22. Dezember 2004

Weihnachten und Wahrheit

Die Rezension von Klaus Bergers Jesus-Buch in der Zeit:Eckard Nordhofen: Das Wort ist Fleisch geworden (via Katholisches Notizbuch)

"Wenn der Alltagsverstand und die empiristischen Konzepte der Realität darauf geeicht sind, nur physische Realität zu akzeptieren, dann sprengt die Intention der biblischen Erzählungen gezielt diesen Grenzzaun. Berger zeigt überzeugend, dass die Speerspitze der Wundererzählung ins Herz der Normalität zielt. Ein Dornbusch, der brennt und nicht verbrennt, ist eine Manifestation gegen den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Genauso wenig kann eine Jungfrau ein Kind bekommen. Der Herr Kaplan wusste es übrigens in der letzten Weihnachtspredigt besser. Es handele sich um eine junge Frau, nicht um eine Jungfrau. »Was regt ihr euch auf?«

Weil solche verbilligenden Rationalisierungen genau das beseitigen, worauf die Erzähler der Wundergeschichten hinauswollen, stoßen sie die Realpräsenz Gottes, die in diesen paradoxen Ereignissen enthalten war, ab wie ein fremdes Implantat. Sind die Berichte des Neuen Testaments wahr?, so lautete 2002 ein anderer Buchtitel Bergers. Dort redet er von der »Dimension der mystischen Fakten«.

Was ist ein mystisches Faktum? Im Unterschied zu dem, was wir sonst ein Faktum nennen, ist es nichts zum Anfassen. »Fass mich nicht an!«, sagt der Auferstandene zu Maria Magdalena am Ostermorgen. Was sich entzieht, kann dennoch Spuren hinterlassen. Dann ist es wirklich geworden. Berger: »Verklärung halte ich nicht für eine physikalische Realität, und ich mache nicht die potenzielle Fotografierbarkeit zum Maßstab dessen, was ich für wirklich halten darf. Es ist aus meiner Sicht eine Erfahrung in Raum und Zeit, aber an deren Rande, denn mit den Mitteln der Kausalität ist dieses Geschehen nicht zu erklären.«

Die Zeichenpraxis der christlichen Kirche hat als spezielle Antwort auf das Medienproblem des Monotheismus ein eigenes Alphabet ausgebildet. Es ist nach der Grammatik der Inkarnation konstruiert. Jesus, das Fleisch gewordene Wort, ist, anders als Schrift, das, was es bedeutet. Zeichen und Bedeutung fallen zusammen. Das ist die Definition des Sakraments. In diesem Sinn könnte die Art, wie Klaus Berger die Wirklichkeit der Wunder deutet, sakramental genannt werden."

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