30. März 2010

Herdentiere

Wenn Journalisten wirklich Herdentiere sind, wie die ZEIT am Wochenende den FR-Journalisten zitierte, der vor Jahren den Missbrauch an der Odenwald-Schule aufdeckte und von seinen Kollegen nur Schweigen erntete, dann sollte man vielleicht statt von "Kampagnen" besser von "Stampede" sprechen.

Und vielleicht meinte unser HErr gar eine bestimmte Berufsgruppe, wenn er von Schafen spricht, die keinen Hirten haben.

(Der Ehrlichkeit halber sollte man auch sagen, dass es doch einige Journalisten gibt, die momentan einen guten Job machen - und zwar ohne an Biss zu verlieren.)

28. März 2010

Die Uninteressierten

"Ist es mangelndes Interesse", daß die "Missbrauch-Enthüllungen" bei den "jungen Katholiken" am bayerischen Untermain kein Thema sind? - So fragte die Lokalredaktion der hiesigen "Unabhängigen Tageszeitung".

Wer von "mangelnd" statt von "nicht vorhanden" spricht, der hat nun wirklich noch ein weites Feld für seine Evangelisation vor sich: Nicht nur über die schrecklichen Dinge schreiben, sondern auch noch den Leuten beibringen, daß sie sich gefälligst dafür interessieren sollen. Sich die Leser schaffen, die man sich wünscht.

Das hat irgendwie einen kleinen, zarten Hauch von Brecht.

Der Beifahrer

27. März 2010

Was das Konzil wirklich sagte ...

... und was wir demnächst, wie jeden Sonntag, ja, wie eigentlich alle Tage, wieder feiern, auch wenn wir und unsere Liturgievorsteher und -vorbeter uns selten daran erinnern:

"Dieses Werk der Erlösung der Menschen und der vollendeten Verherrlichung Gottes, dessen Vorspiel die göttlichen Machterweise am Volk des Alten Bundes waren, hat Christus, der Herr, erfüllt, besonders durch das Pascha-Mysterium: sein seliges Leiden, seine Auferstehung von den Toten und seine glorreiche Himmelfahrt. In diesem Mysterium 'hat er durch sein Sterben unseren Tod vernichtet und durch sein Auferstehen das Leben neugeschaffen'. Denn aus der Seite des am Kreuz entschlafenen Christus ist das wunderbare Geheimnis der ganzen Kirche hervorgegangen." (Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium, Nr. 5)

Mainstream-Medien bei der Arbeit

Elsa schreibt bei Sende-Zeit, dem Blog der Medienpastoral im Erzbistum Freiburg.

Portionsgrößen beim Abendmahl

Passend zum Stand des Kirchenjahrs: Im International Journal of Obesity (ePub ahead of print; 2010-3-23) veröffentlichten B. Wansink et al ihre Untersuchung über die Veränderungen der Portions- und Tellergrößen in Darstellungen des Letzten Abendmahls aus dem letzten Jahrtausend:

The largest Last Supper: depictions of food portions and plate size increased over the millennium

Jetzt und in der Stunde

Aus der Kategorie: "Was verloren ginge":

"I once read an interview with Garrison Keillor in which he recounted going to a funeral. During the final prayers, the minister prayed for the deceased -- 'and for the next person here who is going to die.' He said that most of the guests were outraged and offended, but that he was moved and appreciative. He liked the fact that the Christian tradition does not candy coat things with Pepsi Generation promises of perpetual youth and vitality. The fact is, nobody's getting out of here alive. You are going to die, and your body is going to rot and be eaten by worms. Face it."

Das ganze Stück von Mark Shea auf InsideCatholic.

Frühlingsmusik


Strizz über das M

Nachdem ich heute morgen den Satz von Christopher Fry gelesen habe:

"Comedy is an escape, not from truth but from despair; a narrow escape into faith."
["Die Komödie ist eine Flucht, nicht vor der Wahrheit, sondern vor der Verzweiflung; ein knappes Entrinnen in den Glauben."],

bin ich ja fast gezwungen, den Link zum neuesten Strizz zu posten: "M wie Mißbrauch".

