8. Mai 2011

Blogger-Ich und Blogger-Ego

Als ich den schönen Text von Elisabeth Scalia las, den sie beim 1. Vatikanischen Blognick am vergangenen Montag vorgetragen hat, konnte ich doch den Gedanken nicht unterdrücken: Über nichts sprechen Blogger so gerne wie über das Bloggen, über ihre Erfolge und MIßerfolge, über Chancen und Risiken.

Ob auch das schon überzogener Egozentrismus ist? Oder nur ein Überwältigtsein vom Charme einer sehr einfachen und sehr effektiven Publikationstechnik des "many to many", die so flexibel ist wie sonst wenige? Ob das nicht auch aus der Tatsache herrührt, daß es tausenderlei Gründe und Arten des Bloggens gibt, von denen keine die einzig-wahre oder ideale ist? Der Sportjournalist weiß, was er tut, der Kirchenredakteur desgleichen. Der Blogger befragt sich und vergewissert sich über sich selbst und sein Tun: Mein Blog ist, was ich will, was es sei. Und manchmal wird es mir unter der Hand zu etwas anderem, als ich will. Wenn mir dann mein Blog gelingt: Die Blogger neben mir führen das ihre ganz anders, mit anderen Intentionen, mit einer anderen Mixtur.

Daß sich Blogger nicht an die Kandare nehmen lassen, liegt nicht nur an einem starken Ego, an übertrieben non-konformistischem Individualismus, sondern an der Vielfalt des Bloggens und der Blogs, seiner Offenheit für verschiedenste Inhalte, Formen und Formate.

So wie die Dichter ein Ich sprechen lassen können, das nicht das ihre ist, sondern ein imaginiertes, wie die Komödianten ihre Meinung nicht unverblümt, sondern im "Schalksernst" vortragen, wie die großen Erzähler durch ihre Romane sprechen und nicht mit der Stimme einer einzigen Figur - so auch die katholischen Blogger:

Die einen schreiben offen und ungezwungen als sie selbst in aller Gebrochenheit und Unfertigkeit, die anderen gleichen sich in Tonfall und Inhalt dem Lehramt an, dritte sehen sich als Nachrichten- und Meinungslieferanten, alternativ zu und überlegen denen der traditionellen Massenmedien, die nächsten sind plakativ kirchenkämpferisch, papsttreu oder gänsweinverliebt. Die einen schreiben sich die Gefühle von der Seele, authentisch und unvermittelt oder in absichtlicher oder unbewusster Selbststilisierung. Andere halten Persönliches außen vor und treten objektiv, neutral, der Wahrheit und nichts als der Wahrheit verpflichtet auf.

Es gibt nicht DEN katholischen Blogger, genauso wenig wie es DAS katholische Blog gibt.

Wenn wir dann schon von "Egozentrismus" reden wollen, dann machen wir uns aber bitte auch klar, daß diese Versuchung oder dieses Laster sehr verschiedene Gesichter annimmt bei einem jeden von uns.

Dem Pressesprecher des Vatikan mögen die Sätze:

"Sagen wir es klar, ich bin ein totaler Feind des Ego und ich halte mich für einen Diener - jederzeit und ohne Vorbehalte. Das heißt: Ich glaube, dass in Sachen Kommunikation die Dimension des Dienstes an demjenigen, der mein Gesprächspartner ist, äußerst essentiell ist, an demjenigen, dem ich versuche, eine Botschaft zu vermitteln, die ihm nützlich sein kann, mit ihm etwas zu teilen, was von äußerster Wichtigkeit ist, und so also ein Diener am fruchtbaren Gedeihen einer menschlichen Gemeinschaft zu sein, gemäß der Demokratie, dem gegenseitigen Respekt und dem Dialog." (zitiert nach Elsa)

ein klares und zentrales Ideal vorgeben. Aber stimmen sie auch für mich, für meine Art zu schreiben, für meinen Dialog mit den Lesern, die sehr Unterschiedliches erwarten? Für meinen Dialog mit mir? Habe ich eine klare, feststehende Botschaft, die ich unidirektional vom Sender an den Empfänger geben will oder soll?

Ich muß gestehen: Ich mache mir selten Gedanken über meine Leserschaft und das, was sie von mir erwartet (abgesehen von regelmäßigen neuen Postings). Auch ist das wenigste, das ich zu teilen habe, von "äußerster Wichtigkeit", denn weder bin ich der einzige, der es sagt noch einer derer, die es am besten sagen. - und auch dieses Wenigste kommt oft genug noch "sub contrario" daher: als Zitat, ironisch, im Nebensatz, lateinisch, kondensiert.

Wie jeder Christ sollte der katholische Blogger seinem Ego grundsätzlich mißtrauen, denn es ist ja ach! so! leicht!, sich selbst zu betrügen. Aber sein Ich, seine ihm von GOtt geschenkte Berufung und Stimme, wie sie ihm am Schnittpunkt von "Sein, Zeit und Seele" (P. Joseph Kentenich) begegnet, aufzugeben - so weit darf ihn das Mißtrauen nicht führen.

Keine Kommentare: