27. Februar 2003
Georges Bernanos zur Kirchenreform
Bernanos, einer weiterer der großen vergessenen Christen, schreibt 1943 in seinem "Fragment über Martin Luther":
»Man reformiert die Kirche nur, indem man für sie leidet, man reformiert die sichtbare Kirche nur, indem man für die unsichtbare leidet. Man reformiert die Laster der Kirche nur, indem man das Beispiel ihrer heldenhaftesten Tugenden gibt. Möglicherweise empörten die Ausschweifungen und die Simonie de kirchlichen Würdenträger den hl. Franz von Assisi nicht weniger als Luther. Es ist sogar sicher, daß er härter darunter litt, denn er war ganz anders veranlagt als der Weimarer Mönch. Aber er hat der Ungerechtigkeit nicht getrotzt, er hat nicht versucht, ihr die Stirn zu bieten, er hat sich in die Armut gestürzt, er hat sich und die Seinen so tief wie möglich in sie eingetaucht wiein die Quelle aller Vergebung, aller Reinheit. (...)
Vielleicht ist es doch erlaubt zu sagen, um von gewissen Lesern besser verstanden zu werden, daß die Kirche keine Kritiker braucht, sondern Künstler? Wenn die Dichtkunst in voller Auflösung begriffen ist, geht es nicht darum, die schlechten Dichter zu überführen oder sie gar zu hängen, sondern schöne Verse zu machen und die heiligen Quellen wieder zu öffnen.
Die Kirche hat nicht Reformatoren, sondern Heilige nötig."
Große Worte. Aber wie sonst kann man es sagen?
Jetzt hat Blogger den Kommentar zu den Fastenvorschlägen von Werner "Tiki" Küstenmacher geschluckt. Ich mag ihn nicht nochmal schreiben, deshalb mag jetzt jeder raten, wie er ausgefallen ist bzw. wäre.
Fastenempfehlungen des Simplifiers Werner "Tiki" Küstenmacher finden sich im Rheinischen Merkur. Ich sag mal: Naja.
"Eine Woche ohne Ziele" - und ich vereinbare gleich am Freitag meine Jahresziele mit meinem Chef, was ich ganz gut finde, denn sonst lebe ich zu einfach zu sehr in den Tag hinein.
"Eine Woche ohne Abendessen" - dann muß ich aber mittags essen. Momentan ist das Abendessen meine Hauptmahlzeit.
"Eine Woche ohne E-Mail" - und in der Woche danach arbeite ich 200 ab. Lieber nicht. Dafür verzichte ich aber gern weiterhin auf ein Handy.
"Eine Woche ohne Nachrichten" - ich müsste mich eher zwingen, einmal in der Woche eine vernünftige Zeitung richtig gründlich zu lesen.
"Eine Woche ohne Vorwürfe" - gerne!
"Eine Woche ohne Uhr" - vielleicht.
"Eine Woche ohne PC" - nee. "Schreiben Sie Tagebuch." Tu ich gerade. "Halten Sie die denkwürdigen Erlebnisse fest, die Ihnen während der ungewohnten Fastenübungen passieren." Mal sehen. "Dann können Sie weiter wirken, weit über Ostern hinaus." Da merkt man den evangelischen Pastor, was auch nicht schlecht ist.
In der Industriebranche, in der ich meine Brötchen verdiene, gibt es den Begriff der "Good Manufacturing Practice", der richtigen Art und Weise der Produktfertigung. Einer der Grundsätze von GMP lautet: "Was nicht dokumentiert ist, gilt als nicht durchgeführt." Eine fehlende Dokumentation kann bei einer Behördeninspektion bis zum Produktionsstillstand und zu ganz gehörigen Umsatz- und Gewinneinbußen führen.
In der internationalen Politik scheint eine "Good Disarmament Practice" dringend nötig zu sein. Denn offensichtlich ist es - jedenfalls im Raum Bagdad - üblich, Massenvernichtungswaffen (oder jedenfalls deren materia prima ) zu vernichten und darüber kein Buch zu führen.
26. Februar 2003
Warum kauft Google Blogger, eine Firma mit 6 Angestellten und einer Million Kunden?
