13. August 2007

Geplante Antwort an einen Liturgiereferenten

Auch wenn einige Diskutanten bei kath.net Zweifel hatten: Ich habe während und nach dem mißglückten Kommunionhelferseminar (vgl. meinen Bericht) nicht nur still gehalten.

Heute abend wird die folgende Antwort auf die Antwort des Referenten auf meinen Brief abgeschickt werden:

Sehr geehrter Herr X,

jetzt hat meine Antwort ein paar Wochen auf sich warten lassen, aber das werden Sie mir nachsehen.

Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie so ausführlich auf meine Kritik geantwortet haben, auch wenn ich Ihnen in vielem genauso wenig zustimmen kann wie Sie mir.

Meine Kritik bezog ausdrücklich nicht auf Titel und Thema Ihrer Fortbildung; mir ist völlig klar, dass Schwerpunkte gesetzt und Perspektiven ausgewählt werden sollen. Es ging mir einzig und allein um den Inhalt, und der wird auch durch ein wörtliches Zitat aus Sacrosanctum Concilium nicht besser.

Es sei Ihnen um die Erfahrung Jesu Christi in der Alltagswelt gegangen. Schön und gut. Aber vielleicht hätte sich das besser und durchaus noch dem Fassungsvermögen der Teilnehmer entsprechend vermitteln lassen, indem man das Außergewöhnliche und Einmalige nicht mit dem Gewöhnlichen und allzu leicht Spießbürgerlichen erklärt, sondern indem man Alltagserfahrungen in ihre Grenze führt? Immerhin feiern wir nicht die Mittag- und Abendessen Jesu nach, sondern sein Passahmahl, das wiederum einen welt- und geschichtsentscheidenden Event vorausnimmt und vorwegvollzieht. Wenn ich das richtig sehe, war schon das Passah-Mahl eines der festlicheren Mähler des jüdischen Jahres und feierte überdies den Gottgewollten Abbruch des alltäglichen Lebens – also gerade keine Alltagserfahrung, sondern ein ritualisiertes Durchbrechen des Alltäglichen.

„Mit uns als lebendigen Personen“ hat die Eucharistie sehr wohl zu tun – aber machen wir als „lebendige Personen“ nicht gerade Erfahrungen und Glaubenserfahrungen, die sich mit einem netten Beisammensein im Wohnzimmer nicht auflösen lassen, sondern vielmehr nur durch die reale Gegenwart, die wirkliche Begegnung mit Jesus, dem Sohn Gottes, der uns eben auch nur als Gott wirklich im Hier und Jetzt und So (und nicht nur in unserer Erinnerung) gegenwärtig werden kann? Meine These ist, dass eine Gemeinde, die ihre Eucharistiefeier tatsächlich zentral vom Wohnzimmer her verstehen würde, die tatsächlichen Erfahrungen ihrer Mitglieder nicht ernst nimmt. Wir haben eh schon zu viele Klischees in den Köpfen: Seien wir vorsichtig, ein weiteres einzupflanzen, und sei es in bester Absicht.

Ihre Ansicht zur sicheren Verfügbarkeit zentraler Themen der kirchlichen Lehre von der Eucharistie kann ich leider aus meiner Erfahrung in verschiedenen deutschen Gemeinden, auch am Untermain, nicht teilen. Das mag Zufall sein und von konkreten Personen abhängen. Aber machen Sie doch einmal eine Umfrage – auch unter Ihren Kursteilnehmern – und ich vermute, dass Sie trotz kirchlicher (Erst-)Kommunionkatechese und Erwachsenenbildung (oder vielleicht gerade deswegen?) eher eine Lightversion katholischen Eucharistieverständnisses zu hören bekommen. – Nein, ich erwarte nicht, dass jeder Katholik eine dogmatisch richtige Antwort gibt, und ich weiß auch, dass es Pastoral und Katechese schwer haben und das Ohr des „modernen Christen“ (was auch immer das für eine Züchtung sei) trotz aller Experimente kaum treffen. Aber dass es um die Gegenwart Jesu geht, die realer, wirklicher ist als der Tisch, an dem ich sitze, um die Präsenz von Kreuz und Auferstehung, und nicht nur um einen Hinweis, ein Zeichen, eine Erinnerung, um heiliges Brot (wie es in der Erstkommunionkatechese häufig, zu häufig heißt), das sollte noch drin sein, oder? Wenn es das nicht mehr ist, dann wäre es an der Zeit für eine Wiederholung…

Summa summarum: In der jetzigen Form kann ich Ihr Seminar nicht weiterempfehlen – trotz Ihrer Erläuterungen. Aber ich bin gerne bereit, mein Urteil zu revidieren - wenn es etwas zu revidieren gibt.

