8. September 2003

"Was Sie tun, ist auch für unseren Glauben gut."

Das Interview von Kardinal Ratzinger mit dem US-TV-Sender EWTN im deutschen Wortlaut.

Ausschnitte:

"EWTN: Was würden Sie den Gläubigen sagen, die in den USA zur Zeit sehr verunsichert sind und nicht wissen, an wen sie sich halten sollen? Was würden Sie Ihnen sagen?

Ratzinger: Vor allem, daß sie sich an den Herrn wenden sollen. Er ist immer für uns da und in unserer Nähe. Sie sollen auch auf die Heiligen schauen, ganz gleich wann sie gelebt haben. Man findet auch in unserer Zeit Heilige. Es gibt unter uns demütige und gläubige Menschen, vielleicht nicht so sichtbar, weil sie nicht im Fernsehen erscheinen. Aber es gibt auch heute demütige, betende Menschen. Sie sind die Zuversicht der Kirche und aller Menschen. Sucht diese Menschen auf! Trotz aller heutigen Probleme ist die Kirche nicht von der Bildfläche verschwunden, sondern lebt fort, gerade in den Personen, die nicht so sehr in Erscheinung treten. Also, ich denke, das ist wesentlich: den Herrn aufsuchen, die Heiligen gleich welcher Zeit wiederentdecken, aber auch die einfachen Menschen ausfindig machen, die nicht heilig gesprochen sind, aber wirklich im Herzen der Kirche leben.

(...)

EWTN: Nun, wir sind froh, wenn Sie weitermachen. Meine letzte Frage lautet: Was betrachten Sie, Eminenz, als größte Gefahr und was als größte Hoffnung in der Kirche von heute?

Ratzinger: Ich sehe die große Gefahr, daß wir nur noch ein Sozialverband und nicht im Glauben an den Herrn festgemacht sind. Im ersten Moment scheint nur zu zählen, was wir tun, während der Glaube nicht so wichtig erscheint. Aber wenn der Glaube verdunstet, zerfallen auch die anderen Dinge, wie wir gesehen haben. Also, ich denke, es gibt zur Zeit mit all den Aktivitäten und äußerlichen Visionen die Gefahr, die Bedeutung des Glaubens zu unterschätzen und den Glauben zu verlieren. Das gilt auch für eine Kirche, in der der Glaube nicht mehr so wesentlich ist.

EWTN: Ja.

Ratzinger: Die große Hoffnung ist, daß wir eine neue Gegenwart des Herrn erleben. Wir können erfahren, daß die sakramentale Gegenwart des Herrn in der Eucharistie ein wesentliches Geschenk für uns ist, das uns die Möglichkeit gibt, die anderen zu lieben und für sie zu arbeiten. Ich glaube, daß die neue Präsenz des eucharistischen Christus eine neue Liebe für Christus entfacht. Der in der Eucharistie gegenwärtige Christus ist das ermutigendste Zeichen unserer Zeit."

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