23. Februar 2008

Weiterschlafen oder sich anstecken lassen

Markus Reder in der Tagespost uns allen ins Tagebuch:

„Vielleicht haben wir uns zu spät darauf besonnen, was das für eine Chance sein kann, dass ein Deutscher Papst ist.“

Aus kirchlicher Sicht ist diese Selbstkritik ein echter Hammer. Doch niemand spricht darüber. Das ist schade. Dabei gäbe es genau an dieser Stelle eine Menge Klärungsbedarf. Da ist zum Beispiel die Frage nach den Konsequenzen, die sich aus dieser Feststellung ergeben. Papst da, Schwung weg, Kairos verpasst, weiter wie bisher? Das kann es nicht sein. Was aber dann?

Zurück in die Gräben alter innerkirchlicher Konflikte? Das schmeckt nun wahrlich nicht nach Zukunft. Jetzt über Krisen mit Rom und mögliche Konfliktszenarien zu sinnieren, statt die Ärmel hochzukrempeln und gemeinsam anzupacken, bedeutet Wasser auf die Mühlen jener, die sich seit anno 2005 verwundert die Augen reiben ob der Lebendigkeit des Katholischen, aber lieber heute als morgen das Schiff der Kirche leckgeschlagen sehen würden. Eine Gesellschaft, die – bewusst oder unbewusst – nach Gott hungert, die Orientierung sucht und unter dem Druck des Diesseits leidet, braucht das mutige, unerschrockene Glaubenszeugnis der Kirche. Für innerkirchliche Ladenhüter-Debatten hat gerade die junge Generation kein Verständnis mehr. Ihr geht es um Gott, um das Große und Ganze, den Sinn des Lebens, das Wirken in die Gesellschaft und die Hilfen, die Kirche dabei geben kann.


Was also tun? Es mag für deutsche Ohren noch immer ungewohnt klingen, aber die Antwort ist einfach: Nach Rom schauen und von Petrus lernen. Das Pontifikat Benedikts XVI. ist ein Geschenk für die Weltkirche und in besonderer Weise für die katholische Kirche in Deutschland. Die Verkündigung dieses Papstes ist geprägt von Tiefgang und Klarheit. Intellektuelles Niveau, Argumentationsstärke, Leidenschaft für die Wahrheit: Das begeistert Gläubige überall auf der Welt und ringt selbst kirchenfernen Geistern Respekt ab. Es gibt ein neues Hinhören auf das, was der Papst lehrt. In Rom kann man es Woche für Woche auf dem Petersplatz verfolgen. Davon gilt es zu lernen. Genau das gilt es über die Alpen zu retten. Kirche darf sich die Themen nicht aufdrängen lassen. Sie muss sie bestimmen. Mutig, unzweideutig, freundlich und klar.

Mag sein, dass es manchem Würdenträger scheint, als sei der Schwung des Anfangs verblasst. Dann soll er sich neu anstecken lassen von den Aufbrüchen in der Kirche, von der Flamme der Begeisterung, die bei jungen Katholiken brennt, die die Themen des Papstes in ihre Generation tragen. Von jungen Familien, die freudig aus dem Glauben leben. Von charakterfesten Christen, die sich in Politik und Gesellschaft engagieren. Schon möglich, dass vieles davon noch nicht durchdringt in festgefahrene Strukturen, in Verwaltungsapparate, Gremien und Räte. Aber es bewegt sich etwas. Das steht außer Frage. Dieses Pontifikat ist eine historische Stunde für die Kirche in Deutschland. Die Chance ist da. Nach wie vor. Man muss sie nutzen wollen. Dafür ist es nicht zu spät.

4 Kommentare:

Nikodemus hat gesagt…

Sehr schöne Einstellung. Aber die katholische Kirche in Deutschland hat sich selbst ziemlich in die Misere geritten. Jetzt kommt sie nur mühsam wieder raus - und vor allem denken viele immer noch, das Problem liegt bei den anderen und besonders in Rom. Das Rom Hilfe ist und nicht Problem, wollen viele nicht erkennen. Manche werden es wohl auch erst erkennen, wenn die Kirchensteuereinnahmen auf das Niveau der allgemeinen Glaubensstärke zurückgefallen ist. Aber auch bis dahin gilt es, am eigenen Ort und nach Kräften die Fahne hoch zu halten. Römische Unterstützung ist ja da.

FingO hat gesagt…

"Für innerkirchliche Ladenhüter-Debatten hat gerade die junge Generation kein Verständnis mehr. Ihr geht es um Gott, um das Große und Ganze, den Sinn des Lebens, das Wirken in die Gesellschaft und die Hilfen, die Kirche dabei geben kann."

Bei aller Liebe zu den jungen Gören, zu denen ich mich auch zähle, aber irgendwie habe ich seit einiger Zeit den Verdacht ,als würde hier ein Engel (und zwar kein gefallener) an die Wand gemalt werden.
Einerseits machen sich manche eher jüngere Trads eigentlich ganz gut bei den innerkirchlichen Grabenkämpfen, und andererseits sieht man in Studentengemeinden, Jugendkirchen nicht grad viel von diesem Geist.

Anonym hat gesagt…

Ein ganz hervorragender Artikel. Das ist es ja, was an der deutschen Kirchenbürokratie so unerträglich ist: dieses Müde, Verquälte, Unbegeisterte, ewig Defensive, Konfliktscheue (außer, wenn es gegen die alte Messe geht). Man sehe sich dagegen mal die spanische Bischofskonferenz an - ein Traum! Vielleicht müßte auch mal angesprochen werden, daß die Misere auch in dem überholten Kapitelswahlrecht des Preußenkonkordats begründet liegt, wodurch sich ständig dieselbe Bürokratie auf den Bischofsstühlen perpetuiert (Ausnahmen gibt es zum Glück immer wieder). Es ist doch kein Zufall, daß die wenigen Bischöfe, die mal was sagen, in Bayern sind, wo der Papst frei ernennen kann.

Anonym hat gesagt…

Das nenne ich dann wohl mal Zufall, gerade habe ich den kompletten Artikel in der Printausgabe gelesen. In Teilen mag Markus Reeder durchaus richtig liegen, was mir aber nicht gefällt, war ein gewisser Unterton, der die ganze Seite durchzieht: Wir sollten über manche Themen nicht diskutieren, weil die Medien darauf mit Sensationslust reagieren - in diesem Fall eben das Zölibat. Das ist auch eine Möglichkeit Diskussionen zu beenden, wenn auch eine der schlechteren.