20. Februar 2003

GXtt

»Was Gott betrifft, wollen wir klar zugeben, daß wir ihn nur unter der Gestalt des Undenkbaren denken können, aber eines Undenkbaren, das das, was wir nicht denken können, so sehr übertrifft wie das, was wir denken können; denn das, was ich nicht denken kann, ist immer noch eine Angelegenheit meines Denkens, und bleibt daher für mich denkbar. Im Gegensatz dazu ist das Undenkbare, für sich genommen, eine Angelegenheit Gottes selbst, und charakterisiert ihn als aura seiner Ankunft, als Herrlichkeit seines Forderns, als Glanz seiner Zurückgezogenheit. (...)

Das Undenkbare verdeckt die Kluft, die immer offene Spalte, zwischen Gott und Götze (idol) oder besser: zwischen Gott und der Anmaßung jedes möglichen Götzendienstes. Das Undenkbare zwingt uns, die götzendienerischen (idolatrous) Anführungszeichen um "Gott" durch den wahren Gott zu ersetzen, den keine Grenze des Wissens begrenzen kann; und um das zu sagen, wollen wir GXtt durchkreuzen, mit einem Kreuz, provisorisch mit dem des Hl. Andreas. Es zeigt die Grenze der - bewußten oder naiven - Versuchung, das Undenkbare durch ein Götzenbild zu lästern. Das Kreuz zeigt nicht an, daß Gxtt als Begriff verschwinden müsste oder nur als zu verifizierende Hypothese auftauchen dürfte, sondern daß das Undenkbare nur in das Feld unsere Denkens tritt, indem es sich selbst durch das Übermaß (excess) als undenkbar erweist, d.h. indem es unser Denken kritisiert. GXtt zu durchkreuzen zeigt und erinnert in der Tat daran, daß GXtt unser Denken durchkreuzt, indem er es sättigt.; besser: er tritt in es ein, indem er es in die Pflicht nimmt, sich selbst zu kritisieren. (...)

Wir durchkreuzen den Namen GXttes nur, um uns selbst zu zeigen, daß seine Undenkbarkeit unser Denken sättigt - von allem Anfang an und für immer.«

(übersetzt aus: Jean-Luc Marion: God without Being.- Chicago: Univ of Chicago Press, 1991, 46)

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