31. März 2005

Wieder verwaist und allein

Eher zufällig eben in Peter Strassers Journal der letzten Dinge, S. 157f. gefunden:

"John Irving: 'Anyone can be sentimental about the Nativity; any fool can feel like a Christian at Christmas. But Easter is the main event; if you don't believe in the resurrection, you're not a believer.'

Dazu eine Bemerkung Wittgensteins: 'Was neigt auch mich zu dem Glauben an die Auferstehung Christi hin? Ich spiele gleichsam mit dem Gedanken. - Ist er nicht auferstanden, so ist er im Grab verwest, wie jeder Mensch. Er ist tot und verwest. Dann ist er ein Lehrer, wie jeder andere und kann nicht mehr helfen; und wir sind wieder verwaist und allein.'

Angenommen, woran es uns, den Ungläubigen, Heimatlosen, sich über die Schafe Erhebenden, fehlt, ist jene Unschuld in Ansehung des Auferstehungsereignisses, von der Wittgenstein sagt, sie könne nur eine Folge der Erlösung zur Liebe sein: 'Es ist die Liebe, was die Auferstehung glaubt.' Um so lieben zu können, muß man vom Zweifel erlöst sein.

Das bedeutet auch, daß sich niemand selbst vom Zweifel befreien kann. Man kann sich dogmatisch verhärten und dabei dumm werden; man kann, aus Angst vor den Folgen, alle Argumente gegen die Möglichkeit, von den Toten aufzuerstehen, vom Tisch wischen. Man kann sagen, das Wissen um die irreversiblen Prozesse des Sterbens und der Verwesung hat für mich keine Bedeutung, obwohl es doch eine hat. Man macht bei Jesus eine Ausnahme, obwohl man weiß, daß es keine Ausnahmen gibt. Und so ist man auch gar nicht wirklich vom Zweifel befreit.

Der Glaube, der wahre Glaube, macht hier keine Ausnahme. Denn wer die Evangelien mit dem erlösten Blick der Liebe liest, der weiß, daß Jesu Tod nicht von dieser Welt ist. Es ist eine Art des Sterbens, für die der Ungläubige, der zu dieser Liebe nicht fähig ist, keinen Blick hat. Der Unglälubige sieht einen toten Körper, der vom Kreuz abgenommen und ins Grab gelegt wird. Er kann den Körper des Menschensohnes, den göttlichen Leib, gar nicht sehen. Was er sieht, das ist eine verstümmelte Leiche, die sehr bald in Fäulnis übergegangen sein wird."

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