Eine gute Analyse ist Blooglelicious - The Buzz About Google Buying Pyra Labs
"Mißtrau jeder Freude, die nicht auch Dankbarkeit ist." (Theodor Haecker: Tag- und Nachtbücher)
"Rituale sind etwas Zivilisiertes. Sie zähmen den Drang der Eitlen, sich in den Mittelpunkt zu spielen; und so ermöglichen sie eine ungefährliche Art der Autorität" (Hannes Stein: Moses und die Offenbarung der Demokratie)
24. Februar 2003
Gütig sein, weil jede/r von uns auf Güte angewiesen ist und weil das Leben sowieso schon schwierig genug ist, weil jede/r mit seinen eigenen Dämonen, Ahnen, Erinnerungen, Ängsten, Versuchungen kämpft.
Die Gedichte des hier schon mehrfach erwähnten Robert Frost habe ich in den letzten Tagen als eine Sehschule der Güte entdeckt, die nur weiterempfehlen kann. Genuß - am englischen Text und an der hervorragenden, weil durchgehend gelungenen deutschen Übersetzung von Lars Vollert - verbindet sich mit einer tief humanen Perspektive auf Menschen und Welt; das Prädikat "Katharsis", die Reinigung der Leidenschaften und Gefühle durch Nacherleben edler Handlungen in einem Kunstwerk (Aristoteles möge mir verzeihen für diese hemdsärmelige Definition, aber ich habe keine Lust, jetzt um 11 Uhr nachts auch noch die Poetik nachzuschlagen...), ist nicht zu weit hergeholt. Frost selbst sagt es bescheidener: Er wollte Gedichte schaffen "that will be hard to get rid of", die man also nur schwer loswerden könnte.
Dazu gehören für mich auf jeden Fall Gedichte wie der "Tod des Tagelöhners", "Birken" und "Maple", das ich leider im Web nicht gefunden habe. Lest selbst.
Aus vielerlei Gründen ist mir der hl. Matthias der liebste der Apostel.
Zum einen gab es während meiner Kindheit an diesem Tag aus bestimmten, hier nicht näher auszuführenden Gründen eine ganze Menge Süßigkeiten - auch wenn der 24. Februar, der traditionelle Festtag des Apostels, in die Fastenzeit fiel. Und diese Süßigkeiten durften wohldosiert sogar gegessen werden. (Alles andere, von den nicht aufgegessenen Faschingskamellen zum Brausestäbchen der Bäckereiverkäuferin, wanderte in eine Blechdose, die erst am Ostermorgen im Morgengrauen ihren Duft und Inhalt freigeben durfte.)
Dann machte mich besonders stolz, daß der hl. Matthias in Deutschland, näherhin in der Trierer Benediktinerabtei St. Matthias begraben ist. Beides, Süßigkeiten und Grab, ziemlich handfeste und für einen Jungen beeindruckende Gründe.
Genauso handfest war die Stelle aus der Apostelgeschichte, die die Person Matthias erahnen läßt: "So muß nun einer unter diesen Männern, die bei uns gewesen sind die ganze Zeit über, welche der Herr Jesus unter uns ist aus und ein gegangen, von der Taufe des Johannes an bis auf den Tag, da er von uns genommen ist, ein Zeuge seiner Auferstehung mit uns werden." (Apg 1, 21f nach Luther) Offensichtlich war er mit Jesus unterwegs, überstand die vorösterliche Flucht und Verzweiflung, begegnete dem Auferstandenen, den er jetzt nach dem Losentscheid offiziell bezeugen sollte. Was er anscheinend auch tat, der Überlieferung nach bis zum Martyrium (was ja auch nichts anderes bedeutet als "Zeugnis").
Lieb wurde er mir später auch, als ich über sein postmortales Schicksal nachdachte: Nur kurz spielte er ja den öffentlichen Ersatzmann für Judas; praktisch wurde er im Bewußtsein der Kirche von Paulus überflügelt und verdrängt. Viele verwechseln ihn auch heute noch mit Matthäus, Zöllner und Evangelist; der Name selbst lässt sich im Deutschen mal so, mal so schreiben - die Loccumer Richtlinien aus den 70er Jahren schlugen sogar die Version "Mattias" vor (Iiii!!!). Reserveapostel bis zuletzt, Ignoranten schutzlos ausgesetzt bis heute.