26. März 2010

Nächste Woche in Frankfurt/Main

Aus einer Gottesdienstordnung:

"Tischabendmahl zum Gründonnerstag mit grüner Soße im Kirchsaal"

Die europäische Tugend der Grantigkeit

Aus der FAZ-Besprechung von "Deep Search", eines Sammelbandes über die große Datensammelkrake, die auch diesen Blog hostet:

"Originell liest sich immerhin das Plädoyer Geert Lovinks, der den Ausweg aus der unmündigen, suchmaschinengesteuerten Konsumentenhaltung nicht im wiederum Technischen, sondern in der europäischen Tugend der Grantigkeit sieht und anstelle der Frage 'Was können wir wissen?' die Variante 'Was wollte ich wissen?' als regulative Idee jedes Suchvorgangs vorgibt."

25. März 2010

25. März -

- der Tag , als der HErr begann, eigene Wege zu gehen und den Theologen das Leben schwer zu machen.

- der Tag, als ER sich in die Freiheit menschlicher Hände begab.

Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt. Und wir nahmen es nicht auf, sondern kreuzigten es vor den Augen SEiner Mutter. Κυριε ελεησον.

24. März 2010

Ein Lied, diesmal nicht für Hans K.



Und die Erinnerung eilt über die Jahrzehnte hinweg in jene Zeit, als Linda Ronstadt und ich noch jünger waren.

Ein Lied für Hans K.



(Eingereicht für Elsas ucpK-Aktion.)

23. März 2010

Eine feste Stelle

"Once, in Chelm, the mystical village of the East European Jews, a man was appointed to sit at the village gate and wait for the Messiah. He complained to the village elders that his pay was too low. "You are right," they said to him. "The pay is low. But consider: The work is steady." (Aus dem Eröffnungseditorial von "First Things", März 1990)

("Einst, in Chelm, dem mystischen Dorf der osteuropäischen Juden, bestimmte man einen Mann dazu, am Eingang des Dorfes zu sitzen und den Messias zu erwarten. Er beklagte sich bei den Dorfältesten über seinen niedrigen Lohn. "Recht hast du," sagten sie zu ihm. "Aber überleg' doch: Du hast einen festen Arbeitsplatz.")

Vision

Was die Letzten Dinge angeht, liege ich traditionell auf der Linie des Hans Urs von Balthasar:

"Für alle hoffen - um mich fürchten".

So stelle ich mir dieser Tage immer mal wieder den Großen Runden Tisch vor, jenen, an dem hoffentlich alle, doch keiner untransformiert und -figuriert, sitzen werden: B16 und Frau SLS, mißbrauchte Klosterschüler und ex-paedophile Jesuiten, Spiegel-Redakteure und Facebook-Katholiken,die die Pressefreiheit abschaffen wollen und und ...

Und eschatologisch will vielleicht gar jeder neben jedem gesessen haben.

Selig, die zum Runden Tisch des Lammes geladen sind...

21. März 2010

Nur damit das Wesentliche mal wieder gesagt ist:

Ceci est un dieu.



(Es handelt sich um den Umschlag eines Dialogs in Buchform zwischen Slavoj Žižek und John Milbank.)

20. März 2010

Kratzgeräusche in der Todeszelle

Sogar der Papier-"Spiegel" gewährte Julian Barnes in seiner letzten Ausgabe zwei Seiten, wo er seine agnostische Sehnsucht nach GOtt beschreiben durfte. Ich habe den Artikel nur kurz quergelesen und mich dabei gefreut, daß Barnes immerhin einiges verstanden hat von dem GOtt, an den er nicht glaubt.

Hier sind ein paar Passagen aus seinem Buch "Nichts, was man fürchten müsste", die die Welt in ihrer Rezension zitiert:

"Bei Umfragen zur religiösen Einstellung lautet eine verbreitete Antwort etwa so: 'Ich gehe nicht zur Kirche, aber ich habe meine eigene Vorstellung von Gott.' Auf solche Aussagen reagiere ich nun wie ein Philosoph: Sentimentaler Quatsch, rufe ich. Du hast vielleicht eine eigene Vorstellung von Gott, aber hat Gott eine eigene Vorstellung von dir? Das ist nämlich der springende Punkt."

"Auch der große Triumph der Kunst über den Tod ist lächerlich temporär ... in Wirklichkeit ist das nur ein Kratzen an der Wand der Todeszelle. Damit wollen wir sagen: Ich war auch hier."

Liturgischer Rat eines "Missionary Baptist"

Selten genug, daß übers ökumenische Flachwasser klare Bitten kommen wie hier von Del McCoury (der seine ersten musikalischen Auftritte in einer Kirchenband der "Missionary Baptists" hatte)und Vince Gill: Nicht irgendwas sollt ihr rufen nach der Präfation, sondern: "Holy", "Heilig", "Sanctus", "Άγιος".

