6. Februar 2009

Jetzt kommen die guten Tage -

sobald die bitteren des Jahresanfangs 2009 vergangen sind.

Ja, da bin ich sicher. Es sind viele Menschen, vor allem Katholiken, die die "Petition Vaticanum 2" unterzeichnen - erfreulich viele, denen also die uneingeschränkte Anerkennung der "Beschlüsse des 2. Vatikanischen Konzils" wichtig ist. Sie sagen: Schluß mit der Ablehnung von "Geist und Buchstaben bedeutender Dokumente des II. Vatikanischen Konzils"!

Wir hören, daß die vielen Unterzeichner Menschen sind, die sich sorgen um die Zukunft der Kirche, und daß die Katholiken unter ihnen vielleicht enttäuscht, aber doch aufrichtig, mündig, kritisch sind, enttäuscht wohl, aber auch bereit, ihren Teil zu tun. Viele von ihnen sind Seelsorger, hauptamtliche Mitarbeiter oder Laien im Ehrenamt. Sie meinen es ernst. Ihnen Schadenfreude über einen desaströsen Ausrutscher zu unterstellen, ist unfein.

Genauso wenig darf man - wiederum den Katholiken unter ihnen - unterstellen, daß sie von den Piusbrüdern verlangen, was sie selbst nicht halten. Sie stehen - das dürfen wir unterstellen - ein für die uneingeschränkte Anerkennung der Beschlüsse des 2. Vatikanums in Geist und Buchstaben, und weil wir auch Hochherzigkeit unterstellen, nicht nur der Beschlüsse "bedeutender Dokumente", von denen sie ein paar aufzählen, sondern auch der nicht aufgezählten wie der Kirchenkonstitution Lumen Gentium, der Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium oder des Dekrets über das Laienapostolat Apostolicam Actuositatem. Sicherlich beschränken sie ihre Anerkennung nicht, um eine Formulierung der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Würzburg zu gebrauchen, auf "Geist und Inhalt der Grundlinien des II. Vatikanischen Konzils" - ist das nicht schwammig, der Beliebigkeit ausgeliefert, dem eigenen Geschmack unterworfen?

Nun erwarten wir nicht, daß die katholischen Unterzeichner diese Dokumente bereits alle kennen, mindestens nicht die unstudierten, die einfachen Christen. Die Professoren, die Diplomtheologen und Studenten - die haben gewisslich mindestens das Kleine Konzilskompendium griffbereit, wenn nicht die drei Ergänzungsbände zum LThK2 oder gar die neue ausführlich kommentierte Ausgabe.

So wie ich mein Familienerbstück griffbereit habe, ein Kleines Konzilskompendium, Erstausgabe vom Oktober 1966, Herder-Bücherei 270-3, mit den Bildern zweier ernster großer deutscher Theologen auf der Rückseite, Karl Rahner sj mit damals schon "über 1530 Nummern" im Werkeverzeichnis und Herbert Vorgrimler, der damals erst 37 war und seine Muse Sigrid Loersch schon kennen gelernt hatte - aber ich irre ab...

Nun, was ich sagen wollte, ist dies: Werden jetzt nicht viele dieser Unterzeichner hingehen, kritisch, wie sie sind, und selbstkritisch, wie das ein integraler Teil von Kritikfähigkeit und -bereitschaft ist, sagen: Ich habe diese Petition unterschrieben, jetzt will ich wissen, was das Konzil tatsächlich beschlossen hat, will nicht nur das kennen, was fehlbare Menschen in den letzten 45 Jahren daraus gemacht haben? Wird Herder nicht die 36. Auflage des Konzilskompendiums herausbringen müssen, die es dann auch schnell über den aktuellen Rang 77.146 hinaus nach oben schaffen wird?

Und wichtiger: Ich freue mich auf die vielen Menschen, die mit mir die Aussagen, die Beschlüsse, die Dokumente, den Geist, die Inhalte des II. Vatikanums bejahen. Nicht selektiv wie die Piusbrüder, sondern voll und ganz. Kein Konzilsbüffet, wo sich jeder sein Tablett zusammenstellt, sondern das ganze, in der "Petition Vaticanum 2" bereits anerkannte Paket.