Aber als Patron ziemlich zuverlässig. Dafür spricht die Tatsache, daß sich laut Heiligenlexikon "Zimmerleute, Schreiner, Schmiede und Metzger" auf ihn verließen.Und diese mächtigen Innungen müssen's ja wissen. (Bei den Lobbies der "Schweinehirten, Schneider und Zuckerbäcker" bin ich mir nicht ganz so sicher.)
»Auf Herrliches ist mir das Los gefallen.« (Ps 16, 6) Sancte Matthias, ora pro nobis.
23. Februar 2003
Meine Heimatdiözese kündigt als Abschluß einer Familienförderinitiative einen "großen Abschlußevent" an.
Bis vor einiger Zeit hätte man das auch in kirchlichen Behörden ein Abschlußfest genannt. Jetzt soll aber offensichtlich nicht gefeiert werden (oder jedenfalls nicht nur), sondern es wird sich etwas ereignen. Die Eucharistie, die dort bestimmt auch gefeiert wird, ist vermutlich nicht gemeint.
Dabei ist die Eucharistie der eigentliche Ort, an dem sich in der Kirche etwas ereignet. Wir werden gleichzeitig mit dem Ereignis der Dies Paschales, der drei Kar- und Ostertage. Dem Ereignis par excellence. Dem Ereignis, das Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichzeitig und gleichermaßen erschließt. Dem Ereignis, das jeden und jede, das alle und alles einbezieht.
Alle anderen Events, Veranstaltungen, Treffen, Seminare, Sitzungen, Workshops sind demgegenüber fast ereignislos - jedenfalls wenn sie sich außerhalb dieses Ereignisses positionieren oder praktisch in Konkurrenz dazu treten. (Und das heißt: wenn wir so tun, als ob sich das Wesentliche unseres Mensch- und Christseins dort ereignet, und nicht an den Drei Tagen des Jahres 33.)
20. Februar 2003
»Was Gott betrifft, wollen wir klar zugeben, daß wir ihn nur unter der Gestalt des Undenkbaren denken können, aber eines Undenkbaren, das das, was wir nicht denken können, so sehr übertrifft wie das, was wir denken können; denn das, was ich nicht denken kann, ist immer noch eine Angelegenheit meines Denkens, und bleibt daher für mich denkbar. Im Gegensatz dazu ist das Undenkbare, für sich genommen, eine Angelegenheit Gottes selbst, und charakterisiert ihn als aura seiner Ankunft, als Herrlichkeit seines Forderns, als Glanz seiner Zurückgezogenheit. (...)
Das Undenkbare verdeckt die Kluft, die immer offene Spalte, zwischen Gott und Götze (idol) oder besser: zwischen Gott und der Anmaßung jedes möglichen Götzendienstes. Das Undenkbare zwingt uns, die götzendienerischen (idolatrous) Anführungszeichen um "Gott" durch den wahren Gott zu ersetzen, den keine Grenze des Wissens begrenzen kann; und um das zu sagen, wollen wir GXtt durchkreuzen, mit einem Kreuz, provisorisch mit dem des Hl. Andreas. Es zeigt die Grenze der - bewußten oder naiven - Versuchung, das Undenkbare durch ein Götzenbild zu lästern. Das Kreuz zeigt nicht an, daß Gxtt als Begriff verschwinden müsste oder nur als zu verifizierende Hypothese auftauchen dürfte, sondern daß das Undenkbare nur in das Feld unsere Denkens tritt, indem es sich selbst durch das Übermaß (excess) als undenkbar erweist, d.h. indem es unser Denken kritisiert. GXtt zu durchkreuzen zeigt und erinnert in der Tat daran, daß GXtt unser Denken durchkreuzt, indem er es sättigt.; besser: er tritt in es ein, indem er es in die Pflicht nimmt, sich selbst zu kritisieren. (...)
Wir durchkreuzen den Namen GXttes nur, um uns selbst zu zeigen, daß seine Undenkbarkeit unser Denken sättigt - von allem Anfang an und für immer.«
(übersetzt aus: Jean-Luc Marion: God without Being.- Chicago: Univ of Chicago Press, 1991, 46)
Die Wahrheit ist nicht theoretisch, sondern personal, nein: eine Person, nein: eine Mehr-als-Person. Ich habe nie verstanden, wie man an der Personalität Gottes zweifeln kann. Wenn ich daran zweifle, dann nur in Richtung des Darüber-hinaus. Eine Negative Theologie müsste eigentlich Positiver-als-Positive Theologie heißen.
