1. Februar 2010

Botschaften

Nun haben auch die deutschen Jesuiten ihren Mißbrauchsskandal, und ich befürchte, wir haben erst den schrecklichen Anfang gehört. Daß P. Klaus Mertes als Schulleiter des Canisius-Kollegs aktive Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit betreibt, hat ihm schon ein dickes Lob von Karl Jüsten eingebracht, dem Leiter des Katholischen Büros in Berlin.

P. Mertes' Sätze:

"Die Kirche leidet an Homophobie. Homosexualität wird verschwiegen. Kleriker mit dieser Neigung sind unsicher, ob sie bei einem ehrlichen Umgang mit ihrer Sexualität noch akzeptiert werden."

machen aktuell die Runde und geben - gewollt oder ungewollt - die Richtung an, wenn jenseits der schuldigen Ex-Jesuiten nach Schuld gesucht wird. Was genau P. Mertes sagen will, weiß ich nicht, vermute aber, so etwas wie: Weil die Kirche bei ihren Priestern homosexuelle Veranlagung nicht akzeptiert, haben diese keine Möglichkeit, darüber zu sprechen, sich bei Freunden, Beichtvätern, Vorgesetzten Rat und Hilfe zu holen und sich von ihnen durch Versuchungen hindurch geleiten und leiten zu lassen.

Die Öffentlichkeit wird daraus eine andere Botschaft stricken, keine Angst. Denn - um für einen Absatz in deren Slang überzuwechseln - ist das wirklich einem Menschen zuzumuten, seine Sexualität nicht auch auszuleben? Ist es nicht der Gipfel der Inhumanität, einem Priester die Ausübung seiner Sexualität, sei sie homo oder hetero gepolt, verbieten? Und ihm bei Zuwiderhandeln mit Konsequenzen zu drohen? Seine Existenz zu vernichten und ihn gar auf die Straße zu setzen? Ehrlicher Umgang mit Sexualität, das heißt doch zuerst: sie nicht sublimieren, sondern sie entfalten - und wie ginge das besser als mit, naja, mit Sex halt.

Ob wir in diesen Tagen auch einmal jene Botschaft hören, die Richard John Neuhaus zugeschrieben wird:

"During the Long Lent, which he named so well, he served the Church profoundly by, in his unique way, distilling the issue beautifully. He growled in that warm fire of a voice, 'Fidelity, fidelity, fidelity' and let everyone know that the homosexual abuse problem sprang from the culture of disobedience that had grown up in recent decades and there was only one way out of it, which was faithfulness to the teachings of the Church." (Quelle)

Vielleicht haben ja P. Mertes, Prälat Jüsten, der Jesuiten-Provinzial oder ein Bischof schon darauf hingewiesen - und die Medien haben es nur verschwiegen. Ausschließen mag ich es - in dubio pro reo - nicht. Oder wenn die drei Worte noch nicht gesagt wurden: Vielleicht sagt sie ja noch jemand, wiederholt sie gar.

Auch uns Laien würden sie gut tun. Denn auch bei uns - und da spreche ich als verheirateter, männlicher Laie - läuft es gelegentlich darauf hinaus: In der Kirche gibt es ja keine Heterophobie. Heterosexualität wird auch nicht verschwiegen. Ein ehrlicher Umgang mit unserer Sexualität ist uns also gestattet. Doch all das bewahrt uns nicht vor Situationen, in denen dreierlei gefordert ist: Treue, Treue - und Treue.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Kommentare wie die dieses Herrn Mertes können nicht nachhaltig genug verurteilt und angeprangert werden. Pädophile wollen nicht über "ihre Sexualität reden", sie wollen Kinder begrapschen, ganz einfach. Klar, eine kirchliche Sexualmoral, nach der jeder mit jedem wie es gefällt rummachen darf würde sowohl Homo-, als auch Heterosexuellen und sicher auch Pädophilen "den Umgang mit ihrer Sexualität" erleichtern... das ist aber nicht der Sinn von Moral. Widerlich, verlogen und dumm, das ist derart Gefasel. Mertes ist für seinen Job ungeeignet, und vermutlich nicht einmal geeignet, Priester zu sein.

Elsa hat gesagt…

Wenn es bei Kindesmissbrauch nur um das Ausleben einer unterdrückten Form von Sexualität ginge, wie kommt es denn dann, dass so viele Heterosexuelle Kinder missbrauchen, auch und vor allem Verheiratete?
Und wenn homosexuelle Priester jetzt bei uns in der Form akzeptiert werden sollen, wie etwa bei einem Teil der Anglikaner, würde dann wirklich alles anders? Kommt Kindesmissbrauch in den Kirchen, die kein Zölibat haben und auch in homosexueller Lebensgemeinschaft lebende Priester haben, also gar nicht mehr vor?
Ich würde sagen nein. Und ich würde sagen, die Vertuschungsversuche sind hier wie dort genauso gemacht worden.
Diesmal ist das ein rein jesuitisches, kein kirchliches Bier, würde ich auch noch sagen.
Die Aussage von Pater Mertes zöge vollständig dann, wenn sich die SJ in der letzten Zeit ganz besonders hervorgetan hätte in der Empfehlung streng katholischer Richtlinien, würde ich auch noch anmerken. :-)

Anonym hat gesagt…

Genau so sehe ich das auch, Elsa! Wäre ich homosexuell, würde ich es als beleidigend empfinden, wenn man meine Neigung automatisch mit Pädophilie gleichsetzt.