1. August 2003

Ungesenktes Haupt

Johann Baptist Metz wird 75 und deshalb öffentlich geehrt. Sein Interview mit Aldo Parmeggiani von Radio Vatican ist ausschnittsweise im Rheinischen Merkur zu lesen und gibt einen schönen Überblick über den aktuellen Stand seiner theologischen Erkenntnis.

"Welche Botschaft haben Sie für Rom?

Selbst wenn es auf den ersten Blick nicht sehr fröhlich und nicht sehr praktisch klingen mag: Wir brauchen mehr Karsamstags-Atmosphäre in unserer Rede von Gott und seinem Christus. Auch in unserer Liturgie und in unserer Pastoral. Wir brauchen mehr Aufmerksamkeit für die schwelende Glut dieser schon angesprochenen Theodizee-Frage, und zwar inmitten auch unserer säkularisierten Welt. Ich weiß das aus Gesprächen und Begegnungen mit Menschen, die aus ganz anderen Hintergründen kommen als ich. Wenn die Sprache unserer Gebete mehr hörbar gemacht würde als elementare Krisen- und Leidenssprache der Menschen – wofür es ja biblische Beispiele zuhauf gibt –, würde man entdecken können, dass weit mehr Menschenkinder beten, als die Statistiken das verraten.

Gibt es eine Botschaft aus Rom, die Sie besonders schätzen?

Am wichtigsten scheint mir allemal die Unterstützung aus Rom im Kampf um Gott. Es geht schließlich um diese Frage, heute ganz elementar in meinen Augen jedenfalls. Und zwar als eine Frage, mit der der Kampf um den Menschen und seine Humanität durchaus zusammenhängt. Die viel besprochene Kirchenkrise, das habe ich in den letzten Jahren häufig betont, ist jedenfalls in meinen Augen im Kern eine Gotteskrise. Sie betrifft nicht nur uns Katholiken, nicht nur die Christenheit, einzelne Religionen, sondern alle Menschen. Denn Gott ist entweder ein Menschheitsthema oder überhaupt kein Thema. Ich wünschte mir – das mag vielleicht merkwürdig klingen –, dass von oben aus deutlicher wird, dass man die westliche Aufklärung in ihren Widersprüchen nicht überwinden kann, ohne durch sie, ungesenkten Hauptes freilich, hindurchgegangen zu sein."

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