Dazu passend: Jean-Luc Marion schreibt in seinem Buch God without Being »God« konsequent mit durchgestrichenem »o«. (Bei Gelegenheit werde ich seine Sätze dazu hier »posten«.)
In der Pfarrei St. Blogus kursieren wieder die ausgefallensten Quizze: Welches Tarotkarte, welches Klassikstück, wie Grand-Ole-Partyish, welches tropische Tier bist Du? (Alle u.a. bei Flos Carmeli) Ich erspare sie mir.
Was ich von mir weiß, reicht mir - vielleicht fürs Leben, auf jeden Fall für heute abend.
Aus Dylans Archiv, von Kathy im Gospel M*I*N*E*F*I*E*L*D versteckt:
»Be kind, for everyone you meet is fighting a great battle.« (Philo von Alexandrien)
Yep. Stimmt. Better be kind.
The President's Council on Bioethics ist das von George W. Bush eingesetzte Beratungsgremium für ethische Fragen der modernen biotechnisch beschleunigten Medizin. Das von Leon Kass, einem jüdischen Mediziner, Biochemiker, Bioethiker und Publizisten geleitete Gremium legt alle seine Arbeitsmaterialen, Sitzungsmitschriften und natürlich den Report zum Thema Human Cloning auf seiner Website offen.
»Ganzheitlich« ist ja ein mißbrauchtes Wort, aber mit Geschichten (Nathaniel Hawthorne: Birthmark) und Dichtungen (Homer: Ilias) an diese Themen heranzugehen, ist wohl genau das. Denn immerhin geht es nicht um das, was Forscher in Labors für sich und für den wissenschaftlichen Fortschritt betreiben, sondern - früher oder später - um Veränderungen unseres ganz normalen Menschseins und um Fragen, die nicht ganz so neu sind, wie wir glauben.
Der Rheinische Merkur schließt seinen Bericht zum Besuch von Tarik Asis bei JPII mit den Worten:
»Das Wohlwollen gegenüber Asis in den Medien war bemerkenswert. Nur selten taucht der altgediente Militär im vornehmen Anzug in der Öffentlichkeit auf, so auch beim Papst. Bei der Pressekonferenz sagte er: „Nein, wir haben nicht die technischen Möglichkeiten, irgendjemanden außerhalb unseres eigenen Territoriums anzugreifen“, beteuerte er, nachdem vor allem deutsche und israelische Journalisten unter Protest die Konferenz verlassen hatten.
Asis, der Pazifist? Zumindest beim Besuch am Grab des heiligen Franziskus in Assisi versuchte er dieses Image zu vermitteln. „Wir wollen Frieden“, sagte er und schrieb in das Gästebuch der Franziskaner: „Möge Gott, der Allmächtige, dem irakischen Volk und der ganzen Welt Frieden schenken.“ Für den Diktator in Bagdad allerdings ist der Christ Asis nicht mehr als eine Galionsfigur ohne Macht und Einfluss. Vor diesem Hintergrund erscheint sein Auftritt in einem anderen Licht.«
Manchmal ist eine katholische Taufe doch Gold wert - nicht nur »erlösungstechnisch«, sondern auch realpolitisch.
19. Februar 2003
18. Februar 2003
Gerecht geht es nicht zu in der Welt. Während Freund Fono schöne Tage in Rom verbringen darf, bleibt uns Zuhausehockern höchsten eine Pizza. Und wenn wir brav waren, dürfen wir vielleicht mal zu einem richtigen Italiener.
16. Februar 2003
Gottesdienste, die äußerlich eher unansehnlich und gewöhnlich sind, lassen mich die Gegenwart Jesu Christi viel stärker erleben als feierliche, gut vorbereitete, glänzend bepredigte, voll besetzte, stimmungsvolle.
Und im 2. Schritt schränke ich auch diese Beobachtung in ihrer Bedeutung wieder ein: Was tut's, ob ich erlebe oder nicht? Ganz und gar, mit meiner innersten Person einbezogen sein - das ist es.
