lesen geben?
@christian: Manchmal gibt es auch häßliche Kinder, und illegitime. Und daß der "Meister" nach heutigen (und wohl auch damaligen) Begriffen ein mindestens gelegentlich praktizierender Pädophiler war - das sagt ja auch Karlauf.
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