Ich glaube, daß sie zu ihrem Wort und ihrer Unterschrift stehen, egal was andere - die Piusbrüder z.B. - tun. Ich glaube, daß diese Menschen gerade diejenigen Sätze zuerst bejahen und aus ganzem, frohem, ungeteiltem Herzen anerkennen, die ihnen vielleicht nicht so liegen und passen - es sind mündige, aufklärte Katholiken, die auch an sich zweifeln und wissen, daß sie unterwegs und fehlbar sind.

Ich bin dabei, ich bin mit ihnen.

Für den Anfang schlage ich vor - zugegebenermaßen nicht ganz unmaliziös, aber was tut's, ich verlange ja nichts Unerlaubtes oder Sündiges, sehe mich darin auch nicht als Sprachrohr des sensus fidelium oder in sonst einer geistgeleiteten Funktion, es steht ja auch wirklich auf den Seiten 152 und 153 meiner 66er Ausgabe -, mit einem Passus aus Art. 25 von Lumen Gentium zu beginnen. Dort heißt es:

"Die Gläubigen aber müssen mit einem im Namen Christi vorgetragenen Spruch ihres Bischofs in Glaubens- und Sittensachen übereinkommen und ihm mit religiös gegründetem Gehorsam anhangen. Dieser religiöse Gehorsam des Willens und Verstandes ist in besonderer Weise dem authentischen Lehramt des Bischofs von Rom, auch wenn er nicht kraft höchster Lehrautorität spricht, zu leisten; nämlich so, daß sein oberstes Lehramt ehrfürchtig anerkannt und den von ihm vorgetragenen Urteilen aufrichtige Anhänglichkeit gezollt wird, entsprechend der von ihm kundgetanen Auffassung und Absicht. Diese läßt sich vornehmlich erkennen aus der Art der Dokumente, der Häufigkeit der Vorlage ein und derselben Lehre, und der Sprechweise."

Nein, jetzt bitte keine Ausflüchte, einfach noch einmal lesen. Und dann sagen: Ja. Ich stehe dazu.

Oder sagen: Nein, ich kann's nicht. Und die Konsequenzen ziehen, aber bitte ehrlich, so wie es sich für aufrichtige, authentische, mündige, aufgeklärte Christen gehört. Welche das sind? Ich kann es nicht sagen. Euer Herz wird es euch sagen, euer Glaube und eure Liebe. Ein langer Blick auf unseren Herrn Jesus Christus und auf seine Mutter, die - wieder das Konzil (LG 62) - "Sorge [trägt] für die Brüder ihres Sohnes, die noch auf der Pilgerschaft sind und in Gefahren und Bedrängnissen weilen, bis sie zur seligen Heimat gelangen".

6 Kommentare:

Tiberius hat gesagt…

Ich glaub es auch. Ja, ganz fest. Bestimmt, so wird es kommen.

Stanislaus hat gesagt…

Sehr schön! Bitte auch den Verantwortlichen der entsprechenden Netzseite mitteilen!

Anonym hat gesagt…

Nun, ich sage weitgehend NEIN zu diesem widerwärtigen Konzilsgeist.Die letzten vierzig Jahre haben gezeigt, was er bewirkt... leere Kirchen, leere Seminare, kompletter Zusammenbruch. Statt "mündiger Gläubiger" haben wir verwirrte Halb-und Nichtgläubige und Kirchenaustritte zuhauf. Danke - Nein. Mag viel guter Wille dabei gewesen sein... der Heilige Geist war´s nicht. Zeitgeist, allenfalls.

Anonym hat gesagt…

Grossartiger Text, nur leider - wie auch z.B. das "Kleine" Konzilskompendium - für gewisse TheologInnen viel zu lang zum Lesen und zum Verarbeiten..

Stanislaus hat gesagt…

Ja, wenn man die großen Namen "Rahner" und "Vorgrimmler" hört, erstarrt man immer vor Ehrfurcht. Verbindet man sie doch mit dem großen Aufbruch unserer Kirche im 20. Jahrhundert.

Als ich vor ein paar Jahren an meinem damaligen Wohnort in der Kapelle eines nahegelegenen Hospitals die Abendmesse besuchte, erlebte ich ihn, den großen Vorgrimmler zum ersten Mal live, aber nicht in Farbe:

Er kam mit einem grauen Betsack und betretenem Gesicht aus der Sakristei. Die Innigkeit und der Enthusiasmus, mit dem er die Hl. Messe mit uns feierte, waren nicht mehr zu unterbieten.

Das war also der große Geist des Aufbruchs! Wirklich?

Johannes hat gesagt…

Also ich finde, das klingt irgendwie sarkastisch.