15. Februar 2003
»Wir danken Dir, Herr und Menschenliebender, Du König aller Zeiten und Spender aller guten Gaben, dass Du die Mauern der Feindschaft niedergerissen hast und denen Frieden gewährst, die Deine Barmherzigkeit suchen. Wir bitten Dich, in all denen ein Verlangen nach einem friedlichen Leben zu erwecken, die mit Hass auf ihre Nachbarn erfüllt sind. Dabei denken wir im Besonderen an die, die im Kriege sind oder Kriege vorbereiten. Gewähre Deinen Dienern Frieden. Erwecke in ihnen die Furcht vor Dir und stärke sie in der Liebe füreinander. Lösche jeden Streit aus und verbanne alle Versuchungen zu Unstimmigkeiten. Denn Du bist unser Friede und Dir bringen wir Ehre: Dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste, jetzt und alle Zeit und in die Ewigkeiten der Ewigkeiten. Amen.
Wir beten, Herrr unser Gott, für alle, die unter Kriegsgeschehen zu leiden haben, vor allem für die Opfer und die in den Kämpfen in (. . . .). Wir beten um Deinen Frieden und Deine Barmherzigkeit inmitten all der großen Leiden, die Menschen jetzt einander zufügen. Nimm das Gebet Deiner Kirche an, und lass die Güte Deines Friedens zu allen Völkern zurückkehren. Höre uns und erbarme Dich unser.
Herr, erbarme Dich! Herr, erbarme Dich! Herr, erbarme Dich!
Herr, unser Gott, erinnere Dich in Deinem Erbarmen an unsere Brüder und Schwestern, die in Bürgerkriegen verwickelt sind. Entferne aus ihrer Mitte alle Feindseligkeit, Verwirrung und Hass. Leite jeden einzelnen auf den Pfad der Versöhnung und des Friedens, wir bitten Dich, erhöre uns und erbarme Dich unser.
Herr, erbarme Dich! Herr, erbarme Dich! Herr, erbarme Dich!
Lass alle Gläubigen sich von der Gewalt abwenden und das tun, was dem Frieden dient. Errette durch die Kraft Deines starken Armes Dein Volk und Deine Heilige Kirche von allem Übel und Unterdrückung; erhöre die Bitte aller, die in Trauer und Leid Tag und Nacht zu Dir rufen. Erbarmender Gott, lass ihr Leben nicht verloren gehen, wir bitten Dich, erhöre uns und erbarme Dich unser.
Herr, erbarme Dich! Herr, erbarme Dich! Herr, erbarme Dich!
Gewähre hingegen, Oh Herr, Frieden, Liebe und rasche Versöhnung Deinem Volk, dass Du durch Dein kostbares Blut erlöst hast. Erweise Dich, Herr, denen, die sich von Dir abgewandt haben und Dich nicht suchen, damit keiner von ihnen verloren gehe und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen, auf dass ein jeder und eine jede in wahrer Liebe und Eintracht, Oh lang-leidender Herr, Deinen allheiligen Nahmen rühmen möge.
Amen.«
(Dieses Gebet stammt von der Seite der Orthodox Peace Fellowship .)
13. Februar 2003
You are a Bavarian.
What's your Inner European?
brought to you by Quizilla
- das muß wohl an der Antwort auf die Frage: "Drinks: What'll you have?" gelegen haben, oder hatte Dostojewski irgendwelche bayerischen Neigungen? - Oder war es die folk music, die ich angekreuzt habe? (Joan and Bob meet Marianne und Michael.)
12. Februar 2003
Sarah Kirsch: Eichbäume
Als die Bewohner sich zerstreuten die Mehrheit
Der Gefiederten aufbrach in andere Breiten das Laub
Klirrend nach starken Frösten herabfiel
Wurde sichtbar der Leib des Windharfenwalds:
Anmutige Wirbelsäulen Zweige für jede Gebärde
Widersetzliche knarrende splitternde Schönheit.
Das Gedicht begleitet mich schon seit Jahren, mehrere Büroumzüge und Schreibtischunterlagen lang, zusammen mit von T. gemalten Blumen, den wichtigsten Telefonnummern und dem NATO-Alphabet. Der Ausschnitt aus der FAZ ist fleckig und vergilbt; das Gedicht bekommt ein Gesicht und wird unverwechselbar.