Hier ist sein gut verpackter Ratschlag, der ursprünglich von Bill Monroe stammt:


Guter Rat ...

... kommt hier von Del McCoury und Band:



Da kann man fast nicht widerstehen.

19. März 2010

To Whomever It May Concern

Top Country Albums Even Country Haters Should Own.

Für Nr. 2, 5 und 7 lege ich meine Hand ebenfalls ins Feuer. Und mit Nr. 1, dem Herrn Cash, macht sowieso keiner was falsch.

Die übelste Versuchung, seit es Justizminister gibt

Angesichts unserer derzeitigen Justizministerin konnte ich noch nie mehr als den allernötigsten Respekt empfinden. Das war schon früher so, und hat sich nach ihrer Oppositionszeit nicht geändert. Es gibt halt in jedem Leben Menschen, mit denen man absolut nichts anfangen kann außer dafür zu danken, daß man sie nicht in der eigenen Verwandtschaft hat. Ein geistlicher Challenge also, oder in traditioneller Sprache: eine chronische Versuchung.

Angesichts des freien Falls der Frau Leutheusser-Schnarrenberger in die völlige Pein- und Unsäglichkeit wird mir selber vor lauter Versuchung zu geistlichem Hochmut immer schwindliger. Eigentlich sollte man ganz still werden und versuchen, selbstlos und aufopfernd für sie zu beten, denn das ist das Beste, was man tun kann, wenn jemand über den Splitter im Auge eines Bruders meckert und selber einen Balken vor der Stirn hat. Damit einem nicht auch so einer dortselbst wächst.

Bevor ich mich in dieses Schweigen begebe und kein Wort mehr über die Ministerin verliere, will ich aber doch noch schnell auf Lorenz Jägers Kommentar "Unter Humanisten" hinweisen.

16. März 2010

Postzölibatärer Albtraum

Stell Dir vor, der Pflichtzölibat ist abgeschafft und der normale Weltpriester darf heiraten.

Gehen dann nicht all jene, die aktuell, so will es die Nachrede, mit einer unausgereiften Sexualität und entsprechenden Folgeschäden und -gefahren in den Diözesanklerus strömen, nicht in die Orden, wo der Zölibat bzw. das Gelübde der Jungfräulichkeit doch wohl nicht abgeschafft werden wird? Zu den Benediktinern und Jesuiten zum Beispiel? Wie gefährlich würden dann erst Ettal und Canisiuskolleg?

Oder denke ich zu kurz, wo zum Glück der Alois und seine Mannen weiter denken?

Brücke zwischen den Generationen und Nähe als Lebensmittel

Die Augen schließen und sich vorstellen, Martin Mosebach hätte die apologia für einen des Mißbrauchs bezichtigten Priester geschrieben.

Er hat nicht. Deo gratias.

Die Augen öffnen und Adolf Muschg lesen. Im Tagesspiegel.

Anschließend kotzen.

Die San-Andreas-Spalte im modernen Geist

I'm on the road again - als Überbrückung ein Hinweis auf die Jefferson Lecture von Walker Percy, gehalten im Mai 1989, ein Jahr vor seinem Tod, und nun anschau- und -hörbar auf C-Span:

"The San Andreas Fault in the Modern Mind"

15. März 2010

Mißbrauchte 68er

Der Dany sagt es uns - und wohl vor allem sich und seinem Gewissen:

Die 68er sind jedenfalls nicht schuld, ihre Fehler aus jugendlichem Überschwang sind nicht schuld, die libertäre Sexualmoral ist nicht schuld. Mißbraucht wurden sie, die Unschuldigen, die Menschheitsbefreier, die naiven Provokateure. Nie, nie, nie haben sie sexuelle Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen verharmlost, allerhöchstens schlechte Literatur geschrieben, die langhaarigen Pilchers ihrer Generation.

Rätsele weiter, guter Dany, "wie eine emanzipatorische Ideologie sich bei einigen ins Umgekehrte wenden kann". Denke nach, solange du noch darfst und nicht zurückgepfiffen wirst. Ja, die Geister und Ungeister, die du, auch du aus ihrer Giftflasche entweichen ließest - sie sind herrenlos und lassen sich gerne für Ausreden benutzen. Auch von pädophilen Priestern, wenn es sein muß. (Denken wir nur an den unseligen Reverend Paul Shanley und seine Beziehung zur NAMBLA...)

Es gibt sie noch, die guten klaren Hierarchien

Zitat aus meinem örtlichen Zeitungsblättchen:

"Mit diesem Vorstoß zur bisher vorgeschriebenen Ehelosigkeit der Priester setzt sich der oberste Vertreter der katholischen Laien..."

