Den Vorabbericht zum Spiegel-Interview mit Erzbischof Zollitsch wie gebeten zu kommentieren, ist nicht ganz leicht. Denn momentan haben wir nur Schnipsel. Das vollständige Interview gibt es wohl ab Sonntag nacht im gedruckten Spiegel.
"Gegen Denkverbote" wende er sich in Sachen Zölibat, der außerdem "nicht theologisch notwendig" sei. Das sind einmal keine großen Neuigkeiten: Denn ein "Denkverbot", wenn man es einmal für jetzt so nennen will, gibt es lehramtsseitig nur beim "Priestertum der Frau", und daß der Zölibat "theologisch notwendig" sei, sagt das Magisterium auch nicht. Man lese hierzu nur einmal im Katechismus der Katholischen Kirche die Ziffern 1579 und 1580 nach:
1579 Mit Ausnahme der ständigen Diakone werden alle geweihten Amtsträger der lateinischen Kirche normalerweise aus den gläubigen Männern gewählt, die zölibatär leben und den Willen haben, den Zölibat „um des Hirnmeireiches willen" (Mt 19,12) beizubehalten. Dazu berufen, sich ungeteilt dem Herrn und seiner „Sache" zu widmen [Vgl. 1 Kor 7,32], geben sie sich ganz Gott und den Menschen hin. Der Zölibat ist ein Zeichen des neuen Lebens, zu dessen Dienst der Diener der Kirche geweiht wird; mit freudigem Herzen auf sich genommen, kündigt er strahlend das Reich Gottes an [Vgl. P0 16].
1580 In den Ostkirchen gilt seit Jahrhunderten eine andere Ordnung: Während die Bischöfe ausschließlich unter Unverheirateten ausgewählt werden, können verheiratete Männer zu Diakonen und Priestern geweiht werden. Diese Praxis wird schon seit langem als rechtmäßig erachtet; diese Priester üben im Schoß ihrer Gemeinden ein fruchtbares Dienstamt aus [Vgl. P016]. Übrigens steht der Priesterzölibat in den Ostkirchen sehr in Ehren, und zahlreiche Priester haben ihn um des Gottesreiches willen freiwillig gewählt. Im Osten wie im Westen kann, wer das Sakrament der Weihe empfangen hat, nicht mehr heiraten.
Man sieht: Es gibt wohl gute Gründe und eine tiefe Entsprechung von Priester- und Bischofsamt und Zölibat, aber den Abschied von der "theologischen Notwendigkeit", den feiert wieder einmal nur die uninformierte Öffentlichkeit. Zollitsch kennt und benennt überdies - immer laut Vorabbericht - die weltkirchliche Realität: Die Abschaffung des Zölibats in der römischen Kirche sei eine "Revolution" mit der möglichen Folge einer Kirchenspaltung, ein "Konzil" sei dafür nötig (und kein Motu Proprio aus Rom oder gar aus Himmelspforten).
Und für ein Allheilmittel hält er sie auch nicht, mindestens nicht in einem Tagesthemen-Interview vom 12. Februar, das hier so zusammengefasst wird:
Ausweichend antwortete Zollitsch auf die Frage nach Abschaffung des Zölibats, um dem Mangel an Priesternachwuchs zu begegnen. Dass beide Kirchen unter Priestermangel litten, zeige, dass die Ehelosigkeit für katholische Priester «offenbar nicht die Kernfrage ist». Es gehe vielmehr darum, Menschen für das «Faszination des Evangeliums» zu begeistern. «Darauf setze ich», sagte Zollitsch.
Tja, und was die Stellungnahme zur Entwicklung der CDU angeht, könnte man das - so man wollte - als eine Annäherung an den Kölner Kardinal Meisner sehen, der dieser Partei das "C" schon mehrfach absprach. Aber das passt nicht ins Schema...
Spannend wird es imho beim letzten Anderhalbsatz über das Kirchesein der evangelischen Kirche: Sie "ist Kirche. Ich kann ihr das nicht absprechen." Das lässt stutzen.