11. Februar 2003
10. Februar 2003
Wenn Katholiken - "richtige" Katholiken - richtig begeistert etwas machen, dann fehlt ihnen manchmal jeder Sinn für Peinlichkeit. Dann müssen sie ganz einfach damit rechnen, daß der Spott reichlich über sie ausgegossen wird. Santi Beati e Testimoni ist so ein Fall.
0. Da unsere Kritiker mangels Wissen oft das Kind mit dem Bade ausschütten, versuche ich erst einmal, das "Phänomen" des Schutzpatrons oder Schutzheiligen in den Zusammenhang zu stellen, ohne den es verloren und lächerlich wirkt.
1. Es ist katholischer (und nicht nur katholischer!) Glaube, daß Jesus Christus nicht Mensch wurde, nicht am Kreuz starb und an Ostern auferstand, um jeden für sich zu erlösen, zu befreien - sondern daß er das tun wollte und tat, indem er uns alle in eine Gemeinschaft mit sich führte. "Leib Christi", Gemeinschaft der Heiligen, pilgerndes Gottesvolk, neues Israal, Volk aus Juden und Heiden - alle diese Metaphern für die Wirklichkeit "Kirche" betonen, daß wir, wie Paulus sagt, als Christen nicht uns selber leben und uns selber sterben, sondern "dem Herrn leben und dem Herrn sterben" - dem Herrn nicht nur als dem Sohn Gottes, dem Menschen Jesus von Nazareth, gekreuzigt, gestorben, begraben - sondern eben auch dem Herrn als "Haupt seines Leibes" (ebenfalls Paulus). Heil gibt es nur im Plural - für mich, für Dich, für die vielen neben uns und für alle.
2. »Die Gemeinschaft der Heiligen ist das Gegengift und Gegengewicht zur baylonischen Zerstreuung; sie bezeugt eine so wunderbare menschliche und göttliche Solidarität, daß es einem menschlichen Wesen unmöglich ist, nicht auf alle übrigen zu antworten, zu welcher zeit sie auch leben und wohin sie zu leben auch gerufen sein mögen. Der geringste unserer Akte widerhallt in unendliche Tiefen hinein und läßt alle Lebendigen und Toten erbeben.« So zitiert der Katholische Erwachsenenkatechismus Leon Bloy.
3. Wenn das wahr ist und wenn Gott kein Gott ist, der uns vergewaltigt, sondern der unser Bestes zum Aufblühen bringt und uns als freie Menschen in seinen Dienst nimmt - quietscht da jemand beim Wort »Dienst«? -, endet dieses Aufblühen und dieses freie Mitwirken mit IHM nach dem Tod? Werden wir lebendig für das Reich Gottes, für den Nächsten gebraucht, und danach in einen fernen Himmel weggesperrt? Den Todestag von Heiligen, von exemplarischen Christen, als ihren Dies natalis, als ihren Geburtstag für den Himmel zu feiern, ist alter christlicher Brauch. Das Leben geht nach dem Tod nicht einfach weiter, und noch weniger hört es einfach auf. »Die Einheit der Erdenpilger mit den Brüdern, die im Frieden Christi entschlafen sind, wird also keineswegs unterbrochen, sie wird vielmehr nach dem beständigen Glauben der Kirche durch die Mitteilung geistlicher Güter gestärkt.« (2. Vat. Konzil, Lumen Gentium 49)
4. Ich bin für alles, was diese Gemeinschaft auch sinnlich erfahrbar macht - besser kitschige Heiligenbildchen als gar keine, besser die Christophorusmedaille als nur den Wackelelvis. Aber daß diese Utensilien per se wirken, ist natürlich Quatsch, und gerade die tieffrommen alten Mütterchen wissen meist ganz genau, daß sie da sind, um die Gemeinschaft mit den Heiligen, mit Menschen, Personen also, herzustellen. (Ein abergläubisches Devotionalienverständnis findet sich meistens bei Nominalkatholiken.)