Oberster Vertreter - gut, daß es noch klare Hierarchien gibt, wenn man sie braucht...

Nicht um unseretwillen

Alexander Kissler in seinem Tagebuch:

"Es liegt nun an den Christen selbst, ob sie diese Angriffe im Gewand des Heilens und Helfens ebenso mutig wie selbstkritisch parieren. Sonst gibt es eine Alternative weniger zu den Dogmen der Diesseitigkeit und den Gelübden der Selbstverdummung."

13. März 2010

Laetare mit Doc Watson

"What a friend we have in Jesus for our sins and grief to bear!"

oder in der Sprache der Liturgie:

"Herr, unser Gott,
dein Sohn hat sich aus Liebe zur Welt dem Tod überliefert.
Lass uns in seiner Liebe bleiben und mit deiner Gnade aus ihr leben.
Darum bitten wir denselben Jesus Christus, unsern Herrn und Gott, der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit."


Sündigender Bock

Daniel Deckers: "Was wäre die Gesellschaft ohne den Sündenbock Kirche?"

Aber zugleich, vergessen wir es nicht: Wie viele Kinder und Jugendliche wurden mißhandelt, verletzt, geschändet! Wie viel mißbrauchtes Vertrauen, wie viel Erniedrigung, wie viel Entwürdigung!

12. März 2010

Menschen am Freitag abend

Am Gare de l'Est der junge Mann, der in die Arme seiner Freundin läuft. Ein langer Kuß zur Begrüßung, als sei es der erste. Lächelnde Worte, ich höre sie nicht durch die Scheibe des Waggons. Hand in Hand ins Wochenende.

Das alte Ehepaar auf der anderen Seite des Ganges, ununterbrochen parlierend. War es Hebräisch? Hätte ich nur gefragt! Die beiden sprangen von Thema zu Thema, wechselten zu Deutsch, zu Französisch und Englisch, Jiddisch meinte ich auch herauszuhören. Immer aber war es ihre gemeinsame Sprache, der ich noch länger hätte zuhören können als nur die vier Stunden zwischen Paris und Frankfurt.

Der Manager, der sich am Zielbahnhof abholen ließ und dem Fahrer wie selbstverständlich seinen kleinen Trolley in die Hand drückte. Erschöpft sah er aus mit seinen 60 Jahren, nicht wie einer, der sich auf zwei freie Tage freut.

Gott segne euch alle in dieser Nacht.

Unsere schmerzliche Liebe

Georges Bernanos spricht:

"Ich liebe die Kirche schmerzlich, so lautet die Wahrheit, ich liebe sie wie das schmerzliche Leben selber, ich bejahe sie, so wie sie ist; so wie sie ist, versuche ich sie anzunehmen; und es will mir scheinen, daß ich am Ende dieses Jaworts, wenn ich dessen je würdig sein könnte, meinen bescheidenen Anteil erhalten dürfte an der ungeheuren Anstrengung ihres Aufstiegs."

9. März 2010

Bitte um Nachsicht

Das reale Leben quetscht sich dieser Tage wieder zwischen mich und den Blog. Hier wird es wohl erst einmal ruhig bleiben.

7. März 2010

Bluegrass auf Chinesisch




"What is The League of Bearded Catholics?"

Das Cummings-Gedicht für den Tag (und für den Rest des Leben)

i thank You God for most this amazing
day:for the leaping greenly spirits of trees
and a blue true dream of sky;and for everything
which is natural which is infinite which is yes

(i who have died am alive again today,
and this is the sun's birthday;this is the birth
day of life and love and wings:and of the gay
great happening illimitably earth)

how should tasting touching hearing seeing
breathing any-lifted from the no
of all nothing-human merely being
doubt unimaginable You?

(now the ears of my ears awake and
now the eyes of my eyes are opened)

(E. E. Cummings)

6. März 2010

5. März 2010

"What is the soul of a man?

- He's gotta reach out his hand."

Eine kleine 6 min-Meditation über den homo viator. Man kann natürlich auch nur die Musik genießen.



(Den Text gibt es z.B. hier.)

Augenkrank in Eden

"Most probably we are in Eden still. It is only our eyes that have changed.

Aller Wahrscheinlichkieit nach sind wir noch in Eden. Nur unsere Augen haben sich verändert."
(Gilbert Keith Chesterton)

GKC übertreibt, wie üblich. Aber unrecht hat er, wie üblich, auch nicht.