Mit herzlichen Grüßen,

scipio

2 Kommentare:

Gregor Kollmorgen hat gesagt…

Lieber Scipio,

ich habe jetzt erst deinen ursprünglichen Bericht gesehen – da fällt einem aus menschlicher Perspektive tatsächlich nichts ein als das bekannte Liebermann-Zitat „Ick kann jar nich so ville fressen wie ick…“ Und man möchte wild um sich schlagen. Und deshalb erlaube ich mir mal, in diesem Kommentar dieser menschlichen Frustration Luft zu mache, wohl wissend, wie du sagst, dass alles in Gottes Hand liegt, Gott Seine Kirche nie verlässt und es unsere Pflicht ist, in christlicher Hoffnung (nicht Optimismus) und Demut für die Wahrheit Zeugnis abzulegen, in unserem Wirkungskreis, und in allem anderen auf die Vorsehung zu vertrauen. Jetzt aber zur Erleichterung:
Angesichts solcher Ansichten fehlt doch eigentlich jede Gesprächsgrundlage. Wenn du noch ein Zitat gestattest (Robert Gernhardt, St. Horten in Ahaus, auch zitiert in Mosebachs Häresie): „die Dummheit ist brutal“. Wir haben zugelassen, dass der Glaube so lange zerredet und zerquatscht worden ist, dass außer einer Ansammlung von Gemütlichkeitsbanalitäten bei vielen nichts mehr übrig ist. Und dann haben unsere Hirten, die dem allzu oft tatenlos zugesehen haben, wenn sie nicht aktiv mitgetan haben, noch die unbeschreibliche Naivität (und das ist schon eine Auslegung in dubio pro reo) uns zu sagen, das Glaubenswissen sei noch da. Gerade das Beispiel mit der Realpräsenz, das du nennst, habe ich selber neulich erlebt. Wer flüchtet denn hier in Phantasiewelten? Ist es vielleicht Zufall, dass kaum noch jemand vor dem Allerheiligsten eine Kniebeuge macht (und die Gewohnheitskniebeuge beim Betreten der Kirche zähle ich nicht mit, denn die wird auch gemacht, wenn der Tabernakel ganz woanders oder leer ist)? Anstatt hier beharrlich die Tatsachen zu leugnen, sollte man sich einmal überlegen, welchen „sicheren Nutzen“ das Indult der Handkommunion für das Bewusstsein der Realpräsenz gebracht hat – aber das ist ja tabu, wer das sagt (wie etwa der Kardinal von Riga auf der jüngsten Bischofssynode), gilt ja gleich als Fall für die Psychiatrie. Nein, lieber reden wir fleißig über, und ich zitiere einen mir bekannten Pfarrgeistlichen wörtlich, „nur ein Stückchen Brot“ (insofern ist „heiliges Brot“, wie du zitierst, schon ein Fortschritt) und leisten uns sündhaft teure Akademien und staatliche Fakultäten, an denen der weiteren Verwässerung des depositum fidei Vorschub geleistet wird, und sparen das hierfür verschwendete Geld durch Profanierung und Verkauf von Kirchen, Streichung von Pfarr- und Küsterstellen etc. ein. Das beste Heilmittel für die Kirche in Deutschland wäre große materielle Armut. Weg mit den Akademien und all den unzähligen Apparaten, Gremien, Bildungseinrichtungen, Institutionen, Bürokratien, Krankenhäusern, Verbänden etc., die innerlich vollkommen ausgehöhlt sind und heute das Zeugnis der Kirche eher verdunkeln. Hier wäre mal ein wirklicher Schnitt mit der Vergangenheit angebracht: Die Zeit, in der eine von tiefem Glauben zuinnerst durchdrungene Volkskirche solche Einrichtungen mit katholischem Leben erfüllen könnten ist auf absehbare Zeit vorbei.
So, schon etwas besser. Es gäbe noch so viel zu sagen, aber davon wird es nicht besser. Geduldiges Ausharren im Herrn, an der Wahrheit festhalten und Zeugnis ablegen, und jeden Menschen, gerade den, der uns durch Ärgernis reizt, als Abbild Gottes zu lieben versuchen – das bleibt uns. Und ja, Zeugnis ablegen auch da, wo wir nach menschlichem Ermessen wissen, dass es auf taube Ohren stößt, wie – fürchte ich – dein Brief. ¡ánimo! ¡Viva Cristo Rey!

Scipio hat gesagt…

Ja, wir dürfen nicht aufgeben. Auch wenn ich - wie Du - nicht so sehr viel Hoffnung habe, mindestens in diesem Fall. Aber wer sind wir, daß unser Realismus GOttes Wirken begrenzen könnte...

Am Schlimmsten war für mich an diesem Abend zu sehen, wie der Glaubenssinn des Volkes GOttes aussah.