5. Wenn Gott uns zum Aufblühen bringt, werden wir einander nicht immer ähnlicher, sondern immer individueller, immer differenzierter, immer unverwechselbarer. Keine Ahnung, wo das steht. Vielleicht bei Chesterton oder C.S. Lewis.
6. Aus 3. und 5. ergibt sich, daß auch die Gemeinschaft der Erdenpilger mit den entschlafenen Schwestern und Brüdern (eSuB)
mindestens so persönlich geprägt ist, wie die unter den Erdenpilgern allein. Mit dem Unterschied, daß die eSuB uns besser kennen (weil aus Gottes Perspektive) und uns tiefer verstehen (weil in seiner Liebe), als wir sie.
7. Und ist es dann nicht logisch, wenn die Christen in ihrer Tradition dann auch merken und gemerkt haben, daß sich einige der eSuB mehr ums Fahren mit dem Auto, andere mehr ums Holzhacken oder die Gasheizung und andere mehr ums Wiederfinden von Verlorenem kümmern? Kümmern nicht nach unseren Maßstäben - sie sollen sich kümmern , daß wir ohne Unfall ans Ziel kommen, uns nicht in den Finger hacken, die verlegte Brille wiederfinden!! -, sondern nach den Maßstäben Gottes: So daß alle diese kleinen und großen Probleme, Tätigkeiten, was auch immer für uns Orte des Heils werden.
8. Und jetzt kommen wir endlich zum Santi Beati-Poll: Lassen sich solche "Spezialisten" unter den Heiligen per Web-Hype und Click-Box-Abstimmung finden und benennen? Ich glaube: Nein!
9. Wie dann? Nur über einen langen Umgang mit den eSuB, über eine entstehende Tradition, die ihre Zeit braucht, über Erfahrungen, die gemacht werden, über Gebete und Hilferufe, die erhört, übererhört, erfüllt, vermeintlich nicht-erfüllt werden. Und dann, erst dann kommen wir wieder mal im Web zusammen und erzählen uns von unseren eSuB, die uns beim Bloggen und Surfen begleiten. Und irgendwann darf und soll und muß der Vatikan gerne feststellen, was Sache ist.
10. Ob das jemand, der nicht glaubt, das nachvollziehen kann? Ich hoffe es.
11. Ich bitte um Nachsicht und gnädige Korrektur.
Ein Befüller oder Leser des Mehrzweckbeutel fragt mich nach meiner Meinung zur Internet-Schutzpatron-Suche. Sie kommt, keine Angst.
""Which cocktail are you?""
brought to you by Quizilla
4. Februar 2003
Zur Harry-P-Angelegenheit passend ein grandioser Satz von dylan:
»A greater sin than being heretical is being boring. And this is definitive, infallible teaching, to which all the faithful (readers of & visitors to this weblog) must assent -- because I, Pope Dylanissimus the First and Very Likely the Last, have proclaimed it!
And it is so.«
Chesterton hätte da auf jeden Fall zugestimmt, me thinks.
Ein Machtwort ist es per se nicht, aber vielleicht hilft es manchen, Harry P. ein bißchen entspannter zu sehen: Peter Fleetwood, Mitglied des des Päpstlichen Kulturrats und Sekretär im Rat der Europäischen Bischofskonferenzen, gibt Entwarnung: »"Ich glaube, es gibt keinen in diesem Raum, der ohne Märchen, Magie und Engel in einer imaginären Welt aufgewachsen ist." Rowlings Zauberer und Hexen seien nicht "böse" und wollten keine "anti-christliche Ideologie" verbreiten. "Wenn ich die Absichten der Autorin gut verstanden habe, dann helfen sie Kindern, den Unterschied zwischen Gut und Böse zu sehen."«
Ist doch schon mal o.k., oder?
Ich bin zu einem zweiten Versuch ermuntert wurden, Fire and Ice von Robert Frost zu übersetzen. Viel dichter als in diesen Zeilen kann ein Dichter nicht werden, wenn er eschatologische Spekulation mit persönlicher Erfahrung verbinden will.
Das Original:
Fire and Ice
Some say the world will end in fire,
Some say in ice.
From what I've tasted of desire
I hold with those who favor fire.
But if it had to perish twice,
I think I know enough of hate
To say that for destruction ice
Is also great
And would suffice.