Wenn die Eucharistie die Kirche konstituiert und die RKK - auch nach Zollitsch - die gemeinsame Eucharistiefeier (die dann aber in "Abendmahl" umbenannt würde, nur so am Rande als Beobachtung) mit der/den evangelischen "Kirche(n)" derzeit und auf längere Zeit aus guten Gründen nicht für möglich hält, dann wüsste ich nicht, wie man den Begriff "Kirche" univok, in gleicher Bedeutung, auf beide ecclesial bodies anwenden könnte. (Aber ich bin nicht das ordentliche oder außerordentliche Lehramt und beanspruche hier nicht einmal eine Rolle als kleine vox populi et Dei.)
Zur Kinderkrippenfrage mögen sich andere äußern.
Warten wir also aufs volle Interview - bis dahin ist alles Gesagte vorläufig.
16. Februar 2008
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3 Kommentare:
Danke! Warten wir also auf das ganze Interview.
Der Anderthalbsatz in Sachen Kirche ist in der Vorabmeldung unvollständig zitiert. Vollständig lautet er: "Ja, sie ist eine Kirche, aber eine andere. Nach katholischem Verständnis ist sie nicht im vollumfassenden Sinne Kirche. Sie ist Kirche. Ich kann ihr das nicht absprechen."
Entscheidend ist der zweite Satz in der Antwort Zollitschs.
Auch in den übrigen Teilen liest sich das Interview sehr viel weniger aufregend als die Vorabmeldung.
Heute gefunden auf www.kath.net:
"Die Synodenväter haben hervorgehoben, daß das Amtspriestertum durch die Weihe eine vollkommene Gleichgestaltung mit Christus erfordert. Bei aller Achtung gegenüber der abweichenden ostkirchlichen Handhabung und Tradition ist es doch notwendig, den tiefen Sinn des priesterlichen Zölibats zu bekräftigen, der zu Recht als ein unschätzbarer Reichtum betrachtet wird; in der Ostkirche findet er seine Bestätigung darin, daß die Auswahl der Kandidaten zum Bischofsamt nur unter zölibatär lebenden Priestern vorgenommen wird und der von vielen Priestern freiwillig gelebte Zölibat hohes Ansehen genießt. In dieser Wahl des Priesters kommen nämlich in ganz eigener Weise seine Hingabe, die ihn Christus gleichgestaltet, und seine Selbstaufopferung ausschließlich für das Reich Gottes zum Ausdruck. (75) Die Tatsache, daß Christus, der ewige Hohepriester, selber seine Sendung bis zum Kreuzesopfer im Stand der Jungfräulichkeit gelebt hat, bietet einen sicheren Anhaltspunkt, um den Sinn der Tradition der lateinischen Kirche in dieser Sache zu erfassen. Deshalb reicht es nicht aus, den priesterlichen Zölibat unter rein funktionalen Gesichtspunkten zu verstehen. In Wirklichkeit stellt er eine besondere Angleichung an den Lebensstil Christi selbst dar. Eine solche Wahl hat vor allem hochzeitlichen Charakter; sie ist ein Sicheinfühlen in das Herz Christi als des Bräutigams, der sein Leben für die Braut hingibt. In Einheit mit der großen kirchlichen Tradition, mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (76) und meinen Vorgängern im Petrusamt (77) bekräftige ich die Schönheit und die Bedeutung eines im Zölibat gelebten Priesterlebens als ausdrucksvolles Zeichen der völligen und ausschließlichen Hingabe an Christus, an die Kirche und an das Reich Gottes und bestätige folglich seinen obligatorischen Charakter für die lateinische Tradition. Der in Reife, Freude und Hingabe gelebte priesterliche Zölibat ist ein sehr großer Segen für die Kirche und für die Gesellschaft selbst. (Kapitel 24)."
("Sacramentum Caritatis", das Apostolische Schreiben über die Ergebnisse der XI. Ordentlichen Bischofssynode vom 2. bis 23. Oktober 2005)
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