4. März 2010

Kleine Spekulation über eine Predigt des heiligen Apostels Paulus an die Österreicher

Paul Maria Zulehner sagt:

"Die Pfarrgemeinderäte sind hoch motiviert mitzuarbeiten - aber nicht um jeden Preis. Sie haben fünf Megasorgen: keine Kirchgänger, keine Kinder und Jugendliche, keine Ehrenamtliche, keine Priester am Ort, keine eigene Pfarrgemeinde. Überschrift darüber wäre: Keine Zukunft."

Sein Namenspatron vor 2000 Jahren startete ziemlich ähnlich: Ebenfalls bei Null oder wenig darüber. Die Überschrift war sicher nicht: "Keine Zukunft".

Einer der Unterschiede von damals zu heute war sicher, daß seiner Gemeinde nicht "synodale Elemente" wichtig waren, die Verwirklichung eigener Ideen, die schmerzlose Bekehrung oder gar eine gesellschaftlich akzeptable Berufung in die besondere Nachfolge Jesu in Armut, Gehorsam, Keuschheit oder ins Amt des Vorstehers. Vermutlich hätten seine Gemeindeältesten nicht von "hoher Motivation zur Mitarbeit" bei sich selbst geredet. Eher mit ihrem Apostel von dem Zwang, der auf ihnen liegt: von der Begegnung mit dem Gegenwärtigen Auferstandenen, die sie nicht mehr loslässt.

Ganz und gar sicher bin ich mir auch, daß der heilige Paulus Christusgläubige, die aus irgendwelchen Gründen mit leisem oder lautem Kirchenaustritt drohen, keinesfalls als die "Treuesten der Treuen" bezeichnet hättte.
"Ihr wollt mit Paulus Maria euren Weg gehen, der euch vom Leib Christi wegführt? Ist Christus für euch gestorben und wird für euch gegenwärtig in seiner Kirche - oder habt ihr gelitten für die Kirche, habt sie erlöst mit eurem Blut? Brüder, seht doch ein: Aus seiner Gnade lebt ihr, und ihr werdet sie nicht finden außerhalb der Versammlung der Glaubenden. Wer seid ihr, daß ihr nicht danken müsstet für das, was ihr empfangen habt? Und wie seid ihr so weit gekommen, daß ihr Bedingungen stellen könntet und von eurer eigenen kleinen Kirche träumt, nach eurem Maß - statt zu empfangen und zu danken, statt euch hineingestalten zu lassen in den Leib Christi, in die Kirche, die er so liebte, daß er aus Liebe bis ans Ende ging?"

So oder so ähnlich hätte Paulus an die Österreicher geschrieben. Und den Bruder Paul Maria bestimmt nicht ausgespart aus seinen Predigten. Dem hätten die Ohren geglüht.

2. März 2010

Hinwendung zu den Opfern

Godehard Brüntrup sj tut einen Blick in die Dunkelheit, um der Opfer willen:

"Der liberale Katholik wird geneigt sein, den Zölibat und die kirchliche Sexualethik als Ursachen zu sehen, der konservative Katholik wird hingegen die permissive Gesellschaft als Schuldigen entdecken, deren giftige Dämpfe durch die nach dem Konzil geöffneten Fenster der Priesterseminare zogen. Solche Abstraktionen treffen kaum die konkrete Realität der Täter, sondern dienen hauptsächlich der intellektuellen Selbstvergewisserung ihrer jeweiligen Autoren. Wenn man nur einmal die beiden angeklagten ehemaligen Jesuiten im Canisiuskolleg heranzieht, so erkennt man bereits, dass die Psychopathologie ihres Missbrauchs so unterschiedlich ist, dass man sie unmöglich auf eine gemeinsame gesellschaftliche oder kirchliche Ursache zurückführen kann. Die Banalität des Bösen liegt auch und gerade in seiner unableitbaren Individualität, dem zusammengewachsenen Geflecht einer ganz individuellen Biographie, insbesondere einer ganz individuellen Kindheit. Es ist interessant, dass gerade die aufgeklärten Kreise unserer Gesellschaft diese Lektion Freuds anscheinend nicht gelernt haben. Theologisch gesprochen liegt die Banalität des Bösen auch in seiner alle Menschen durchdringenden Präsenz. Fast jeder ist unter geeigneten Umständen potenziell ein Gewalttäter, auch gegen Kinder. Es gibt daher keine simplen, verallgemeinernden Erklärungen." (Tagespost vom 2. März 2010 / Zenit)