Mein zweite Version (mit ein bißchen mehr Anspruch als vorher:
Es heißt: Die Welt vergeht im Feuer.
Auch heißt's: Im Eis.
Da ich gekostet vom Begehren,
Erwart mit manchen ich das Feuer.
Doch müsste zweimal sie vergehn,
denk ich: Ich kenn genug vom Hass
und sag, dass zur Zerstörung Eis
das Rechte ist
und reichen würd.
Jetzt bin ich noch mehr auf die Versionen von Lars Vollert in der neuen, zweisprachigen Frost-Kollektion gespannt.
3. Februar 2003
Die lebhafte und auch auf hohem Niveau geführte Diskussion in den USA über Sinn, Nutzen, Recht, Unrecht ... eines Irak-Krieges ist bei uns wenig bekannt. In diesem Sinne:
Paul W. Schroeder: Iraq: The Case Against Preemptive War.- American Conservative, Oct 21, 2002
David Blankenhorn; Jean Bethke Elstain; Francis Fukuyama et al: Pre-emption, Iraq, and Just War: A Statement of Principles.- November 14, 2002
George Weigel: Moral Clarity in a Time of War.- First Things, Jan 2003, S. 20-27
John Lees stimme rauscht durch den raum
tief blau die frauen so schwarz und
so viele ein blues allein aus
ihren namen
Boom Boom vertreibt er erinnerte reste
von händedrücken und grünen augen
direkt ins herz
wo ist das land John
in dem frauen den herzensblues hören
und ihn begleiten mit 60 beats per minute
wann sagt mir die eine:
das ist der takt mein lieber
klopf ihn nur mit
deinen fingern auf meiner brust
kath.net berichtet von einem der Gespräche, die der kanadische (und katholische) Medientheoretiker Marshall McLuhan mit dem französischen Pater Pierre Babin OMI geführt hat.
Zitat: »Der elektronische Mensch hat keine fleischliche Essenz. Er ist buchstäblich nicht inkarniert. Nun, diese nicht inkarnierte, nicht fleischgewordene Welt, in der wir leben, ist eine echte Bedrohung für die inkarnierte Kirche. Theologen haben auf dieses Problem noch keinen Gedanken verschwendet.« Die Inkarnation des Logos in Jesus von Nazareth ist nie nur-virtuell, sondern unwideruflich, ein-für-allemal, fleischlich, substantiell, endgültig. Und deshalb gibt es an Ostern etwas zu berühren und 40 Tage später, bei der Himmelfahrt, etwas zu sehen. Deshalb bekomme ich das Wasser über den Kopf und das Brot in die Hand und auf die Zunge. Deshalb gibt es eine Theologie des Leibes mit ihren Auswirkungen auf Sexualmoral und Mariologie. Deshalb erwarten wir die Auferstehung des Leibes und das ewige Leben.
McLuhan war übrigens noch direkter und düsterer: »In a certain way, I also think that this could be the time of the Antichrist. When electricity allows for the simultaneity of all information for every human being, it is Lucifer’s moment. He is the greatest electrical engineer. Technically speaking, the age in which we live is certainly favourable to an Antichrist. Just think: each person can instantly be tuned to a ‘new Christ’ and mistake him for the real Christ.« Aber eben: ... could be ... favourable ... can ... be tuned. Einen Automatismus gibt da so wenig wie auch sonst. Das Böse mag immer und überall sein - aber nur, wenn wir es lassen.
2. Februar 2003
Wieder einmal treffende Sätze von Guido Horst in der Tagespost: »Eine Kirche, die im Gelde schwimmt, erhält am Ende den Mammon als oberstes Gesetz. Wer schaut schon so genau hin, was unter dem Dach des Kirchenkonzerns „Weltbild“ so alles gedruckt und verkauft wird? Hauptsache, die Kohle stimmt. Nur müssen sich die Bischöfe dann nicht wundern, wenn innerhalb wie außerhalb der Kirche die Stimmen lauter werden, die nach der Halbwertszeit kirchlicher Privilegien wie dem der staatlich gewährleisteten Kirchensteuer fragen.«
Mit der zunehmenden Geldnot wird das Geld, das Weltbild für die Diözesen, die es tragen, einfährt, bestimmt nicht unbeliebter. Pecunia non olet.